
Im zweiten Teil meiner Reihe über das kubanische Wahlsystem geht es um die Frage, wer sich überhaupt als Kandidat für die Wahlen aufstellen lassen darf. Sollte die Regierung hier bestimmte Gruppen willkürlich ausschließen, wäre das ein Indiz, dass es so demokratisch bei den Wahlen in Kuba nicht zuginge. Von Kuba hört man häufig, dass es eine Einparteidiktatur sei, daher liegt die Annahme nahe, dass zu Wahlen nur Mitglieder der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) zugelassen werden. In den heute genutzten Quellen (siehe unten) lese ich nun, dass in Kuba jeder, der das 16. Lebensjahr (kommunale und Bezirksebene) bzw. 18. Lebensjahr (nationale Ebene) erreicht hat, sich für eine Wahlkandidatur bewerben darf. So ist es auch in der kubanischen Verfassung in Art. 132 und 133 festgelegt. Die PCC kandidiert nicht selbst und schlägt selbst keine Kandidaten vor. Auch die anderen auf Kuba existierenden Parteien (denn Kuba ist durchaus kein Einparteisystem) haben nicht das Recht, Kandidatenvorschläge einzureichen.
Als einzige haben die Wähler das Recht, Kandidaten für die Kommunalwahl vorzuschlagen bzw. zu nominieren. Dies geschieht in jedem Wahlbezirk in öffentlichen Nachbarschaftsversammlungen, wo sich die vorgeschlagenen Kandidaten (die sich auch selbst vorschlagen dürfen) vorstellen können und sollen. Diese Versammlungen werden von einem Gremium geleitet, dem jeweils ein Mitglied des Gewerkschaftsbundes CTC vorsteht und dem außerdem Vertreter der Komitees zur Verteidigung der Revolution (CDR), des Frauenverbands (FMC), der Studierenden- und Schülervertretungen (FEU und FEEM) sowie der Bauernassoziation (ANAP) angehören. Bei den über mehrere Wochen dauernden Versammlungen soll es laut Quellen so sein, dass die Kandidaten weniger Eigenwerbung betreiben, als vielmehr den versammelten Wählern zuhören und sich deren Probleme, Bedürfnisse und Interessen anhören. Am Ende dieses Versammlungs- und Diskussionsprozesses müssen in jedem der über 15.000 Wahlbezirke mindestens zwei, höchstens acht Kandidaten bestimmt werden. Es gibt also keine Wahlbezirke mit nur einem oder einer Kandidaten/-in, wie es für eine Diktatur erwartbar wäre. Die Kandidaten für die Bezirksparlamente und für die Nationalversammlung werden zur Hälfte von den Kommunalparlamenten und zur anderen Hälfte von den oben bereits erwähnten Massenorganisationen (Gewerkschaften, Frauenverband etc.) vorgeschlagen und dann vom Volk direkt gewählt.
Gewählt werden also keine Parteivertreter, wie es in Deutschland üblich ist, sondern Personen, die keine superteuren Wahlkämpfe bzw. -kampagnen betreiben, wobei natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass in den Kandidatenkommissionen auch Kandidaten nominiert werden, die Mitglied der PCC sind. Im nächsten Beitrag werden wir sehen, dass doch die Mehrheit der gewählten Abgeordneten (in der Nationalversammlung) PCC-Mitglieder sind.
Quellen: Dossier_Das kubanische Wahlsystem, kubanische Verfassung
