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Spendenaktion für Kinder in Ostukraine

Was sonst noch in der Welt passiert

Die Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrke und Andrej Hunko der LINKEN starten eine Spendenaktion zugunsten eines Kinderkrankenhauses in der Ostukraine. Sie bereisten die vom Bürgerkrieg völlig zerstörten Region und konnten von elendigen Lebensverhältnissen dort berichten. Wer den am Krieg unschuldigen zivilisten dort helfen will, kann an unten angegebenes Konto spenden und Solidarität zeigen!

IBAN: DE80 1005 0000 4184 6308 00,
Kontoinhaber: Wolfgang Gehrcke,
Verwendungszweck: Hilfe für die Kinder von Donezk

Die BIC lautet BELADEBEXXX – ist aber nur bei Auslandsüberweisungen nötig.


 

Berichte und Interviews hierzu:

»Man spürt große Solidarität mit den Menschen im Donbass«

Dem Kinderkrankenhaus von Gorlowka fehlen Medikamente. Linke wollen helfen und sammeln Geld. Gespräch mit Julius Zukowski-Krebs

Interview: Markus Bernhardt
 
Julius Zukowski-Krebs ist Bundessprecher der Linksjugend [’solid] undMitinitiator der Aktion »Helft den Kindern von Donezk«

 

Sie sind einer der Organisatoren der Spendenkampagne »Helft den Kindern von Donezk«. Wie groß ist die bisherige Spendenbereitschaft – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Angriffe der ukrainischen Regierungstruppen auf die Volksrepublik?

Als wir die Aktion ins Leben riefen, haben wir damit gerechnet, dass höchstens 10.000 Euro zusammenkommen. Mittlerweile sind es schon fast 50.000 – innerhalb von zwei Monaten! Das ist schon sehr beachtlich. Wir sehen auch eine große Welle der Solidarität, denn die Leute spenden nicht nur, sondern rufen uns an und fragen, wie sie uns helfen können. Das hängt natürlich damit zusammen, dass es kaum derlei Aktionen in Deutschland gibt. Und wenn, dann sind sie schon stärker in der russischen Community verbreitet. Seit die Angriffe wieder zugenommen haben, erreichen uns immer wieder besorgte Mails von Menschen, die wissen wollen, wie es dort aussieht. Man spürt eine große Solidarität mit den Menschen im Donbass.

Und was soll mit dem gesammelten Geld geschehen?

Wir werden Mitte Februar in den Donbass fahren. Die Medikamente werden zuvor im russischen Rostow eingekauft und von dort auf dem Landwege in das Kinderkrankenhaus von Gorlowka, südlich Donezk, gebracht. Dabei helfen uns viele Aktivisten und auch die Kommunistische Partei in Rostow. Gerade weil die Lage sich immer weiter zuspitzt, werden die Medikamente dringend gebraucht.

Sie kennen die Situation in der ukrainisch-russischen Grenzregion nicht nur vom Hörensagen, sondern waren im November selber dort. Wie lebt die Bevölkerung?

Um ehrlich zu sein, ich war sehr schockiert. Auch wenn ich mich persönlich nicht erst seit gestern mit diesem Thema beschäftige, ging mir vieles sehr nah. Gerade weil ich aus einer russischen Familie komme. Wir haben beispielsweise ein Flüchtlingslager besucht, und es war schwer, sich die Einzelschicksale anzuhören. Eine Frau, mit der ich gesprochen habe, floh mit ihren beiden Töchtern einige Tage zuvor aus einem Vorort von Donezk nach Krasnij Desant in der Nähe von Taganrok. Sie erzählte mir, wie ein Artilleriegeschoss in ihren Garten einschlug, während sie und ihre Töchter am Umgraben waren. Dabei presste sich die jüngste Tochter ganz stark an die Mutter. Das war ein sehr ergreifendes Bild, das mich persönlich sehr berührt hatte. […]

Das Geld wird zu 100 Prozent für die Kinderhilfe verwendet. Das garantieren und belegen Wolfgang Gehrcke und Andrej Hunko (Diese Aktion ist eine private Initiative, daher sind die Initiatoren leider nicht in der Lage, eine Spendenbescheinigung auszustellen.)

(vollständiges Interview hier)

»Viele Kinder sterben, weil Medikamente fehlen« (Junge Welt vom 23.12.2014)

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TV-Tipp: Aggressor Putin? Die Fehler des Westens

Was sonst noch in der Welt passiert

Wieder macht Panorama, das ARD-Politmagazin, einen guten Beitrag zum Thema Ukraine-Russland-Konflikt, der ja in Wahrheit ein imperialistischer Vorstoß v. a. der USA und der ihr hörigen NATO-Staaten:

„Wer trägt die Verantwortung für die Eskalation in der Ukraine? Für die meisten im Westen ist die Antwort klar: mit Wirtschaftssanktionen und politischem Druck soll der Aggressor Wladimir Putin zum Einlenken gezwungen werden. Unschuldige Zivile Opfer – wie beim jüngsten Raketenbeschuss – werden zur Rechtfertigung für die harte Haltung des Westens herangezogen.

Putin selbst und viele russische Diplomaten verteidigen die eigene Haltung. Sie sei eine Reaktion auf die Ausdehnung von EU und NATO bis an die eigenen Grenzen in der Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung. „Wir wurden immer wieder betrogen. Entscheidungen wurden hinter unserem Rücken getroffen. Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. So war es auch mit der NATO-Osterweiterung, mit der Errichtung von Militärinfrastruktur an unseren Grenzen“, sagte Putin im März bei seiner Rede anlässlich der Angliederung der Krim an Russland.“ Weiterlesen hier.

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Griechen haben gewählt – und EU ist nicht untergegangen

Wahlen

Das vorläufige Endergebnis der Parlamentswahl in Griechenland liegt nun vor:

Partei Stimmen Änderung Sitze Änd.
(Prozent)
SYRIZA 36,34 9,45 149 ▲78
Nea Dimokratia (ND) 27,81 -1,85 76 ▼53
Chrysi Avgi (XA) 6,28 -0,64 17 ▼1
To Potami 6,05 Neu 17 ▲17
Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) 5,47 0,97 15 ▲2
ANEL 4,75 -2,76 13 ▼7
PASOK-DP 4,68 -7,6 13 ▼20
KIDISO 2,46 Neu 0 ±0
Enosi Kendroon (EK) 1,79 1,5 0 ±0
Teleia – Apostolos Gletsos 1,77 Neu 0 ±0
LA.O.S 1,03 −0.55 0 ±0
ANTARSYA–MARS 0.64 +0.32 0 ±0
Prasini – DIMAR 0,49 -5,76 0 ▼17
KKE (m-l) – M-L KKE 0,13 +0.01 0 ±0
EDEM 0,12 Neu 0 ±0
Demokratische Befreiung des griechischen Volkes (ELLADA) 0.08 Neu 0 ±0
EEK Trotzkisten 0.04 Neu 0 ±0
Organisation Internationaler Kommunisten (O.K.D.E.) 0.04 Neu 0 ±0
Unabhängige 0.02 +0.02 0 ±0
Andere Kleinparteien 0.01 +0.01 0 ±0
Total 100 300 ±0
Ungültige/leere Stimmzettel 2,36
Abgegebene Stimmen / Wahlbeteiligung 63,87
Quelle: Innenministrium Griechenlands

Quelle: dt. und engl. Wikipedia (Stand: 26.01.2015, 17:50)


 

Das Ergebnis entspricht den durch die Umfragen entstandenen Erwartungen. Das linksradikale Syriza-Bündnis konnte die Wahl mit deutlichem Abstand vor der konservativen Partei des Premierministers Samaras (Nea Dimokratia) gewinnen. Für eine absolute Mehrheit fehlen zwei Sitze bzw. ca. zwei Prozent mehr Stimmen. Die zweite Regierungspartei, die sozialdemokratische PASOK, schrumpfte noch einmal auf kaum noch beachtenswerte 4,7 Prozent. Sie wurde kurz vor der Wahl durch eine Abspaltung (KIDISO) unter ihrem ehemaligen Parteichef Papandreou geschwächt (siehe hier), für den sich die Parteineugründung mit 2,5 Prozent (unter der Dreiprozenthürde also) zunächst nicht gelohnt hat. Die politische Linke Europas kann nicht nur den Erfolg Syrizas feiern, auch andere linke Parteien konnten Stimmenanteile hinzugewinnen: die orthodoxen Kommunisten der KKE kamen auf 5,5 Prozent (+0,97), das antikapitalistische Bündnis ANTARSYA–MARS verdoppelte sich auf 0,64 Prozent. Drittstärkste Kraft im Parlament sind wieder die Faschisten von der Goldenen Morgenröte knapp vor (bzw. nach Sitzen gleich auf) der neuen liberal-populistischen Partei To Potami. Auch im Parlament vertreten ist die nationalistische ND-Abspaltung ANEL, die für mich überraschend der Koalitionspartner für Syriza wurde.

