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Zur Wahl des Bundespräsidenten

Wahlen

Morgen wird der Nachfolger des zurückgetretenen Staatsoberhaupts Horst Köhler gewählt. Schon aus finanziellen Gründen bleibt zu hoffen, dass der nächste Präsident/ Präsidentin die vollen fünf Jahre durchhält. Zunächst ist die Frage, wer hat wieviel Stimmen in der Bundesversammlung?
CDU/CSU: 496 von 1244
SPD: 333
FDP: 148
Grüne: 129
LINKE: 124
NPD: 3
FW (Freie Wähler): 10
Sonstige: 1 (SSW)

Damit ergibt sich eine absolute Mehrheit von 644 Wahlmännern für das schwarz-gelbe Lager. Heißt das, dass Herr Wulff im ersten Wahlgang (abs. Mehrheit=623 Stimmen erforderlich) sofort gewählt ist? Ich glaube nicht unbedingt, es gibt noch Unsicherheit. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es Abweichler bei der FDP, aber auch bei der CDU gibt, die ihre Sympathie für Herrn Gauck nicht verbergen können. Die Frage ist bloß, weiviel das sind. Genau so sicher bin ich aber, dass Herr Gauck niemals Präsident wird, da er im dritten Wahlgang (relat. Mehrheit erforderlich) niemals so viel Stimmen von der Linken und zusätzlich aus dem schwarz-gelben Lager auf sich ziehen kann, um die meisten Stimmen zu erhalten. Er muss ja eine Differenz von 644 minus 464 (SPD+Grüne), also 180 Stimmen überwinden, und dass schafft er dank seiner intoleranten, vom Hass auf alles Linke durchtränkten Haltung niemals. Wenn die Linken Gauck wählen, nur um schwarz-gelb zu stürzen (was ja auch nicht sicher ist, wenn Herr Wulff nicht Präsident wird), wäre das unverantwortlich und ein beispielloser Verrat an alle Opfer des Antikommunismus und Anhänger von sozialistischen Idealen.

Diskussionswürdig ist, warum ausgerechnet SPD und Grüne Herrn Gauck als Kandidaten ausgesucht haben – was verbindet Herrn Gauck mit der SPD? Diese Sozialdemokraten werde ich nie verstehen.

Update 25.07.:

So lautet nun das Ergebnis:

  1. Wahlgang 2. Wahlgang 3. Wahlgang
Wulff (Union, FDP) 600 615 625
Gauck (SPD, Grüne) 499 490 494
Jochimsen (LINKE) 126 123
Rennicke (NPD) 3 3
ungültig 1 1 2
Enthaltung 13 7 121
abgegeben 1242 1239 1242

 

Da die LINKE im dritten Wahlgang bis auf drei Wahlmänner/ -frauen sich der Stimme enthielten war Gauck chancenlos und Herr Wulff bekam sogar nach über acht Stunden Wahlmarathon doch noch seine absolute Mehrheit. Trotzdem kann man diesen Wahlkrimi als Warnschuss für Angela Merkel verstehen. Die Stabilität ihrer „christlich-liberalen Koalition ist in Frage gestellt.

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Wimbledon oder der etwas andere Marathon

Was sonst noch in der Welt passiert

Liebe Kommilitonen, Sport besteht nicht nur aus Fußball-WM. Trotz des Deutschlandspiels und dem spannenden Ausscheiden Italiens heute, habe ich auch immer einen Blick nach Wimbledon zum traditionellsten Grandslamturnier im Tennis. Von dort gibt es Sporthistorisches zu berichten: Nicholas Mahut und John Isner spielten das längste Tennisspiel der gesamten Tennisgeschichte. Zweimal wegen Dunkelheit abgebrochen, beide Spieler mit über 100 Assen und am Ende verlor Mahut das Spiel mit 4:6, 6:3, 7:6, 6:7, 68:70! Das Spiel dauerte insgesamt über 10,5 Stunden und wird für mich unvergesslich sein, auch wenn ich nur einen Bruchteil des letzten Satzes gesehen habe.

Ich wette aber imaginäre 100 €, dass Isner das nächste Spiel nicht gewinnen wird.

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Belgien vor der Zerreißprobe?

Wahlen

Vergangenen Sonntag wählten die Belgier ein neues Parlament. Es handelte sich um vorgezogene Neuwahlen, da sich die belgischen Politiker (mal wieder) am Sprachenstreit verzettelt haben. Ob die Wahlergebnisse nun dafür sorgen, dass ein relativ „normaler“ Politikbetrieb Einzug halten kann, ist doch fraglich. Allein die Parteienlandschaft Belgiens ist Sinnbild eines gespaltenen Landes und es stellt sich die Frage, wann dieses Land in zwei Teile zerfällt.

