Eheschließung

In der Frühen Neuzeit war das Recht zu Eheschließung in den ständischen Gesellschaften ein Privileg und somit an Regelungen gebunden. Diese waren kirchlich, staatlich und familiär. Ein Katalog von Inzestverboten wurde von der Kirche auferlegt. Ebenso wurde ein Mindestalter für eine Heirat festgelegt. Dennoch wurde eine Eheschließung genehmigt, wenn ein Paar die Willensstärke besaß und eine sexuelle Beziehung aufnahm. Voreheliche und eheliche Sexualität lassen sich erst eindeutig trennen seit der Durchsetzung eines rechtsverbindlichen Heiratsverfahrens und der schriftlichen Registrierung der Ehen.

Der Zeitpunkt einer Eheschließung wurde nach verschiedensten Kriterien gewählt. So gab es z.B. während der Fastenzeit kaum Hochzeiten oder in der Adventszeit. Aber ebenso spielten ökonomische Faktoren eine Rolle, denn auch zur Erntezeit gab es wenig Heiraten. In katholischen Gebieten wurde der Zeitpunkt einer Hochzeit eher nach kirchlichen Geboten ausgelegt, während in protestantischen Gebieten eher auf agrarische Faktoren Rücksicht genommen wird. (Pfister 1994: 24f.).

 

Frauenjahre

Maßgeblich ist hier die in einer Fünfjahresaltersgruppe in einer ehelichen Verbindung verbrachte Zeit. Bei weniger als acht Monate nach der Eheschließung geborenen und damit als vorehelich konzipiert anzusehenden Kindern kann in dem betreffenden Fall die Anzahl der Frauenjahre um die Differenz zum durchschnittlichen protogenetischen Intervall (Abstand zwischen der Heirat und der ersten Geburt) bei ehelichen Konzeptionen erhöht werden, also um etwa ein Jahr. Bisher ist dieses Verfahren aber nur in einigen Studien angewandt worden, es kann somit nicht als international üblich bezeichnet werden. Das gilt sinngemäß auch für die neun Monate, die nach dem Ende der ehelichen Verbindung durch den Tod des Mannes hinzuzufügen wären.

Da die verwendeten Daten biografischer Natur sind und keinen bestimmten Momentzustand widerspiegeln wie Fertilitätsraten auf der Grundlage von Volkszählungsaltersgruppen, ergibt sich die Notwendigkeit einer genauen Abgrenzung des Zeitraums der Anwesenheit in der Risikopopulation der im Einzugsbereich der Kirche lebenden Ehepaare. Als Ende einer solchen Verbindung kam in den hier interessierenden Jahrhunderten in der Regel nur das Datum der Verwitwung in Frage. Um Verzerrungen bei der Berechnung der Fruchtbarkeitsrate zu vermeiden, wird zudem auf die Einbeziehung von weniger als fünf Jahre bestehenden Ehen verzichtet. Für die Zuverlässigkeit der Angaben ist es zudem von Bedeutung, dass das Geburtsdatum der Frau und damit ihr Alter bei der Geburt exakt bekannt sind. (Gehrmann).

Geburten

Die Totgeburten sind in die Berechnung einzuschließen. Das ergibt sich schon aus der Notwendigkeit des interregionalen Vergleichs zwischen katholischen und protestantischen Gebieten mit ihrer historisch unterschiedlichen Einstellung zur Nottaufe. Sie wurde unter der Geburt häufig auch Kindern zuteil, die nach heutigen Definitionen als Totgeburten bezeichnet worden wären. (Gehrmann).