Zur Entscheidung von Syriza, mit der rechtspopulistischen ANEL zu koalieren, findet sich folgende Erklärung von Blockupy beim Neuen Deutschland: „Das linke Blockupy-Bündnis hat eine erste als vorläufig bezeichnete Einschätzung der Koalition von SYRIZA mit der nationalistischen ANEL veröffentlicht. Die Linkspartei stehe »schon heute vor der ersten Bewährungsprobe. Sie muss mit der Koalitionsentscheidung für ANEL die erste machtpolitische Entscheidung vor der gesellschaftlichen Linken rechtfertigen«, heißt es darin. In Griechenland sei »man darüber weit weniger überrascht als in den internationalen Medien«. Die Option einer Koalition zwischen SYRIZA und ANEL sei »spätestens seit letztem Sommer als wahrscheinlichste jenseits der absoluten Mehrheit diskutiert« worden. Blockupy weist auf die Herkunft von ANEL im Zuge der Krisenproteste hin. »Im Stile einer nationalen Protestpartei versucht sie, sich mit rechtspopulistischen Tönen als die wahre Alternative zu den korrupten Eliten und gegen die ausländischen Mächte« zu inszenieren. ANEL habe zudem »besonders antideutsche Töne« gepflegt und »fordert eine Begleichung der Reparationszahlungen aus dem 2. Weltkrieg. Darum fand auch die Gründungserklärung der Partei in Distomo statt, dem Ort an dem 1944 von der deutschen Waffen-SS ein Massaker verübt worden war.« Blockupy formuliert »zum Verständnis, nicht zur Rechtfertigung, ein paar mögliche Erklärungen«. Den ganzen Text finden Sie hier.“

Diese Koalitionsentscheidung ist auf jeden Fall irritierend. Größte Gemeinsamkeit beider Parteien ist die Gegnerschaft zur bisherigen Krisenpolitik. Angesichts der elendigen Zustände in Griechenland (siehe die Schilderungen von Tanja Nettersheim bei „Hart aber fair„) kann ich verstehen, dass die vordringlichste Aufgabe der neuen Regierung sein muss, die EU-Krisenpolitik zu verändern und daher der einzig mögliche Koalitionspartner auch von einer sonst unerwünschten politischen Seite kommen musste. Denn der natürliche Partner von Syriza, die KKE, zeigt sich leider völlig kompromisslos und will in keinem Fall innerhalb der EU für Verbesserungen der sozialen Lage kämpfen, weil die KKE das (nicht ganz unberechtigt) für aussichtslos hält. Die anderen Parteien wollten nicht mit Syriza oder Syriza nicht mit ihnen (z. B. der abgewirtschafteten PASOK). Meine Vermutung ist, dass diese Koalition zweier politischer Pole nicht die gesamte Legislatur durchhalten wird, egal, ob sie ihre gemeinsame Haltung zur Krisenpolitik gegen die Troika durchsetzen können oder nicht. Vorgezogene Neuwahlen in zwei, drei Jahren sind m. E. relativ wahrscheinlich.

Nach der Wahl blieben jedenfalls die Reaktionen bei Europas Politiker und auch in unseren Mainstreammedien erstaunlich gelassen (siehe unten). Das deutet eher daraufhin, dass die KKE recht hat und sich Syriza-Chef Tsipras zu „nett“ gegenüber den EU-Politikern gezeigt hat.

 

Presseschau:

Junge Welt: Mehrheit verpasst, SYRIZA braucht Partner, Neue Hoffnung Syriza

Neues Deutschland: Tsipras legt Amtseid als griechischer Regierungschef ab, So reagiert die Welt auf den Wahlausgang in Griechenland

Tagesschau (ARD): Große Erwartungen an ein ungewöhnliches Bündnis

heute.de (ZDF): Das griechische Experiment beginnt

taz: Zur Demokratie gehört Respekt

ZEIT Online: Gebt Tsipras eine Chance! [SEHR GUTER KOMMENTAR!)

Süddeutsche: Ein Kompromiss kann Europa zusammenhalten, Wo der linke Tsipras mit den Rechtspopulisten hin will

Tagesspiegel: Vereinigung der Populisten in Griechenland

FAZ: Jetzt muss sich Tsipras beweisen

Spiegel Online: Syriza bildet Koalition mit Unabhängigen Griechen

Welt: Weshalb Tsipras doch der Richtige sein könnte

 

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Vermögensungleichheit nimmt weiter zu – wo bleiben Proteste?

Antikapitalismus

Ich würde den Pegida-Demonstranten eine einfache Frage stellen, wenn sie so unzufrieden sind: Warum demonstrieren sie statt gegen eine vermeintliche Islamisierung des Abdenlandes bzw. gegen angeblich zu hohe Flüchtlings-/Zunwanderungszahlen nicht gegen die weiter zunemende soziale Spaltung der Welt, Europas oder Deutschlands?

Aus dem aktuellen Newsletter der LINKEN zitiere ich:

<Die Verteilung des Weltvermögens wird laut einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam immer ungleicher. Die 80 reichsten Menschen der Welt besitzen demnach so viel Vermögen wie 3,5 Milliarden Menschen, also die ärmere Hälfte der Menschheit. Wenn sich der Prozess der Umverteilung von unten nach oben weiter fortsetzt, wird den Berechnungen von Oxfam zufolge im nächsten Jahr ein Prozent der Weltbevölkerung über mehr Vermögen verfügen als der gesamte Rest zusammen. Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, nannte diese Entwicklung „pervers“ und der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi appellierte: „Umverteilung von oben nach unten ist nicht nur notwendig und mehr als gerecht, sondern auch ein Beitrag zur Herstellung des Weltfriedens.“>

 

Hier gibt es genug Gründe, um auf die Straße zu gehen: Ausbeutung durch Niedriglöhne, unbezahlte Überstunden und zeitgliech Millionen Arbeitslose und Unterbeschäftigte, Verhindern von Betriebsratswahlen; grundrechtswidrige Sanktionen gegen Arbeitslsoengeld II-Empfänger, unhaltbare Zustände in Krankenhäusern und Pflegeheimen. All das sind seit Jahren ungelöste soziale Probleme, über die es sich lohnt, jeden Tag zu Millionen auf derStraße seinen Unmut zu äußern. Doch was bringt den deutschen Kleinbürger zu abertausenden auf die Straße? Wenn es wieder gegen die aller Ärmsten und Wehrlosesten unserer Gesellschaft geht, die hier um Asyl suchen oder sich ein besseres Leben aufbauen wollen, die aber keine Schuld an den unsozialen Zuständen hierzulande tragen! Es ist grauenhaft, dieses Merkel-Deutschland!

Zur Studie von Oxfam: http://www.oxfam.de/publikationen/wealth-having-it-all-and-wanting-more

Pressebericht hierzu:

Reichtum wächst extrem (Junge Welt)

 

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TV-Tipp: Selten ehrliche Analyse zum Ukrainekrieg

Was sonst noch in der Welt passiert

Die Junge Welt weißt in ihrer heutigen Ausgabe auf eine selten ausgewogene Analyse zum Ukrainekrieg hin, die mal sehenswert ist:

Zitat Junge Welt:

„Golineh Atai (ARD), Sabine Adler (Deutschlandfunk) und alle anderen Putin-ist-an-allem-schuld-Beter, bitte einmal anschauen: Im Spartensender der Öffentlich-Rechtlichen zu fortgeschrittener Stunde gibt der Politologe und Sicherheitsexperte Michael Lüders eine Aufklärungslektion in Sachen Ukraine-Krieg. Die Kiewer Regierung sei »fest entschlossen«, »die Probleme im Osten des Landes militärisch zu lösen«. Es sei zu vermuten, dass sie diese Entscheidung »nicht alleine getroffen« hat. Denn, so Lüders, die prowestlichen Regenten verfügen »nicht über die finanziellen Mittel, um einen mittel- oder gar längerfristigen Krieg im Osten des eigenen Landes zu führen«. Nicht zuletzt sollen auch 500 Söldner der US-Privatarmee »Academi«, früher »Blackwater«, in der Ukraine im Einsatz sein. Lüders fragt auch, wo die Milliardenkredite landen. »Diese Wirtschaftshilfe ist aber – wie es scheint – ein Fass ohne Boden. Es gibt ja keine Kontrolle, was mit diesen Geldern passiert. Auf jeden Fall fehlt es nicht am Geld, um Krieg zu führen.«“ (Hervorhebungen von mir)