Der Übersicht halber hier die Ergebnisse der Parteien (nach Landesteil sortiert):

Parteien aus Flandern % Sitze Änd. Parteien aus Wallonie % Sitze Änd.
N-VA (Neue Flämische Allianz) 17.4 27 +27
SP-A (Sozialisten) 9,2 13 0 PS (Sozialisten) 13,7 26 +6
CD&V (Christdemokraten) 10,9 17 -13 CDH (Christdemokraten) 5,5 9 -1
Open VLD (Rechtsliberale) 8,6 13 -5 MR (Rechtsliberale) 9,2 18 -5
Groen! 4,4 5 +1 Ecolo (Grüne) 4,8 8 0
LDD (Lijst Dedecker) 2,3 1 -4 PP (Parti populaire) 1,3 1 +1
VB (Rechtsextreme) 7,8 12 -5 Sonst. (ganz Belgien) 4,9 0 -1

Traditionell sind alle gängigen Parteispektren in zwei Parteien gespalten, einmal in eine flämische und einmal eine wallonische Variante. Zusätzlich gibt es in Flandern starke nationalistische Parteien, die es so in der Wallonie nicht gibt, da die Wallonen immer ein starkes Interesse am Erhalt des Zentralstaats Belgien haben, weil diese Region ärmer als Flandern ist und vom Sozialausgleich profitieren.

Die N-VA ist eine gemäßigte nationalistische Strömung, die bei der letzten Wahl noch gemeinsam mit den fläm. Christdemokraten antrat und nun zum großen Wahlsieger avancierte. Sie steht für ein unabhängiges Flandern. Positiver Nebeneffekt dieses Sieges sind die Verluste der rechtsextremen VB, die mit 7,8 % aller Stimmen aber immer noch zu viele Anhänger besitzt. In Flandern haben alle anderen Parteien bis auf die Grünen und die Sozialdemokraten verloren. In der Wallonie ist die rechtsliberale Partei mit 5 verlorenen Sitzen der Wahlverlierer.

Regierungsbildungen sind in Belgien immer schwierig, aber diesmal besonders, weil unklar ist, ob die größte Fraktion (NV-A) überhaupt im Zentralstaat regieren will. Von 2003 bis 2007 gab es schon einmal eine Regierung aus Sozialisten und Liberalen, das könnte auch diesmal eine Variante sein, die allerdings noch sechs Stimmen aus anderen Lagern bräuchte. Da würden sich die wallonischen Grünen anbieten. Aber diese Fünfparteienkoalition müsste sich dann schon kompromissfähig zeigen.

Abschließend bliebe noch die Frage, warum in Belgien nicht das Schweizer Modell der Allparteienkoalition praktiziert wird? In der Schweiz wird damit trotz ethnischer Heterogenität politische Stabilität gewährleistet.

Siehe auch:

http://www.grenzecho.net/zeitung/dossiers/dossiers_artikel.asp?d=250&a={966F539A-

5431-41D2-9720-1809BE26D99A}

http://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahlen_in_Belgien_2010

http://www.jungewelt.de/2010/06-15/030.php?sstr=belgien

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Neueste Wahlergebnisse aus den Niederlanden und der Slowakei

Wahlen

Im Moment weiß man gar nicht, worüber man zuerst schreiben soll, viele Ereignisse häufen sich. Aber zur Bundespräsidentenwahl in Deutschland schreibe ich erst am 30. Juni, aber soviel sei gesagt: beide Hauptfavoriten, Wulff und Gauck, sind aus linker Sicht inakzeptabel, sodass eine eigene Kandidatin der Linken eine absolute Notwendigkeit ist. Gegen Wulff spricht seine Parteilichkeit, gegen Gauck sein unversöhnlicher Antikommunismus und sein Opportunismus, denn zu DDR-Zeiten konnte er auch anders reden, siehe: http://www.jungewelt.de/2010/06-11/018.php).

Wichtige Wahlen fanden in der letzten Woche in den Niederlanden und der Slowakei statt. Der Rechtstrend in Europa hält weiter an. Es ist erstaunlich und erschreckend,dass linke antikapitalistische Parteien trotz der gegenwärtigen Kapitalismuskrise keinen Erfolg bei den Wählern erreichen können.