Geburtenabstände

Sie stellen im Prinzip den Kehrwert der Fruchtbarkeitsrate FR zwischen der ersten und der letzten Geburt dar und zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine auch für den Laien leicht zu vermittelnde Größe zur Bezeichnung der Fruchtbarkeit sind. Eine Gesamtfruchtbarkeit TMFR (Total Marital Fertility Rate) von 8 entspricht also bei einem Durchschnittsalter bei der letzten Geburt von 40 Jahren einem Geburtenabstand von 30 Monaten, um ein für Norddeutschland im 18. Jahrhundert typisches Beispiel zu nennen. Bei einer TMFR von 10 beträgt dieser dagegen nur noch 2 Jahre, so historisch in Teilen Süddeutschlands. Eine Gruppierung der Familien nach den tatsächlich gemessenen Abständen zwischen den Geburten oder nach sozialen Kriterien kann Hinweise auf bestimmte Fertilitätsmuster geben. Allerdings sind gerade solche Ergebnisse nur schwer interpretierbar. Ohnehin sind eindeutige Beweise für eine willentliche Beeinflussung der Anzahl der Nachkommen nur dann zu erbringen, wenn eine Verschiebung des Fertilitätsmusters mit einer Verringerung der FR im höherem Alter oder bei längerer Ehedauer zu belegen ist, nicht auf dem Umweg über Geburtenabstände, die zwar unter den heute in den europäischen Ländern vorherrschenden physiologischen Bedingungen unnatürlich lang erscheinen, deshalb allein aber noch nicht als Beweis für willentliche Geburtenkontrolle dienen können. Allerdings wird in der neueren Forschungsdiskussion versucht, aus der zu engen Begrenzung des Blicks auf „Stopping“ herauszukommen und erneut nach Spuren von willentlicher Geburtenkontrolle im „Spacing“ zu suchen. Kulturelle Praktiken und insbesondere das Stillverhalten mit seinen fertilitätsmindernden Effekten, herrschten in diesem Bereich aber vor, so dass sich eine erhebliche Bandbreite von „natürlichen“ Intervallen ergibt. Insofern kann eine apriorische Einteilung der Geburtenintervalle in geburtenbeschränkende einerseits und natürliche andererseits als vom Ansatz her verfehlt angesehen werden. Hingegen kann die Intervallanalyse im Zusammenhang mit der Säuglingssterblichkeit als Hilfsmittel zur Einschätzung der Stilldauer benutzt werden. (Gehrmann).

 

Gesamtfruchtbarkeit

Gesamtfruchtbarkeit TMFR (Total Marital Fertility Rate): Summe der sechs FR zwischen 20 und 50 Jahren, multipliziert mit 5. Daraus ergibt sich die theoretische Nachkommenschaft einer während dieser 30 Jahre verheirateten Frau. Die bei den Hutterern gemessene TMFR von 10,94 gilt als oberer Richtwert, wenngleich in historischen Populationen Süddeutschlands höhere Werte ermittelt worden sind. (Gehrmann).

Haushalte

Diese Haushalte werden meist aufgrund von Gemeinsamkeiten beim Essen bzw. Kochen, Schlafen und Verwandtschaft definiert, wobei es auch davon abweichende Definitionen gibt. Die Anwendbarkeit dieses Begriffes wird teilweise infrage gestellt, weil einerseits die Abgrenzung von Haushalten nicht immer eindeutig ist und man sich bei historischen Quellen weitgehend auf das verlassen muss, was überliefert ist und andererseits die Frage aufgeworfen wird, ob das Konzept des Haushalts überhaupt eine sinnvolle Kategorie darstellt. Eine weitere Unschärfe liegt darin, dass die Begriffe „Haushalt“ und „Familie“ oft synonym verwendet werden.(Gruber).

 

Historische Demographie

Die historische Demographie bezieht sich auf die Aussagen von einzelnen Kirchenbucheinträgen. Sie ist in der Mikroebene angesiedelt. Hier wird die Vielfalt der demographischen Ziffern charakterisiert, auf regionaler und auf lokaler Ebene. Dadurch wird das Zusammenspiel von Bevölkerungsprozessen veranschaulicht, was sogar auf international vergleichbarer Weise geschieht. Historische Demographie versucht außerdem gewonnene Muster aus der lokalen Lebenswelt zu deuten, darunter zählen die geltende Norm und soziale Beziehungen und außerdem die Eigenarten des Arbeitsrhytmuses. (Pfister 1994: 1f.).