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Politischer Jahresrückblick 2013: Die Euro-Krise fordert politische Opfer

Parteien, Wahlen

Was ist unter dem Aspekt der Wahlen in Europa in 2013 so passiert? In einigen Ländern der EU wurde – wie bereits in den Vorjahren – in den Regierungsmannschaften kräftig durchgemischt. Doch gerade im wichtigsten und stärksten Land der EU hat die Vernebelungs- und Entpolitisierungstechnik der bourgeoisen Regierung wieder prima funktioniert. Im Wahlkampf Deutschlands waren die wirklich wichtigen Themen (ungelöste Eurokrise, Investitionsstau in Infrastruktur, Bildungssystem und Kommunen, wachsende Vermögensspreizung, Pflegenotstand, nachhaltige Wirtschafts- und Energiepolitik) weitgehend ausgeschaltet und vermeintlich noch „wichtigere“ Themen in den Vordergrund geschoben worden: Pkw-Maut für Ausländer (die CSU versteckt ihren Rassismus nicht mal ansatzweise), der Mittelfinger von Peer S. und die Ausgeglichenheit des bundesdeutschen Staatsetats. Merkel tut so, als ginge es uns allen gut und dank ihr werde das auch vier Jahre so weiter gehen – dabei hat ihre Politik bisher das fundamentale Europroblem nicht gelöst (weil kein Konzept vorhanden bzw. das Konzept darauf hinausläuft, das deutsche Großkapital zu bereichern auf Kosten der Peripherie) und bestenfalls nur Zeit gekauft, die aber nicht für die notwendigen Maßnahmen genutzt wird. Sie darf dank des „unmündigen“ (Kant) Wählers weitermachen, muss aber den Verlust des überflüssig gewordenen Koalitionspartners FDP hinnehmen; aber mit den Sozis hat’s ja auch schon mal gut geklappt. Mal sehen, was von den 25 % SPD 2017 übrig bleibt.

In Luxemburg haben sich die drei Parteien DP, LSAP und Grüne zum Sturz des ewigen Junckers entschlossen, nachdem dieser über eine unschöne, in den deutschen Medien weitgehend verschwiegenen (Ausnahme u. a. Junge Welt!) Geheimdienstaffäre gestolpert war. Wie man hört, hat Juncker nun einen Posten bei der EU im Visier – als langjähriger Eurogruppenchef nur konsequent. In Tschechien regieren nach den Parlamentswahlen im Oktober die Sozialdemokraten; das war schon vor der Wahl relativ klar, nachdem sich die bürgerliche Koalition auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat (Korruption mal wieder). Doch statt der anvisierten Koalition mit den Kommunisten (oho! Ob das in der EU gut angekommen wäre?) paktieren sie nun mit einer der beiden neuen Populistenparteien.

Parallel zur Bundestagswahl wurde auch der Nationalrat in Österreich neu gewählt. Dabei ging es bunter zu als in Deutschland, wo es ja nur noch vier Fraktionen inkl. Minioppositiönchen gibt. Österreich hat nun sechs Fraktionen, doch trotz zweier neuer liberalpopulistischer Parteien bleibt es bei der ewigen Großen Koalition. Die ist aber so klein (siehe Tabelle unten), das die grün-liberal-rechtsnationale Opposition über volle Oppositionsrechte verfügt. Zu wünschen wäre, dass mit der neuen kommunistischen „Partei der Arbeit“ auch die linke Opposition etwas präsenter wird. Erwähnt sei hier auch, dass im Nicht-EU-Land Norwegen die rot-rot-grüne Regierung abgewählt wurde und das Mitte-rechts-Lager mal wieder am Ruder ist. Auch Island gehört (noch) nicht zur EU, und nach dem Wahlergebnis aus dem Mai dürfte das so bleiben, wo die eher EU-skeptischen Rechtsliberalen und Konservativen die Rot-rote Regierung ablösten. Einen Machtwechsel gab es nach Neuwahlen auch in Bulgarien, wo Sozialisten und Partei der türkischen Minderheit in einer Patt-Situation mithilfe der Neofaschisten (Attaka) die konservative GERB-Regierung in die Opposition verwiesen. Ähnlich wie in Norwegen musste auch in Zypern das linke Lager eine Niederlage einstecken und nach der Präsidentschaftswahl einer konservativen Regierung weichen. Dann konnten auch die nächsten Euromilliarden für die Rettung der Banken fließen.

Die Italiener haben auch mal wieder gewählt, aber leider wie immer ein kompliziertes Ergebnis produziert. Nach wochenlangen Verhandlungen und Erpressungsversuchen Berlusconis wurde eine übergroße Koalition aus Mitte-links-Demokraten, Berlusconis Truppen, die sich mittlerweile in Aufspaltungsprozess befinden, und der Monti-Liste gebildet. Stabil ist auch diese Regierung nicht und es erscheint zweifelhaft, dass sie volle fünf Jahre durchhält. Doch die Italiener sind es gewohnt; gewöhnen müssen sich nun am Radikalpopulisten Grillo, der einen neuen Wahlkampfstil aus Satire und Anti-Parteien-Gebrüll kreierte und so zum Oppositionsführer avancierte. Die einst stolze und große KP verpasste zum zweiten Mal den Einzug ins Parlament – der Zersplitterung und teils revisionistischer Ausrichtung sei Dank.

Fazit: Es lässt sich im Moment kein eindeutiger Rechts- oder Linkstrend beobachten. Einzige Konstante in allen weniger starken EU-Ländern ist, dass es die amtierende Regierung sehr schwer hat, sich im Amt zu halten. Und die neu gewählten Regierungen verlieren sehr rasch an Popularität und werden mit teils massiven Bürgerprotesten konfrontiert. Neue, populistische und unideologische Parteien sind in diesen Ländern im Aufwind, was für die Rumpf-Demokratie in Europa nichts Gutes verheißt. Dies gilt aber in Deutschland nur begrenzt; hier hält sich das alte Establishment noch wacker, wobei mit der AfD langsam die Gefahr heranwächst.

Vergleich der Regierungen in Europa vor und nach Beginn der Krise 2008 (siehe farblich hier):

2008 2013 (31.12.)
Belgien Mitte-links Große Koalition
Dänemark Mitte-rechts Mitte-links
Deutschland Große Koalition Große Koalition
Finnland Mitte-rechts Große Koalition
Frankreich Mitte-rechts Sozialisten
Griechenland Konservativ Große Koalition (09-11 Sozialdemokraten, 11-12 Technokraten)
Großbritannien Labour Mitte-rechts
Irland Mitte-rechts Große Koalition
Italien Rechtskonservativ Große Koalition (zuvor Monti/Technokraten)
Luxemburg Große Koalition Mitte-links (lib. Führung)
Malta Konservativ Sozialdemokraten
Niederlande Große Koalition Mitte-links (bis 2012 Mitte-rechts)
Österreich Große Koalition Große Koalition
Portugal Mitte-links Mitte-rechts
Schweden Mitte-rechts Mitte-rechts
Spanien Sozialisten Konservativ
Zypern Links-Mitte Mitte-rechts
Bulgarien Mitte-links Mitte-rechts
Estland Große Koalition Mitte-rechts
Kroatien Mitte-rechts Mitte-links
Lettland Mitte-rechts Mitte-rechts
Litauen Mitte-rechts Große Koalition
Polen Mitte-rechts Mitte-rechts
Rumänien Konservativ Mitte-links
Slowakei Sozialisten und Nationalisten Sozialisten (bis 2011 Mitte-rechts)
Slowenien Mitte-links Mitte-rechts
Tschechien Mitte-rechts Mitte-rechts
Ungarn Mitte-links Rechtskonservativ
Island Große Koalition Mitte-rechts (09-13 Rot-.rot/grün)
Norwegen Mitte-links Mitte-links

