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Bundestagswahl (7): Kurz vor dem TV-Duell – Wie sind die Umfragewerte?

Bundestagswahl 2013, Wahlen

Deutschland verfügt über viele Meinungsforschungsinstitute. Diese haben momentan alle Hände voll zu tun, denn alle Medien wollen jetzt natürlich wissen, wen die Deutschen nun wählen wollen. Die Aussagekraft dieser Umfragen, das hat die Vergangenheit gezeigt – ist äußerst begrenzt. Die Politikwissenschaft weiß, dass immer mehr Wähler immer kurzfristiger entscheiden, ob sie überhaupt wählen und wen sie dann wählen. Und immer wieder taucht auch der Verdacht auf, dass Umfragen politisch manipuliert sind und politisch nicht erwünschte Kräfte bewusst niedrige Werte in den Umfragepräsentationen bekommen. Die Aussagekraft von Umfragen ist aber sowieso begrenzt, da es statistische Fehlertoleranzen gibt, bei der Forschungsgruppe Wahlen z. B. betragen diese ab 40 % Stimmenanteil ±3 %, bei 10 % Stimmenanteil betragen die Fehlertoleranzen ±2 %.

Wie unten zu sehen ist, sind die Umfragewerte seit Juni kaum verändert. Bei allen Instituten hat Rot-Grün, die von Steinbrück und Grünen so hart anvisierte Traumkoalition meilenweit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Trotz allen verbissenen Kämpfens haben sich die Werte sogar verschlechtert: bei Forsa von 37 (05.06.) auf 33 % (28.08.), bei der FG Wahlen von 41 (07.06.) auf 38 % (29.08.). Diese 38 % sind derzeit die besten Aussichten für Rot-Grün. Die Umfragen besagen auch, dass es in der parteilichen Zusammensetzung des Bundestags bestenfalls quantitative Veränderungen geben wird, aber keine qualitativen. Das heißt, es sind dieselben Parteien vertreten wie zuvor, Piraten und AfD wären nicht im Bundestag.

Und reicht es für die Fortsetzung der Chaoskoalition (erinnert sei an das erste Jahr) Schwarz-Gelb? Anfang Juni hatte Schwarz-Gelb keine Mehrheit, am besten sah es bei Forsa mit 45 zu 45 aus. Durch die demoskopische Wiederbelebung der FDP, die derzeit in allen Umfragen bei 5 bis 6 % liegt und uns leider wohl erhalten bleibt, und das Schwächeln von SPD und Grünen hat Schwarz-Gelb überall die Nase vorn, allerdings nur mit 1 bis 3 % Vorsprung. Und das liegt im statistischen Fehlerbereich, also nichts entschieden? Wenn Rot-Rot-Grün von allen drei Parteien gewollt wäre, könnte man von einem spannenden September sprechen. Da SPD und Grüne partout Ekel vor einer echten Politikwechsel-Koalition haben und an Ausschließeritis leiden, bleibt als realistische Möglichkeit fast nur die Große Koalition. Und ob man die lieber hätte als Schwarz-Gelb?

Derzeit würde ich auch Schwarz-Grün nicht als realistisch betrachten, obwohl rechnerisch problemlos möglich. Aber wenn die Grünen das machen, gibt es mal wieder einen parteiinternen „Krieg“, mit gewissen Kollateralschäden wie Anfang der Neunziger, als schon einmal einige Parteilinke (Bsp.: Ditfurth) aus der Partei ausgetreten sind.

Das sind die Umfragewerte für die „Lager“ bei Forsa, FG Wahlen, Infratest Dimap und Emnid seit Anfang Juni:

Forsa:

Schwarz-Gelb

Rot-Grün

Rot-rot-grün

28.08.2013

46%

33%

43%

21.08.2013

47%

35%

43%

14.08.2013

45%

36%

43%

07.08.2013

45%

37%

44%

31.07.2013

46%

35%

43%

24.07.2013

46%

34%

43%

17.07.2013

46%

37%

45%

10.07.2013

46%

37%

46%

03.07.2013

46%

36%

45%

26.06.2013

46%

37%

45%

19.06.2013

46%

37%

45%

12.06.2013

45%

37%

46%

05.06.2013

45%

37%

45%

FG Wahlen (ZDF)

29.08.2013

47%

38%

45%

23.08.2013

47%

38%

46%

16.08.2013

46%

38%

46%

02.08.2013

45%

41%

48%

12.07.2013

46%

39%

46%

28.06.2013

47%

39%

45%

07.06.2013

46%

41%

47%

Infratest Dimap (ARD)

29.08.2013

46%

37%

45%

23.08.2013

47%

36%

45%

15.08.2013

47%

37%

45%

09.08.2013

47%

38%

45%

01.08.2013

47%

39%

46%

25.07.2013

46%

39%

46%

19.07.2013

45%

39%

46%

12.07.2013

45%

40%

46%

04.07.2013

46%

39%

46%

28.06.2013

45%

39%

46%

21.06.2013

46%

39%

46%

14.06.2013

45%

41%

48%

06.06.2013

45%

41%

47%

Emnid

25.08.2013

45%

37%

45%

18.08.2013

46%

36%

44%

11.08.2013

46%

38%

46%

04.08.2013

45%

38%

46%

28.07.2013

45%

38%

46%

21.07.2013

46%

38%

46%

14.07.2013

46%

38%

45%

07.07.2013

46%

38%

46%

30.06.2013

46%

38%

45%

23.06.2013

45%

39%

47%

16.06.2013

46%

38%

46%

09.06.2013

45%

39%

46%

02.06.2013

45%

40%

47%

Quelle: Wahlrecht.de

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Nachtrag zur Wasserprivatisierung: Neues aus Berlin

Antikapitalismus

Über die aktuellen Entwicklungen bei der Rückabwicklung der Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe informiert heute die Junge Welt. SPD und CDU wollen die Rekommunalisierung dem letzten verbliebenen Privatkonzern, Veolia, offensichtlich so schmerzlos wie möglich machen und diesem bis zu 800 Mio. Euro hinterherwerfen. Dabei laufen noch Rechtsstreitigkeiten, die den Rückkaufpreis für das Land Berlin noch erheblich mindern könnten. Es ist mal wieder zum Verrücktwerden – mir soll niemand erzählen, dass die SPD in irgendeiner Art noch eine linke, progressive Partei ist.

Eine „Kriminalgeschichte der Wasserbetriebe“ findet man auch bei der Jungen Welt.

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Bundestagswahl (6): Heute startet der Wahlomat

Bundestagswahl 2013, Wahlen

Seit heute kann man sich bei der Wahlentscheidung am 22. September mittels des Wahlomats helfen lassen. 28 Parteien haben auf 38 Thesen der BpB geantwortet. Die Antworten der Parteien können hier verglichen werden. Bei mir hat es wie immer „funktioniert“, d. h., meine Wahlpräferenz lag auch dieses Mal mit 8 % Vorsprung auf den Rest vorne: LINKE (95 % Übereinstimmung). Dahinter folgen bei mir laut Wahlomat: PSG, DIE VIOLETTEN, DIE FRAUEN, MLPD, PIRATEN, GRÜNE.

Die BpB (Bundeszentrale für politische Bildung) bietet ähnlich wie in meiner Serie über die Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, kurze, knappe Informationen zu den Parteien. Siehe hier.

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Bundestagswahl (5): Vorstellung der kleinen Parteien, 2. Teil

Bundestagswahl 2013, Parteien, Wahlen

Heute soll es weiter gehen mit den kleinen Parteien, die in der Berichterstattung im Prinzip keinerlei Beachtung finden, aber aus meiner Sicht eine sehr bereichernde Funktion und vor allen Dingen eine demokratische Funktion haben. Was ist eine politische Wahl ohne möglichst große Auswahl, bei der jeder findet, wonach er sucht? Wenn zu jeder Wahl nur die zum Teil abgeschmackten Altparteien CDU/CSU, FDP, SPD, Grüne und LINKE zur Auswahl stünden, wäre es doch eine langweilige und relativ eintönige Angelegenheit. Konkurrenz belebt das Geschäft, dieser ökonomische Ausspruch ist einer der wenigen, der sich wohl auf das Politische mit gewisser Berechtigung anwenden lässt. Wie online bei der Tagesschau zu lesen war, treten nun doch „nur“ 34 Parteien an, denn fünf Lleinparteien haben ihre Kandidatur zurückgezogen: „Christliche Mitte – Für ein Deutschland nach Gottes Geboten“ (CM), die Deutsche Nationalversammlung (DNV), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die „Neue Mitte“ (NM) sowie die „Partei Gesunder Menschenverstand Deutschland“ (GMD).

Heute will ich mit den relativ etablierten Kleinparteien außerhalb des linken Spektrums, mit dem ich vor einigen Tagen begonnen hatte, fortfahren; also solche Parteien, die schon mehrmals bei Budnestagswahlen angetreten sind und zum Teil sogar in den Genuss staatlicher Parteienfinanzierung gekommen sind. Diese bekommen solche Parteien, die bei Bundestagswahlen mehr als 0,5 Prozent der Stimmen erhalten haben. Die genaue Regelung besagt: „Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung in einem bestimmten Jahr haben alle Parteien, die bei der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen mindestens 1 Prozent der abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben. Ist eine Liste für die Partei nicht zugelassen, bekommt die Partei staatliche Mittel, wenn sie mindestens 10 Prozent der in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebenen gültigen Erststimmen erreicht hat.

Es werden alle Stimmen aus der letzten Bundestags- und Europawahl sowie den jeweils letzten Wahlen in den einzelnen Bundesländern zusammengezählt. Für die ersten 4 Mio. Stimmen erhalten die Parteien 0,85 Euro pro Stimme, für jede weitere Stimme 0,70 Euro.

Darüber hinaus bekommen die Parteien jährlich 38 Cent für jeden Euro, den sie als Zuwendung in Form von Mitgliedsbeiträgen, Mandatsträgerbeiträgen und Spenden erhalten haben, wobei nur Zuwendungen bis zu 3.300 Euro berücksichtigt werden.

Allerdings gibt es eine absolute Obergrenze an Mitteln pro Jahr, die 2002 bis 2010 133 Mio. Euro und 2011 141,9 Mio. Euro beträgt. Wenn der errechnete Gesamtbetrag für alle Parteien die absolute Obergrenze überschreitet, werden die auf die einzelnen Parteien entfallenden Anteile anteilsmäßig entsprechend gekürzt […]“ (Quelle: BpB).

Vorgestellt werden die Tierschutzpartei, Ökologisch-Demokratische Partei, Bayernpartei, Familienpartei Deutschlands, Freie Wähler, Partei Bibeltreuer Christen, Bürgerrechtsbewegung Solidarität, DIE VIOLETTEN und Feministische Partei.

Tierschutzpartei

Zu diesen Parteien gehört die Partei Mensch Umwelt Tierschutz (Tierschutzpartei). Sie erreichte 2009 0,5 Prozent der Stimmen. Sie wurde 1993 in Bonn von Ingeborg Bingener u. a.  gegründet und beschäftigt sich vorwiegend mit den Themen Tierschutz, Tierrechte und Umweltpolitik. Sie ist in einigen Kommunalversammlungen vertreten und ihr bisher bestes überregionales Ergebnis war die Landtagswahl in Sachsen 2009 mit 2,1 % der Stimmen. Von Paul Lucardie wird sie folgendermaßen charakterisiert: „Die Tierschutzpartei kann als eine Interessenpartei ohne explizite Ideologie betrachtet werden, gehört in der politischen Praxis aber zur linken (ökologischen und sozial-liberalen) Mitte. Sie unterscheidet sich von allen anderen Parteien durch ihr Bestreben, den Begriff der Mitmenschlichkeit auf den der Mitgeschöpflichkeit auszudehnen und entsprechend politisch zu handeln.“ (Frank Decker, Viola Neu (Hrsg.), Handbuch der deutschen Parteien. 2007, S. 334)

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzende Stefan Bernhard Eck; Horst Wester, Barbara Nauheimer
Gründung 13. Februar 1993
Gründungs­ort Bonn
Haupt­sitz Sulzbach am Taunus
Farbe(n) weiß
Bundestagsmandate keine
Staatliche Zuschüsse € 137.066,95 (2012)
(Stand 30. Januar 2013)
Mitglieder­zahl 1.036 (Stand: 31. Dezember 2011)
Frauen­anteil ca. 68 %
 
Website www.tierschutzpartei.de

Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen:

Bundestagswahl 1994

0,2 %

Bundestagswahl 1998

0,3 %

Europawahl 1999

0,7 %

Bundestagswahl 2002

0,3 %

Europawahl 2004

1,3 %

Bundestagswahl 2005

0,2 %

Europawahl 2009

1,1 %

Bundestagswahl 2009

0,5 %

 

Relativ stark ist die Tierschutzpartei auch in Sachsen-Anhalt, wo sie 2004 z. B. in Magdeburg ein Stadtrat stellte und bei der Landtagswahl 2011 1,6 % der Stimmen gewann.