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Neue Präsidentin in Kroatien

Wahlen

Nach den Umfrageergebnisse Anfang und Mitte Dezember war ein Wahlsieg des kroatischen Präsidenten bei der am vergangenen Wochenende entschiedenen Präsidentschaftswahl sehr wahrscheinlich. Der sozialdemokratische Amtsinhaber Ivo Josipović lag mit mehr als zehn Prozent vor seiner rechtskonservativen Konkurrentin Kolinda Grabar-Kitarović. Anderen Kandidaten wie dem populistisch gegen Zwangsräumungen von Häusern und Wohnungen auftretenden Ivan Vilibor Sinčić wurden in den Umfragen keine Chancen eingeräumt. Aber Josipović musste lernen, dass Umfragen keine Wahlergebnisse bzw. keine Garantie für den Wahlsieg sind. Im ersten Wahlgang war vor allem der parteiunabhänige Aktivist Ivan Vilibor Sinčić mit über 16 Prozent überraschend stark, im zweiten Wahlgang konnte sich die konservative Kandidatin knapp mit 50,7 Prozent gegen den Sozialdemokraten durchsetzen:

Rang Kandidat Partei Stimmen  %
Erster Wahlgang (28. Dezember 2014)
1. Ivo Josipović parteilos (unterstützt durch Socijaldemokratska partija Hrvatske) 687.678 38,46
2. Kolinda Grabar-Kitarović Hrvatska Demokratska Zajednica 665.379 37,22
3. Ivan Vilibor Sinčić Živi zid 293.570 16,42
4. Milan Kujundžić Savez za Hrvatsku 112.585 6,30
Zweiter Wahlgang (11. Januar 2015)
1. Kolinda Grabar-Kitarović Hrvatska Demokratska Zajednica 1.114.865 50,74
2. Ivo Josipović parteilos (unterstützt durch Socijaldemokratska partija Hrvatske) 1.082.430 49,26

Quelle: dt. Wikipedia

Einen radikal linken Kandidaten gab es nicht. Die Wahlbeteiligung lag bei 47 Prozent im ersten und 59 Prozent im zweiten Durchgang, was für kroatische Verhältnisse relativ viel ist.

Presseberichte (alle Junge Welt):

Kroatien vor zweiter Runde (nach 1. Wahlgang)

Vier Kandidaten und ein Kreuz (nach 1. Wahlgang)

Kroatien: Opposition gewinnt Präsidentenwahl (nach 2. Wahlgang)

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15 Gedanken zur Lage in Griechenland von A. Hunko

Wahlen, Was sonst noch in der Welt passiert

Folgende Gedanken veröffentliche Andrej Hunko (BUndestagsabgeordneter der LINKEN) vor der Wahl in Griechenland:

„Vom 27. – 31. Dezember 2014 war ich in Athen, um einen Eindruck der Situation im Vorfeld der möglicherweise historischen Parlamentswahlen am 25. Januar 2015 zu bekommen. Am Tag der letzten Runde der gescheiterten Präsidentenwahl war ich im Athener Parlament und konnte dort Atmosphäre und Stimmungen aufnehmen. Zu meinen Gesprächspartner/innen gehörten u. a. Giannis Dragasakis, der als einer der Köpfe von SYRIZA gilt und als möglicher Finanzminister im Gespräch ist, Olga-Nantia Valavani, die außenpolitisch Verantwortliche der SYRIZA-Fraktion und Constantinos (Costas) Isychos, der die internationale Abteilung der Partei leitet. Außerdem habe ich die streikenden Putzfrauen besucht, mich auch mit SYRIZA-kritischen Linken getroffen, darunter Sonia und Giorgos Mitralis und Eindrücke auf den Straßen aufgenommen. Auf dieser Grundlage möchte ich folgende Überlegungen zur Diskussion stellen.

 

1. Die von der Troika auferlegte Austeritätspolitik – oder wie die Griech/innen sagen: Memorandenpolitik – ist gescheitert. Ökonomisch, politisch und sozial. Lag die seinerzeit als Begründung herangezogene Staatsverschuldung zu Beginn der erzwungenen „Rettungsmaßnahmen“ im Frühjahr 2010 bei circa 120 Prozent des BIP, so ist sie mittlerweile trotz eines zwischenzeitlichen Schuldenschnitts auf 175 Prozent angestiegen. Das ist auch logisch und war vorhersehbar: Die erzwungenen Massenentlassungen, Lohn- und Sozialkürzungen haben die griechische Wirtschaft erdrosselt, 30 Prozent leben mittlerweile unter der Armutsgrenze, die Menschen können sich nichts mehr kaufen, das führt zum Zusammenbruch der einheimischen Wirtschaft, damit steigt die Arbeitslosigkeit weiter. Dieser altbekannte Teufelskreis der Austerität wurde Griechenland ausgerechnet von dem Land aufgezwungen, das sich selbst nach der Bankenkrise 2008 eine kräftige Konjunkturspritze gönnte: Deutschland.

2. Memorandenpolitik heißt nicht nur Kürzungen der öffentlichen Haushalte, sondern auch drastische Einschränkung der Rechte der abhängig Beschäftigten und erzwungene Privatisierungen öffentlicher Unternehmen. An dieser Stelle wird deutlich, dass es bei den Troika-Programmen keinesfalls um „Hilfe“ für die betroffenen Staaten geht, sondern um den Umbau der Wirtschaft in diesen Staaten nach neoliberalem Muster zur besseren Ausbeutung durch internationale Konzerne. Warum soll etwa die faktische Abschaffung des in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Rechts auf Kollektivverhandlungen auf Druck der Troika oder die Privatisierung PROFITABLER öffentlicher Unternehmen den griechischen Haushalt dauerhaft entlasten? Die griechischen Flughäfen gehören mittlerweile Fraport und die EU-Kommission ist gerade damit beschäftigt den Zuschlag für das griechische Gaspipeline-Netz an einen chinesischen Staatskonzern zu verschleppen, weil ihr das dann doch auch wieder nicht passt.

3. Die Troika-Politik in Griechenland ist anti-europäisch, wenn man unter „europäisch“ den hohen Stellenwert sozialer Errungenschaften, der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit versteht. Sie verletzt ganz eindeutig die Europäische Menschenrechtskonvention und die Sozialcharta. Zu diesem Ergebnis kam schon vor zweieinhalb Jahren das Europaratsparlament. Aber auch das Europäische Parlament hat sich vor einem Jahr kritisch geäußert. Kurz vor Weihnachten hat nun auch die FIDH, die internationale Föderation der 178 Menschenrechtsorganisationen, der griechischen Regierung im Verbund mit der Troika schwere Menschenrechtsverletzungen attestiert. Anti-Europäisch ist, wer die gegenwärtige Troika-Politik fortsetzen will. Es ist deshalb absurd, ausgerechnet SYRIZA Europafeindlichkeit vorzuwerfen, da sie im Gegensatz zu den Regierungsparteien eine Lösung auf Basis der viel beschworenen europäischen Werte anstrebt.

4. Griechenland kann als Versuchslaboratorium betrachtet werden, wieweit eine Gesellschaft eine neoliberale Schocktherapie erträgt. Darauf hatten bereits im November die Abgeordneten von SYRIZA hingewiesen, als sich der EU-Ausschuss des Bundestages im November 2011 in Athen mit dem griechischen Äquivalent traf. Die Sendung „History“ nahm das Ereignis seinerseits zum Anlass eine Folge zu Griechenland zu drehen. Um die extrem tendenziöse Darstellung zu gewährleisten, mussten die kritischen Interviews mit dem SPD-Wirtschaftsexperten Werner Schieder und mit mir rausgeschnitten werden. Es wurden stattdessen von deutscher Seite nur Befürworter des Griechenlandprogramms gesendet. So konnte dann die griechische Seite als unvernünftig dargestellt werden. Der deutschen Bevölkerung sollte vorgegaukelt werden, dass der deutschen Hilfsbereitschaft unverständlicherweise griechische Undankbarkeit gegenüber stünde.

5. Drastisch, wie das ökonomische und soziale Programm, das in den Memoranden festgehalten war, war dann auch die politische Reaktion: Bei meinem ersten Besuch im Mai 2011 stand die griechische Bevölkerung noch hinter dem Programm. Meine Dolmetscherin erzählte mir damals, dass der Staatspräsident sogar an die Griechinnen und Griechen appellierte, auf ein Konto zu spenden, um das Vaterland zu retten. Viele hätten das anfangs sogar getan. SYRIZA galt für viele als ein zerstrittener Haufen von Spinnern und lag in Umfragen bei 3-4 Prozent. Wie dramatisch war der folgende Umschwung: Im Sommer 2011 demonstrierten Millionen Griechinnen und Griechen auf dem Syntagma-Platz. Das war keine Bewegung, die sich explizit als links verstand und in der alle möglichen, auch rechte, Ideen vertreten waren. Im Unterschied etwa zur KKE beteiligte sich SYRIZA unsektiererisch an dieser Bewegung. Diese Intervention legte den Grundstein zum späteren Aufstieg SYRIZAs.

