Hochbescheidene Hochqualifizierte und Studienzweifler fin­den im Career Center der Uni Halle glei­cher­ma­ßen Beratung.

Seit 2008 gibt es das Career Center Halle, zunächst als EU-Projekt finan­ziert, seit 2014 als fes­ten Teil der Universität. Die Leistungen der Einrichtung rei­chen von der Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen über Beratungen zur Berufsorientierung bis zur Vermittlung von Praktika und Jobs. Darüber hin­aus bie­tet das Career Center regel­mä­ßig Vorträge und Workshops rund um die Themen Bewerbungsstrategien, Tätigkeitsfelder und berufs­be­zo­ge­ne Schlüsselqualifikationen an. Ebenso ist es Anlaufstelle für Studierende, die mit der Wahl ihres Studiums hadern.

Die has­tu­zeit hat mit Tino Schlögl gespro­chen, der bereits seit 2009 Studierende im Career Center der MLU berät.

Wie grenzt sich das Career Center von der gewöhn­li­chen Studienberatung ab?

Beim Career Center geht es in allen Beratungsleistungen viel stär­ker um den Übergang vom Studium in den Beruf.

Etwa 500 Studierende neh­men pro Jahr eine Beratung im Career Center wahr. Einige von ihnen haben bereits meh­re­re erfolg­lo­se Bewerbungen hin­ter sich und machen sich Sorgen um ihren Berufseinstieg. Wo lie­gen hier klas­si­sche Probleme?

Foto: Burkhard Seresse

Es kommt nicht sel­ten vor, dass hoch­qua­li­fi­zier­te Absolventen in mei­ner Beratung sit­zen, Master, sogar Promovierte, die eben nicht nur hoch­qua­li­fi­ziert, son­dern gleich­zei­tig hoch­be­schei­den sind. Das ist in Bewerbungsverfahren nicht immer hilf­reich. Manchmal wis­sen Absolventen auch nicht, wel­che Unternehmen es in der Umgebung gibt, die ein poten­zi­el­ler Arbeitgeber wer­den könnten.

Kann das Career Center hier eine Schnittstelle zwi­schen Studenten und Betrieben sein?

Richtig, das ist der Mehrwert des Career Centers. Auf der einen Seite ste­hen die Unternehmen, die nach qua­li­fi­zier­ten Mitarbeitern suchen, auf der ande­ren Seite die Absolventen, die nach einem attrak­ti­ven Arbeitsplatz Ausschau hal­ten. Wir brin­gen bei­de Seiten zusam­men, über Stellenanzeigen, in Veranstaltungen oder durch direk­te Kontaktvermittlung.

In den USA sind die Career Center bereits seit Jahrzehnten viel stär­ker als in Deutschland eta­bliert und dort oft­mals der übli­che Vermittler zwi­schen Studium und Berufsleben. Wie kommt es, dass die Career Center an deut­schen Universitäten und Hochschulen bis­her eher klei­ner auf­ge­baut sind?

In den USA zah­len die Studierenden viel Geld für ihr Studium und ent­wi­ckeln dar­aus einen gewis­sen Anspruch auf die Serviceleistung der Stellenvermittlung durch ein Career Center. In Deutschland bewer­ben sich die meis­ten Absolventen selbst­stän­dig und kom­men häu­fig nur dann ins Career Center, wenn sie Schwierigkeiten haben oder zukünf­ti­ge Komplikationen erwar­ten. Ich freue mich über jeden, der allei­ne lau­fen kann, und die Mehrheit kann das auch.

Sie bera­ten im Career Center nicht nur Absolventen, son­dern auch Studierende, die an ihrem Studium zwei­feln und einen Abbruch in Erwägung ziehen.

Das ist zunächst ein klas­si­sches Thema der Studienberatung. In orga­ni­sa­to­ri­schen Fragen zu einem sich in der Beratung abzeich­nen­den Fachstudienwechsel ver­mitt­le ich übli­cher­wei­se den Kontakt zur Studienberatung. Das Career Center kann Zweifelnden aller­dings kla­re Perspektiven zei­gen, wohin ein bestimm­tes Studium füh­ren kann, bis hin zu kon­kre­ten Unternehmen. Das stellt die eige­ne Position unter neue Betrachtungen, ermu­tigt bes­ten­falls auch. Natürlich kön­nen wir auch Alternativen auf­zei­gen. Ziel ist es, dass jeder jun­ge Mensch einen berufs­qua­li­fi­zie­ren­den Abschluss erlangt und nach einem Studienabbruch mög­lichst nicht als unge­lern­ter Hilfsarbeiter arbei­ten muss. Ein hal­bes Jahr ist das in Ordnung, aber wenn es 40 Jahre bis zur Rente wer­den, wäre das scha­de. Sowohl für den Studienabbrecher, der trotz eines Abbruches mit­un­ter schon viel gelernt hat, als auch für die Gesellschaft, die bereits in die Qualifizierung inves­tiert hat.

Ein Beratungsgespräch im Career Center dau­ert in der Regel zwei Stunden. Kann die­ser Zeitraum aus­rei­chen, um neue Perspektiven nach­hal­tig weiterzugeben?

Die Studierenden haben die Antwort auf ihre Fragen meist ja schon in sich. Unsere Aufgabe ist es, danach zu gra­ben. Das geht nur durch vie­le Fragen – ein Großteil ent­stammt der Methodik des sys­te­mi­schen Coachings. Das Ziel des Gesprächs ist es, Fragen und Probleme zu benen­nen, nach Lösungen zu suchen und einen Plan auf­zu­stel­len, wie die nächs­ten Schritte aus­se­hen. Und übli­cher­wei­se reicht ein Gespräch aus, die Gedanken zu ord­nen, ein wenig zu ver­stö­ren, um Perspektivwechsel zu ermög­li­chen, einen rea­lis­ti­schen Pfad abzu­ste­cken, einen Impuls mit auf den Weg zu geben. Ich kann natür­lich nicht nach­prü­fen, wer nach der Beratung erfolg­reich in einen Job geht oder sein Studium mit neu­er Perspektive fort­setzt. Aber da nur weni­ge trotz begeis­ter­tem Feedback ein zwei­tes Mal kom­men, lässt sich aus dem Umkehrschluss zie­hen, dass den meis­ten der Anstoß im Career Center hilft. Bei Absolventen, die vor ihrem ers­ten Besuch des Career Centers bereits vie­le Bewerbungen ohne Erfolg geschrie­ben haben, kann man den Kontrast des Erfolgs nach dem Beratungsgespräch natür­lich bes­ser sehen.

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