Wahlprogramm: http://www.tierschutzpartei.de/pdf/WahlprogrammBTW2013.pdf

 

Ökologisch-Demokratische Partei

Die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) ist eine thematisch verwandte Partei, die 1982 als Rechtsnachfolgerin der Grünen Aktion Zukunft (GAZ) gegründet wurde und eine starke Bais in Bayern besitzt. Inhaltliche Schwerpunkte der Partei sind Demokratie, Umwelt- und Familienpolitik. In Bayern konnte die ödp einige Erfolge landen, so betrieb sie ein erfolgreiches Volksbegehren (1996/97) zur Abschaffung der Zweiten Kammer in Bayern und ein weiteres Volksbegehren zum ausnahmslosen Rauchverbot in der Gastronomie (2009/10). Außerdem hat sie dort gegenwärtig über 300 kommunale Mandate inne.

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzender Sebastian Frankenberger
General­sekretär Claudius Moseler
Stell­vertretende Vorsitzende Susann Mai,
Karl Heinz Jobst
 
Gründung 23./24. Januar 1982
Gründungs­ort Wiesbaden
Haupt­sitz ÖDP Bundesgeschäftsstelle
Pommergasse 1
97070 Würzburg
Farbe(n) orange
Bundestagsmandate keine
Staatliche Zuschüsse € 646.845,34 (2012)
(Stand 30. Januar 2013)
Mitglieder­zahl 5.945 (Stand: 31. März 2012)
Durch­schnitts­alter 39
Frauen­anteil 40 %
Internationale Verbindungen World Ecological Parties
Website www.oedp.de

Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen:

Bundestagswahlergebnisse
Jahr Stimmenanzahl Stimmenanteil
1983 11.028 0,0 %
1987 109.152 0,3 %
1990 205.206 0,4 %
1994 183.715 0,4 %
1998 98.257 0,2 %
2002 56.898 0,1 %
2005 n. a. n. a.
2009 132.249 0,3 %

Europawahlergebnisse

Jahr

Stimmenanzahl

Stimmenanteil

 

1984

77.026

0,3 %

 

1989

184.309

0,7 %

 

1994

273.776

0,8 %

 

1999

100.048

0,4 %

 

2004

145.537

0,6 %

 

2009

134.893

0,5 %

 

Bei den bayerischen Landtagswahlen erreichte sie 2005 und 2009 jeweils 2,0 % der abgegebenen Stimmen.

Wahlprogramm der ÖDP zur Bundestagswahl 2013

 

Bayernpartei

Über die Bayernpartei (BP) berichtet Wikipedia: „Die Bayernpartei (Kurzbezeichnung: BP) ist eine regionale Partei, die ausschließlich im Freistaat Bayern aktiv ist. Die BP ist Mitglied der Europäischen Freien Allianz (EFA). In der Wissenschaft wird die Bayernpartei teils als extrem-föderalistische,[5] teils als reaktionäre[6], teils als christlich-konservative[7] Partei beschrieben. Ihr wichtigstes politisches Ziel ist der Austritt Bayerns aus dem deutschen Staatsverband.“ In den fünfziger Jahren war sie drittstärkste Partei in Bayern und von 1950 bis 1966 im Bayerischen Landtag, von 1949 bis 1953 auch mit 17 Abgeordneten im Bundestag vertreten. Laut Handbuch der deutschen Parteien „charakterisiert [das Grundsatzprogramm] die BP als regionalistisch-separatistische Partei mit deutlich wertkonservativer Programmatik“ (S. 166).

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzender Florian Weber[1]
General­sekretär Hubert Dorn
Ehren­vorsitzende Max Zierl, Hermann Seiderer, Andreas Settele
 
Gründung 28. Oktober 1946
Gründungs­ort München
Haupt­sitz Baumkirchner Str. 20, München
Farbe(n) Weiß-Blau
Bundestagsmandate keine
Staatliche Zuschüsse € 105.396,86 (2012)[4]
(Stand 30. Januar 2013)
Mitglieder­zahl 6.000 (Stand: Apr. 2013)[3]
Europapartei Europäische Freie Allianz (EFA)
Website www.bayernpartei.de

Wahlergebnisse bei Wahlen seit 1949:

Wahljahr

Landtagswahl
Gesamtstimmen

Bundestagswahl
Zweitstimmen

(in Bayern)

Europawahl

(in Bayern)

2009

0,7 %

1,0 %

2008

1,1 %

2005

0,5 %

2004

1,0 %

2003

0,8 %

2002

0,1 %

1999

0,4 %

1998

0,7 %

0,4 %

1994

1,0 %

0,6 %

1,6 %

1990

0,8 %

0,5 %

1989

0,8 %

1987

0,4 %

1986

0,6 %

1984

0,6 %

1982

0,5 %

1978

0,4 %

1974

0,8 %

1970

1,3 %

1969

0,9 %

1966

3,4 %

1962

4,8 %

1958

8,1 %

1957

3,2 %

1954

13,2 %

1953

9,2 %

1950

17,9 %

1949

20,9 %

Wahlprogramm: Zehn Punkte in weiß-blau

 

Familienpartei Deutschlands

Die Entstehungsgeschichte der Familienpartei (FAMILIE) list sich im Handbuch der deutschen Parteien so: „Die Familien-Partei Deutschlands wurde 1981 unter dem Namen “Deutsche Familienpartei” gegründet. Nachdem sie 1982 an der bayerischen Landtagswahl erfolglos teilgenommen hatte, stellte die Partei ihre Aktivitäten ein. Wiederbelebt wurde sie ab 1989 von Franz-Joseph Breyer, einem Kinderarzt, der aus der CDU zur Familienpartei übergetreten war. Vor der Europawahl 1994 änderte die Partei ihren Namen und trat fortan als „Familienpartei Deutschlands“ an. 1998 nahm sie erstmals an einer Bundestagswahl teil“ (S. 264).

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzende Maria Hartmann [1]
Stell­vertretende Vorsitzende Heinrich Oldenburg, Oliver Prutz
Ehren­vorsitzender Franz-Josef Breyer
 
Gründung 1981
Farbe(n) orange
Bundestagsmandate 0
Staatliche Zuschüsse 127.385,90 € (2012)
(Stand 30. Januar 2013)
Mitglieder­zahl 555 (Stand: 31. Dezember 2011)
Website www.familien-partei.de

Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen:

Bundestagswahlergebnisse

Jahr

Bundesweite Zweitstimmen

Bundesweiter Zweitstimmenanteil

Zweitstimmenanteile der

Landesisten

1998

24.825

0,1 %[38]

0,2 %–0,5 %
2002

30.045

0,1 %[38]

0,2 %–1,1 %
2005

191.842

0,4 %[39]

0,2 %–2,1 %
2009

120.718

0,3 %[40]

0,3 %–1,5 %

Europawahlergebnisse

Jahr

Stimmenanzahl

Stimmenanteil

1994

2.781

0,0 %

1999

4.117

0,0 %

2004

268.468

1,0 %

2009

252.121

1,0 %

Besonders erfolgreich ist die Familienpartei in den Bundesländern Saarland, Brandenburg und NRW, wo sie über kommunale Mandate verfügt und bei Landtagswahlen (im Saarland) zum Teil regelmäßig über 1,5 % der Stimmen erhielt.

Wahlprogramm: Bundeswahlprogramm der Familie-Partei zur Bundestagswahl 2013

 

Freie Wähler

Die Freien Wähler waren ursprünglich „Rathausparteien“ (Handbuch der deutschen Parteien, S. 288), die nur auf kommunaler Ebene als Anti-Parteien-Vereinigungen agierten und vorgaben, dass sie den Bürgerwillen besser als die verkusteten, korrumpierten Parteien vertreten können. Recht schnell traten Freie Wähler auch bei Landtagswahlen an und konnten vor allem im Süden und Südwesten Deutschlands größere Erfolge feiern. Bislang größter Erfolg ist der Einzug als drittstärkste Kraft in den bayerischen Landtag 2008. Auf Initiative der bayerischen Freien Wähler beschloss die Bundesvereinigung der Freien Wähler an der Europawahl 2009 teilzunehmen. Seitdem sind die Freien Wähler auch eine bundespolitischer Akteur.

„In ihren inhaltlichen Positionen sind die Freien Wähler der politischen Mitte zuzurechnen. Dabei weisen sie zu keiner der etablierten Parteien eine spezielle Nähe auf, sondern vertreten, je nach Themengebiet, teils liberale (Stärkung von Bürger- und Menschenrechten, Mittelstandsförderung, öffentliche Haushaltsdisziplin), teils konservative (Personalaufstockung der Sicherheitskräfte, Drogenbekämpfung), teils sozialliberale (staatliche Daseinsvorsorge, Chancengleichheit in der Bildung, Wohnraumförderung) oder ökologisch-alternative Ziele (Energiepolitik, Wasserwirtschaft). Das hat den Freien Wählern vielfach den Vorwurf der Beliebigkeit oder des Populismus eingebracht; sie selbst begründen ihre fehlende klare Einordbarkeit in die Parteienlandschaft aber damit, eine pragmatische Politik jenseits ideologischer Festlegungen zu betreiben. Sie betonen deshalb ihr Interesse an parteiübergreifender Zusammenarbeit und verlangen von ihren Abgeordneten im Bayerischen Landtag nach eigenen Angaben kein geschlossenes Abstimmungsverhalten (Fraktionsdisziplin)“ (Quelle: Wikipedia).

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzender Hubert Aiwanger
General­sekretär Steffen Große
Bundes­geschäfts­führer Arnold Hansen
 
Gründung 24. Januar 2009
Gründungs­ort Würzburg
Haupt­sitz Ganderkesee
Farbe(n) Blau, Orange
Bundestagsmandate 0
Staatliche Zuschüsse 584.830,77 €[1]
(2012)
Mitglieder­zahl 4600 (Stand Ende Januar 2013)
Website www.freiewaehler.eu

Wahlprogramm: http://www.freiewaehler.eu/fileadmin/user_upload/Bundesvereinigung/Dokumente/Wahlprogramm_der_Bundesvereinigung.pdf

 

Partei Bibeltreuer Christen

„Die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) ist eine 1989 gegründete deutsche Kleinpartei. Sie sieht sich selbst als christlich-wertkonservativ und wird von Außenstehenden als fundamentalistisch eingestuft.[2][3]“ Sie wurde auf Initiative des Leiters der Internationalen

Zigeunermission e.V., Pastor Gerhard Heinzmann, von einer Gruppe Kirchenaktiver und Pfarrer aus dem Umfeld pfingstlich-charismatischer Freikirchen in Karlsruhe gegründet. Man findet klassiche Positionen einer rückständigen, reaktionären Christenpartei: Ablehnung von Homosexualität, Abtreibung etc.

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzender Ole Steffes
Stell­vertretende Vorsitzende Detleff Karstens,
Klaus-Dieter Schlottmann
 
Gründung 22. November 1989
Gründungs­ort Karlsruhe
Haupt­sitz Karlsruhe
Bundestagsmandate keine
Mitglieder­zahl < 2800
(Stand: 2012)[1]
Frauen­anteil 45 %
Europapartei ECPM
Website www.pbc.de

Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen:

Bundestagswahlergebnisse

Jahr

Stimmenanzahl

Stimmenanteil

 
1994

65.651

0,1 %

 
1998

71.941

0,1 %

 
2002

101.645

0,2 %

 
2005

108.605

0,2 %

 
2009

40.370

0,1 %

 

Europawahlergebnisse

Jahr

Stimmenanzahl

Stimmenanteil

 
1994

93.210

0,3 %

 
1999

68.732

0,3 %

 
2004

98.651

0,4 %

 
2009

80.688

0,3 %

 

Die besten Landtagswahlergebnisse lagen bei 0,7 % in Baden-Württemberg 2006 und Sachsen 2004.

Ein Intervie mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der PBC führte die Junge Welt.

Wahlprogramm: Grundsatzprogramm der Partei Bibeltreuer Christen zur Bundestagswahl 2013

 

Bürgerrechtsbewegung Solidarität

Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) wurde 1992 gegründet. Die Partei befindet sich in programmatischer und personeller Kontinuität mit den Parteien „Patrioten für Deutschland“ und Europäische Arbeiter-Partei (EAP). „Ideologisch ist die BüSo dem Netzwerk des US-Amerikaners Lyndon Hermyle LaRouche zuzuordnen, einem Politaktivisten, der mehrmals für das Amt des USPräsidentenkandidiert hat. Die LaRouche-Bewegung definiert sich selbst als politische und kulturelle Organisation in der Tradition des europäischen Humanismus. Ihre Wurzeln hat sie in trotzkistischen Ideen, die LaRouche entsprechend seinen eigenen Vorstellungen teilweise bis zur Unkenntlichkeit modifiziert hat. Kritiker bezeichnen die Organisation als Politsekte“ (Handbuch der politischen Parteien, 193).

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzende Helga Zepp-LaRouche
Stell­vertretende Vorsitzende Elke Fimmen (1. Stellvertreterin), Klaus Fimmen (2. Stellvertreter), Daniel Buchmann (3. Stellvertreter)
 
Gründung 1992
Bundestagsmandate keine
Mitglieder­zahl 1158 (31. Dezember 2011)
Website www.bueso.de

Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen:

Bundestagswahlergebnisse

Jahr

Stimmenanzahl

Stimmenanteil

 
1998

9662

0,02 %

 
2002

16.958

0,04 %

 
2005

35.649

0,1 %

 
2009

38.706

0,1 %

 

Wahlprogramm: Wahlmanifest

 

DIE VIOLETTEN

Die Violetten – für spirituelle Politik (Kurzbezeichnung: Die Violetten) sind eine deutsche Kleinpartei, die nach eigenen Angaben „alternative spirituelle Politik im neuen Zeitalter“ vertritt und sich als Vertreterin spiritueller Menschen sieht. Laut Wikipedia konzentriert sich die Partei inhaltlich auf innenpolitische Themen, insbesondere in den Bereichen Bildung und Erziehung, Wirtschaft und Finanzen sowie Arbeit und Umwelt.