6. Das traditionelle griechische Zweiparteiensystem brach in der Folge auseinander. Die noch ab 2009 mit absoluter Mehrheit im Parlament regierende sozialdemokratische PASOK kollabierte; als dominierende Anti-Troika-Kraft konnte sich SYRIZA durchsetzen. Aber auch andere Parteien, etwa die aus Troika-kritischen Ex-ND und –PASOK bestehenden „Unabhängigen Griechen“, die zwischenzeitlich bei über 10 Prozent Zustimmung lagen. Und auch die klassische Nazi-Partei Chrysi Avgi („Goldene Morgenröte“) konnte zwischenzeitlich zweistellige Zustimmungsraten erzielen. Auch die Rechtsabspaltung von SYRIZA, die Demokratische Linke (DIMAR) konnte 2012 ins Parlament einziehen und beteiligte sich sogar zeitweise an der Regierung Samaras. SYRIZA lehnte jede Beteiligung auf Grundlage der Memoranden ab und konnte sich somit ihre Glaubwürdigkeit bewahren. Dimar und Unabhängige Griechen sind mittlerweile stark geschwächt und werden voraussichtlich nicht mehr die Drei-ProzentHürde überspringen können. Die Nazis liegen in der letzten Umfrage nur noch bei 3,8 Prozent. […]“ Weiterlesen hier.


 

Eine Gruppe von Deutsch-Griechen und Griechen-Deutschen veröffentlichte außerdem diesen Appell für eine „Faire Griechenland-Berichterstattung“ (zitiert nach Junge Welt):

1. Zu recht sagt Syriza: Das europäische Haus kann nicht als Privateigentum der »Märkte« und ihrer Kernmächte (vor allem Deutschlands) betrachtet werden. In ihm wohnen Länder wie Griechenland nicht bloß auf Widerruf zur Miete, um bei Mietrückstand von der Polizei auf die Straße gesetzt werden zu können. Das europäische Haus wird Kondominium sein oder gar nicht.

2. Kaum ist in Griechenland nach der Verfassung eine allgemeine freie, gleiche und geheime Wahl angekündigt, heult der Mainstream der deutschen medienpolitischen Klasse (von ehrenhaften Ausnahmen abgesehen) wie eine einzige Boje so auf, als ob dort eine Diktatur errichtet werden sollte. Wie in einem unter Sprachregelung stehenden Land hagelt es monoton und täglich, es drohe der (demokratische!) Wahlsieg einer »europafeindlichen«, »europakritischen«, »populistischen«, »reformfeindlichen«, »linksradikalen«, »wirtschaftsfeindlichen« usw. Partei, die »das griechische Volk um die Früchte seiner schweren Opfer bringen«, die »internationalen Geldgeber vor den Kopf stoßen« und »Europa zurück in die Krise stürzen« wolle.

3. Dieses Delirium von Sprachregelung und Einäugigkeit droht das Verhältnis zwischen unseren Völkern zu vergiften. Es ist einäugig, so zu tun, als ob die griechische Misere 100 Prozent »hausgemacht« wäre und als ob »unsere Märkte«, allen voran die großen westlichen Banken, daran keinen Anteil gehabt hätten – als ob »sie uns anstecken« wollten – und als ob »unsere Märkte« und »unsere« Brüning-Politik nicht ganz Südeuropa mit ihrer großen Krise, die eben keinesfalls überwunden ist, angesteckt hätten. Die Krise ist unsere gemeinsame Krise.

4. Aber gibt es denn etwa keine hausgemachten griechischen Krisenverstärker? Doch, es gibt sie durchaus, nur ist es nicht das ganze Volk gleichermaßen, es sind die griechischen steuerbetrügerischen Oligarchen, die aber wie die russischen und ukrainischen gern gesehene Partner unserer »Märkte« waren und sind, und die (neben unseren eigenen Banken) vor allem von »unseren Rettungsgeldern« profitiert haben. Und die von Siemens, Rheinmetall usw. im großen Stil bestochen werden konnten. Und ausgerechnet jetzt, wo erstmals die Chance besteht, dass es diesen griechischen Oligarchen endlich an den Kragen gehen kann, toben »unsere Märkte« durch ihre Medien nicht etwa gegen die angeblich »proeuropäischen« politischen Vertreter dieser Oligarchen, sondern gegen genau die Politiker, die ihnen an den Kragen gehen wollen. Dabei geht die wesentliche Information völlig unter: Syriza ist antioligarchisch, und seine Gegner von der bisherigen Regierung sind prooligarchisch. Mit dem weltbekannten griechischen Mythos gesagt: Unsere Medien toben in ihrer Mehrheit nicht gegen den Augias und seinen bis nach Deutschland stinkenden Stall, sondern gegen den Herakles, der ihn ausmisten will.

(…)

10. Deutschlands Kriegsschulden wurden im Londoner Schuldenabkommen von 1953 zum großen Teil erlassen. Die internationale Anerkennung des 2+4-Abkommens statt eines eigentlich vorgesehenen Friedensvertrags hat Deutschland nicht bloß ein zweites Versailles, sondern überhaupt angemessene Entschädigungszahlungen für die Zerstörung des Kontinents erspart. Ein großer Schuldenerlass für Griechenland ist dagegen – um es in der Sprache der »Märkte« zu sagen – »peanuts«.“

Siehe vollständige Version auf appell-hellas.de.

 

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Keine schöne neue Welt: Share Economy

Antikapitalismus

Das ARD-Politmagazin Panorama hat sich in einer kompletten Ausgabe kritisch und aufklärend um den aktuellen kapitalistischen Trend „Share Economy“ gekümmert, die besonders seit Jeremy Rifkins Publikation „Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft“ ein größeres öffentliches Interesse gewinnt. Meiner Meinung wird hier – mal wieder – eine fortschrittliche Idee, nämlich das Teilen von Gütern in einem kollektiven Rahmen, für das kapitalistische Profitinteresse ausgenutzt und vereinnahmt. Das ist ja wirklich auch ökologisch sinnvoll, wenn ungenutzte Wohnungen oder Zimmer von Privatleuten anderen Menschen über Internetplattformen zeitweilig zur Verfügung gestellt werden. Das ist aber dann kein progressives „Unternehmen“, wenn dafür Gebühren anfallen, der Untermieter dafür bezahlen muss und dabei nicht über die verbraucherrechtlichen Absicherungen wie in einem Hotel verfügen kann. Wer haftet denn, wenn ein Untermieter in der Wohnung ein Feuer verursacht? Die Onlineplattform, die die Provisionen für die Untervermietung einstreicht? Nein, der Vermieter. Und das ist nur ein kleiner „Nachteil“ solcher Share Economy-Modelle a lá Airbnb und Uber. Hier einfach mal ansehen, es könnte die zukünftige Form des Kapitalismus sein, die noch mehr vom Gemeinwesen und Demokratie zerstört als schon bislang:

Der Programmtext:

„Die Share Economy will eine bessere, eine effektivere Welt schaffen. Die immer knapper werdenden Ressourcen sollen nicht sinnlos verschwendet werden. Menschen sollen via Internet gleichermaßen Zugang zu Dingen haben, ohne sie besitzen zu müssen: Sharing is caring, lautet ein beliebter Slogan der Branche.

Doch was ist die Share Economy? Welches Weltbild prägt die milliardenschweren Konzernlenker, aber auch die Nutzer der schönen neuen Welt des Teilens? Welche Visionen haben sie? Und wie wollen wir leben? Und wie passen diese Fragen mit einer neuen Gesellschaftsform zusammen, die selbstbewusst immer mehr Gesellschaftsbereiche einnimmt?

Wer bestimmt die Zukunft der Demokratie?

Selbstbewusst fordern die neuen Gründer – ausgestattet mit Milliarden von Dollars – die Änderung von aus ihrer Sicht vorsintflutlichen Gesetzen und letztendlich die Abschaffung der in ihren Augen zerschlissenen Demokratie. Eine neue Zeit habe begonnen und diese funktioniere nach neuen Regeln. Regeln, die offenbar von Investoren und Bossen der Sharing-Unternehmen gemacht werden sollen.