Bilanz: in neun EU-Ländern gab es seit 2008 eine Rechtsverschiebung in der Regierungszusammensetzung, in zwölf Ländern eine Linksverschiebung – zählt man Luxemburgs neue Regierung unter liberaler Führung (mit Sozialdemokraten und Grünen) zum Mitte-links-Lager wären in 13 Ländern eine Linksverschiebung zu registrieren. In sechs Ländern blieb die Regierungskonstellation gleich, dabei aber nicht unbedingt die beteiligten Parteien (so auch in Deutschland; dazwischen gab es aber noch die schwarz-gelbe Regierung). Kontinuierlich die gleichen Parteien wie 2008 regieren heute nur noch in Österreich, Schweden und Polen.

 

Belgien;seit 2010 Christen-demokrat. & Vlaams 17, Centre Democrate Humaniste 9, Open Vlaamse Liberalen en Democraten 13, Mouvement Réformateur 18/150, Socialistische Partij Anders 13/150, Parti Socialiste 26/150 (Große Koalition)
Dänemark;seit 2011  Socialdemokratiet 44/175, Det Radikale Venstre 17, Socialistik Folkeparti 16; Minderheitsreg. gestützt von Rot-grüne Enhedslisten 12 (Mitte-links)
Deutschland CDU/CSU 311/631, SPD 193/631 (Große Koalition)
Finnland; seit 2011 Nationale Sammlungspartei 44/200, Christendemokraten 6, Schwedische Volkspartei 10, Grüne Bund 10, Sozialdemokratische Partei 42/200, Linksverband 14 (Große Koalition)
Frankreich, seit 2012 Parti Socialiste 280/577(Mitte-links)
Griechenland;seit Juni 2012 Nea Demokratia 129/300, PASOK 33, DIMAR 17 (Mehrheit auf 155 geschrumpft – Große Koalition)
Großbritannien; seit 2010 Conservative Party 307/646, Liberal Democrats 57(Mitte-rechts)
Irland;seit 2011 Fine Gael 76/166, Labour Party 37/166(Große Koalition)
Italien;seit 2013 Partito Democratico (PD) 292/630, Popolo della Libertà 98/630, Scelta Civica (Monti-Liste) 39 (Große Koalition)
Luxemburg;seit 2013 Demokratesch Partei 13/60, Letzebuergesch Sozialestesch Arbechterpartei (LSAP) 13/60, Dei Greng 6 (Mitte-links)
Malta;seit 2013 Partit tal-Haddiema/ Malta Labour Party 39/69(Mitte-links)
Niederlande;seit 2012 Volkspartij voor Vrijheid en Democratie 41/150, Partij van de Arbeid 38/150 (Mitte-links)
Österreich;seit 2013 Sozialdemokrat. Partei Österreichs 52/183, Österreichische Volkspartei 47/183 (Große Koalition)
Portugal;seit 2011 Partido Social Democrata 108/230, CDS-Partido Popular 24 (konservativ/rechts)
Schweden;seit 2010 Moderata samlingspartiet 107/349, Folkpartiet liberalerna 24, Centerpartiet 22, Kristdemokraterna 19 (Mitte-rechts)
Spanien;seit 2011 Partido Popular (PP) 186/350(konservativ/rechts)
Zypern;seit 2013 Demokratische Sammlungsbewegung 20/56, Demokratische Partei  9, Europäische Partei 2 (Mitte-rechts)
Bulgarien;Seit 2013 „Koalition für Bulgarien“ (Sozialistische Partei u.a.) 84/240, Partei „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ 36 (Mitte-links)
Estland;seit 2011 Reformpartei 33/101, Union Pro Patria und Res Publica 23(Mitte-rechts)
Kroatien;seit 2011 Sozialdemokrat. Partei 62/153, Kroat. Volkspartei 13, Istrische Demokratische Versammlung 3, Partei der Rentner 3(Mitte-links)
Lettland;seit 2010 Bündnis „Einheit“ („Neue Zeit“ u.a.) 33/100, Union der Grünen und Bauern 22 (Mitte-rechts)
Litauen;seit 2012 Sozialdemokratische Partei 38/141, Arbeitspartei 29, Polnische Wahlaktion 8, Ordnung und Gerechtigkeit (LDP) 11(Große Koalition)
Polen;seit 2007 Bürgerplattform/PO 207/460, Bauernpartei/PSL 42(Mitte-rechts)
Rumänien;seit 2012 Sozialdemokratische Partei 159/334, National-Liberale Partei 101, Konservative Partei 13, unterstützt von den Vertretern der nationalen Minderheiten (18 Abg.) und von der Ungarnpartei UDMR 18 (Große Koalition)
Slowakei;seit 2012 Smer 83/150 (linkssozialistisch)
Slowenien;seit 2011 Slowen. Demokratische Partei 26/86, Bürgerliste Gregor Virant 8, Slowenische Volkspartei 6, Demokratische Pensionistenpartei Sloweniens 6, Neues Slowenien 4 (Mitte-rechts)
Tschechien;seit 2013 Tschech. Sozialdemokratische Partei 50/200, Aktion unzufriedener Bürger 47 (Mitte-links)
Ungarn;seit 2010 Fidesz 263/386 (rechts)

 

Siehe auch: Übersicht über die parlamentarische Stärke der Parteien in Europa

 

 

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Übersicht über die parlamentarische Stärke der Parteien in Europa

Parteien

Übersicht zum Download (Quellen: verschiedene; hauptsächlich Wikipedia und Fischer Weltalmanach)

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Lesetipp des Tages: Anlässlich Willy Brandts Tod

Was sonst noch in der Welt passiert

Willy Brandt wird gerade allerorten als eine Art Säulenheiliger der SPD gefeiert. Klar, vieles, was unter Brandt geschehen ist, war besser als die Politik seiner SPD- (und CDU-) Nachfolger. Aber gerade die linken Bewunderer von Brandt sollten sich des Radikalenerlasses und seiner Unterstützung der Bindung an die NATO-Politik und der atomaren Rüstung (in den 1960er Jahren) erinnern. Dazu sei folgender Text empfohlen:

Arno Klönne: »Wir alle lieben ihn« – Ein Zwischenruf zum denkmalpflegenden Umgang mit Willy Brandt.