Hier das Ergebnis der Niederlande:

Partei 2010 Unterschied
Stimmen Prozent Sitze Prozent Sitze
VVD 1.926.551 20,5 31 +5,8 +9
PvdA 1.846.776 19,6 30 -1,6 -3
PVV 1.453.944 15,5 24 +9,6 +15
CDA 1.281.137 13,6 21 -12,9 -20
SP 924.977 9,8 15 -6,7 -10
D66 653.265 6,9 10 +5,0 +7
GroenLinks 627.912 6,7 10 +2,1 +3
ChristenUnie 305.628 3,2 5 -0,7 -1
SGP 163.512 1,7 2 +0,2 0
PvdD 122.257 1,3 2 -0,5 0
Sonstige 2006 1,2 0 +-0,0 0
Insgesamt 9.409.443 100,0 150 0,0 0

Da es keine Fünfprozenthürde gibt und nach Verhältniswahlrecht gewählt wird, gibt es traditionell ein breites Parteienspektrum im Parlament. Größter Gewinner sind die Rechtspopulisten um Geert Wilders, die 15 Mandaten dazugewannen. Auch die rechtsliberale VVD und linksliberale D66 sowie die Grünen konnten zusätzliche Mandate gewinnen. Größter Verlierer sind die Partei des alten Regierungschefs Balkenende (christdemokratische CDA), der konsequenterweise seinen Rücktritt als Parteichef erklärt hat. Leider hat auch die linkssozialistische SP große Verluste eingefahren, mit 9,8 % hat sie aber im europäischen Vergleich von Linksparteien einen guten Wert.

Die Koalitionsbildung ist offensichtlich schwierig. Die große Frage wird sein, ob man die Rechtspopulisten in die Regierung holen soll? Dafür spräche, dass sich solche Parteien in Regierungsverantwortung von alleine entzaubern und in Konflikte mit ihren Wahlversprechen kommen. Dagegen spricht, Parteien mit solch platten Anti-Islam-Sprüchen auch noch mit Ämtern zu belohnen. Eine Mitte-links-Koalition hätte auf keinen Fall eine Mehrheit, wahrscheinlich werden die liberalen Parteien eine Koalition schmieden: entweder mit den Rechtspopulisten oder den Sozialdemokraten.

Quelle:

http://de.wikipedia.org/wiki/Niederl%C3%A4ndische_Parlamentswahlen_2010

In der Slowakei ist das Ganze etwas überschaubarer, dank der Fünfprozenthürde:

Partei Stimmen (Anz./%) Sitze +/−
Richtung – Sozialdemokratie 880.111 34,79 % 62 +12
Slowakische Demokratische und Christliche Union – Demokratische Partei 390.042 15,42 % 28 –3
Freiheit und Solidarität 307.287 12,14 % 22 +22
Christlich-demokratische Bewegung 215.755 8,52 % 15 +1
Most–Híd 205.538 8,12 % 14 +14
Slowakische Nationalpartei 128.490 5,08 % 9 –11
Stimmenanteil unterhalb 5 Prozent und somit nicht im Nationalrat vertreten
Partei der ungarischen Koalition 109.638 4,33 % 0 −22
Volkspartei – Bewegung für eine demokratische Slowakei 109.480 4,32 % 0 –20
Partei der demokratischen Linken 61.137 2,41 % 0
Volkspartei Unsere Slowakei 33.127 1,33 % 0
Sonstige zusammen 88.183 3,49 % 0 0
Zusammen 2.303.139 100,00 % 150

Eine der wenigen verbliebenen sozialdemokratischen Premierminister, R. Fico, wird es leider schwer haben, im Amt zu verbleiben. Zwar wurde seine Partei wieder stärkste Kraft und konnte 12 Sitze dazugewinnen, aber seine nationalistischen Koalitionspartner schwächelten: die Slowakische Nationalpartei hat es gerade noch mit 5,08 % in den Nationalrat geschafft, die Volkspartei blieb mit 4,32 % außen vor. Gewinner sind die rechtsliberale „Freiheit und Solidarität“ (2009 gegr.) und die liberal-konservative Partei der ungarischen Minderheit „Most-Híd“, die ebenfalls noch relativ jung (2009) ist.

Ich denke von dieser Ungarn-Partei wird auch abhängen, ob die rechten und liberalen Parteien eine Koalition bilden können und die stärkste Partei in die Opposition schicken. Vielleicht kann die sozialdemokratische Smer („Richtung“) mit etwas Verhandlungsgeschick noch einen Koalitionspartner finden, schließlich fehlen nur 14 Mandate zur absoluten Mehrheit.

Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahlen_in_der_Slowakei_2010

http://www.jungewelt.de/2010/06-12/001.php

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Zum Angriff Israels auf den Schiffskonvoi nach Gaza

Was sonst noch in der Welt passiert

Was soll man dazu eigentlich sagen? Kann man diesen Angriff des israelischen Militärs irgendwie rechtfertigen? Ich glaube nicht. Es ist ein Akt der Barbarei und hat mit dem legitimen Recht auf Selbstverteidigung Israels nichts zu tun. Niemand, der auf diesen Schiffen war, wollte Israel mit Waffen attackieren. Niemand kann bislang beweisen, dass Schusswaffen oder ähnliches an Bord war. Der einzige Aggressor bei dieser Aktion war Israel, das in internationalen Gewässern fremdländische Schiffe kaperte und dabei mindestens neun Menschen tötete und dutzende Menschen verletzte. Und wie viele israelischen Soldaten wurden verletzt?

Warum stellt Israel die gesamte Bevölkerung Gazas unter den Terrorismus-Verdacht? In Gaza leben ungefähr 1,5 Mio. Menschen. Soll das alles Terroristen sein? Es gibt keine völkerrechtliche Legitimation der menschenunwürdigen Gaza-Blockade – oder haben die Palästinenser nicht dieselben Menschenrechte wie alle anderen Menschen. Was gibt Israel das Recht, Medikamente, Baumaterialien oder Lebensmittel nicht nach Gaza durchzulassen? Warum ist Israel nicht bereit, friedlich mit und neben den Palästinensern zu leben?

Wie sollen der Terrorismus und der Hass der wenigen Palästinenser jemals ersticken, wenn Israel nicht die grundlegendsten Menschenrechte der Palästinenser anerkennt? Ich verstehe nicht, wie Holocaust-Opfer so eine unmenschliche Politik betreiben können, die sie selbst, wenn sie gegen Juden angewendet werden würde, niemals akzeptieren können.

Als lesenswert betrachte ich folgenden Bericht Henning Mankells auf einer Pressekonferenz: http://www.jungewelt.de/2010/06-05/010.php

Ich bin bestürzt über diese Aktion Israels und vielleicht möchte auch jemand anders seine Meinung/ Kommentar dazu geben.

Solidarität mit Palästina! Schluss mit der Blockade Gazas!

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Parlamentswahlen in der Tschechischen Republik

Wahlen

In unserem Nachbarland wurde bereits letzte Woche ein neues Parlament gewählt. Die Demoskopen haben sich mal wieder ein bisschen verschätzt und statt einer Mehrheit für ein Linksbündnis hat eine Mitte-Rechts-Koalition eine Mehrheit erhalten. Damit verstetigt sich ein Rechtstrend in Osteuropa, der mit Ungarn vor wenigen Wochen seinen Höhepunkt fand. Hier erstmal die Ergebnisse im Überblick:

Parties and coalitions Votes % Seats Change
  Czech Social Democratic Party  1,155,267 22.08 56 −18
  Civic Democratic Party 1,057,792 20.22 53 −28
  TOP 09 873,833 16.70 41 *
  Communist Party of Bohemia and Moravia 589,765 11.27 26 ±0
  Public Affairs 569,127 10.88 24 *
  Christian and Democratic Union – Czechoslovak People’s Party 229,717 4.39 0 −13
  Party of Civic Rights – Zemanovci 226,527 4.33 0 *
  Sovereignty – Jana Bobošíková Bloc 192,145 3.67 0 *
  Green Party 127 831 2.44 0 −6
  Sonstige   4.02 0 0

 

Auf den ersten Blick fällt die Zersplitterung des Parteiensystems auf: die beiden stärksten Parteien haben zusammen nur knapp 42 % der Stimmen und die Summe aller Parteien, die an der 5%-Hürde scheiterten, beträgt knapp 18 %. Unter diesen Parteien befinden sich auch die Grünen und die zuletzt im Parlament befindlichen Christdemokraten (Christian and Democratic Union – Czechoslovak People’s Party). Die Kommunisten haben eine beachtliche Stärke und konnten ihr Ergebnis halten. Leider sind die Sozialdemokraten viel zu schwach, um eine linke Koalition zu bilden, sie haben wenigstens nicht die ideologischen Scheuklappen wie die deutschen Sozialdemokraten. Neulinge im Parlament sind die TOP 09 um den ehemaligen Außenminister Schwarzenberg und die „Věci veřejné“ (Public Affairs), die man als rechtsliberal einschätzen könnte. Mal sehen, ob sie eine überzeugende Regierung bilden können, die auch ein paar Jahre durchhält.

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