„Schwerpunkte sind unter anderem der Naturschutz, Tierversuche werden abgelehnt. Außerdem sollen alle Mittel der direkten Demokratie unterstützt werden. Die Partei fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen. Hauptziel ist es laut Aussagen der Partei, eine Gesellschaft zu entwickeln, in der „jeder von seinem Bewusstseinsstand aus denken, fühlen und handeln und sich zu höherem Bewusstsein entwickeln kann“. Die Violetten fordern die Legalisierung von Drogen und begründen dies, indem sie die Selbstbestimmung der Menschen befürworten“ (Wikipedia).

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzende Irene Garcia und Markus Benz
General­sekretär Stephan Bock
Gründung 6. Januar 2001
Gründungs­ort Dortmund
Haupt­sitz Berlin
Mitglieder­zahl 800 (2. Jul. 2012)
Website die-violetten.de

Wahlergebnisse bei bundesweiten Wahlen:

Bei der Bundestagswahl 2002 kandidierte sie nur in Nordrhein-Westfalen und erhielt dort 2.412 Zweitstimmen. Bei der Bundestagswahl 2009 konnte die Partei bundesweit 0,1 % der Wählerstimmen auf sich vereinigen (32.078 Stimmen). Bei der Europawahl 2009 erhielt die Partei mit 46.355 einen Anteil von 0,18 % der gültigen Stimmen.

Wahlprogramm: Parteiprogramm der Partei “Die Violetten

 

Die Frauen

Laut Handbuch der deutschen Parteien war Auslöser für die Gründung der Feministischen Partei DIE FRAUEN der Frauenstreiktag am 8. März 1994. Teile der damals stark zersplitterten Frauenbewegung, vor allem ehemalige Mitglieder der Grünen und SPD, gründeten am 10./11. Juni 1995 die Feministische Partei DIE FRAUEN. Die Programmatik wird im Handbuch folgendermaßen beschrieben: „Programmatisch ist die Feministische Partei eine Ein-Punkt-Partei: Laut der Präambel ihres Programms stellt sie „die Sichtweisen von Frauen in den Mittelpunkt ihrer Politik“, um zu einer gerechteren Politik für alle Menschen zu kommen. Dementsprechend tritt sie für eine Wirtschafts-, Finanz-, Steuer-, Gesundheits-, Bildungs-, Stadtplanungs- und Verkehrspolitik ein, die ganz auf die Interessen von Frauen abstellt. Auch die pazifistische, antimilitaristische und internationalistische Ausrichtung des Programms (einschließlich der Forderung nach einem Atomausstieg) baut auf feministischen Grundpositionen auf bzw. wird aus diesen abgeleitet. Die Feministische Partei bekämpft jegliche Gewalt gegen Frauen und Kinder, auch in Form von Prostitution und Pornographie. Leitgedanke ihrer Politik ist das Prinzip der ‚gleichwertigen Vielfalt’“ (Handbuch der deutschen Parteien, S. 269).

Daten & Fakten (Quelle: Wikipedia):

Bundes­schatz­meisterin Renate Schmidtsdorff-Aicher
Gründung 10./11. Juni 1995
Gründungs­ort Kassel
Haupt­sitz Berlin
Staatliche Zuschüsse zuletzt 22.993,90 €[1] (2008)
Mitglieder­zahl 820 (Stand: Mitte 2005)
Website www.FeministischePartei.de

Bisherige bundesweite Wahlergebnisse:

Bundestagswahlen

1998 0,1 %, 2002 0,1 %, 2005 0,06 %

Europawahlen

1999 0,4 %, 2004 0,6 %, 2009 0,3 %

Ein Interview mit der Bundessprecherin dieser feministischen Partei findet ihr bei der Jungen Welt

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Effizientere Märkte? Über den Nutzen der Privatisierung der Wasserversorgung (Teil 5)

Antikapitalismus

Ergebnis: Keine bessere Effizienz bewiesen

Heute nun folgt der letzte Teil meiner Hausarbeit über die fehlende Effizienz von Trinkwasserprivatisierungen. Die Gesamtarbeit (Blog-Version) findet ihr zum Nachlesen hier.

Die neoliberale Theorie behauptet, dass der Markt gesellschaftliche Probleme effizienter lösen könne als der Staat. Für neoliberale Denker stellen staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft Bedrohungen der individuellen Freiheit, die für sie den höchsten Wert hat, dar. Der Staat hat in dieser Sicht lediglich die Aufgabe, für solche Rahmenbedingungen zu sorgen, dass der Markt und der Wettbewerb funktionieren. Seit dem Paradigmenwechsel der 1970er Jahre weg vom Keynesianismus und hin zu neoliberaler Wirtschaftspolitik wurden viele Aufgaben, die früher vom Staat bzw. öffentlichen Institutionen übernommen wurden, privaten Akteuren übertragen. Staatsunternehmen wie die Post oder Telekom wurden privatisiert, Energie- und Telekommunikationsmärkte liberalisiert.

Ende 2012 hat die Europäische Kommission einen Richtlinienentwurf vorgestellt, mit dem die Konzessionsvergabe in Europa vereinheitlicht und transparenter gestaltet werden soll. Kritiker dieser Konzessionsrichtlinie befürchten, dass indirekt die Privatisierung der Wasserversorgung durch europaweite Ausschreibungen von kommunalen Dienstleistungen erleichtert werden könnte. Die Kritik wurde besonders deutlich in Deutschland und Österreich geäußert, wo die Wasserversorgung bislang in der Regel von kommunalen Unternehmen übernommen wird. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der Frage, ob die These vom effizienteren Markt empirisch für die Wasserwirtschaft nachweisbar ist. Eine umfangreiche wissenschaftliche Studie zur Frage, ob Staat oder Markt die Wasserversorgung effizienter erledigen, liegt bislang nicht vor. Ein Problem besteht in der großen Intransparenz vor allem privater, aber auch kommunaler Wasserbetriebe hinsichtlich der Veröffentlichung von Bilanzen und Tarifstrukturen. Ein direkter Vergleich von öffentlicher und privater Wasserversorgung ist so nicht möglich.

Für die Beantwortung der Frage konnte nur auf nach Privatisierungen öffentlich gemachte Veränderungen bei der Wasserversorgung und eine Studie des Umweltbundesamtes zu möglichen Auswirkungen der Liberalisierung in diesem Bereich auf Umwelt- und andere Fragen zurückgegriffen werden. „Eine Weltbankstudie über mehr als 300 ihrer Projekte der Wasserver- und Abwasserentsorgung kommt zu dem Ergebnis, dass ‚ein großer Teil der untersuchten Projekte, insbesondere in Städten, keinen wirksamen Beitrag zur Umsetzung von Maßnahmen, durch die die Versorgung der Armen verbessert worden wäre, leisteten’“ (Sacher 2005). Dieses Studienergebnis kann hier bestätigt werden. Die Erfahrungen mit Wasserprivatisierungen sind überwiegend negativ. Alle hier betrachteten Fälle zeigen, dass nach der Privatisierung die Preise für das Wasser erheblich zunahmen und die Qualität des Wassers von privaten Unternehmen nicht verbessert wurde. In Südafrika sind viele Menschen aufgrund ihrer Armut und Überschuldung von der Wasserversorgung ausgeschlossen worden. In Buenos Aires wurde zwar kurzfristig der Wasserpreis reduziert, doch das Versprechen einer zehnjährigen Stabilität der Preise wurde mehrfach gebrochen und die versprochenen Investitionen in den Ausbau des Wassernetzes erfolgten nicht entsprechend der Bedürfnisse der Bewohner. Eine Folge fehlender Abwassernetze war eine zunehmende Verschmutzung des Rio Plata.

Die Privatisierung in Berlin zeigt eine weitere negative Folge des Rückzugs des Staates aus der öffentlichen Daseinsvorsorge: In den meist geheim gehaltenen Privatisierungsverträgen setzen die Privatunternehmen hohe Ertragssicherheiten, also Gewinngarantien fest und wälzen Risiken für unvorhergesehene Entwicklungen auf die kommunalen Vertragspartner ab (Vgl. Lauber 2003: 26.). Es gibt keine Anzeichen, dass private Wasserversorger ihr Geschäft für die Bürger billiger anbieten als staatliche Versorger oder andere Wohlfahrtsgewinne erzielen. Viele Kommunen, die ihre Wasserversorgung privatisiert hatten, rekommunalisieren sie deshalb wieder: Paris, Grenoble, Buenos Aires und Berlin sind nur einige Beispiele.

Aber eine Liberalisierung der Wasserwirtschaft birgt neben ökonomischen auch andere Risiken. Das Umweltbundesamt sieht durch den vermittels Wettbewerb erzeugten Preisdruck Gefahren für die bislang in Deutschland hohe Trinkwasserqualität. Maßnahmen zur Trinkwasserhygiene und Investitionen in die Rohrnetze würden bei einem Wettbewerb in der Wasserversorgung vorrangig unter wirtschaftlichen, nicht nachhaltigen Kriterien bewertet. Während die Leitungsverluste in Deutschland bei 5 Prozent liegen, betragen sie in Großbritannien mit seiner weitgehend privaten Wasserversorgung bis zu 60 Prozent.

Schließlich sind mit einer Privatisierung von Wasserbetrieben auch die politischen Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger in Gefahr. Bei kommunalen Betrieben können die Bürger durch die Wahl ihre Gemeinde- und Stadtratsmitglieder, die in den Aufsichtsgremien der Wasserversorger sitzen, wenigstens indirekt Einfluss auf die Aktivitäten ihres Wasserversorgers nehmen. In privaten Betrieben entscheiden nicht demokratisch kontrollierbare Akteure über die Wassertarife, eine politische Partizipation ist dabei nicht möglich. Es bestehen außerdem verfassungsrechtliche Bedenken, da eine vollständig privatisierte Wasserversorgung gegen das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen verstoßen könnte.

Bei der Diskussion um die bessere Effizienz marktwirtschaftlicher Steuerung wird nach Engartner „häufig die Frage ausgespart, ob die eingeleitete Marktorientierung zugleich gesamtwirtschaftlichen Zielvorgaben gerecht wird. Dies müsste in vielen Fällen verneint werden, denn betriebswirtschaftlich effiziente Strukturen lassen nicht zwangsläufig volkswirtschaftlich optimale Ergebnisse erwarten“ (Engartner 2008: 101). Kurzfristig günstigere Wasserpreise würden demnach meist nur durch Abbau von Arbeitsplätzen oder Lohnkürzungen ermöglicht, sodass der Bürger als Steuerzahler für Arbeitslosengeld oder Pensionen ehemaliger öffentlicher Bediensteter aufkommen muss und volkswirtschaftlich trotz vielleicht gesunkener Wasserpreise unter dem Strich kein Gewinn erzielt wird (Vgl. ebd.: 101f.).

Eine staatlich bzw. öffentlich organisierte Wasserversorgung trägt daher aus meiner Sicht nicht zu der von Neoliberalen beschworenen Regierungsüberlastung oder Unregierbarkeit bei. Politischer Streit um das Wasser gefährdet den sozialen Zusammenhalt in den deutschen Kommunen keineswegs und die neoliberale Theorie Friedmans kann auch keinen Beleg für den Vorteil eines technischen Monopols in privater Hand liefern. Die politische Debatte um die Konzessionsrichtlinie der Europäischen Kommission ist zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch nicht beendet. Über 1,3 Millionen Europäer haben mit ihrer Unterstützung der Europäischen Bürgerinitiative aber zum Ausdruck gebracht, dass für sie eine öffentliche Wasserversorgung zu den jedem Bürger zustehenden Menschenrechten zählt.

Das erste Prinzip des „Dublin Statement On Water And Sustainable Development“ von 1992 lautet: “Fresh water is a finite and vulnerable resource, essential to sustain life, development and the environment” (World Meteorological Organization 2013). Deshalb sollte angesichts des nicht nachgewiesenen Effizienzvorteils marktwirtschaftlicher Lösungen das Wasser in öffentlicher, demokratisch kontrollierten Händen bleiben.

Literatur- und Quellenverzeichnis

Becker, Gary Stanley (1982): Der ökonomische Ansatz zur Erklärung menschlichen Verhaltens. Tübingen: Mohr.

Böcking, David (2013): Das undurchsichtige Geschäft mit dem Wasser. In: Spiegel Online, 05.03.2013. Online verfügbar unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/ unternehmen/warum-es-der-wasserbranche-an-transparenz-mangelt-a-886229.html, zuletzt geprüft am 10.03.2013.

Bundeskartellamt (2012): Preissenkungsverfügung gegen die Berliner Wasserbetriebe. Online verfügbar unter http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/ Missbrauchsaufsicht/Fallberichte-Missbrauch-2011/B08-40-10_Fallbericht_WasserpreiseBerlin.pdf, zuletzt geprüft am 26.03.2013.

Bundesumweltamt (2000): Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung. Auswirkungen auf den Gesundheits- und Umweltschutz, Skizzierung eines Ordnungsrahmens für eine wettbewerbliche Wasserwirtschaft. Online verfügbar unter http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/1888.pdf, zuletzt geprüft am 22.03.2013.