 

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Armutsbericht 2013 des Paritätischen Wohlfahrtsverbands

Antikapitalismus

Die Systemlogik des herrschenden Kapitalismus liegt darin, dass die Wenigen immer reicher und die Vielen immer ärmer werden. Dieser Trend wurde nur dann (kurzzeitig) unterbrochen, wenn die organisierte Arbeiterbewegung kampfstark genug war, um Sozialversicherungen oder reale Lohnerhöhungen einzufordern oder wenn die Kapitalisten aufgrund ihrer tendenziellen bzw. offensichtlichen faschistischen Ausrichtung (Deutschland 1930ff.) deskreditiert waren. Im Jahre 2013 präsentiert sich das deutsche Kapital jedenfalls in größter Produktivität und Kampfstärke, denn die Armutsquote – verschleiert gerne als Armutsgefährdung ausgedrückt – hat 2013 zugenommen:

„Zwischen Wohlstand und Verarmung

Deutschland vor der Zerreißprobe

Die Armut sei gestoppt, die Einkommensschere schließe sich sogar wieder – so die Bundesregierung im Wahljahr 2013. Mit dem 4. Armuts- und Reichtumsbericht im März dieses Jahres glaubte man, den Nachweis dafür erbracht zu haben. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Mit 15,2 Prozent Armutsquote ist 2012 ein neuerliches, trauriges Rekordhoch erreicht.
Als der Paritätische Wohlfahrtsverband im Mai 2009 zum ersten Mal einen Armutsatlas für Regionen in Deutschland vorlegte, wurde deutlich, dass Deutschland nicht nur sozial, sondern auch regional ein tief zerrissenes Land ist. Bei dieser ersten regionalen Betrachtung konnten der Verband lediglich auf drei Erhebungswellen – nämlich 2005 bis 2007 – zurückgreifen. Entwicklungen nachzuzeichnen oder gar zu analysieren, war auf dieser Datenbasis nicht möglich. Dies gelang erstmalig mit dem Paritätischen Armutsbericht 2011. Durch die Zusammenführung der Erkenntnisse des Armutsatlas einerseits und den seitdem regelmäßig veröffentlichten regionalen Armutsquoten der statistischen Landesämter und des statistischen Bundesamtes andererseits konnten erstmalig – mit aller gebotenen Vorsicht – Trends analysiert werden, da regionale Daten nunmehr von 2005 bis 2010 vorlagen. Mit dem Armutsbericht 2013 wird diese Analyse nunmehr zum zweiten Mal fortgeschrieben. Der Berichtszeitraum reicht mittlerweile von 2005 bis 2012.
Es zeigt sich: Der gefährliche Negativtrend, der sich im letzten Jahr abzuzeichnen begann, wurde sehr deutlich bestätigt. Seit 2006 ist die Armut in Deutschland von 14,0 Prozent auf mittlerweile 15,2 Prozent kontinuierlich gestiegen. Gerade auch mit Blick auf die Regionen treten besorgniserregende Entwicklungen zu Tage: Mehrjährig positive Trends in Mecklenburg-Vorpommern oder Thüringen sind 2012 zum Erliegen gekommen, positive Trends in Brandenburg oder Hamburg scheinen sich nun endgültig gedreht zu haben. Während die Länder mit vergleichsweise sehr niedrigen Armutsquoten – Baden-Württemberg und Bayern – ihre Position noch einmal verbessern konnten, verschlechterte sich zugleich die Situation bei denjenigen Ländern, die ohnehin mit Armutsquoten von über 20 Prozent weit abgeschlagen waren: Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Die Befunde des vorliegenden Armutsberichts 2013 geben daher Anlass zu tiefer Sorge. Die Kluft zwischen bundesdeutschen Wohlstandsregionen auf der einen Seite und Armutsregionen auf der anderen Seite wächst stetig und deutlich. Die sozialen und regionalen Fliehkräfte, gemessen an der Einkommensspreizung, nehmen seit 2006 in Deutschland dramatisch zu. Deutschland steht vor der Zerreißprobe.“ (Zitiert von http://www.der-paritaetische.de/armutsbericht2013)

Der Armutsbericht 2013 zum herunterladen

Bericht der Jungen Welt zum Thema

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Erfolg der Anti-Hartz-Petition wird in bürgerlichen Medien totgeschwiegen

Antikapitalismus

Unsere Politiker und Leitmedien beschwören in Sonntagsreden so gerne das Engagement einer vitalen Zivilgesellschaft. Die Darstellung von Aktivitäten der Zivilgesellschaft ist höchst selektiv. Während Spendengalas von hoch wichtigen Prominenten oder Sammlungen der Kirchen immer gerne thematisiert werden, sind Aktivitäten von Erwerbslosengruppen oder anderen sozial marginalisierten Gruppen in den bürgerlichen Medien selten zu sehen. Und so ist es kein Wunder, dass der große Erfolg der Petition gegen das Sanktionsregime von  Hartz IV (mittlerweile über 90.000 Unterzeichner) in BILD, ZEIT, SZ, FAZ etc. kaum oder gar nicht erwähnt wird. Darauf weist die Junge Welt gerade hin.

Die Ausgegrenzten und Unterdrückten sollen bloß nicht erfahren, dass kollektiv organisierte Aktionen Erfolg haben können, wobei der Erfolg bei Petitionen begrenzt sein muss, da aufgrund der parlamentarischen Mehrheiten eine Abschaffung der Sanktionen im Hartz IV-Gesetz kaum zu erwarten ist. Die unterkühlte Übergabe der Unterschriften beim Petitionsausschuss, die Hannemann auf ihrem Blog schildert, lässt wenig Gutes bezüglich der Behandlung der Thematik im Petitionsausschuss erwarten.

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Protest gegen Kürzungen in Sachsen-Anhalt muss weitergehen

Hochschulpolitik

Wie kann das sein? Das ganze Jahr über haben sich tausende Menschen auf Demos gegen die neoliberalen Kürzungspläne von Haseloff und Bullerjahn aufgeregt und kräftig Lärm geschlagen gegen den Abbau von Kultur, Bildung, medizinischer Versorgung etc. Und es haben noch keine 5000 Menschen eine Petition des DGB mit den gleichen Kritikpunkten unterschrieben! Das darf nicht sein. Wer davon noch nicht wusste, hier ist der Link:
Link-extern http://webmail.tele2.de/SRedirect/www.openpetition.de/petition/online/wir-sind-sachsen-anhalt-zukunft-laesst-sich-nicht-einsparen/

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Petition gegen Hartz IV-Sanktionen nimmt Hürde

Antikapitalismus

Vor einigen Tagen habe ich hier für Inge Hannemanns Petition gegen das menschenunwürdige Hartz IV-Sanktionsregime geworben. Wie groß mein bescheidener Beitrag für den Erfolg der Petition war, ist ungewiss, doch es freut mich, den Lesern mitteilen zu können, dass die deutschlandweite Kampagne zur Unterstützung der Petition mehr als gefruchtet hat und die Mindestzahl von 50.000 Stimmen mit über 83.000 Unterzeichnern weit übertroffen wurde. Mehr als 50.000 Unterzeichner sind notwendig, damit sich der Petitionsausschuss des Bundestages, der dank der dieser Woche endlich erfolgten Kanzlerinnenwahl endlich seine Ausschusstätigkeit aufnimmt, in einer öffentlichen Sitzung (inkl. einer Anhörung der Initiatorin der Petition) mit dieser Petition zu beschäftigen.