Voraussetzung für den Zugang zur schönen neuen Welt sind allerdings Besitz und Zahlungsfähigkeit: Nur wer eine Wohnung oder ein Auto hat, kann auch teilen, nur wer Dienstleistungen kostenpflichtig in Anspruch nehmen kann, kann die Angebote auch nutzen. Der Markt wird größer, der Verdrängungswettbewerb aggressiver.

Daten als wertvollste Ware

Datenanalystin Yvonne Hofstätter hat selbst viele Jahre im Silicon Valley gearbeitet und verurteilt kreative Zerstörung nicht per se. Sie betrachtet die Share Economy als disruptive Kraft, als zerreißend, im fortschrittlichen Sinne als zerstörerisch, denn Neues brauche Platz. Doch die Datenanalystin sieht auch die Gefahr des Verlustes der Privatsphäre: „Unsere Daten werden ausgewertet, und schließlich werden Korrelationen hergestellt“, so Hofstätter. Vom Bewegungsprofil bis hin zur Interpretation unserer Verhaltensweisen und Vorlieben sei alles lesbar.

Ist der gläserne Mensch erstrebenswert?

Doch die totale Transparenz und damit das Verschwinden des Privaten ist für den amerikanischen Ökonomen Jeremy Rifkin kein Alptraum, sondern sogar erstrebenswert. Auch sei die Offenheit geradezu angelegt in der Natur des Menschen: „Menschen haben lange Zeit gemeinsam in großen Räumen geschlafen und sich aneinander geschmiegt – wie alle anderen Säugetiere auch. Wir haben die längste Zeit unserer Geschichte als soziale Wesen gelebt.“

Diese Sicht der Technikwelt ist vom Glauben an das Gute geprägt. Doch die Tatsache, dass Daten verkauft und miteinander verknüpft werden, lassen Internetkritiker wie Evgeny Morozov die Entwicklung kritisch betrachten. Er befürchtet, dass der wahre Angriff der Share Economy nicht im Abhören intimer Geheimnisse besteht, sondern darin, dass wir gar keine Zeit mehr haben werden, welche zu haben.

Die totale Verwertbarkeit

Die Gefahr liege beim unkontrollierten Nutzungsmonopol durch die Datenbesitzer, einer kleinen Geld-Elite, die nicht den besten Ruf genießt, wie Digitalexperte Sascha Lobo meint: „Das Silicon Valley hat ein Arschlochproblem, denn viel von der disruptiven Kraft, die die Gesellschaft voran bringen könnte, wird von solchen Unternehmen ins Aggressive, ins Bösartige, ins Destruktive gewendet“, so Lobo. Vizekanzler Sigmar Gabriel spricht gar von einem „ganz erzkapitalistischen Modell, bei dem nichts anderes passiert, als dass der Mensch bis in seine letzte Regung verwertbar gemacht wird“.

Entscheidet die Technik und nicht die Politik?

Der deutsche Investor Peter Thiel meint hingegen pragmatisch, dass Politiker sowieso nicht mehr allzu viel auszurichten hätten: „Natürlich denken die Politiker, dass das, was sie tun, wichtig ist, und dass die Politik alle wichtigen Fragen der Gesellschaft entscheidet. Ich bin eher der Meinung, dass die Politik eigentlich nicht mehr sehr viel leistet und viel mehr von der Technologie kommen wird. Wir bauen eine bessere Welt, viel mehr durch die Technologie als durch die Politik“, so formuliert Thiel das Heilsversprechen der digitalen Welt.

„Fake Economy“?

Der preisgekrönte Informatiker und Mathematiker Jaron Lanier – er hat den Begriff der „Virtuellen Realität“ erfunden – warnt bereits vor einem technologiegetriebenen Turbokapitalismus: Dieser sei das Gegenteil von Freiheit. Statt der Rückkehr wahrhaftiger Gemeinnützigkeit drohe ihr Ende. Sharing is caring? Lanier spricht von einer „Fake Economy“ – einer Schwindelindustrie – die von Gemeinschaft und altruistischer Hilfe rede, in Wirklichkeit aber auf der gnadenlosen Verwertung von Effizienzpotentialen beruhe.“


 

Lesenswert zum Thema Internet, soziale Medien und Silicon Valley:

Christian Fuchs: Digitale Klassengesellschaft – Ausbeutung, Ideologie und Widerstand im Zeitalter sozialer Medien (Junge Welt)

Thomas Wagner: Der große Wurf – Christian Fuchs stellt die Diskussion über soziale Medien auf eine marxistische Grundlage (ebd.)

Derselbe: Digitale Aufholjagd – Jaron Lanier, Jeremy Rifkin und das EU-Projekt »Industrie 4.0«

Derselbe Unsterblichkeit für Milliardäre – Singularität: Hinter den technologischen Wahnideen des Silicon Valley stehen wirtschaftliche Kalküle

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10 Jahre Hartz IV – eine LINKE Bilanz

Antikapitalismus

Zum zehnjährigen Bestehen der antisozialen Hartz IV-Gesetze äußern sich Christoph Butterwegge und Katja Kipping folgendermaßen:

Sozialstaat statt Hartz IV

Statement von Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Politikwissenschaftler, auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE, zum Thema „10 Jahre nach der Einführung von Hartz IV – Bilanz und Kritik“ im Berliner Karl-Liebknecht-Haus Ansehen

Ein sozialpolitischer Neustart statt Kosmetik an Hartz IV

Statement von Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE, auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Politikwissenschaftler, zum Thema „10 Jahre nach der Einführung von Hartz IV – Bilanz und Kritik“ im Berliner Karl-Liebknecht-Haus Ansehen

 

In der Jungen Welt kann man folgende Artikel zum Thema lesen:

„Impressionen aus der Froschperspektive

„In der Drehtür“ – Zehn Jahre Hartz IV: »Motor zur Spaltung des Landes«.

„Schwarze Pädagogik“ – Zehn Jahre Hartz IV

Ein Leserbriefschreiber der Jungen Welt schreibt es richtig: „Zehn Jahre Hartz IV bedeuten nicht nur ein Jahrzehnt der Demütigung und Entrechtung von Millionen Betroffenen und deren Angehörigen, sondern politisch vor allem eine Dekade eklatant fehlender Solidarität.“

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Kurzdokumentation: Präsidentschaftswahl Sri Lanka

Wahlen

Bei der Präsidentschaftswahl in Sri Lanka konnte sich der Kandidat der vereinigten Opposition, Maithripala Sirisena (Neue Demokratische Front), knapp vor dem sozialdemokratischen Amtsinhaber Mahinda Rajapaksa, der auch von der marxistisch-leninistischen Janathā Vimukthi Peramuṇa unterstützt wurde, durchsetzen:

Summary of the 2015 Sri Lankan presidential election[285]
Candidate Party Votes  %
Maithripala Sirisena New Democratic Front 6,217,162 51.28%
Mahinda Rajapaksa United People’s Freedom Alliance 5,768,090 47.58%
Ratnayake Arachchige Sirisena Patriotic National Front 18,174 0.15%
Namal Ajith Rajapaksa Our National Front 15,726 0.13%
Maulawi Ibrahim Mohanmed Mishlar United Peace Front 14,379 0.12%
A. S. P. Liyanage Sri Lanka Labour Party 14,351 0.12%
Ruwanthileke Peduru United Lanka People’s Party 12,436 0.10%
Aithurus M. Illias Independent 10,618 0.09%
Duminda Nagamuwa Frontline Socialist Party 9,941 0.08%
Siritunga Jayasuriya United Socialist Party 8,840 0.07%
Sarath Manamendra New Sinhala Heritage 6,875 0.06%
Pani Wijesiriwardene Socialist Equality Party 4,277 0.04%
Anurudha Polgampola Independent 4,260 0.04%
Sundaram Mahendran Nava Sama Samaja Party 4,047 0.03%
Muthu Bandara Theminimulla All Are Citizens, All Are Kings Organisation 3,846 0.03%
Battaramulle Seelarathana Jana Setha Peramuna 3,750 0.03%
Prasanna Priyankara Democratic National Movement 2,793 0.02%
Jayantha Kulathunga United Lanka Great Council 2,061 0.02%
Wimal Geeganage Sri Lanka National Front 1,826 0.02%
Valid Votes 12,123,452 100.00%
Rejected Votes 140,925
Total Polled 12,264,377
Registered Electors 15,044,490
Turnout 81.52%

Presseberichte:

Marx im Wohnzimmer (Junge Welt)

Möglicher Machtwechsel (Junge Welt)

Wahlen in Sri Lanka – Amtierender Präsident verliert überraschend (Süddeutsche)

Sri Lanka: Langjähriger Präsident Rajapaksa verliert Wahl (tagesschau.de)

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Wider den Krieg: 125. Geburtstag von Kurt Tucholsky

Was sonst noch in der Welt passiert

Wie gut könnten wir dieser Tage einen Journalisten und Schriftsteller wie Kurt Tucholsky gebrauchen! Heute vor 125 Jahrenw urde er in Berlin geboren. Unter den Pseudonymen Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel schrieb er u. a. für die Wochenzeitschrift Die Weltbühne (als Mitherausgeber), das Berliner Tageblatts und der Vossischen Zeitung. Viele Medien, auch die bürgerlichen, über deren Kriegspropaganda er sicher heute heftig polemisiert hätte, widmen ihm Gedenkartikel: die (sehr empfehlenswerte) marxistische Junge Welt, Deutschlandradio Kultur, die konservative Welt oder auch die LINKE-Parteizeitung Neues Deutschland.

