
800.000 Saarländer haben zweieinhalb Monate nach der Auflösung der Jamaika-Koalition den neuen Landtag gewählt. Der Sinn der Wahl war nur noch schwer zu erschließen, zumindest für alle Anhänger der CDU und SPD – beide wollten die Große Koalition. Alle anderen Parteien hatten mehr oder weniger die Verhinderung dieser Vorwahlabsprache zu verhindern als Ziel, abgesehen von der FDP, die sich einfach nur in die Nähe der Fünfprozenthürde hinträumten. Folgendes Ergebnis wurde nun gewählt:
Wahl 2012 | Sitze | Veränderung zu 2009 | |
CDU |
35,2 |
19 |
+0,7 %/ – |
SPD |
30,6 |
17 |
+6,1 %/ +4 |
LINKE |
16,1 |
9 |
-5,2 %/ -2 |
Grüne |
5,0 |
2 |
-0,9 %/ -1 |
Piraten |
7,4 |
4 |
+7,4 %/ +4 |
FDP |
1,2 |
0 |
-8,0 %/ -5 |
Sonst., zus. |
4,5 |
0 |
-0,1 %/ – |
FAMILIE |
1,7 |
0 |
-0,3 %/ – |
NPD |
1,2 |
0 |
-0,3 %/ – |
Freie Wähler |
0,9 |
0 |
+0,9 %/ – |
Die PARTEI |
0,5 |
0 |
+0,5 %/ – |
DIREKTE DEMOKRATIE |
0,1 |
0 |
+0,1 %/ – |
(Stand: Vorl. Endergebnis)
Die CDU hat ihr Ergebnis also gehalten und wurde nicht für die Arbeit der Jamaika-Koalition bestraft. „Opfer“ wurden vielmehr die Liberalen, die ein weiteres Desaster erleben – der Tiefpunkt von Berlin (1,8 Prozent) wurde noch einmal unterboten. Auch die eher rechten Grünen im Saarland wurden etwas abgestraft und konnten nicht vom Bundestrend (aktuelle Umfragewert: 13-15 Prozent) profitieren. Sieger der Wahlen waren zuerst die Piraten und dann die SPD. Die LINKE konnte ihr Sensationsergebnis von 2009 nicht halten und verlor 5 Prozent.
Bei SR-Online erfährt erste Fakten zu wahlforschungsrelevanten Fragen:
„1. Wählerwanderung
Die CDU verlor 12.000 Stimmen an das Nichtwähler-Lager, kompensierte dies aber durch ebenso viele Stimmen von ehemaligen FDP-Wählern. 7000 CDU-Stimmen gingen an die SPD, 4000 an die Piraten. 2000 Menschen, die vor drei Jahren noch die Linke wählten, machten ihr Kreuz diesmal bei den Christdemokraten.
2. Generationenkonflikt
Zwischen den Wähler-Generationen offenbaren sich gravierende Unterschiede: Die Piraten lagen bei den 18- bis 24-Jährigen mit 23 Prozent auf Platz zwei hinter der SPD. Bei den Bürgern über 60 Jahren dominierte die CDU mit 45 Prozent. […]
4. Genauigkeit
Die Linken monierten stets, dass ihre Umfragewerte nicht die Realität widerspiegeln würden. Diesmal sah Infratest dimap die Partei in der letzten Sonntagsfrage vor der Wahl bei 16 Prozent – genau dort landeten Oskar Lafontaine und Co. auch am Wahlabend.
5. Minusrekord
Mit 1,2 Prozent hat die FDP in einem westdeutschen Bundesland ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis aller Zeiten erzielt. Nur in Sachsen und Thüringen 1999 schnitt sie mit jeweils 1,1 Prozent noch schlechter ab. Damit sind die Liberalen nur noch in zehn Landtagen vertreten. Im Vergleich zu ihrem Ergebnis von 2009 verloren die Liberalen acht Prozentpunkte oder auch 43.193 Stimmen – und landete noch hinter der Familienpartei. […]
8. Urnengänger
Die höchste Wahlbeteiligung gab es in Marpingen (73,1 Prozent), dahinter folgen Oberthal (72,9) und Tholey (71,7). In Neunkirchen stimmten die wenigsten Leute ab, lediglich 53,6 Prozent. Kaum mehr waren es in Dillingen (54,5) und Völklingen (55,7). […]
10. Das Kreuz mit dem Kreuz
Insgesamt 10354 Stimmen waren ungültig (2,1 Prozent). Einige Wähler sehen dies als Mittel des Protests an. Seine Stimme absichtlich ungültig machen ist jedoch insofern wirkungslos, als es denselben Effekt hat, wie gar nicht zur Wahl zu gehen. […]
Hier kann die regionale Stimmenverteilung nachvollzogen werden:
Wahlkreis Saarbrücken | Wahlkreis Saarlouis | Wahlkreis Neunkirchen | |
CDU |
32,7 (+1,6) |
37,2 (+0,8) |
35,7 (+0,1) |
SPD |
29,6 (+5,3) |
30,7 (+7,2) |
31,2 (+5,7) |
LINKE |
18,1 (-6,1) |
15,3 (-4,3) |
15,2 (-5,0) |
Grüne |
6,2 (-0,7) |
4,7 (-1,3) |
4,4 (-0,7) |
Piraten |
7,5 (+7,5) |
6,8 (+6,8) |
7,8 (+7,8) |
FDP |
1,5 (-7,8) |
1,1 (-8,9) |
1,1 (-7,3) |
Sonst., zus. |
4,4 |
4,2 |
4,6 |
Bemerkenswert daran ist v. a., dass die Piratenpartei nicht nur in einem Stadtstaat wie Berlin erfolgreich sein kann, sondern auch in einem eher konservativeren Flächenland wie dem Saarland – wobei man konservativ relativ sehen kann, da es eine klare linke Mehrheit links der CDU gibt, was der SPD leider erwartungsgemäß egal ist. Jedenfalls ist ein Einzug der Piratenpartei spätestens dann als relativ sicher einzustufen, wenn sie auch in NRW die Fünfprozenthürde überspringen werden.
Quellen:
http://www.sr-online.de/nachrichten/3252/1392187.html