Der Hauptkritikpunkt der Petition ist folgender: „Das Sozialrecht erlaubt Jobcentern, Erwerbslosen und Aufstockenden den knappen Regelsatz zu kürzen, wenn sie die strengen Auflagen des Amtes nicht befolgen. Durch Kürzungen werden Betroffene unter das »physische und soziokulturelle Existenzminimum« gedrückt. Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) von 2010 muß dieses »jedem Grundrechtsträger immer und unter allen Bedingungen« gewährt werden, es sei »dem Grunde nach unverfügbar«“ (Junge Welt). Kurz gesagt: Was hat es mit dem Recht auf Menschenwürde zu tun, wenn hilfsbedürftigen Arbeitslosen das gesamte Existenzminimum gestrichen werden darf?? Was ist das für ein Sozialstaat, der es seiner Verwaltung erlaubt, die Hilfsbedürftigen zu Hunger und Mietschulden zu verurteilen? Seit Jahren gibt es Millionen von Sanktionen, zum Teil völlig unberechtigt und aus alleinigem Behördenchaos verursacht – und es gibt keinen nennenswerten Aufstand! Wahrscheinlich, weil damit auch der klein- und großbürgerliche Steuerzahler ein wenig geschont wird.

Zu dem Sanktions- und Hartz IV-Wahnsinn empfehle ich den entsprechenden Jahresrückblick der Jungen Welt zu lesen. Nur drei Beispiele: „Daß jeder Hartz-IV-Bezieher dem Amt bedingungslos gehorchen soll, machte das Jobcenter Harz in Sachsen-Anhalt zu Jahresbeginn einem selbständigen Ingenieur deutlich, der wegen Umsatzeinbußen vorübergehend aufstocken mußte. Weil der 60jährige sich geweigert hatte, befristet als Kloputzer auf dem Weihnachtsmarkt zu jobben und dafür sein Gewerbe aufzugeben, kürzte ihm die Behörde die Leistungen um 60 Prozent. […] Von wegen, keine Stellen – dann müsse eine 19jährige Hauswirtschafterin eben in einem stadtbekannten Bordell arbeiten, befand das Amt. Einer Leistungskürzung wegen »Arbeitsverweigerung« konnte die junge Frau schließlich nur durch Öffentlichkeit entgehen. […] Nicht einmal die Kinder von Leistungsbeziehern sind vor Sanktionen sicher. […] Das mußten die 16 und 17 Jahre alten Söhne einer Mutter aus Nienburg erleben. Das Jobcenter hatte sie 2012 und 2013 fast monatlich vorgeladen, obwohl sie ihr Abitur machen wollten. Es verlangte Schulbescheinigungen, Lebensläufe und Zeugniskopien. Folgten sie der Aufforderung »ohne wichtigen Grund« nicht, würde ihnen die Leistung um zehn Prozent gekürzt, drohte das Jobcenter“ (Quelle: Jahresrückblick der Jungen Welt)

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Zum Mitgliederentscheid der SPD

Bundestagswahl 2013, Parteien

Was für eine „Spannung“ am Sonnabend um 14:45 Uhr. Erst gibt es 45 Minuten Verspätung (denn es sollte ja eigentlich um 14 Uhr das Ergebnis des Mitgliederentscheids verkündet werden), und dann setzt Gabriel zu einer Dankesrede an, die kein Ende nehmen wollte. Er musste den ganzen Stolz der Parteispitze an die Basis loswerden, dass diese Rest-Basis so fleißig mitgemacht hat beim „Mehr Demokratie wagen“, wobei ich ihm das zugestehen will, denn eine Beteiligungsquote von über 70 Prozent ist schon beachtlich – dies drückt aber wohl auch den Wunsch nach mehr innerparteilicher Demokratie aus. Die SPD ist also in demokratietheoretischer Hinsicht tatsächlich gegenüber der CDU oder CSU einige Meilen weit voraus. Aber was hat die Basis nun entschieden? Nach 15 Minuten durfte Frau Neu-Umweltministerin Hendricks das – für mich wenig überraschende – Ergebnis von 75 Prozent (der abgegebenen Stimmen) Zustimmung zur Großen Koalition verkünden. Das heißt nur ein Viertel der SPD-Mitglieder hat strategisch mitbekommen, dass diese erneute „GroKo“ ein politisches Desaster heraufbeschwören könnte und dass es zur Durchsetzung sozialdemokratischer Inhalte doch ratsamer wäre, andere Koalitionsoptionen zu suchen (Stichwort Rosa-rot-grün). Aber lassen wir einen SPD-Veteranen sprechen:

„Ja, dieser Tag geht in die SPD-Geschichte ein. Spätestens mit dem heutigen Tag verabschiedet sich die SPD von ihrem Charakter als streitbar diskutierende Mitgliederpartei und wandelt sich zur amerikanischen Kampagnenpartei. 76 Prozent Ja- und 24 Prozent Neinstimmen beim Mitgliedervotum sind für mich letztlich keine Überraschung. Schließlich wurde demonstriert, daß es möglich ist, bei Nutzung der Medien, einseitigster »Information« der Basis und unter Ausschaltung der satzungsgemäßen Gliederungen, die vereinzelten Mitglieder effektiv zu lenken und gewünschte Ergebnisse herbei zu organisieren.

Wenn man bedenkt, daß z.B. in Schleswig-Holstein auf den drei Regionalkonferenzen nur Fragen und keine freie Rede erlaubt waren, dann kann man den qualitativen Unterschied zu Mitgliedertreffen in Ortsvereinen erahnen, bei denen sich alle Mitglieder untereinander frei austauschen und danach eine Meinung bilden. So hängt dem durchgeführten Verfahren der Geruch der Manipulation an.

Die Rede Sigmar Gabriels anläßlich der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses macht mich sprachlos. Was als »Feier der Demokratie« und »Vorbild an Mitgliederbeteiligung« dargestellt wurde, war in Realität eine durchinszenierte Kampagne, um die Mitglieder ins Boot der großen Koalition zu zerren, die Kritiker zu disziplinieren und alle zusammen in Mithaftung zu nehmen. Das werden alle, auch diejenigen, welche im Alten Postbahnhof so telegen jubelten, während der großen Koalition noch schmerzlich erfahren.

Demokratische Mitwirkung und eine freie Entscheidung gehen anders. Die bloße Abstimmung allein, das ist die Erkenntnis, welche Sozialdemokraten den Liberalen einmal voraus hatten, ist keine Garantie für eine demokratische Mitwirkung und eine tatsächlich freie Entscheidung.

Gabriels Rede empfand ich deshalb als eine Zumutung, Willy Brandts »mehr Demokratie wagen« für das praktizierte Verfahren in Anspruch zu nehmen, als Provokation. Letztlich hat Gabriel mit dieser Rede George Orwells Satz aus seinem Roman »1984« bestätigt: »Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten –, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.«“ (abgedruckt u. a. in Junge Welt)

Dies hat Udo Fröhlich, seit 1971 Mitglied der SPD und über 40 Jahre lang in diversen Parteifunktionen und Ämtern aktiv, kritisch an Herrn Gabriel geschrieben. Mag die Sozialdemokratie also parteidemokratisch der CDU überlegen sein, doch von sehr guten demokratischen Zuständen ist man doch noch entfernt. Ich hätte mir ja ein Ergebnis 53 zu 47 Prozent gewünscht (am besten zugunsten der Ablehnung der GroKo), aber dazu fehlte es wohl an fairer, ergebnisoffener Diskussion und dem Mut zum aufrechten Neinsagen in den Ortsvereinen.