Butterwegge, Christoph (Hg.) (2008): Neoliberalismus. Analysen und Alternativen.

Butterwegge, Christoph; Lösch, Bettina; Ptak, Ralf (Hg.) (2008): Kritik des Neoliberalismus. 2. Aufl. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss.

Crouch, Colin (2011): Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus. Berlin: Suhrkamp.

Engartner, Tim (2008): Privatisierung und Liberalisierung. Strategien zur Selbstentmachtung des öffentlichen Sektors. In: Christoph Butterwegge, Bettina Lösch und Ralf Ptak (Hg.): Kritik des Neoliberalismus. 2. Aufl. Wiesbaden: VS, Verl. für Sozialwiss, S. 87–133.

Europäische Kommission (2012): Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe. Brüssel. Online verfügbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do? uri=COM:2011:0896:FIN:DE:PDF, zuletzt geprüft am 20.03.2013.

Felber, Christian; Reimon, Michel (2003): Schwarzbuch Privatisierung: was opfern wir dem freien Markt? Wien: Ueberreuter.

Franzke, Jochen (Hg.) (2008): Wasser. Zukunftsressource zwischen Menschenrecht und Wirtschaftsgut, Konflikt und Kooperation. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.

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Rösner, Christian (2012): EU will Wien ans Wasser. In: Wiener Zeitung, 10.12.2012. Online verfügbar unter http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wien/stadtpolitik/507915_EU-will-Wien-ans-Wasser.html, zuletzt geprüft am 12.03.2013.

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Schäfer, Armin (2008): Krisentheorien der Demokratie. Unregierbarkeit, Spätkapitalismus und Postdemokratie. MPIfG (Köln). Köln. Online verfügbar unter http://www.mpifg.de/pu/mpifg_dp/dp08-10.pdf, zuletzt geprüft am 21.03.2013.

Schönball, Ralf (2012): Warum ist das Berliner Wasser so teuer? In: Tagesspiegel, 07.06.2012. Online verfügbar unter http://www.tagesspiegel.de/berlin/kartellamt-streit-warum-ist-das-berliner-wasser-so-teuer/6719772.html, zuletzt geprüft am 26.03.2013.

Wiener Zeitung (Hg.) (2013): EU-Pläne zu Wasser-Privatisierung erhitzen weiterhin Gemüter. Online verfügbar unter http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/europa/ europaeische_union/519324_EU-Plaene-zu-Wasser-Privatisierung-erhitzen-weiterhin-Gemueter.html, zuletzt geprüft am 12.03.2013.

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Zawatka-Gerlach, Ulrich (2012): Berlin kauft Anteil an den Wasserbetrieben zurück. In: Tagesspiegel, 16.07.2012. Online verfügbar unter http://www.tagesspiegel.de/ berlin/rekommunalisierung-berlin-kauft-anteil-an-den-wasserbetrieben-zurueck/6884072.html, zuletzt geprüft am 19.03.2013.

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Bundestagswahl (4): Wahlkampf in Halle

Bundestagswahl 2013, Wahlen

Am gestrigen Montag hat der DGB zu einem Wahlforum eingeladen, auf dem sich alle halleschen Direktkandidaten präsentieren durften. Bis auf Dirk Domicke (AfD), Rolf Dietrich (NPD) und dem parteilosen Einzelbewerber Martin Bauersfeld haben sich alle Kandidaten den Fragen der Gewerkschaft gestellt. Die Themen waren Mindestlohn und Leiharbeit, Bildung und Fachkräftemangel, Mobilität und Verkehr, Renten, Steuerflucht und Steueroasen, Europa sowie NSA-Überwachungsskandal. In der Schlussrunde wurde noch eine Frage zur Kultur gestellt. Einen wirklich sehr ausführlichen, guten Bericht kann man bei Hallespektrum nachlesen.

Welches Fazit kann man ziehen? Für politisch gut informierte Besucher gab es wenig Neues zu hören. Frau Piepers drittes Wort war – natürlich – der Mittelstand, der der FDP angeblich so am Herzen liegt (in Wahrheit macht die FDP Klientelpolitik für gut verdienende Selbstständige und die Großkonzerne). Und sie konnte es auch nicht lassen, mal wieder auf die angeblich beste Sozialpolitik hinzuweisen, das sei nämlich gute Bildungspolitik, denn Bildung schafft Aufstiegschancen. Ich will nicht abstreiten, dass Leute mit gutem Schulabschluss bessere Chancen haben, als Leute ohne jeden Abschluss. Aber in dieser Pauschalität trifft der Spruch eben nicht zu. In Deutschland schon nicht (warum müssen junge Akademiker zunehmend unter prekären Arbeitsbedingungen schuften?), in Südeuropa schon gar nicht, wo viele gut ausgebildete Akademiker keinen Job finden, weil es keine Jobs gibt. Aber die FDP wird nie begreifen, dass es nicht an mangelnder Bildung der Individuen liegt, dass sie keinen Job finden, sondern weil schlicht nicht genug Jobs da sind (die der Qualifikation der Arbeitssuchenden entsprechen). Herr Bergner machte beim Thema Rentenangleichung Ost an West die üblichen Ausreden und stellte sich entsprechend in schlechtes Licht.

Interessant war das Wahlforum trotzdem, und zwar wegen der Einladung auch der Kandidaten der Parteien, die nicht im Bundestag sitzen. Der Pirat Stephan Schurig war, wie man es von den jungen Politikeinsteigern kennt, etwas konfus und unsicher; aber sein Beitrag zu einem fahrscheinlosen (nicht kostenlosen) ÖPNV war durchaus nachdenkenswert. Ansonsten wollen die Piraten vieles erst die Bürger entscheiden lassen, sodass sie zu bestimmten Themen keine Antwort geben könnten (z. B. neues Rentensystem). Bei den Freien Wählern geht es auch um mehr Partizipation für die Bürger und auch um gute Rahmenbedingungen für Unternehmen. Der Stimmungsmacher war aber eindeutig der Straßenbahnfahrer von der MLPD (Frank Oettler). „Soziale Gerechtigkeit im Kapitalismus zu verlangen ist ein Traum, der nicht in Erfüllung geht“, war so ein Klartextspruch. Bei vielen Themen machte er darauf aufmerksam, dass Problemlösungen lediglich mittels internationaler Revolution und Kampf der Arbeiter zu erreichen sind. In dieser Radikalität muss nicht jede seiner Forderung unterstützenswert sein, aber die Grundrichtung, dass umfassende gesellschaftliche Änderungen für die anstehenden (sozial-ökonomischen) Probleme in Deutschland und Europa notwendig sind, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Oettler erntete auch mehrmals großen Applaus von den Anwesenden.

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Das Wahlprogramm der LINKEN in aller Kürze

Bundestagswahl 2013, Parteien, Wahlen

Damit soziale Gerechtigkeit eine Chance hat – 10 Punkte für eine solidarische Politik

Liebe Bürgerin, lieber Bürger,
Sie wollen mitentscheiden, wohin die Reise geht? Gehen Sie unbedingt am 22. September zur Bundestagswahl! Machen Sie Druck mit der LINKEN gegen Sozialabbau und Überwachungswahn. Entscheiden Sie sich für ein friedliches Land in einem solidarischen Europa. Überall brauchen Jugendliche eine gute Bildung, Rentnerinnen und Rentner ein auskömmliches Leben. DIE LINKE wählen heißt: Es muss Schluss damit sein, dass Menschen arm trotz Job sind. Die einen arbeiten sich kaputt. Andere finden keinen bezahlten Job und werden schikaniert. Trotz Krise explodieren Unternehmensgewinne, gibt es 800 000 Millionäre in Deutschland.
Doch es fehlt an Kita-Plätzen, sanierten Schulgebäuden, modernen Bibliotheken, Breitbandversorgung in Dörfern. Die Strompreise steigen. Durch kletternde Mietpreise werden Menschen aus Stadtvierteln verdrängt. Noch immer wird die Krise in Europa auf dem Rücken vieler Menschen ausgetragen, während die Macht privater Banken ungebrochen ist.
Mit Ungerechtigkeit braucht sich niemand abzufinden. DIE LINKE scheut sich nicht, umzusteuern und Superreiche und ihre Vermögen stärker für das Gemeinwesenheranzuziehen.

Wir brauchen keine Gesellschaft, in der die Angst vor Armut und Abstieg regiert, Menschen gegeneinander aufgebracht werden. Wir wollen, dass niemand mit Kriegen Geschäfte macht. Alle sollen sich ihre Wohnung leisten können, Zeit für Mitbestimmung, Familie und Freunde haben. Gutes Leben für alle ist kein Luxus. Damit soziale Gerechtigkeit eine Chance hat, muss sich vieles in unserem Land ändern.
Dafür können Sie DIE LINKE wählen:

  • DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten, wenn es um Respekt und gute Arbeit geht. Das beginnt mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro die Stunde. Mit Niedriglöhnen, Leiharbeit, dem Missbrauch von Werkverträgen, mit Mini- und Midijobs wollen wir Schluss machen und diese schlechten Arbeitsverhältnisse in tariflich bezahlte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
    umwandeln. Fünf Millionen Menschen sind ohne Arbeit, gleichzeitig fehlt es an Personal in Krankenhäusern, in der Pflege, in Schulen, in der Kinderbetreuung und auch im Handwerk. Wir wollen ein Programm für die Zukunft auflegen. Wir brauchen öffentliche Investitionen, um die Versorgung für alle zu verbessern. Nicht längere Arbeitszeiten und mehr Stress, sondern kürzere Arbeitszeiten und ausreichend Zeit für Ruhe, Familie, Partnerschaft.
  • Wir sagen: Hartz IV ist Armut per Gesetz. Deshalb wollen wir dieses System abschaffen und ein Konzept für eine Mindestsicherung vorlegen, bei der niemand unter 1.050 Euro Einkommen fällt. Kurzfristig sollen die Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro steigen. Keine Sanktionen, keine Bedarfsgemeinschaften, keine Ein-Euro- Jobs, sondern eine  Mindestsicherung für jede und jeden und gute Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote.
  • Die Rente muss den Lebensstandard im Alter sichern. Wir schlagen vor, das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anzuheben. Um Altersarmut zu verhindern,wollen wir eine Solidarische Mindestrente von 1.050 Euro einführen. Davon profitieren viele, vor allem Frauen, die im Erwerbsleben schlechter bezahlt wurden.
  • Löhne und Renten sind in Ostdeutschland immer noch niedriger als im Westen. Diese Ungerechtigkeit wollen wir beseitigen.
  • Hohe Einkommen sollen – wie zu Helmut Kohls Zeiten – mit 53 Prozent besteuert werden. Außerdem brauchen wir eine Millionärssteuer. Die Einnahmen werden für bessere öffentliche Angebote gebraucht: für Kitas, Schulen, sozialen Wohnungsbau. DIE LINKE ist die einzige Partei, die Steuern für niedrige und mittlere Einkommen bis 6.000 Euro im Monat spürbar senken will.
  •  Wir wollen eine solidarische Gesundheitsversicherung: eine für alle. Alle zahlen ein, alle werden gleichermaßen gut versorgt, Zuzahlungen und Zusatzbeiträge abgeschafft. Die Unternehmen beteiligen sich wieder paritätisch an der Finanzierung. So lassen sich Beiträge senken. Die private Krankenversicherung wird auf Zusatzversicherungen beschränkt.
  • Nach der Finanzkrise sind die Spekulationen mit Wohnungen explodiert und die Mieten enorm gestiegen. Wir wollen die Verdrängung von Mieterinnen und Mietern stoppen und Mietpreise begrenzen. Wir brauchen mehr Wohnungen mit Sozialbindung.
  • Eine Energiewende wird erst richtig nachhaltig, wenn die Versorgung mit Strom und Wasser als Grundrecht garantiert ist und Energie durch soziale Staffelung bezahlbar bleibt. Die Versorgung gehört in öffentliche Hand unter demokratischer Kontrolle. Stromsperren sollen verboten werden.
  • Es wird Zeit, dass endlich die zahlen, die von der Krise profitiert haben. Die Banken und Finanzmärkte müssen kontrolliert und in den Dienst der Gesellschaft gestellt werden. Die Finanztransaktionssteuer ist überfällig. Eine einmalige Abgabe auf Vermögen über eine Million Euro in ganz Europa ist ein Schritt aus der Schuldenkrise.
  • Ohne Frieden ist alles nichts. Die Bundeswehrmuss aus allen Auslandseinsätzen zurückgeholt werden. Und Waffenexporte nur besser zu kontrollieren, das reicht nicht: Nur ein Verbot wirkt. Die Produktion von Waffen soll auf zivile Güter umgestellt werden. Wir sorgen dafür, dass auf Worte Taten folgen und sich die anderen Parteien bewegen. Es geht um mehr Freiheit, demokratische Einmischung und soziale Sicherheit, um ein friedliches Land. Stimmen Sie für soziale Gerechtigkeit, für eine gute politische Alternative:
    Wählen Sie am 22. September
    DIE LINKE!

Quelle: http://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm/downloadalspdfunddockurzfassunginfremdsprachenleichterundgebaerdenspracheaudio/

 

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Effizientere Märkte? Über den Nutzen der Privatisierung der Wasserversorgung (Teil 4)

Antikapitalismus

Sind Privatunternehmen effizienter? – Blick auf die Empirie

Nach Teil 1, Teil 2 und Teil 3 folgt heute endlich der vierte Teil meiner Hausarbeit über die Privatisierung von Wasser. Hier geht es um die empirisch beobachtbaren bzw. in Studien erwarteten Folgen von bisherigen Wasserprivatisierungen.

