
Die Junge Welt meldet: „Die Jobcenter fungieren weiter für Hunderttausende Menschen als Repressionsinstanz: Sie verhängten im vergangenen Jahr mehr als eine Million Strafen gegen Bezieher des sogenannten Arbeitslosengeldes II (Hartz IV). Wie aus einer von der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Statistik hervorgeht, wurden 1.001.103 Sanktionen, rund 8500 weniger als 2013, auferlegt.“ Den größten Teil (drei Viertel) der Strafen betraf Meldeversäumnisse, d.h. verpasste Termine in der Arbeitsvermittlung sowie beim ärztlichen oder psychologischen Dienst.
In 118.614 Fällen (2013: 127.336) wurden Strafen festgelegt, weil eine Stelle, eine Aus- oder Fortbildung nicht angetreten bzw. abgebrochen wurde. Bei Verletzung sogenannter Eingliederungsvereinbarungen (z. B. die Verpflichtung, eine gewisse Anzahl an Bewerbungen zu schreiben) wurden in 103.967 Fällen Strafen verhängt (2013: 114.893). Im Durchschnitt wurden die Leistungen um 107 Euro pro Monat (2013: 108 Euro) gekürzt, bei den unter 25jährigen um 124 Euro.
Die sog. „Hartz IV-Rebellin“ Inge Hannemann kommentiert: „Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, hat eine eigene Lesart der Sanktionen gegen Bezieher von Hartz IV: »Die hohe Zahl der Verstöße zeigt, dass sich zu viele Empfänger von Sozialleistungen in ihrer Lebenslage eingerichtet haben. Vor dem Hintergrund der guten Arbeitsplatzentwicklung insgesamt müssen die Arbeitsagenturen dranbleiben und Langzeitarbeitslose fordern.« Warum auch auf die Menschen eingehen? Womöglich noch mit Empathie. Dieses würde weder dem Grundgedanken der Christlichen Union – »Wer betrügt, der fliegt« – noch dem Leitsatz »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen« des damaligen Arbeitsministers Franz Müntefering (SPD) entsprechen. Über eine Million Sanktionen im Jahr 2014 sprechen eine deutliche Sprache: Die Jobcenter bestrafen munter weiter wie in den Jahren zuvor. Für die Leistungsempfänger bedeutet dies knapp hundert Euro weniger auf dem Konto.“
Diese Repressalien werden aber nicht mehr überall widerstandslos hingenommen: Bei der Kampagne »Aufrecht bestehen« protestierten Erwerbslose am Donnerstag bundesweit gegen Hartz IV, wobei sie Unterstützung von Gewerkschaften sowie von Piraten- und Linkspartei bekamen. Die Teilnehmerzahlen blieben allerdings äußerst überschaubar im zweistelligen Bereich, was schade ist, da der Widerstand gegen Hartz IV zur Einführung massiv (vier- und fünfstellige Zahl an teilnehmern bei Montagsdemos) war und sich die Zustände nicht gebessert haben. Siehe auch: https://www.jungewelt.de/2015/04-17/051.php und »Hartz IV wirkt auf die ganze Gesellschaft« (Interview in Junge Welt)