Warum das Mitgliedervotum zu mehr Resignation in der Arbeitnehmerschaft führen wird, analysiert Wolfgang Lieb auf den Nachdenkseiten. Einen weiteren Kommentar gibt es beim Freitag.

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Bundestagswahlergebnis ist sozial nicht repräsentativ

Antikapitalismus, Bundestagswahl 2013, Wahlen

Die unternehmensnahe Bertelsmannstiftung hat nun bestätigt, was seit Langem eigentlich bekannt ist: An der bürgerlichen Demokratie des aktuellen Zuschnitts beteiligen sich überdurchschnittlich die Eliten und unterdurchschnittlich die sozial Ausgegrenzten; das kann man „Exklusive Demokratie“ nennen. „Die oberen zwei Drittel der Gesellschaft haben erheblich größeren Einfluss auf die Zusammensetzung des neu gewählten Bundestages genommen als das untere Drittel“ (Pressemitteilung der Bertelsmannstiftung). Denn: „Die 17 Millionen Nichtwähler kommen überdurchschnittlich oft aus prekären Milieus; […] Bis zu 46 Prozentpunkte betrug bei der diesjährigen Bundestagswahl der Unterschied in der Wahlbeteiligung zwischen einzelnen Vierteln in ein und derselben Stadt. So gaben in Köln-Chorweiler nur 42,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, in Köln-Hahnwald hingegen 88,7 Prozent. Einen besonders starken statistischen Zusammenhang ermittelt die Studie zwischen Wahlbeteiligung und Arbeitslosigkeit: In Chorweiler liegt die Arbeitslosigkeit bei mehr als 19 Prozent, in Hahnwald bei gerade mal einem Prozent“ (ebd.).

Bei diesem Befund gibt es übrigens schon eine deutsche Einheit(lichkeit), weil kein Unterschied zwischen Ost und West oder Nord und Süd existiert. Und die soziale Spaltung der Wählerschaft nimmt zu: „Noch nie war das Gefälle in der Wahlbeteiligung so groß wie bei den beiden letzten Bundestagswahlen 2009 und 2013“, sagte Dräger [Vorstand der Bertelsmannstiftung]. Noch 1998 lagen über ganz Deutschland die Stimmbezirke mit der jeweils höchsten und niedrigsten Beteiligung bei der Bundestagswahl 19,1 Prozentpunkte auseinander. 2013 betrug diese Differenz bereits 29,5 Prozentpunkte. „Die Ungleichheit der Wahlbeteiligung hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten verdreifacht“, sagte Dräger. „Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Bundestagswahl stagnierte auf dem historisch niedrigen Niveau von 2009. Die soziale Selektivität der Wählerschaft verfestigt sich und führt zu einer zunehmenden sozialen Spaltung unserer Demokratie“, so Jörg Dräger weiter“ (ebd.).

Marx behauptete schon vor über 150 Jahren, dass der Staat nur ein Instrument zur Verwaltung der Interessen der Bourgeoisie ist. Die minimalen Fortschritte, die die sozialreformistische Arbeiterbewegung bis in die 1970er Jahre mit ihrer Beteiligung am parlamentarischen Betrieb erreicht hat, wurden und werden seit der neoliberalen Herrschaft nach und nach zerstört. Dass in den gleichen 40 Jahren, seitdem die Wahlbeteiligung immer sozial ungleicher wird, (zufällig?) auch die Einkommens- und Vermögensungleichheit rapide zunimmt, wird nicht erwähnt – vielleicht, weil auch die Politikberatung der Bertelsmannstiftung in den letzten Jahren die neoliberale Politikwelle verbreiterte.

Und so ist auch zu erklären, warum in den möglichen Therapievorschlägen zur Senkung der sozialen Ungleichheit der Wählerschaft eine Politikveränderung durch Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums, für einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt mit sinnvollen und existenzsichernden Löhnen oder zur Verbesserung der Sozialleistungen nicht zu finden ist. „In der Bertelsmann-Publikation Einwurf (1/2013) schreiben Vehrkamp und sein Koautor Dominik Hierlemann, ein »Wertewandel« habe dazu geführt, daß auf soziale Ungleichheit nicht mit Protest, sondern mit Apathie reagiert werde. Dabei verlieren sie kein Wort über die Rolle der jeweils regierenden Parteien, die ihre Politik als »alternativlos« darstellen und so Wahlberechtigte systematisch entmutigen“ (Junge Welt). Die Bertelsmannstiftung regt eine „gesetzliche Wahlpflicht“, eine „veränderte Berichterstattung über Politik“ durch die Medien, „direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung“ sowie eine größere Bedeutung der Schulen bei der „Demokratieerziehung“ an. Das mögen durchaus diskutable Maßnahmen sein; aber an der sozialen Ungleichheit ändern sie nichts. Und aus der Schweiz wissen wir, dass sich an Volksentscheiden auch vorrangig die gesellschaftlich Höhergestellten beteiligen – soziale Ungleichheit wirkt eben bei allen Formen der Partizipation.

Studie hier zum Download.

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Dokumentiert: Koalition des Stillstandes

Bundestagswahl 2013, Parteien, Wahlen

„CDU/CSU und SPD sind lobbyhörig und vertiefen die soziale Spaltung“, meint DIE LINKE und veröffentlicht folgendes Flugblatt:

Der Koalitionsvertrag ist Mist. Der Politikwechsel, den die SPD im Wahlkampf versprochen hat, fällt aus. Auf der Strecke bleiben die Interessen von Millionen Menschen. Die Große Koalition setzt die Politik von Schwarz-Gelb fort, ergänzt um Extrawürste für CSU-Chef Horst Seehofer.

Koalition der Unternehmerlobby

  • Der Mindestlohn ist nicht existenzsichernd. Bundesweit und ausnahmslos kommt er erst 2017. Durch steigende Lebenshaltungskosten werden dann 8,50 Euro nach heutiger Kaufkraft weniger als 8 Euro wert sein.
  • Bei Leiharbeit gibt es nur kosmetische Änderungen: Das Lohndumping geht weiter.
  • Managergehälter werden nicht begrenzt.
  • Super-Reiche werden nicht höher besteuert.
  • Rückstellungen der Atomkonzerne zur Bewältigung des Ausstiegs bleiben in der Verfügung der Konzerne.
  • Ein verbindliches Klimaschutzgesetz fehlt.

Koalition gegen Bürgerrechte

  • Die Vorratsdatenspeicherung wird umgesetzt. Sechs Monate sollen alle Daten gespeichert werden – eine Einladung an die NSA, unbescholtene Bürgerinnen und Bürger weiter auszuschnüffeln.
  • Die rechtliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe bleibt aus. Es gibt kein explizites Adoptionsrecht für eingetragene Partenerschaften.