Eine wissenschaftlich umfassende, vergleichende Studie über den Erfolg oder Misserfolg von Privatisierungen der Wasserversorgung existiert nicht. Das Problem für die Wissenschaft und die gesamte Öffentlichkeit ist die Geheimhaltung von Privatisierungsverträgen, die eine demokratische Kontrolle privater Wasserversorger unmöglich machen. Zwar ist auch bei öffentlichen Versorgern Transparenz nicht immer gegeben, doch eine Untersuchung des Nutzens von Privatisierung scheitert meist daran, dass private Akteure ihre Bilanzen nicht veröffentlichen (Vgl. Rügemer 2008: 272f.). An dieser Stelle ist es zunächst nur möglich, anhand einiger weniger publizierten Fallbeispiele die Folgen der Privatisierung von Wasser darzustellen. Zuerst geht es um die ökonomischen, anschließend um nicht-ökonomische Folgen von Privatisierungen.

Folgen von Wasserprivatisierungen aus ökonomischer Sicht

In Südafrika wurde nach der Machtübernahme Mandelas zwar ein Recht auf Trinkwasser in die Verfassung geschrieben. Trotzdem wurde Anfang der 1990er Jahre ein großes Privatisierungsprogramm gestartet, dessen Grundprinzip die Kostendeckung war. Kostendeckung hieß, dass die Wassertarife so berechnet wurden, dass die Kunden ihren eigenen Verbrauch kostendeckend selbst bezahlen, unabhängig davon, ob sie sich das finanziell leisten konnten. Das Ergebnis dieses Prinzips war, dass die relativen armen Bewohner am Stadtrand, deren Versorgung aufgrund geografischer Gegebenheiten technisch schwieriger war, höhere Tarife bezahlen mussten als die wohlhabenderen Innenstadtbewohner. Eine weitere Folge der privatisierten Wasserversorgung war eine bis zu 140-prozentige Preissteigerung, die zu einer erheblichen Zunahme von Wasserdiebstahl führte. Wer die Preise der Wasserkonzerne nicht bezahlen konnte, dem wurde – obwohl es ein Verfassungsrecht auf Trinkwasser gab – das Wasser teilweise oder vollständig abgedreht. In Ngwelezane holten sich die armen Menschen das Wasser aus einem verunreinigten See, wodurch eine Cholera-Epidemie mit ca. 350.000 Erkrankten ausgelöst wurde. Die Kosten für die Bekämpfung der Epidemie lagen wesentlich höher als die Kosten für eine öffentliche Versorgung mit sauberem Wasser in diesem Ort (Vgl. Reimon/Felber 2003: 75f.).

Das Recht auf Wasser soll seit 2000 durch eine kostenlose Verteilung von 25 Liter Wasser pro Tag und bedürftigem Haushalt umgesetzt werden. Als durchschnittliche Haushaltsgröße werden acht Personen angenommen, sodass das sog. „Free Basic Water“ bei 6000 Litern pro Monat liegt. Dies entspricht der untersten Mindestmenge, die die WHO für einen Menschen vorsieht. Besser für die Gesundheit eines Menschen wären laut WHO aber 50 Liter Wasser pro Tag und Person, sodass das Free Basic Water stark kritisiert wird. Es ist auch deshalb unzureichend, weil in vielen der ärmeren Haushalte Südafrikas mehr als die angenommenen acht Personen leben und deshalb auch diese kostenfreie Mindestmenge nicht ausreicht. Viele Arme sind also auf kostenpflichtiges Wasser angewiesen, das sie sich aber wegen Überschuldung, Arbeitslosigkeit und Armut aber nicht leisten können oder das sie nicht bekommen, weil sie vom Wassernetz ausgeschlossen wurden. In Soweto sind nach Khan bis zu 70 Prozent der Bewohner durch Zahlungsverzug vom Ausschluss von der Wasserversorgung bedroht (Vgl. Khan 2008: 103f.). Laut einer Studie gab es bis 2002 fast zehn Millionen Abschaltungen vom Wasser- und Stromnetz (Vgl. ebd.: 107). Zwar sind die Probleme der Wasserversorgung in Südafrika nicht allein privaten Wasserkonzernen anzulasten, aber eine Verbesserung der Versorgung ist seit dem Beginn des Privatisierungsprogramms und dem Einstieg privater Marktakteure nicht zu beobachten.

Als eine erfolgreiche Privatisierung galt einige Zeit das Beispiel Buenos Aires. Unter dem neoliberalen Präsidenten Menem wurde 1993 mit der Privatisierung der Wasserversorgung in der argentinischen Hauptstadt begonnen. Die Privatisierung wurde durchgeführt, weil der argentinische Staat kein Geld für Investitionen in das Wassernetz hatte und Kredite des IWF und der Weltbank beantragte. Diese Institutionen knüpften die Bewilligung der Kredite an die Bedingung, dass der staatliche Wasserversorger privatisiert wird, denn private Unternehmen könnten die Wasserversorgung besser erledigen. Die Konzession wurde dann kostenlos an das Konsortium Aguas Argentinas, an dem u. a. auch die frz. Wasserkonzerne Suez und Veolia beteiligt waren, vergeben. Das Konsortium versprach die niedrigsten Preise und den schnellsten Ausbau des Wassernetzes. Dieser Ausbau war angesichts von mehreren Millionen nicht ans Wassernetz angeschlossener Menschen in den Vororten und Slums von Buenos Aires eine dringende Notwendigkeit (Vgl. ebd.: 77).

Nach der Privatisierung senkte Aguas Argentinas die Preise sofort um 26,9 Prozent und verpflichtete sich, in zehn Jahren die Preise nicht wieder zu erhöhen. Allerdings wurde während der Vorbereitung der Privatisierung der Wasserpreis innerhalb von zwei Jahren in drei Schritten um 25, 29 und acht Prozent erhöht. Hinzu kam eine weitere Verteuerung von 18 Prozent durch die Einführung einer Mehrwertsteuer auf Wasser, wodurch sich die Preissenkung relativierte. Das Versprechen, in zehn Jahren keine Preiserhöhungen durchzuführen, wurde mehrmals gebrochen: Schon 1994 meldete Aguas Argentinas bei der zuständigen Kontrollbehörde, dass die Preise für die Deckung der Kosten des versprochenen Netzausbaus zu niedrig seien. Die Behörde genehmigte eine weitere Tariferhöhung. Zwar bekamen durch den Netzausbau 1,6 Millionen Menschen einen Wasseranschluss, doch der Netzausbau erfolgte zu asymmetrisch. Das Netz zur Wasserversorgung wurde viel schneller ausgebaut als das weniger rentablere Netz für die Wasserentsorgung: Statt der zugesagten 50 Millionen wurden nur etwa zehn Millionen Dollar in die Entsorgungsnetze investiert (Vgl. ebd.: 77-79).

Weil eine Kläranlage nicht gebaut wurde, flossen verschmutzte Abwässer in den Rio Plata, wodurch die Umwelt verschmutzt wurde und Gesundheitsrisiken entstanden. 1998 genehmigte Präsident Menem wieder Preissteigerungen und ein neues Tarifmodell, wonach durch die Kopplung an die Inflation in den USA automatische Preissteigerungen ermöglicht wurden. Bis zum Ausbruch der großen argentinischen Wirtschaftskrise 2001 hatte Aguas Argentinas jedes Jahr Profite erzielt und Dividenden an die Aktionäre gezahlt; trotzdem war das Konsortium mit 687 Millionen Dollar Schulden belastet (Vgl. ebd.: 79f.).

Die frz. Wasserkonzerne Suez und Veolia beherrschten 2003 rund 75 Prozent des privaten Wassermarktes in Frankreich, wo die Wasserversorgung traditionell privat organisiert ist. Allerdings gibt es auch in Frankreich keinen Beweis für eine effizientere Bewirtschaftung durch Private. Reimon und Felber zitieren eine Studie aus dem Jahr 2000, wonach die Preise öffentlicher Versorger im Durchschnitt neun Prozent niedriger waren. Grenoble machte die Wasserprivatisierung nach sechs Jahren wieder rückgängig, weil es zu Preissteigerungen und der Zustellung vieler falscher Rechnungen kam ((Vgl. Reimon/Felber 2003: 82)). Der Bürgermeister von Grenoble und ein Manager des privaten Wasserversorgers, der den Wahlkampf des Bürgermeisters und eine Luxuswohnung für den Politiker gesponsert hatte, wurden später wegen Bestechung verurteilt (Vgl. ebd.: 82f.).

Berlin kann als negatives Beispiel einer (Teil-)Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland angesehen werden. Berlin hat 1999 49,9 Prozent der Anteile an den Berliner Wasserbetrieben an RWE und Veolia verkauft, auch wegen der angespannten Haushaltslage. Der Privatisierungsvertrag war wie in den meisten Fällen zunächst geheim gehalten worden. Aufgrund einer Klage des Bürgerbündnisses „Berliner Wassertisch“ musste der Vertrag veröffentlicht werden. Dadurch wurde bekannt, dass den privaten Investoren eine Gewinngarantie gegeben wurde: Die Verzinsung auf das betriebsnotwendige Kapital wurde auf zwei Prozent über der durchschnittlichen Rendite von Bundesanleihen in den vergangenen 20 Jahren festgesetzt. Diese Gewinngarantie hat nach Ansicht des Berliner Wassertisches zu den hohen Preissteigerungen, die es auch in Berlin nach der Privatisierung gegeben hat, beigetragen (Vgl. Schönball 2012). Dass die Wasserpreise in Berlin zu hoch sind, hat das Bundeskartellamt bestätigt und eine Preissenkung um 18 Prozent für 2012 und um 17 Prozent für die Jahre 2013 bis 2015 angeordnet (Vgl. Zawatka-Gerlach 2012). Bei einem Vergleich mit 38 anderen deutschen Großstädten (ab 200.000 Einwohner) stellte das Kartellamt fest, dass Wasserversorger mit vergleichbaren Versorgungsbedingungen in Köln, Hamburg und München das Wasser deutlich billiger verkaufen: Kölns Gebühren pro Kubikmeter Wasser und Abwasser lagen demnach bei 3,36 Euro, Berlins Gebühren bei 5,10 Euro (Vgl. Bundeskartellamt 2012). Die negativen Erfahrungen mit der Privatisierung führten in Berlin zu einem Umdenken und der Rekommunalisierung des 24,9-Prozent-Anteils von RWE. Auch Veolia verhandelt über eine Rückübertragung seines Anteils an die öffentliche Hand (Vgl. Zawatka-Gerlach 2012).

Mögliche Folgen für Umwelt-, Gesundheitsschutz sowie Bürgerpartizipation

Das Umweltbundesamt hat sich bereits 1998 mit möglichen Folgen einer Liberalisierung oder Privatisierung der deutschen Wasserversorgung für Umwelt- und Gesundheitsschutz beschäftigt. Es kommt zu dem Ergebnis, dass eine Liberalisierung bedenkliche Auswirkungen auf den Aufbau einer nachhaltigen Wasserwirtschaft haben kann. Viele der heute im Rahmen der Wasserversorgung erbrachten Leistungen für den Umwelt- und Gesundheitsschutz könnten durch den erhöhten Preisdruck infolge einer Liberalisierung entfallen (Vgl. Umweltbundesamt 2000: 83). Der Trinkwasserhygiene dienende Maßnahmen stünden ebenfalls unter dem Druck wirtschaftlicher Effizienzkriterien und könnten bei fehlendem flankierenden Rechtsrahmen vernachlässigt werden. Minderwertige Aufbereitungsstoffe mit vermeidbar hohem Gehalt an hygienisch bedenklichen Begleitstoffen und Aktivkohle könnten zu lange eingesetzt werden, statt kostenintensiver Hygienemaßnahmen könnte unnötig stark auf Chlorierung von Wasser zurückgegriffen werden (Vgl. ebd.: 59f.).

Das Umweltbundesamt befürchtet nach einer Liberalisierung der Wasserversorgung eine schlechtere Umsetzung des Minimierungsgebotes und damit eine schlechtere Wasserqualität. „Das Minimierungsgebot besagt, dass Belastungen des Trinkwassers mit anthropogenen Stoffen nur in dem Maße für den Einzelnen akzeptabel sind, in dem sie für die Trinkwasserversorgung mit einem unmittelbaren Nutzen verbunden sind“ (Ebd.: 36). Das Minimierungsgebot ist Bestandteil der Nachhaltigkeitskonzeption, deren Umsetzung in der Wasserwirtschaft umweltpolitisch gewünscht wird. Die Folge einer Privatisierung des Wassers, dass mehr Wasser aus nicht-ortsnahen Quellen für die Trinkwasserversorgung genutzt wird, widerspricht dem Regionalitätsprinzip einer nachhaltigen Wasserwirtschaft, wonach „jede Region ihre wasserwirtschaftlichen Problemstellungen unter Nutzung der eigenen Ressourcen löst und […] räumliche Umweltexternalitäten vermieden werden“ (Ebd.: 37).