Zu Ehren von Kurt Tucholsky gebe ich eines seiner bekanntesten Gedichte wider, neben vielen weiteren Texten von zu finden auf textlog.de:

Drei Minuten Gehör!

Drei Minuten Gehör will ich

von euch, die ihr arbeitet -!

Von euch, die ihr den Hammer schwingt,

von euch, die ihr auf Krücken hinkt,

von euch, die ihr die Feder führt,

von euch, die ihr die Kessel schürt,

von euch, die mit den treuen Händen

dem Manne ihre Liebe spenden –

von euch, den Jungen und den Alten –:

Ihr sollt drei Minuten inne halten.

Wir sind ja nicht unter Kriegsgewinnern.

Wir wollen uns einmal erinnern.

 

Die erste Minute gehöre dem Mann.

Wer trat vor Jahren in Feldgrau an?

Zu Hause die Kinder – zu Hause weint Mutter …

Ihr: feldgraues Kanonenfutter –!

Ihr zogt in den lehmigen Ackergraben.

Da saht ihr keinen Fürstenknaben:

der soff sich einen in der Etappe

und ging mit den Damen in die Klappe.

Ihr wurdet geschliffen. Ihr wurdet gedrillt.

Wart ihr noch Gottes Ebenbild?

 

In der Kaserne – im Schilderhaus

wart ihr niedriger als die schmutzigste Laus.

Der Offizier war eine Perle,

aber ihr wart nur ›Kerle‹!

Ein elender Schieß- und Grüßautomat.

»Sie Schwein! Hände an die Hosennaht –!«

Verwundete mochten sich krümmen und biegen:

kam ein Prinz, dann hattet ihr stramm zu liegen.

Und noch im Massengrab wart ihr die Schweine:

Die Offiziere lagen alleine!

Ihr wart des Todes billige Ware …

So ging das vier lange blutige Jahre.

Erinnert ihr euch –?

 

Die zweite Minute gehöre der Frau.

Wem wurden zu Haus die Haare grau?

Wer schreckte, wenn der Tag vorbei,

in den Nächten auf mit einem Schrei?

Wer ist es vier Jahre hindurch gewesen,

der anstand in langen Polonaisen,

indessen Prinzessinnen und ihre Gatten

alles, alles, alles hatten – –?

Wem schrieben sie einen kurzen Brief,

dass wieder einer in Flandern schlief?

Dazu ein Formular mit zwei Zetteln …

wer mußte hier um die Renten betteln?

Tränen und Krämpfe und wildes Schrein.

Er hatte Ruhe. Ihr wart allein.

Oder sie schickten ihn, hinkend am Knüppel,

euch in die Arme zurück als Krüppel.

So sah sie aus, die wunderbare

große Zeit – vier lange Jahre …

Erinnert ihr euch –?

 

Die dritte Minute gehört den Jungen!

Euch haben sie nicht in die Jacken gezwungen!

Ihr wart noch frei! Ihr seid heute frei!

Sorgt dafür, dass es immer so sei!

An euch hängt die Hoffnung. An euch das Vertraun

von Millionen deutschen Männern und Fraun.

Ihr sollt nicht strammstehn. Ihr sollt nicht dienen!

Ihr sollt frei sein! Zeigt es ihnen!

Und wenn sie euch kommen und drohn mit Pistolen –:

Geht nicht! Sie sollen euch erst mal holen!

Keine Wehrpflicht! Keine Soldaten!

Keine Monokel-Potentaten!

Keine Orden! Keine Spaliere!

Keine Reserveoffiziere!

Ihr seid die Zukunft!

Euer das Land!

Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband!

Wenn ihr nur wollt, seid ihr alle frei!

Euer Wille geschehe! Seid nicht mehr dabei!

Wenn ihr nur wollt: bei euch steht der Sieg!

– Nie wieder Krieg –!

 

 

Theobald Tiger

Republikanische Presse, 29.07.1922, Nr. 6,

wieder in: Mit 5 PS.

 

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Unsoziale „Bildungsrepublik“

Hochschulpolitik, Was sonst noch in der Welt passiert

Der DGB publizierte diese Woche die in seinem Auftrag erstellte Bildungsgipfel-Bilanz 2014:

Vor gut sechs Jahren riefen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die MinisterpräsidentInnen in Dresden die „Bildungsrepublik Deutschland“ aus. Doch wichtige Versprechen wurden nicht eingelöst. Zu viele Jugendliche brechen die Schule ab, Millionen junger Menschen haben keine abgeschlossene Ausbildung. Die vermeintliche Bildungsrepublik bleibt ein sozial gespaltenes Land.  Das zeigt die Bildungsgipfel-Bilanz 2014, die der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm im Auftrag des DGB gezogen hat. Die soziale Spaltung bleibt bestehen. „Wir brauchen eine neue Bildungsstrategie“, sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.

Überblick über Ziele des Bildungsgipfels und deren tatsächliche Umsetzung

Im Herbst 2008 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ministerpräsidenten der Länder zu einem Bildungsgipfel nach Dresden eingeladen. Dort vereinbarten Bund und Länder einige konkrete, messbare Ziele. Diese Ziele sollen bis zum Jahr 2015 erreicht sein. Wir haben den Essener Bildungsforscher Klaus Klemm gebeten, in einer Bildungsgipfel-Bilanz 2014 zu prüfen, ob und in wie weit, diese Ziele umgesetzt wurden. Diese Bilanz kommt sehr nahe an die Abschluss-Bilanz des Bildungsgipfel-Prozesses heran. Hier eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse:

Ziel: Halbierung  der Quote der Schulabgänger/innen ohne Schulabschluss von 8 auf 4 Prozent.

Umsetzung: Die angestrebte Halbierung der Quote auf 4,0 % ist nicht absehbar. In den Jahren von 2008 bis 2013 ist diese Quote– von 8,0 auf 5,7 Prozent. Ein Maßnahmenbündel, das in diesem Handlungsfeld Erfolge versprechen würde, ist nicht erkennbar – schon gar nicht ein solches, das die Förderschulen, aus denen mehr als die Hälfte der Absolvent/innen ohne Hauptschulabschluss stammen, einbezöge.

Ziel: Halbierung  der Quote junger Erwachsener ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung von 17 auf 8,5 Prozent

Umsetzung: Die angestrebte Halbierung der Quote ist nicht in Sicht: Von 2008 bis 2013 hat sich die entsprechende Quote von 17,2 % auf 13,8 % nur sehr geringfügig verringert. Da die Integrierte Ausbildungsberichterstattung auch für 2013 noch eine Zahl von fast 258.000 jungen Erwachsenen im Übergangssystem vermeldet (jenem System, das keinen Berufsabschluss vermittelt), besteht kein Anlass, optimistisch in die nähere Zukunft zu blicken.

Ziel: Ausbau der Kindertagesbetreuung für unter Dreijährige (35% bis zum 1.8. 2013)

Umsetzung: Beim Ausbau der Krippenplätze für unter Dreijährige liegt Deutschland im Betreuungsjahr 2013/14 mit einem Platzangebot von 32,3 % unterhalb der 35 Prozent-Marke. Hier liegen vor allem die Länder des früheren Bundesgebietes mit 27,4 % deutlich unterhalb der anvisierten Zielmarke.

Ziel: Steigerung der Weiterbildungsbeteiligungsquote von 40 auf 50 Prozent

Umsetzung: Mit der Weiterbildungsquote von 49 % ist die Zielquote bereits 2012 nahezu erreicht worden. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich hinter dieser Zahl eine enorme soziale Schieflage verbirgt. Vor allem Arbeitslose, Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und Menschen mit Migrationshintergrund sind bei der Weiterbildungsbeteiligung „abgehängt“.

