
In Weißrussland haben vergangenen Sonntag die Präsidentschaftswahlen begonnen. Die Berichterstattung in der bürgerlichen Presse wurde wie üblich dominiert von Vorwürfen der Wahlfälschung und den seit 16 Jahren wiederholten Anschuldigungen an den angeblich „letzten Diktator Europas“. Nun will ich gleich vorwegnehmen, dass Weißrussland in der Tat nicht das Musterland der Demokratie ist.
Weißrussland ist eine Republik mit Präsidialsystem, d.h., der Staatspräsident ist zugleich Chef der Exekutive und mit großer Macht ausgestattet. In verschiedenen Berichten von Wahlbeobachtern konnten keine Mängel am Ablauf der Wahl gefunden werden. Interessant ist vor allem ein Interview mit Georg Schirmbeck (CDU), der als Wahlbeobachter in Weißrussland war, bei Spiegel online. Zitat: „Ich war in 16 Wahllokalen. In keinem einzigen Wahllokal gab es irgendetwas zu meckern. Wer in diesen Wahllokalen etwas zu meckern hat, der muss bei uns auch meckern. Das sah gut aus.“ Auch bei der Auszählung der Stimmen war nichts Betrügerisches zu erkennen. Ein Kritikpunkt von Schirmbeck ist, dass es die Möglichkeit gibt, bereits fünf Tage vor dem Wahlsonntag seine Stimme abzugeben. Da sollen ganze Gruppen von Studenten und Armeeangehörigen „geschlossen“ und mit „Gruppenzwang“ wählen müssen. Gut, diese Behauptung kann so nicht bewiesen werden – aber in der Tat birgt dieses „early voting“ gewisse Betrugsgefahren. Weiterhin wird bemängelt, dass Oppositionskandidaten nicht die gleiche Präsenz in Fernsehen etc. wie Lukaschenko bekamen. Das kann ich natürlich nicht beurteilen, sollte es so sein, ist es nicht in Ordnung.
Geradezu entsetzt ist der Spiegel-Interviewer, als Schirmbeck das weißrussische Wirtschaftsmodell lobt – Planwirtschaft ist doch unmöglich! Herr Schirmbeck sagt: „Lukaschenko hat für eine vergleichweise gute wirtschaftliche Entwicklung gesorgt.“ In der Tat, in Weißrussland gibt es seit Jahren gutes Wirtschaftswachstum (9 bis 11 %) und eine Arbeitslosenquote von knapp ein (!) Prozent. Wes Geistes Kind der Herrr Schirmbeck ist, zeigt folgende Aussage: „Die Vorwürfe der Opposition, Lukaschenko habe Wahlbetrug begangen, kann ich – so leid es mir tut – so nicht bestätigen.“ (in: Neue Osnabrücker Zeitung) Schade, schade – warum tut es ihm leid?
Auch ein anderer Wahlbeobachter, ein ehemaliger Polizeipräsident von Dessau, kann nichts kritisieren, siehe hier, wobei seine Ausführungen teils ein wenig übertrieben wirken, da Weißrussland wahrlich keine Basisdemokratie ist.
Nun das wichtigste, das Ergebnis:
Ergebnis
Platz | Kandidat | Stimmen | |
absolut | % | ||
1 | Aljaksandr Lukaschenka | 5 122 866 | 79,67 % |
2 | Andrej Sannikau | (164 Tausend) | 2,56 % |
3 | Jaraslau Ramantschuk | 126 986 | 1,97 % |
4 | Grigorij Kostujew | 126 645 | 1,97 % |
5 | Wladimir Neklajew | 113 747 | 1,77 % |
6 | Wital Rymascheuski | 70 433 | 1,1 % |
7 | Viktor Tereschtschenko | 69 653 | 1,08 % |
8 | Mikalaj Statkewitsch | (67 Tausend) | 1,04 % |
9 | Ales Michalewitsch | 65 598 | 1,02 % |
10 | Dimitrij Uss | (31 Tausend) | 0,48 % |
Für niemand (Stimmenthaltung) | 6,47 % | ||
Wahlbeteiligung | 92,9 % |
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahlen_in_Wei%C3%9Frussland_2010#Ergebnis
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,735676,00.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,735591,00.html
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-68316842.html