Unter dem Druck einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbssituation würde auch die für die Wasserqualität sehr wichtige Rohrnetzpflege leiden und der Wasserverlust durch defekte Leitungen unerwünscht ansteigen. Die Errichtung und Instandhaltung des Rohrnetzes ist der größte Kostenpunkt bei der Wasserversorgung und geringere Investitionen hierin würden private Akteure anders bewerten als öffentliche Dienstleister. Großbritannien, wo hohe Wasserverluste bis zu 60 Prozent als geringere Kosten im Vergleich zu regelmäßigen Netzinvestitionen betrachtet werden, wird hierfür als Beispiel genannt. Mangelhafte Netzinvestitionen und dadurch stärker defekte Leitungen führen zu einer starken Erhöhung des Wasserverbrauchs, was ebenfalls nicht im Sinne einer nachhaltigen Wasserversorgung ist (Vgl. ebd.: 61-63 und 83).

Die Liberalisierung kann dazu führen, dass ein Leitungsnetz von mehreren Versorgern genutzt, also in ein Netz unterschiedliche Wässer aus unterschiedlichen Quellen eingespeist wird. Eine negative Folge der Nutzung der Leitungsnetze von mehreren Versorgern wäre, dass bei Störungen der Wasserversorgung durch die Mischung der Wässer der Verursacher viel schwieriger oder gar nicht ermittelt werden könnte. Damit wäre die Frage der Haftung bzw. Beseitigung bei Qualitätsverringerungen offen. Außerdem wird der Aufwand für eine Schadensbeseitigung in komplexeren Leitungsnetzen viel größer als bei der gegenwärtigen ortsnahen Wasserversorgung. Die technische Umsetzbarkeit dieser Form von Liberalisierung ist aber grundsätzlich fraglich (Vgl. ebd.: 64f.). Durch eine stärkere Fernversorgung entstehen laut Umweltbundesamt „vielfältige Probleme durch Korrosion […] und hinsichtlich des mikrobiellen Bewuchses in den Leitungen“ (Ebd.: 65). Die Liberalisierung führte zu einer technisch unnötigen Ausweitung der Wasserversorgung über Fernleitungen und damit zu einem unnötig vergrößerten Aufwand für die Sicherstellung der Trinkwasserqualität. Dies widerspräche dem Vorsorgeprinzip, das ein Unterlassen aller Maßnahmen, die potenziell zu schwerwiegenden Schäden führen könnten oder deren Risiken nicht geklärt sind, fordert (Vgl. ebd.: 36) und mit dem oben zitierten Minimierungsgebot umgesetzt wird.

Auch demokratietheoretisch kann eine Privatisierung des Wassers negative Folgen aufweisen. Im Konzept einer nachhaltigen Wasserwirtschaft wird die Beteiligung aller von wasserwirtschaftlichen Entscheidungen Betroffenen als Merkmal aufgeführt. Gegenwärtig ist eine demokratische Beteiligung der Bürger an der Gestaltung der Wasserversorgung zwar nur schwach, aber immerhin gesichert. Die meisten Wasserversorger befinden sich in kommunalem Eigentum und werden durch Aufsichtsräte kontrolliert, in denen die gewählten Vertreter aus den Stadt- bzw. Gemeinderäten sitzen. Je nachdem, wie eine Privatisierung konkret ausgestaltet wird, könnte die Bürgerbeteiligung wesentlich verringert werden oder völlig entfallen (Vgl. ebd.: 71f.). Im Falle einer vollständigen (materiellen) Privatisierung, also des Verkaufs an private Eigentümer, würden keine von den Bürgern gewählten Vertreter in den Aufsichtsgremien der Wasserversorger sitzen. Die Wasserversorgung wäre also dem nach der neoliberalen Theorie von Friedman sog. „Kreis unteilbarer Bereiche“ (Friedman 2002: 47) entzogen und es könnte wegen Fragen des Wasserpreises oder Ähnlichem keine Spaltung der Gesellschaft mehr erfolgen. Zu hinterfragen ist aber, ob der Streit über die Wasserversorgung wirklich den Zusammenhalt einer kommunalen Gesellschaft gefährden könnte. Wie in Teil 3 bereits dargestellt, wäre selbst nach Ansicht des neoliberalen Theoretikers Friedman unter Umständen eine in staatlichem Monopol liegende Wasserversorgung zu rechtfertigen.

Das Umweltbundesamt sieht abschließend erhebliche Bedenken bei einer Privatisierung der deutschen Wasserversorgung und befürchtet, „dass bereits erzielte Erfolge auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wasserwirtschaft gefährdet werden […] [und] Chancen für Verbesserungen des Gesundheits- und Umweltschutzes nicht [vorhanden sind]“ (Umweltbundesamt 2000: 75). Schließlich besteht nach Ansicht des Umweltbundesamtes ein verfassungsrechtlicher Zweifel an der Möglichkeit von Privatisierungen im Bereich der Wasserversorgung, weil diese zum Auftrag der Daseinsvorsorge gehört und eine Privatisierung in das vom Grundgesetz Art. 28 garantierte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen eingreifen könnte (Vgl. ebd.: 15 und 84).

 

Quellen:

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Quo vadis, SPD: Steuern erhöhen oder nicht?

Bundestagswahl 2013, Wahlen, Was sonst noch in der Welt passiert

In der SPD scheint es gerade mal wieder Irritationen zu geben. Es geht um die Frage, ob die im Wahlprogramm formulierten Steuererhöhungen (ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100 000 Euro soll es einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent geben) nun kommen sollen. Parteichef Gabriel ließ wissen, dass Steuererhöhungen nicht sexy seien und man ja auch erfolgreicher gegen Steuerbetrug und die legale Steuervermeidung großer Konzerne vorgehen könnte, um die öffentlichen Haushalte zu vergrößern für zukunftsnotwendige Investitionen in Bildung und Soziales.

Liebe SPD, das eine schließt das andere ja nicht aus. Gegen Steuerbetrug sollte immer vorgegangen werden, unabhängig von der Höhe der Steuersätze. Die Deutsche Steuergewerkschaft (Gewerkschaft der Finanzbeamten) weist seit Jahren daraufhin, dass es zu wenig Mitarbeiter in der Finanzverwaltung und deshalb zu wenig Kontrollen in Betrieben und bei Einkommensmillionären gibt. Bis zu 30 Mrd. Euro verliert der deutsche Staat dadurch. Abgesehen davon, dass niemals das ganze Ausmaß von Steuerhinterziehung beseitigt werden kann, reichen diese Mittel nicht aus, um den Investitionsstau bei Infrastruktur, Sozialem und Bildung/Wissenschaft aufzulösen. Laut GEW fehlen dem Bildungssystem 57 Milliarden Euro. Verdi listet einen Infrastruktur-Investitionsstau von mehreren Hundert Milliarden Euro in den Bereichen Verkehr, Energie, Bildung, kommunale Finanzen und öffentliche Krankenhäuser auf. Jeden Winter klagen die Kommunen über fehlendes Geld für die nachhaltige Reparatur von Schlaglöchern, Brücken werden immer maroder und Logistikunternehmen müssen ihre Lkw auf Umwege schicken, die Schleusen im Nord-Ostsee-Kanal ist verschlissen, Unikliniken schreiben rote Zahlen … Steurerhöhungen sind unvermeidlich, wenn nicht bald Deutschland zusammenbrechen soll. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert Steuererhöhungen für Bildung, Pflege und den Kampf gegen die Armut, pro Jahr mind. 35 Mrd. Euro.

Über Steuervermeidungsstrategien der Großkonzerne informiert übrigens eine aktuelle Dokumentation bei der ARD.

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Polizeigewalt in NRW: Polizeiopfer fordern Aufklärung und Schutz

Was sonst noch in der Welt passiert

Folgende Petition bitte ich zu unterzeichnen und weiterzuverbreiten:

Als Opfer von Polizeigewalt hat man in der Praxis keine Chance, zu seinem Recht zu kommen.

Die ZEIT schreibt: „Bürger, die gegen Polizeibeamte vorgehen, haben in Deutschland immer schlechte Karten. Polizisten, die im Dienst gewalttätig geworden sind und Menschen verletzt oder getötet haben, müssen statistisch gesehen nicht ernsthaft vor einer Strafverfolgung Angst haben.“

In der Nacht vom 22./23. April 2009 wurde ich in der Düsseldorfer Altstadtwache zum Opfer von Freiheitsberaubung und unverhältnismäßiger Polizeigewalt. Ich wurde gewaltsam entkleidet, u. a. von Männern, und stundenlang nackt eingesperrt. Mir wurde gewaltsam eine Blutprobe entnommen, ohne richterlichen Beschluss oder ohne nur den Versuch zu unternehmen, die Staatsanwaltschaft zu erreichen. Mir wurde zudem stundenlang der Kontakt zu einem Rechtsanwalt verwehrt. Ich habe massive Verletzungen am gesamten Körper davongetragen: u.a. ausgeschlagene Zähne, Kieferfraktur, Gehirnerschütterung, Blutergüsse durch Schläge mit Schlagstöcken oder Tritte und benötigte 1,5 Jahre für die ärztliche Behandlung; die psychologische Betreuung dauerte noch länger.

Der Fall wurde 2011 durch einen Beitrag des WDR-Magazins Westpol öffentlich bekannt, nachdem sich die Staatsanwaltschaft geweigert hatte, die Täter, mich oder die von mir genannten Zeugen zu befragen und den Fall stattdessen wegen angeblicher Verfristung schloss. Zuletzt berichtete darüber auch DIE ZEIT.

Um das Verfahren erneut aufleben zu lassen, habe ich auf eigene Kosten ein rechtsmedizinisches Gutachten zu meinen Verletzungen beauftragt und damit der Staatsanwaltschaft neue Beweise vorgelegt. Die Staatsanwaltschaft weigert sich aber nach wie vor, diesen Fall zu untersuchen. Gegen diese Entscheidung habe ich erneut Beschwerde eingelegt.

Da mir von Seiten der Ermittlungsbehörden seit inzwischen über 4 Jahren eine juristische/gerichtliche Klärung verweigert wird, fordere ich die Landesregierung NRW, namentlich Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, auf, eine ständige Kommission für Fälle von mutmaßlich unverhältnismäßiger Polizeigewalt zu bilden, die sich zunächst mit meinem Fall im Speziellen und später mit weiteren ähnlichen Fällen in NRW parlamentarisch auseinandersetzt.

DENN ICH BIN NICHT DIE EINZIGE BETROFFENE IN NRW!

Die Politik muss zu einer wirksamen Kontrolle der Polizei zurückfinden und darf nicht länger die Diskussion mit den Polizeigewerkschaften scheuen. Die Ursachen für polizeiliche Übergriffe müssen analysiert und die Ergebnisse Bestandteil der polizeilichen Aus- und Weiterbildung werden. Die Polizei muss lernen, eigenes Fehlverhalten als Möglichkeit zur Verbesserung der eigenen Arbeit und nicht als Bedrohung zu begreifen. Das Entstehen einer polizeilichen Fehlerkultur soll von der Politik begleitet werden, um organisationsinterne Widerstände zu überwinden.

Neben der Untersuchung der Fälle unverhältnismäßiger Polizeigewalt in NRW fordere ich von der Kommission folgende Punkte:

1) Ausarbeitung eines Vorschlags zur Schaffung einer unabhängigen Beschwerde- und Untersuchungsbehörde in NRW für Fälle mutmaßlich unverhältnismäßiger Polizeigewalt, ausgestattet mit umfangreichen Befugnissen, die denen von parlamentarischen Untersuchungskommissionen gleichen. Anschließende Umsetzung des Vorschlags durch die Landesregierung.

2) Überprüfung der Videoüberwachung in Polizeidienststellen sowie der diesbezüglichen juristischen Gegebenheiten in NRW mit dem Ziel, die notwendige Gesetzeslage und Verordnungen zur Videoaufzeichnung zum Schutz von Inhaftierten in Polizeiwachen zu erlassen und durchzuführen. Die Vorgänge im Gewahrsamsbereich von Polizeistationen müssen auf Video aufgezeichnet werden. Dies hat selbstverständlich unter neutraler Aufsicht zu erfolgen, wobei ein Zugriff nur durch einen richterlichen Beschluss möglich sein sollte.

3) Ausarbeitung eines Vorschlags zur Modifizierung der Polizeiausbildung in NRW inkl. einer zweijährig stattfindenden, verpflichtenden Wissensaktualisierung zum Thema Menschenrechte sowie der Aufnahme eines 6-monatigen Praktikums als Zulassungsvoraussetzung zum Polizei-Studium in NRW (ersatzweise einer Ausbildung) in sozial- bzw. menschenrechtlich ausgerichteten Institutionen/Organisationen, z.B. Bahnhofsmissionen, Drogenhäuser, Obdachlosenunterkünfte, Notaufnahmen der Krankenhäuser, psychiatrische Kliniken etc. Anschließende Umsetzung des Vorschlags durch die Landesregierung.

4) Ausarbeitung eines Vorschlags zur Veränderung der gesetzlichen Grundlage des Legalitätsprinzips, in dem Polizistinnen und Polizisten 48 Stunden Zeit nach dem Eintreten unverhältnismäßiger Polizeigewalt eingeräumt wird, um den Vorfall anzuzeigen, ohne sich direkt strafbar zu machen, sowie anschließende Vorstellung dieses Vorschlags in der Innenministerkonferenz.