Ziel: Erhöhung der Quote der Studienanfänger/innen auf 40 Prozent eines Jahrgangs

Umsetzung: Das Ziel  wurde mit inzwischen mit 57,5 % (2013) weit übertroffen. Auch wenn die Bildungsausländer/innen nicht einbezogen werden, liegt diese Quote mit 46,2 % deutlich oberhalb der Zielquote von 40 %. Allerdings ist auch dies verbunden mit einem hohen Maß sozialer Chancenungleichheit: 50 % der Studierenden kommen aus Akademikerfamilien, aber nur 27 % aus Facharbeiterfamilien. Die Steigerung der Studienanfängerquote macht zudem auf die Schwierigkeiten der Hochschulen, den jungen Studierenden angemessene Studienbedingungen zu bieten, aufmerksam.

Ziel: Steigerung der Bildungsausgaben auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – 7 Prozent für Bildung drei Prozent für Forschung

Umsetzung: Das für 2015 gesetzte Ziel der Steigerung der öffentlich und privat getragenen Bildungsausgaben auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts ist Deutschland im Jahr 2012 mit einem Wert von 9,0 % bisher noch nicht nahe gekommen. Die Tatsache, dass dieser Wert von 2011 nach 2012 nach einem zwischenzeitlichen Anstieg wieder leicht gesunken ist, stimmt wenig optimistisch.

Unser Fazit

Klemms Bilanz fällt gemischt aus: Die Zahl der Krippenplätze ist gestiegen und mehr Menschen beginnen ein Studium oder bilden sich weiter. Doch ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt: Die soziale Schieflage bleibt die Achillesferse unseres Bildungssystems. Die Zahl der jungen Menschen ohne Schul- und Berufsabschluss bleibt bedrückend hoch. Auch bei der Weiterbildung und im Studium öffnet sich die Schere zwischen Gewinnern und Verlierern. Die vermeintliche „Bildungsrepublik Deutschland“ bleibt ein sozial gespaltenes Land. Mehr noch: Der Anteil der Bildungsinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt ist wieder gesunken.

Die enge Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg sowie die strikte Trennung von beruflicher und hochschulischer Bildung bleiben die zentralen Herausforderungen der Bildungspolitik.

Mit dem Jahr 2015 dürfen die gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Ländern nicht stehen bleiben. Wir brauchen einen neuerlichen Bildungsgipfel. Bund, Länder und Kommunen müssen zusammen mit den Sozialpartnern eine „gemeinsame Bildungsstrategie“ entwickeln.“


 

Presseberichte hierzu:

Junge Welt

Süddeutsche.de

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Wieder Programmbeschwerde gegen ARD und ZDF

Was sonst noch in der Welt passiert

Bei der Ständigen Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien findet sich folgende Programmbeschwerde gegen die Berichterstattung von ARD und ZDF über den Prozess gegen den Kremlkritiker Alexej Nawalny und dessen Bruder. Die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien ist ein 2014 gegründeter Verein, dessen Zweck die Wahrnehmung und Förderung der demokratischen Mitsprache bei der Umsetzung des gesellschaftlichen Programmauftrages der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten ist – Siehe auch die Homepage http://www.publikumskonferenz.de/.

„Sehr geehrter Herr Dr. Bellut,

hiermit erheben wir, die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien, formal Programmbeschwerde wegen Desinformation und Unterdrückung wesentlicher Informationen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Urteile im Unterschlagungs-Prozess gegen die Brüder Nawalny u. a. in folgenden Sendungen:

http://www.heute.de/nawalny-urteil-im-u … 60296.html
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/ … er-Nawalny

Die durchweg positiv konnotierte Berichterstattung des ZDF im Betrugsprozess zu Gunsten des „Kreml-Kritikers“ und Multimillionärs Alexej Nawalny lässt wichtige Aspekte dessen Persönlichkeit unerwähnt.
So wird unter anderem verschwiegen, dass Nawalny seit seinem Ausschluss aus der sozialliberalen Jabloko-Partei dem rechten Spektrum nicht nur angenähert, sondern einer der vehementesten Verfechter nationalistischer Politik innerhalb Russlands ist.

Laut Bundeszentrale für politische Bildung ist der Teilnehmer des Yale World Fellows Programms Na-walny »ein radikaler russischer Nationalist«, der als Aktivist der Bewegung Narod (Nationale russische Befreiungsbewegung) rassistische Ausfälle gegen Kaukasier zu verantworten hat.
http://www.bpb.de/internationales/europ … pfrhetorik

Als Verfechter eines liberaleren Waffengesetzes forderte Nawalny in einem zutiefst fragwürdigen Videoclip, »militante Kaukasier« mit der Pistole zu bekämpfen.
https://www.youtube.com/watch?v=oVNJiO10SWw

Videotitel: Nationale Russische Befreiungsbewegung (НАРОД) ist für Legalisierung der Waffen
Hallo, heute sprechen wir über den Kampf gegen Insekten. Niemand kann sicher sein, dass eines Tages eine Kakerlake in unsere Wohnung kommt. Pfui! Oder eine Fliege fliegt durch ein kleines Fenster. Wir wissen alle sehr gut, dass gegen Fliegen eine Fliegenklatsche sehr gut hilft und gegen Kakerlaken ein Pantoffel. Aber was soll man tun, wenn eine Kakerlake riesig und eine Fliege zu aggressiv ist? …… In diesem Fall empfehle ich eine Pistole zu benutzen. Fazit: Schusswaffen müssen erlaubt sein.

Nawalny schlug die Deportation „zersetzenden Elemente“ vor und sieht Immigration nach Russland als eines der größten Probleme des Landes an.
http://russiapedia.rt.com/prominent-rus … y-navalny/
http://www.themoscowtimes.com/article/509561.html

Bei einer Party zur Feier des Jubiläums einer Moskauer Zeitung soll er den ersten Toast auf den Holocaust ausgebracht haben. Auf seinen Blogs bezog er sich auf religiöse Juden als „Dandies ins Fuchspelz-hüten und Lumpen“ und stellte fest, „Wer in Russland leben will, muss Russe werden – im vollen Sinne des Wortes“.
https://www.youtube.com/watch?v=eq76mstWeuM

The Jerusalem Post published an article that criticized the nationalist views of Russian blogger and can-didate for mayor of Moscow Alexei Navalny. The reason for the article was the toast, pronounced by Navalny on the celebration of The New Times magazine: „The first toast to the Holocaust.“
http://www.jpost.com/Jewish-World/Jewis … say-324630

Im Herbst trat Nawalny beim »Russischen Marsch« vor schwarz-gelb-weißen Zarenflaggen schwenkenden Rechtsextremisten als Volkstribun auf und beendete seine Rede mit dem Nationalisten-Gruß »Es lebe Russland«. “Ich unterstütze den ‚Russischen Marsch‘ als Idee und als Veranstaltung“, schrieb Nawalny in seinem Blog. Er lobte nationalistische Politiker für ihr Bestreben den russischen Nationalismus in einem „akzeptablen europäischen Format“ zu etablieren. Für Aussagen wie diese wurde Nawalny von wichtigen Persönlichkeiten in Russland kritisiert, die ihn bis dahin noch unterstützt hatten.
So schreibt der populäre Schriftsteller Grigori Tschchartischwili in seinem Blog:
„Ich habe mich geirrt, als ich dem nationalistischen Schwachsinn von Nawalny für eine Jugendkrankheit hielt, die bereits vorbei ist.“
http://www.welt.de/politik/ausland/arti … etzen.html

Beispiel für einen „Russischen Marsch“: http://echo.msk.ru/blog/varlamov_i/947782-echo/

Laut eines Berichtes in der Süddeutschen Zeitung wirbt Nawalny damit, das „schärfste Programm gegen Einwanderung“ zu haben.
http://www.sueddeutsche.de/politik/buer … .1764494-2

In der Berichterstattung öffentlich-rechtlicher Medien wird Nawalny lediglich als Bürgerrechtler und Kreml-Kritiker dargestellt. Dass sich Nawalny medienwirksam als Opfer der russischen Staatsmacht inszeniert, indem er Festnahmen trotz Hausarrest und nicht genehmigter Demonstrationen provoziert, wird verschwiegen und auch nicht kritisch kommentiert. Das gleiche Szenario würde in Deutschland und in jedem anderen Land die gleichen, wenn nicht sogar folgenschwerere, Konsequenzen nach sich ziehen.