Koalition der sozialen Ungerechtigkeit

  • Volksentscheide auf Bundesebene werden verhindert.
  • Mütterrente und abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren ändern nichts an Rentenkürzungen. Die Rente erst ab 67 bleibt.
  • Die Beiträge der Arbeitgeber zur Krankenversicherung werden eingefroren. Die Rechnung zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Die Mietpreisbremse verdient den Namen nicht.
  • Über Bildung entscheidet weiter Papas Geldbeutel. Das Bildungschaos mit 16 Bildungssystemen in Deutschland bleibt.

Koalition gegen den Frieden

  • Es droht die Aufweichung des Parlamentsvorbehalts bei Auslandseinsätzen.
  • Der vollständige Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fällt aus.
  • Die Bundeswehr wird auch künftig im Ausland eingesetzt. Sie wird nicht verkleinert, sondern weiter darauf getrimmt, in Konflikten militärisch zu intervenieren.
  • Die Anschaffung von Kampfdrohnen wird nicht ausgeschlossen.
  • Bei Rüstungsexporten wird es keine Einschränkungen und keine neuen Regeln oder gar Verbote geben.
  • Die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland wird nicht beendet.
  • Es ist ausdrücklich keine weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien geplant.

Die Große Koalition macht dort weiter, wo Schwarz-Gelb aufgehört hat: auf dem Kurs der sozialen Ungerechtigkeit. DIE LINKE wird eine harte und konsequente Opposition sein.“

Weitere Informationen auf www.linksfraktion.de.

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Besetzt Euer Theater!

Was sonst noch in der Welt passiert

Ich veröffentliche hier einen Aufruf zur Besetzung der Kulturinsel:

Liebe Kulturfreundinnnen und -freunde,

wir rufen die Hallenser auf, die Kulturinsel in der kommenden Woche für 48 Stunden permanent zu besetzen. Von Dienstag, 10.12., 11.55 Uhr bis Donnerstag, 12.12., 11.55 Uhr. Es gibt Veranstaltungen rund um die Uhr –  inklusive Schlafmöglichkeiten. Im Anhang findet Ihr das Flugblatt, mit dem wir auf unser Vorhaben aufmerksam machen. Bitte leitet den Aufruf an Freunde, Bekannte etc. weiter. Und erscheint zahlreich! Ein detailliertes Programm wird Montag veröffentlicht.

Viele Grüße,

Marlene Fluch

Theater, Oper und Orchester GmbH Halle
Mitarbeiterin Presse/Öffentlichkeitsarbeit
Betreuung Firmen und Besuchergruppen

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Gedenken an eine politische Legende: Mandela

Was sonst noch in der Welt passiert

Es gibt keine unfehlbaren Engel in der Politik; auch Mandela hatte nicht nur Gutes vollbracht. Sieht man sich aber seine Nachfolger im ANC an, dann muss man angesichts des Todes von Mandela wehmütig werden. Das charakterliche Format, die politische Willensstärke eines Mandela ist bei Zuma & Co. nicht zu erkennen. Mandela starb – nach langem Kampf mit Lungenentzündungen – mit nun 95 Jahren. Die USA hat seinen ANC erst 2008 von der Terrorliste genommen, das muss man sich mal vorstellen; andererseits hat das auch zu bedeuten, dass Mandelas Politik den USA gegen den Strich ging und auch viel richtig gemacht hat. Mandela war auch einmal Mitglied im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Südafrikas, dem traditionellen Koalitionspartner des ANC. Trotzdem hat er es nach dem Ende der Apartheid versäumt, einen konsequent sozialistischen Kurs einzuschlagen. Heute geht der Riss nicht mehr (allein) zwischen Schwarz und Weiß sondern verstärkt zwischen Arm und Reich, und Mandelas Nachfolger tun wenig dagegen. Wie lange der ANC noch Wahlergebnisse deutlich jenseits der 50 Prozent einfährt, ist fraglich. Eines ist aber auch moralisch mehr als fragwürdig: Die Krokodilstränen von Politikern aus USA, Deutschland, England etc., die bis 1990 die weißen Politiker der Apartheid nicht nur toleriert, sondern sogar unterstützt haben. Davon war in den Trauerreden von Obama, Merkel etc. nichts zu hören – kein Wort des Bedauerns (siehe “Heuchler am Werk“, Junge Welt)!

Hier eine kleine Auswahl der Nachrufe und Berichte über Mandelas Tod:

Der Veränderer (Der Freitag)

»Mandela ist niemals Vergangenheit« (Junge Welt)

Am Ende des Regenbogens (Junge Welt, ausführlicher Nachruf)

DIE LINKE trauert um Nelson Mandela

Der gespaltene Regenbogen (Blätter für deutsche und internationale Politik)

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Unterstützt die Petition gegen Hartz IV-Sanktionen!

Antikapitalismus

Petition 46483

Arbeitslosengeld II – Abschaffung der Sanktionen und Leistungseinschränkungen (SGB II und SGB XII) vom 23.10.2013

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Paragrafen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende, § 31 bis § 32 SGB II) und im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe, §39a SGB XII) ersatzlos zu streichen, die die Möglichkeit von Sanktionen bzw. Leistungseinschränkungen beinhalten.

Begründung

Die Sanktionen (§ 31 und § 32 Zweites Buch Sozialgesetzbuch) und die Leistungseinschränkungen (§ 39 a Zwölftes Sozialgesetzbuch) verletzen das Recht auf die Absicherung des zwingend gesetzlich festgelegten soziokulturellen Existenzminimums. Wem ganz oder teilweise die Grundsicherungsleistung gestrichen wird, dessen Existenz und gesellschaftliche Teilhabe ist bedroht.

Link: https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2013/_10/_23/Petition_46483.nc.html

Siehe auch: http://altonabloggt.wordpress.com/2013/12/03/gemeinsamer-mut-und-unbandiger-wille-werden-die-50000-knacken/

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Wichtige Senatssitzung am 11.12.!!! Haushalt der Grausamkeiten geplant

Hochschulpolitik

Am 11.12. ab 14 Uhr lohnt es sich, im Hallischen Saal (Burse zur Tulpe) bei der Sitzung des Akademischen Senats anwesend zu sein. Denn nachdem von der Landesregierung ein wenig Druck von den Unis genommen wurde, setzt die Universitätsleitung selbst zum großen Kürzungsplan an. Ursache ist das seit Jahren wachsende „strukturelle Defizit“ von bislang 6,8 Mio. Euro, das nächsten Jahr Richtung 10 Mio. Euro anwachsen könnte. In der Senatssitzung wird unter anderem über den MLU-Haushalt 2014 diskutiert.

Um das sog. strukturelle Defizit auf 5 Mio. Euro zu drücken, werden u.a. folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

  • keine Nachbesetzungen von Abgängen in 2014
  • keine Besetzung Regelabgänge in ZUV (Kustos, Sprachenzentrum, Zentrum für Lehrerbildung, Naturkundl. Museum, ITZ, Interdisziplinäre Zentren, Kanzler frühestens Juni 2014)
  • keine Verlängerung bisher befristet eingestellter Tarifbeschäftigter in der ZUV nach Teilzeitbefristungsgesetz
  • Keine neuen Einstellungen im Rahmen der Finanzautonomie (Zielvereinbarung; Titel 429 96)
  • Deckelung der Aushilfskräfte für Botanischer Garten
  • keine Vertretungsprofessuren im Sommer- und Wintersemester 2014/2015.
  • 30%ige Sachkostenkürzung aller Einrichtungen (incl. Fakultäten)
  • 30% Kürzung der Literaturmittel
  • Kürzung von Frauenförderung und Internationalisierung um 30%
  • Familienbüro Kürzung auf 35.000 Euro
  • Öffnungszeiten der Bibliotheken reduziert werden sollen.