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Sehenswerte politische Dokumentationen zu Lügen in der Politik und Mietunrecht

Antikapitalismus, Was sonst noch in der Welt passiert

In der ARD wurden zwei sehenswerte Dokumentationen gesendet, die ich zum Ansehen empfehlen würde.

In der ersten geht es um gebrochene Ehrenwörter und der Rolle der Unwahrheit in der Politik, es geht um „Lüge und Wahrheit in der Politik“ (ARD). Zitat: Wer zuckt nicht zusammen, wenn ein Politiker der Öffentlichkeit sein Ehrenwort gibt? Wer kommt nicht ins Zweifeln, wenn ein Kandidat im Wahlkampf Arbeitsplätze, Kindertagesstätten und Steuersenkungen verspricht? Kann man Politikern noch trauen? Viele Wähler haben sich längst an das Gefühl gewöhnt, belogen zu werden. Sie wenden sich von den etablierten Parteien ab – und unorthodoxen Gruppierungen zu. Andere engagieren sich in Bürgerinitiativen, um sich für ihre Interessen stark zu machen. Wie ist der Verlust von Ansehen und Bedeutung von Politikern zu erklären? Wann und wodurch hat die Abkehr von den Volksvertretern begonnen?“ Die Doku ist in der Mediathek zu sehen.

In der zweiten Doku geht es um Mieten in den Ballungsräumen und um den erbarmungslosen Umgang von Vermietern und dubiosen Richterinnen mit Mietern aus sozial unteren Schichten. Zitat: „Die Mieten in den Ballungsräumen explodieren. Das soziale Gefüge der Innenstädte verändert sich. Arme werden zusehends an den Rand gedrängt, selbst die Mittelschicht kann sich Wohnen in den Großstädten kaum noch leisten. Finanzinvestoren, Spekulanten und mittelständische Immobilieneigentümer profitieren unterdessen von der Wohnungsnot – sie streichen mit „Betongold“ hohe Renditen ein. Die Reportage führt langjährige Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ zur Wohnungsnot in Deutschland weiter und beleuchtet Schicksale von Mietern, die trickreich aus ihren vier Wänden vertrieben werden sollen, obwohl Wohnen in Deutschland ein Grundrecht ist. Die Autoren folgen der Spur von Spekulanten, die für hohe Renditen Familien und Rentner aus ihrem angestammten Lebensumfeld vertreiben. Sie versuchen, die Methoden der Profiteure des grassierenden Mietwahnsinns aufzudecken. Und sie fragen nach der Verantwortung von Vermietern, Lobbyisten und Politikern für die Situation auf dem Wohnungsmarkt.“ Gerade der letzte Abschnitt (ca. ab Minute 25:50) zu Richterin Paschke, die als Nebentätigkeit Vermietern Tipps und Seminare zum optimalen Steigern von Mieten gibt sowie Stammautorin in einer Zeitschrift des Vermieterverbands ist, wirft einige Fragen auf. Im Grunde ist das in einem demokratischen Rechtsstaat unerträglich. Warum darf sie bei einer derart offensichtlichen Befangenheit noch als Richterin für Mietrecht Urteile sprechen?

Hier geht es zum Video.

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100. Todestag von August Bebel

Was sonst noch in der Welt passiert

Heute ist nicht nur der 62. Jahrestag des Mauerbaus und der 87. Geburtstag von Fidel Castro (Herzlichen Glückwunsch, Commandante! – Viva Revolution!), sondern auch der 100. Todestag August Bebels. Die Junge Welt gedenkt ihm mit zwei eigenen Themenseiten. In der MZ wird eine neue Bebel-Biographie besprochen, die im Schweizer Rotpunktverlag erschienen ist. Ein Interview mit dem Autor der Biographie, Jürgen Schmidt, findet sich beim Deutschlandradio.

Seit dem Tod von Bebel ging es bergab mit der SPD, wenn man mal davon absieht, dass sie nach 1919 zur Regierungspartei geworden ist und den ein oder anderen (guten oder schlechten) Kanzler stellen konnte. Was die SPD in ihrer Regierungszeit so alles getan hat und vor allem, was sie unterlassen hat, ist eine Schreckensgeschichte für die Basis der Arbeiterpartei SPD, die sie bis 1914 noch war. Heute fehlt der SPD eine charismatische Führungspersönlichkeit; Steinbrück kann es nicht ansatzweise mit Bebel aufnehmen und wird deshalb auch die Wahl klar verlieren.

Wichtigste Schrift von Bebel:

Die Frau und der Sozialismus

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Gewerkschafter: Eine starke LINKE im Bundestag ist wichtig!

Bundestagswahl 2013, Wahlen

Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter rufen auf: DIE LINKE wählen!

Bundeskanzlerin Merkel bejubelt Schwarz-Gelb als »erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung«. Rot-Grün feiert 10 Jahre Schröders Agenda 2010 und Hartz-Gesetze. Wir dagegen sehen zunehmende soziale Spaltung und Ungerechtigkeit, explodierenden Reichtum auf der einen, öffentliche und private Armut auf der anderen Seite.

»Deutschland geht es nur gut, wenn es ganz Europa gut geht«, sagt die Kanzlerin. Doch tatsächlich treibt sie Europa immer tiefer in die Krise und die Menschen in den Krisenstaaten ins soziale Elend. Die Herrschenden in der EU nutzen die Krise, um Löhne zu senken, Arbeitnehmerrechte und Tarifsysteme zu zerschlagen. Sozialstaat und Demokratie werden den »Märkten« zum Fraß vorgeworfen. Gerettet werden Banken und Finanzanleger.

SPD und Grüne haben diese ungerechte und spaltende Politik mitgemacht. Sie haben ihr im Bundestag immer zugestimmt – ebenso wie den Militäreinsätzen der Bundeswehr in aller Welt. Seit sie in der Opposition sind, versuchen sie sich wieder als sozial darzustellen, um so die LINKE zu schwächen. Doch wo sie regieren geht die unsoziale Kürzungspolitik weiter.

Für eine demokratische und soziale Alternative steht nur DIE LINKE. Nur eine starke LINKE macht Druck für die Interessen der Beschäftigten und der Erwerbslosen, der Jugend und der Rentnerinnen und Rentner. Nur eine starke LINKE sorgt dafür, dass Kritik am Kapitalismus, an der Macht der Konzerne und Finanzlobbyisten im Bundestag eine Stimme hat.

DIE LINKE kämpft für Umverteilung von oben nach unten und für mehr soziale Gerechtigkeit. Sie steht für höhere Löhne, gute Arbeit und kürzere Arbeitszeiten. Gegen Rente erst mit 67, gegen Armut und Hartz IV-Schikane. Für gute Rente und ein solidarisches Gesundheitswesen. Nur DIE LINKE steht für einheitliche Lebensverhältnisse in Ost und West.

DIE LINKE fordert ein Zukunftsprogramm für bessere Bildung, ökologischen Umbau, öffentliche Infrastruktur und soziale Dienstleistungen. Das schafft hunderttausende guter Arbeitsplätze. Finanziert durch Besteuerung von Reichen und finanzstarken Unternehmen, durch eine Millionärsteuer.

DIE LINKE will mehr Demokratie in Gesellschaft und Betrieb, mehr Arbeitnehmerrechte, Mitbestimmung und starke Gewerkschaften.

Nur DIE LINKE steht gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und gegen Rüstungsexporte.

Wie auch immer die Wahl ausgeht, sicher ist eines: Einen Politikwechsel gibt es nur mit Druck aus der Gesellschaft, und mit einer starken LINKEN im Bundestag. Nur DIE LINKE ist 100 Prozent sozial – auch nach der Wahl!

Deshalb rufen wir auf: Die Bundestagswahl nutzen, Druck machen, DIE LINKE wählen!

Siehe: http://www.gewerkschafterinnen-waehlen-links.de/

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Bundestagswahl (3): Vorstellung der kleinen Parteien

Bundestagswahl 2013, Parteien, Wahlen

Vor wenigen Wochen hatte ich die Liste der zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien veröffentlicht. Gerade bei den kleinen Parteien fragt sich die übergroße Mehrheit der Wähler: Wer ist das eigentlich und was wollen die politisch erreichen? Diese Frage ist sehr berechtigt, wobei die meisten Wähler die Kleinparteien verächtlich ignorieren, weil sie vermeintlich sowieso keine Chance auf den Einzug in den Bundestag haben. Dass sie keine Chance haben, mag in den meisten Fällen stimmen (Ausnahmen, die ich nennen würde: Piratenpartei und AfD), doch ist das m. E. kein Argument, sie nicht zu wählen. Menschen, die mit der herrschenden „pluralen Fassung einer Einheitspartei“ (Johannes Agnoli) unzufrieden sind, also mit CDU/CSU, FDP, SPD, Grünen, können ihrer Unzufriedenheit mit einer Stimme für eine ihnen politisch nahestehenden Kleinpartei Ausdruck verleihen. Besser zumindest, als gar nicht zu wählen, ist das Wählen von Kleinparteien auf jeden Fall, denn bei der Abrechnung Stimmen spielen abgebene Stimmen eine größere Rolle als nicht abgegebene Stimmen (wer zur Wahl schweigt, akzeptiert die Herrschaft der etablierten Parteien statt gegen sie zu protestieren!).

Da wir uns hier auf einem linkskritischen Blog befinden, möchte ich bei der Vorstellung der Kleinparteien mit den (eher) linken und linksalternativen Parteien beginnen.

Piratenpartei

Größte dieser eher linken Gruppierungen ist die Piratenpartei, wobei eine ideologische Einordnung hier schwerfällt. Niedermayer zitiert die Selbstdarstellung der Berliner Piratenpartei mit „sozial-liberal-progressiv“ und so abwegig ist das mit den Forderungen der Piratenpartei nach kostenlosem ÖPNV, bedingungslosem Grundeinkommen und mehr Demokratie durch digitale Revolution auch nicht.

Daten und Fakten (nach Wikipedia):

Partei­vorsitzender Bernd Schlömer
General­sekretär Sven Schomacker
Stell­vertretende Vorsitzende Sebastian Nerz
Markus Barenhoff
Bundes­schatz­meisterin Swanhild Goetze
Gründung 10. September 2006
Gründungs­ort Berlin
Haupt­sitz Berlin
Jugend­organisation Junge Piraten
Zeitung Flaschenpost, Kaperbrief, Kompass
Farbe(n) Orange
Bundestagsmandate keine
Staatliche Zuschüsse 792.487,67 EUR (2012)
(Stand 30. Januar 2013)
Mitglieder­zahl 31.669 (10. Juli 2013)
Durch­schnitts­alter 38,9 Jahre
Frauen­anteil ca. 5–15 Prozent
Website piratenpartei.de

Bisherige Wahlerfolge (%):

Bundestagswahl 2009 2,0 0 Mandate
Europawahl 2009 0,9 0 Mandate
Landtagswahl Sachsen 2009 1,9 0 Mandate
Landtagswahl Schleswig-Holstein 2009 1,8 0 Mandate
Landtagswahl NRW 2010 1,6 0 Mandate
Landtagswahl Baden-Württemberg 2011 2,1 0 Mandate
Abgeordnetenhauswahl Berlin 2011 8,9 15 Mandate
Landtagswahl NRW 2012 7,8 20 Mandate
Landtagswahl Saarland 2012 7,4 4 Mandate
Landtagswahl Schleswig-Holstein 2012 8,2 6 Mandate

 

Wahlprogramm: http://www.piratenpartei.de/wp-content/uploads/2013/06/PP-Bund-BTW13v1.pdf

 

DKP

Nächste Partei ist die DKP. Hier ist die ideologische Einordnung einfach: marxistisch-leninistische Partei, vor 1990 größte Partei links neben SPD und Grünen. Ihre Bedeutung und Größe, die sie in den 1970er Jahren hatte (Mitgliederzahl seit 1974 bis Ende der 1980er: 40.000), ist durch den Untergang des Ostblocks rapide zurückgegangen. Die Westausdehnung der PDS, die zwar nicht besonders erfolgreich war, hat ihr Übriges getan. Es stellt sich mitunter die Frage der Daseinsberechtigung der DKP, die aber m. E. gegeben ist, da die Linkspartei aufgrund nicht unbedeutender reformistischer Tendenzen ein linkes Korrektiv gut gebrauchen kann. Die DKP wird (natürlich) seit jeher vom Verfassungsschutz beobachtet und als linksextremistisch eingeordnet. Dass ihre Gründung 1968 überhaupt zugelassen wurde, erstaunt angesichts der ungehemmten Kommunistenverfolgung in den 1950er Jahren, die zum kritikwürdigen KPD-Verbot 1956 geführt hat (vgl. Hans-Heinz Holz 2009: Der frühe Tod des Grundgesetzes).

Daten und Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzender Patrik Köbele
Stell­vertretende Vorsitzende Nina Hager
Wera Richter
Hans-Peter Brenner
Ehren­vorsitzender Max Reimann
Gründung September 1968
Gründungs­ort Essen
Aus­richtung kommunistisch
marxistisch-leninistisch
Farbe(n) Rot
Bundestagsmandate keine
Staatliche Zuschüsse keine
Mitglieder­zahl 3.500 (2013)
Durch­schnitts­alter 60 Jahre
Website dkp.de

Wahlergebnisse:

Bundestagswahlergebnisse

Jahr

Stimmenanzahl

Stimmenanteil

1972

113.891

0,3 %

1976

118.581

0,3 %

1980

71.600

0,2 %

1983

64.986

0,2 %

1987

n. a.

n. a.

1990

n. a.

n. a.

1994

n. a.

n. a.

1998

n. a.

n. a.

2002

n. a.

n. a.

2005

n. a.

n. a.

2009

1.894

0,0 %*

*) nur in Berlin angetreten

Beste Landtagswahlergebnisse: Bremen 1971 3,1 %, Saarland 1970 2,7 % und Hamburg 1974 2,2 %. Auf kommunaler Ebene ist die DKP u. a. in Konstanz, Idar-Oberstein, Freiburg und Tübingen vertreten (vgl. hier) oder auch in Mörfelden-Walldorf und Bottrop (vgl. hier).

Wahlprogramm:

 

MLPD

Auf dem Wahlzettel wird auch die MLPD erscheinen. Wikipedia charakterisiert sie so: „Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (Kurzbezeichnung: MLPD) wurde am 20. Juli 1982 gegründet. Sie ist dabei aus dem von 1972 bis 1982 bestehenden Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD) hervorgegangen.

Die MLPD tritt für eine revolutionäre Vergesellschaftung der Produktionsmittel ein, wobei sie sich in Theorie und Praxis auf Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Lenin, Josef Stalin und Mao Zedong bezieht. Sie verteidigt im Gegensatz zu nahezu allen anderen kommunistisch orientierten Gruppen in Deutschland auch das politische Wirken von Stalin und Mao Zedong. Erklärtes Ziel der Partei ist die Errichtung der Diktatur des Proletariats als Übergangsstadium zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. Die MLPD wird vom Verfassungsschutz beobachtet und als linksextremistisch eingestuft.

Die MLPD konnte am ehesten in industriebetrieblichem Rahmen in Großbetrieben, ihrem wichtigsten Arbeitsfeld, gelegentlich Einfluss gewinnen. Bei Wahlen auf Bundes- und Landesebene erhielt die MLPD bisher keine Mandate und wendet sich seit Ende der 1990er Jahre verstärkt der Kommunalpolitik zu.“

Aufmerksamkeit erhält die MLPD gelegentlich durch großzügige Parteispenden, die ihr hin und wieder zufallen: 2011 von Michael May (ca. 3 Mio. Euro) oder 2013 vom Ehepaar von Pentz (115.000 Euro). Politischer Erfolg ist trotz Spendensegen nicht in Sicht, zumindest gemessen an Mandaten, wo außer einer Stadträtin in Bitterfeld-Wolfen und einer Handvoll Mandate in anderen kleinen Städtchen, nicht viel zu melden ist.

Daten und Fakten:

Partei­vorsitzender Stefan Engel
Stell­vertretende Vorsitzende Monika Gärtner-Engel
Gründung 20. Juli 1982
Gründungs­ort Bochum
Bundestagsmandate keine
Staatliche Zuschüsse keine
Mitglieder­zahl 2300 (Stand: 2012)
Frauen­anteil 43 %
Internationale Verbindungen International Coordination of Revolutionary Parties and Organizations (ICOR), International Conference of Marxist-Leninist Parties and Organizations (ICMLPO)
Website www.mlpd.de

Wahlergebnisse:

Bundestagswahlen:

2009 – 29.261 Stimmen

2005 – 45.238 Stimmen

1998 – 4731 Stimmen

1994 – 10.038 Stimmen

1987 – 13.422 Stimmen (alles max. 0,1 % der Stimmen)

Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2006 konnte sie mit einem aufwändigen Wahlkampf und 0,4 Prozent (4051 Stimmen) ihr bislang bestes Wahlergebnis erzielen.

Wahlprogramm: Parteiprogramm der MLPD, [Wahlplakate]

Ein Interview des Parteivorsitzenden Stefan Engel in der Jungen Welt kann hier gelesen werden.

 

PSG

Zur Wahl stellt sich auch die Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale (PSG). Ihr inhaltliches Profil kennzeichnet Wikipedia so: „Die Partei sieht sich als deutsche Sektion der Vierten Internationale in der Tradition Leo Trotzkis stehend. Die internationale Dachorganisation der PSG stellt das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) dar.

Im Zentrum der Wahlerklärungen der PSG steht eine Kritik der Gewerkschaften, der Sozialdemokratie und der ehemals stalinistischen Organisationen. Diese laut der PSG auf den Nationalstaat bezogenen Organisationen hätten mit der Globalisierung und der Krise des Kapitalismus jede Möglichkeit verloren, die Rechte und Interessen der Arbeiterklasse zu verteidigen. […]“

Im Gegensatz zu anderen trotzkistischen Gruppierungen (z. B. SAV, Marx21) lehnt sie eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei kategorisch ab und nutzt jede Gelegenheit (vor allem Regierungsbeteiligungen der Linkspartei), diese Partei scharf zu kritisieren.

Daten und Fakten (Quelle: Wikipedia):

Partei­vorsitzender Ulrich Rippert
Gründung 1997
Mitglieder­zahl 261 (31. Dez. 2011)
Website www.gleichheit.de

Bisherige Wahlergebnisse:

Bundestagswahl 1998: 6.226 Stimmen

Bundestagswahl 2005: 15.605 Stimmen

Bundestagswahl 2009: 2.957 Stimmen (je < 0,1 %)

Europawahl 2004: 25.795 Stimmen (0,1 %)

Europawahl 2009: 9.646 Stimmen (< 0,1 %)

Berliner Abgeordnetenhauswahl 2006: 565 Stimmen

Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011: 1.690 Stimmen (0,1 %)

Wahlprogramm: http://www.gleichheit.de/resolutionen/wahlerklaerung2013/

 

KPD

Auf dem Wahlzettel wird außerdem die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) zu finden sein. War da nicht 1956 was? Schon, aber die KPD, um die es nun geht, wurde im Januar 1990 in der DDR gegründet und unterliegt wegen des Einigungsvertrags nicht dem KPD-Verbot von 1956.

„Die KPD bekennt sich zur Existenz des Sozialismus in der DDR und den anderen ehemaligen Volksdemokratien Europas. Ihre Ausrichtung ist marxistisch-leninistisch mit positivem Bezug zu Stalin und der Juche-Ideologie beziehungsweise Songun-Politik Nordkoreas. Erich Honecker war nach seinem Ausschluss aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands Mitglied der KPD, seine Frau Margot ist Ehrenmitglied der Partei. Auf dem XX. Parteitag der KPD 1999 wurde beschlossen, sie zu einer bolschewistischen Partei zu entwickeln“ (Wikipedia). Überflüssig zu erwähnen, dass die KPD – ebenso wie die PSG – vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingeschätzt wird.

Daten und Fakten (Quelle: Wikipedia):

Gründung 31. Januar 1990
Gründungs­ort Ost-Berlin
Haupt­sitz Franz-Mehring-Platz 110243 Berlin
Partei­vorsitzender Dieter Rolle
Mitglieder­zahl 155 (31.12.2011)
Website k-p-d.org

bisherige Wahlergebnisse:

Bei den Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt 2004 erhielt die KPD in Zeitz ein Wahlergebnis von 1,9 % und zog mit einem Vertreter in den Stadtrat ein,der auch bei der folgenden Kommunalwahl 2009 mit einem Wahlergebnis von 1,7 % erreicht wurde.

Update: Die KPD tritt doch nicht zur Bundestagswahl an.

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Die Entwicklung der öffentlichen Schulden seit Krisenausbruch 2008

Antikapitalismus

Die folgende Tabelle zeigt das ganze Desaster der aktuellen Krisenpolitik, die bar jeder Vernunft v. a. unter deutscher Führung, sprich von unserer allseits beliebten Bundeskanzlerin durchgesetzt wird.

Öffentlicher Schuldenstand (Maastricht-Schuldenstand) in % des BIP – jährliche Daten
  2000 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Belgien

107,8

84

89,2

95,7

95,6

97,7

100,5

104,5

Bulgarien

72,5

17,2

13,7

14,6

16,2

16,3

19,7

18,0

Tschechische Rep.

17,8

27,9

28,7

34,2

37,9

41

45,3

47,8

Dänemark

52,4

27,1

33,4

40,7

42,7

46,4

45,4

44,7

Deutschland

60,2

65,2

66,8

74,5

82,5

80,5

82,4

81,2

Estland

5,1

3,7

4,5

7,2

6,7

6,1

10,7

10,

Irland

35,2

25

44,2

64,5

91,2

104,1

116,9

125,1

Griechenland

103,4

107,2

112,9

129,7

148,3

170,6

175,8

160,5

Spanien

59,4

36,3

40,2

53,9

61,5

69,3

85,4

88,2

Frankreich

57,4

64,2

68,2

79,2

82,4

85,8

90

91,9

Italien

108,5

103,3

106,1

116,4

119,3

120,8

126,2

130,3

Zypern

59,6

58,8

48,9

58,5

61,3

71,1

86,2

86,9

Lettland

12,4

9

19,8

36,7

44,5

42,2

41,3

39,1

Litauen

23,6

16,8

15,5

29,3

37,9

38,5

40,8

40,8

Luxemburg

6,2

6,7

14,4

15,3

19,2

18,3

21,1

22,4

Ungarn

56,1

67

73

79,8

81,8

81,4

80,5

82,4

Malta

53,9

60,7

60,9

66,5

67,3

70

70,7

75,4

Niederlande

53,8

45,3

58,5

60,8

63,4

65,8

72,5

72,0

Österreich

66,2

60,2

63,8

69,2

72,3

72,8

75

74,2

Polen

36,8

45

47,1

50,9

54,8

56,2

56,1

57,3

Portugal

50,7

68,4

71,7

83,2

93,4

108

119,9

127,2

Rumänien

22,5

12,8

13,4

23,6

30,5

34,7

35,8

38,6

Slowenien

26,3

23,1

22

35

38,6

46,9

54,1

54,5

Slowakei

50,3

29,6

27,9

35,6

41

43,3

53,3

54,9

Finnland

43,8

35,2

33,9

43,5

48,7

49,2

54,1

54,8

Schweden

53,9

40,2

38,8

42,6

39,5

38,4

38,1

39,4

Vereinigtes Königreich

40,6

43,7

51,5

67,1

78,4

84,1

88,3

88,2

Zahlen 2013: Stand 1. Quartal. Quellen: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=tipsgo10&plugin=0 und http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/2-22072013-AP/DE/2-22072013-AP-DE.PDF

 

In den Krisenländern stieg die Verschuldung in Prozent des BIP kräftig an:

Irland von 25 % (2007) auf 125,1 % (1. Quartal 2013)

Griechenland von 107,2 % auf 160,5 %

Spanien von 36,3 % auf 88,2 %

Zypern von 58,8 % auf 86,9 %

und im angeblichen Musterreformland Portugal von 68,4 % auf 127,2 %.

Und nebenbei: Unsere eiserne Sparkanzlerin hat es im eigenen Land nicht gerade zu Ruhm gebracht, was den Schuldenabbau angeht: Die Verschuldung steig seit 2007 von 65,2 auf 81,2 %. Aber daran sind wahrscheinlich auch nur die Südeuropäer schuld, weil unser gutes Geld dahin wandert ;).

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Geht es noch schizophrender? Was denken Deutsche beim Antworten auf Meinungsumfragen?

Bundestagswahl 2013, Wahlen

Jeder Student und jede Studentin wird es sicherlich schon mitbekommen haben: Bald sind wieder Bundestagswahlen und einige von ihnen werden das erste Mal daran teilnehmen (so ist zu hoffen). Das ist wieder die Zeit der Demoskopen mit ihren mal mehr, öfters aber weniger sinnvollen und aussagekräftigen Meinungsumfragen. Schon länger überfällt mich Ratlosigkeit, wenn ich in Tagesthemen oder heute journal die Ergebnisse sehe. Doch beim Anblick der neuesten Deutschlandtrend-Ergebnisse bin ich völlig vom Stuhl gefallen (im übertragenen Sinne nur) – wer kann mir folgende, bei ein und der gleichen Umfrage von 10003 Befragten gegebenen Aussagen erklären:

Frage: Zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung? – Antwort: 52 Prozent „ja“

Frage: Zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung unter Führung von Merkel? – Antwort: 56 Prozent „ja“

Frage: Zufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP? – Antwort: 38 Prozent „ja“

Das war ein „methodisches Experiment“ der Demoskopen, um herauszufinden, warum seit Monaten an verschieden politischen Maßnahmen oder Nicht-Maßnahmen der Regierung Kritik geäußert wird (z. B. Betreuungsgeld, Drohnenaffäre etc.), die Kanzlerin und die Regierung allgemein aber zugleich sehr beliebt sind. Es scheint also an Merkel und der unter ihr scheinbar (!) gedeihenden Wirtschaft zu liegen, erklärt uns Herr Schönenborn. Aber wie passt dann Folgendes dazu?

Frage: NSA-Überwachung: Ist die Erklärung der Kanzlerin glaubwürdig? – Antwort: 78 Prozent „nein“

Ist das Schizophrenie, vollkommene Verblödung oder absichtliches Täuschen von nervigen Telefoninterviewern? Sind Datenschutz, Privatsphäre, Bürgerrechte nicht mehr wichtig? Stasi und Stacheldraht halb so wild? Dann sollten schnellstens die Jahn-Behörde und sämtliche Datenschutzbeauftragten in Ruhestand geschickt werden und das Grundgesetz (zumindest Art. 10) beerdigt werden. Das wäre dann wenigstens konsequent.

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