Die Tagesordnung der Sitzung sieht folgendermaßen aus:

Teil A (öffentlich)

1.         Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit

– Rektor

2.                                 Bestätigung der Tagesordnung

            – Rektor –

3.         Protokollkontrolle

            – Rektor –

                                    Material:        Entwurf Protokoll vom 13.11.13 per Email verschickt

4.                                 Informationen des Rektorates

            – Rektoratsmitglieder –

5.         Entwicklungsplan der Medizin  

– Rektor –

Material:         Vorlage*

6.         Haushalt 2014 – 1. Lesung  

– Prorektorin für Struktur und Finanzen –

Material:         Vorlage*

Gast:               Frau Dr. Denzel-Trensch                 

7.         Kooperationsvertrag mit der Universität Neapel Federico II / Italien

– Prorektorin für Forschung und wiss. Nachwuchs –

Material:         Vorlage*

8.         Verschiedenes

– Rektor –

Teil B (nichtöffentlich)

9.         Protokollkontrolle

– Rektor –

Material:                     Entwurf Protokoll vom 13.11.13 per Email verschickt

10.       Zusammensetzung Wahlausschuss

            – Rektor –

            Material:         Beschlussvorlage*

11.       Berufungen

– Rektor –

            Material:         Beschlussvorlagen*

                                   Berufungsunterlagen**                                   

12.       Apl.-Professur

– Rektor –

            Material:         Beschlussvorlage*

                                   Berufungsunterlagen**

13.       Senatsberichterstatter

– Rektor –

Material:         Beschlussvorlage wird als Tischvorlage ausgereicht

14.       Gastprofessuren 2014

– Prorektorin für Forschung und wiss. Nachwuchs –

Material:         Vorlage*

15.       Verschiedenes

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Abderhalden-Straße behält vorerst ihren Namen

Hochschulpolitik, Was sonst noch in der Welt passiert

Der Kulturausschuss des halleschen Stadtrates hat sich gestern mit der Problematik Abderhalden-Straße beschäftigt. Die Grünen hatten die Beratung nach dreijähriger Vertagung wieder auf die Tagesordnung gesetzt, wohl auch aufgrund der Professoreninitiative um den Politikwissenschaftler Prof. Varwick, die in einer Resolution die Umbenennung fordert. Der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät I hat sich ebenfalls für eine Umbenennung ausgesprochen und als neue Namensvorschläge Noether- (nach Emmy Noether) und Amostraße (nach Anton-Wilhelm Amo) vorgetragen. Im Kulturausschuss sollte der Rektor diese Vorschläge als Meinung der Universität vortragen – doch dazu kam es gar nicht.

Denn zunächst musste überhaupt Verständnis bei den Ausschussmitgliedern für die Position, dass die Beibehaltung der Anschrift Abderhalden-Straße für das neue GSZ (Geistes- und Sozialwissenschaftliches Zentrum) nicht tragbar ist, geworben werden. Das Hauptargument Sträters war, dass trotz der unbestreitbaren Verdienste Abderhaldens dessen Persönlichkeit international umstritten ist und die Forscher und Lehrerenden des GSZ gegenüber Kollegen anderer Hochschulen und Instituten in eine ständige Rechtfertigungshaltung geraten werden, wie es sein kann, dass in Halle eine nach dieser umstrittenen Persönlichkeit benannte Straße gäbe.

Für die Leopoldina, deren Präsident Abderhalden während der NS-Zeit war, stellte Frau Prof. Schnitzer-Ungefug die bisherigen Ergebnisse aus der Forschergruppe, die das Gutachten zur Geschichte der Leopoldina erstellen soll, vor. „Innerhalb der Leopoldina gebe es keine Akten, dass der Anstoß zur Umbenennung von dort ausging. “Die Leopoldina vermutet, dass die Initiative von der Stadt ausging, um die Leopoldina zum 300-jährigen Bestehen zu ehren”, meinte Schnitzer-Ungefug. Sie hob Abderhaldens vielseitige Tätigkeit als Professor der Uni und dessen Schaffung sozialer Einrichtung wie des Kinderheims in Kröllwitz. Bereits 1994 habe die Leopoldina eine Veranstaltung zur Forschung des Verhältnisses der Akademie zum nationalsozialistischen Regime durchgeführt. Auch der damalige Leopoldina-Präsident habe sich für die erfolgte Streichung jüdischer Mitglieder aus den Matrikeln entschuldigt […] Abderhalden sei ein international anerkannter Forscher gewesen, sei Anfang der 30er von nationalsozialistischen Studenten angegriffen worden, weil er jüdische und ausländische Mitarbeiter beschäftigte. Schnitzer-Ungefug sagte auch, es gebe keine direkte Verbindung zwischen Abderhalden und KZ-Arzt Mengele, wohl aber einen Kontakt zu einem der Lehrer Mengeles. Sie warb dafür, Personen aus ihrer Zeit heraus zu sehen. Die Eugenik sei damals nicht negativ besetzt gewesen. Schnitzer-Ungefug hob seine Maßnahmen gegen Kindersterblichkeit und die Einrichtung von Hebammenschulen hervor. “Die Forderung nach Verhütung erbkranken Nachwuchses wurde nicht nur von Abderhalden erhoben”, so Schnitzer-Ungefug. Er habe immer die Auswirkungen der positiven Eugenik zur Verbesserung der Lebensbedingungen, sagte sie. Die Streichung jüdischer Mitglieder habe er mit Bleistift vorgenommen. […] Abderhalden sei weder ein überzeugter Nationalsozialist noch ein Antisemit gewesen, meinte Schnitzer-Ungefug“ (Hallespektrum).

Nach den Redebeiträgen von Schnitzer-Ungefug und Sträter erhielt Prof. Gläßer das Wort, der schon vor drei Jahren Abderhalden gegen Nazi-Vorwürfe verteidigt hatte, und nun wieder die vielseitigen Verdienste für die Stadt Halle aufzählte. Außerdem kritisierte er die Initiative um Prof. Varwick heftig: „Er sprach von ungeheuerlichen und blödsinnigen Behauptungen gegenüber der Initiative, warf dem Mitinitiator Prof. Johannes Varwick Inkompetenz vor. Dieser habe es unterlassen, den Unterschied zwischen Nazi-Eugenik und Abderhalden-Eugenik zu erklären. Abderhalden habe Erbkrankheiten verhindern wollen. Die von Varwick “initiierte Schmähschrift” erinnere an Pamphlete aus vergangenen Diktaturen. Das hier auch noch 40 Uni-Professoren unterschrieben hätten, sei ein Skandal. Abderhalden sei nie NSDAP-Mitglied gewesen. Zwar habe er Hitler gelobt, aber nur für dessen Gesundheitsstil und habe für seine Gesundheitspolitik Hoffnungen gehabt. Man solle die außerordentlichen Leistungen Abderhaldens würdigen, so Prof. Gläßer. “Distanzieren Sie sich von diesem Pamphlet”, sagte er in Richtung der Professoren-Initiative“ (Hallespektrum).

Die Mehrheit des Kulturausschusses (7 Stimmen gegen 4) hat sich nach einer längeren Diskussion um mögliche Kompromisse bzw. „salomonische Lösungen“ für eine Vertagung der Umbenennung entschieden, bis das Gutachten der Leopoldina Mitte nächsten Jahres erscheinen wird. Herrn Sträter ist es in mehreren Rede-Beiträgen nicht gelungen, die (v. a. konservativen, aber auch LINKEN) Räte davon zu überzeugen, dass vor dem Einzug der Institute ins GSZ eine Entscheidung gefällt werden muss, ob Aderhalden unsere Anschrift wird. Auch die Vertreterin der Leopoldina hatte mit ihrer Mitteilung, dass im Gutachten „keine Überraschungen“ bzgl. der Biografie Abderhaldens zu erwarten sind, ja zu verstehen gegeben, dass eine Vertagung eher weniger sinnvoll ist. Die Mehrheit um Pfarrer Bartl (parteilos auf CDU-Ticket) ist nicht einmal auf die zahlreichen Kompromissvorschläge eingegangen.
Es wurde z. B. vorgeschlagen (und Herr Sträter hätte dies akzeptiert) die Straße zu halbieren und nur den Abschnitt des GSZ umzubenennen. Ein anderer Vorschlag war, bei der zuständigen Stelle der Stadtverwaltung anzufragen, ob man das GSZ nicht doch nach einer anderen Anrainer-Straße (z. B. Wucherer-Straße) adressieren könnte oder den Campus selbst als Postanschrift zu nehmen. Das wären gute Kompromisse gewesen, doch die feige Mehrheit ist einem „schnellen“ Beschluss (das Thema ist über drei Jahre alt) wieder ausgewichen.

Nach Anhörung aller Argumente muss ich aber auch eingestehen, erhebliche Zweifel habe, ob eine Umbenennung wirklich gerechtfertigt ist. Abderhalden war kein Nazi, kein Rassist, kein Antisemit und hat wohl auch nicht wissenschaftlich unsauber gearbeitet. Er hat wohl unter den gegebenen Umständen versucht, das Beste für die Leopoldina, seine Forschung und seine (z. T. jüdischen) Mitarbeiter herauszuholen – er war kein Widerstandskämpfer, sondern wie viele andere in verantwortlichen Positionen ein Mitläufer des Systems, der in den Grenzen des Möglichen sich mit dem Regime angelegt hat. Ob dies zusammen mit seinem großen sozialpolitischen Engagement vor 1933 ausreicht, ihn mit einer Straßenbenennung zu ehren, müssen die Stadträte nun bald entscheiden. Wenn sie sich dagegen aussprechen und der Straße einen neuen Namen geben, müssen sie aber konsequent sein und andere zwielichtige Straßennamen (z. B. Kurt Mothes, Wolfgang Langenbeck) überdenken.

Siehe auch: MZ mit weiteren Berichten

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Sigmar Gabriel und das Mitgliedervotum der SPD

Bundestagswahl 2013, Parteien, Wahlen

Jeder hat es wohl am Donnerstag oder danach mitbekommen: Sigmar Gabriel, aktueller SPD-Vorsitzender, hat sich ein durchaus unterhaltsames, in einigen Passagen aber auch peinliches Streitgespräch mit der ZDF-Moderatorin Marietta Slomka geliefert. Zentraler Streitpunkt war Slomkas Frage, ob Gabriel den Mitgliederentscheid ähnlich wie der Verfassungsrechtler Degenhart als verfassungswidrig einstuft, der Rest des „Interviews“ war nicht der Rede wert (inhaltlich zumindest).

Was ist meine Meinung zum Interview? Klarer Sieg für Gabriel, den ich sonst auch nicht gerade gut finde, um es vorsichtig auszudrücken. Aber er hat der sehr oft erhaben und sich wichtig nehmenden Medienmeute einmal Kontra gegeben und die viel beschworene Unparteilichkeit, die gerade beim ZDF schon öfters in Zweifel gezogen werden konnte, der Medien hinterfragt. Slomkas Auftritt sollte Stimmung machen gegen das Instrument der innerparteilichen Demokratie, den Mitgliederentscheid über die Annahme des Koalitionsvertrags. Was soll daran eigentlich verfassungswidrig sein?

Gabriels Antwort, dass dieser Gedanke Blödsinn/Quatsch sei, kann ich nur zustimmen. Degenhardt meint, dass die Entscheidung der SPD-Basis über die Koalition einem imperativen Mandat nahekommt und dass die SPD-Abgeordneten bei der Kanzlerwahl also keine freie Entscheidungsmöglichkeit mehr hätten. Auf das Gegenargument von Gabriel, dass ein Mitgliederentscheid über die Annahme des Koalitionsvertrags doch wesentlich demokratischer sei als das bei CDU/CSU praktizierte Vorgehen – dort entscheiden nämlich nur der Parteivorstand über den Vertrag – ging Slomka überhaupt nicht ein und wiederholte penetrant stattdessen ihre Frage, die mit diesem schlüssigen Argument eigentlich fast erledigt ist. Wenn sie eine gute demokratische Journalistin wäre, hätte sie darauf eher erwidern können, warum eigentlich nicht alle Deutschen über den Koalitionsvertrag in einem Plebiszit abstimmen sollten? Das wäre aus demokratietheoretischer Sicht die berechtigtere Frage gewesen.

Zugespitzter gefragt: Warum dürfen die Deutschen nur ihre Partei/ihren Direktkandidaten wählen, aber können nicht ankreuzen, welche Regierungskoalition ihnen am liebsten wäre? Ich finde es äußerst problematisch, wenn die Parteien das alleinige Deutungsrecht des Wahlergebnisses haben und völlig allein unter sich entscheiden, wer mit wem regiert – und das auch noch solange hinziehen und dabei den Bundestag arbeitsunfähig machen. Völlig inakzeptabel und undemokratisch! Wenn es um die Verfassung ginge, dann müsste mal gesagt werden, dass dort überhaupt keine Koalitionen oder Koalitionsverhandlungen vorgesehen sind. Auch eine Blockade der Bundestagsarbeit durch überlange Koalitionsverhandlungen oder die Einrichtung eines Hauptausschusses sind nicht angedacht in unserem Grundgesetz. Trotzdem gibt es das alles in der Verfassungsrealität. Warum sollten dann um Himmels willen nicht die SPD-Mitglieder entscheiden, ob sie sich wieder vier Jahre unter Merkels Fuchtel stellen lassen und damit ihre eigene Partei noch mehr zugrunde richten … also eine Koalition mit der CDU eingehen? Das ist immer noch besser als der innerparteiliche Demokratiemangel bei der CDU/CSU!

Siehe auch:

„Moral des Bohrens“ (W. Droste in Junge Welt)

Nachschlag: Rechtlich irrelevant (auch Junge Welt)

Staatsrechtler stellt SPD-Befragung zum Koalitionsvertrag infrage (Handelsblatt)

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