Dass Nawalny angesichts seiner verstörenden politischen Präferenzen für politische Ämter in der nächsten Zeit keine Kandidatur anmelden kann, sollte auch Journalisten öffentlich-rechtlicher Medienanstalten eher beruhigen als erregen.
In Deutschland wird gerade gegen eine Bewegung, die ähnliche Ziele verfolgt, von demokratischen Kräften und Medien mobil gemacht. Warum menschenfeindliche Tendenzen und deren Verfechter immer dann ein besonderes Podium innerhalb der Berichterstattung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten bekommen, wenn sie sich gegen die aktuelle Regierung Russlands richten, wäre dringend zu klären.
Aufklärungsbedarf besteht auch hinsichtlich der Frage, warum eine entsprechende Gegenkundgebung innerhalb der Berichterstattung keine Erwähnung fand: http://www.ava360.com/news/russia-no-ma … 4c0ac.html

Wir sehen im Weglassen wichtiger Informationen einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht und eine Täuschung des Publikums, sowie in der einseitigen und tendenziösen Berichterstattung im Unterschlagungsprozess Nawalny grobe Verstöße gegen die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit. Der explizite Auftrag, die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung des Publikums zu fördern, wird mit dieser Art Informationspolitik verfehlt.

§ 5 Gestaltung der Sendungen
(1) In den Sendungen des ZDF soll den Fernsehteilnehmern in Deutschland ein objektiver Überblick über das Weltgeschehen, insbesondere ein umfassendes Bild der deutschen Wirklichkeit vermittelt werden. Die Sendungen sollen eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung fördern.

§ 6 Berichterstattung
(1) Die Berichterstattung soll umfassend, wahrheitsgetreu und sachlich sein. Herkunft und Inhalt der zur Veröffentlichung bestimmten Berichte sind sorgfältig zu prüfen.

Der Wahrheitspflicht nachzukommen heißt, vollständige Informationen zu geben. Vollständigkeit heißt wiederum nichts wegzulassen, was wichtig ist. Entlastendes wie Belastendes sind gleichermaßen darzustellen (BHG, NJW 1997, 1148). Fehlende Sendezeit oder zeitlicher Informationsdruck sind dem gegenüber unbeachtlich. (hier: Hahn/Vesting, Beck‘scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Seite 450, Randnotiz 57)

Zum Zwecke der Transparenz werden wir diese Programmbeschwerde sowie die Antwort der Programmverantwortlichen auf der Webseite des Vereins http://forum.publikumskonferenz.de/ veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

i. V. Maren Müller
Vorsitzende“

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Noch mal Griechenland: Solidarität mit Syriza

Antikapitalismus

„Ökonomen, Sozialwissenschaftler, Gewerkschafter, linke Politiker und Intellektuelle aus ganz Europa und Nordamerika haben in einem Appell ihre Solidarität mit der griechischen Linkspartei SYRIZA bekundet. »Der mögliche Sieg von SYRIZA bei den kommenden Wahlen in Griechenland geht alle an, die einen Richtungswechsel in Europa anstreben. Er wäre Ausdruck der Forderung nach Menschenwürde, Gerechtigkeit und Hoffnung«, heißt es in dem Aufruf, dem sich über 300 kritische Intellektuelle als Erstunterzeichner angeschlossen haben.“ (Quelle: Neues Deutschland)

Der weitere Wortlaut des mit „Change Greece – Changing Europe – Change4all!“ überschriebenen Appells:

„Wir werden überall in Europa das Recht der Menschen in Griechenland verteidigen, sich frei zu entscheiden; mit der Austeritätspolitik zu brechen; Nein zu sagen zur Austeritätspolitik, die das Land verwüstet; den Weg einer realen Alternative für Griechenland und eine demokratische und soziale Neuorientierung freizulegen.

Die Mehrheit der politischen Kräfte in Griechenland geht vor der Troika in die Knie. Alexis Tsipras und SYRIZA haben sich für das Gegenteil entschieden. Gemeinsam mit den sozialen Bewegungen haben sie einen breiten Zusammenschluss geschaffen, dessen Dynamik die Mehrheit gewinnen könnte. SYRIZA und ihre Verbündeten setzen sich gegen die humanitäre Krise zur Wehr, wollen die Kollektiv- und Tarifverträge wiederherstellen, ein faires Steuersystem einführen und das politische System demokratisieren.

Eine SYRIZA-Regierung wird Griechenland zu einem verlässlichen Partner machen und das Überleben des Landes und der Bevölkerung zum Ausgangspunkt in allen Verhandlungen machen. Die Regierung wird das Land auf einen neuen Weg jenseits von Korruption und Patronage führen und sich für ein neues Entwicklungsmodell im Interesse aller entscheiden.

Die SYRIZA-Regierung wird eine europäische Schuldenkonferenz vorschlagen, mit dem Ziel die Schulden teilweise zu streichen und die Zahlungsmodalitäten für den Rest so festzulegen, dass eine wirtschaftliche Erholung ermöglicht wird. Das dazu erforderliche Programm öffentlicher Investitionen und Maßnahmen zur Befriedigung dringender sozialer Bedürfnisse soll aus dem europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt ausgenommen werden.

Auf europäischer Ebene wird eine SYRIZA-Regierung einen Europäischen „New Deal” für menschliche Entwicklung und ökologischen Wandel vorschlagen. In ganz Europa müssen wir mit der Logik brechen, die Europas soziale Errungenschaften zerstört und Nationalismus und Rechtspopulismus verstärkt. Wir brauchen ein neues Projekt inklusiver Entwicklung, Zusammenarbeit und Demokratie.

Wir sind davon überzeugt, dass eine solche Veränderung in Griechenland nicht nur die Zukunft des Landes selbst betrifft. Wenn SYRIZA siegt, wird nicht nur Griechenland aus der katastrophalen aktuellen Situation ausbrechen können, sondern die Möglichkeit eines Wechsels in Europa entstehen. Der Bruch mit der Austeritätspolitik wäre Signal und Hoffnung für diejenigen, die sich nicht beugen wollen.

Eine SYRIZA-Regierung wird angesichts des massiven Drucks der Finanzmärkte und der politischen Kräfte, die jedes Abweichen vom gescheiterten Rahmen der kapitalistischen Globalisierung fürchten, massive Unterstützung in ganz Europa brauchen.

Wir, Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, aus einem breiten sozialen und politischen Spektrum und aus zahlreichen Organisationen akzeptieren den Druck nicht, der ausgeübt wird, um die Griechinnen und Griechen an ihrer freien Entscheidung zu hindern. Diejenigen, die diesen Druck ausüben, nehmen die Verantwortung dafür auf sich, dass die schädliche „Schocktherapie“ um jeden Preis fortgesetzt wird.

Unsere Verantwortung ist es, überall in Europa diejenigen zu unterstützen, die für eine Veränderung der Kräfteverhältnisse kämpfen, die den Kampf der Ideen aufnehmen und alle vereinigen, die gemeinsam mit der griechischen Bevölkerung ein soziales, ökologisches und demokratisches Europa aufbauen wollen.

Wir stehen an der Seite der Griechinnen und Griechen, weil ihr Kampf der unsere ist.“


 

Unterstützt wird dieser Appell unter anderem von den kritischen Wissenschaftlern Elmar Altvater, Etienne Balibar, Christoph Butterwegge, James K. Galbright, Michael Hardt, David Harvey, Bob Jessop und Leo V. Panitch sowie von der Linkenpolitikerin Kerstin Kaiser und dem Filmemacher Ken Loach.

Auch Attac hat sich zur Einmischung in den griechischen Wahlkampf klar geäußert.

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Über Griechenland, Grexit und Demokratie

Antikapitalismus, Wahlen

Die Griechen wählen am 25. Januar und schon begegnet uns ein Krisenherd, der in den Mainstream-Medien schon lange in den Tiefschlaf gefallen war: Die Euro-, besser gesagt die Banken- und Wirtschaftskrise in der EU. Da eine reelle Gefahr besteht, dass eine linkssozialistische Partei die Regierung übernehmen könnte, sehen die Spardikatoren der EU ihre mühsam durchgesetzte „Reformpolitik“ in Gefahr. Ja mehr noch, es droht der Euro-Austritt Griechenlands. Aber wie kommen die Austritts-Kassandras auf diesen Gedanken? Wegen Syriza müssten sie sich eigentlich keine großen Gedanken machen, betont Syriza-Spitzenmann Tsipras (leider) doch unablässig, dass er sein Land in der EU und der Eurozone belassen will. Gut, es gibt einen radikalen linken Parteiflügel, der einen klaren Bruch mit der EU anstrebt (siehe hier, erster Abs.), und das Ziel, eine Koalition mit der orthodox-marxistischen KKE (Kommunistische Partei) zu bilden. Doch Letzteres schließt die KKE konsquent aus, eben weil die Syriza-Mehrheit bisher keinen Bruch mit der EU will.

Doch egal, was die Griechische Linke nun politisch anstrebt – woher kommt die panische Hektik um einen möglichen Grexit (Ausstieg Griechenlands aus dem Euro)? Wieso bereitet uns bzw. der deutschen Politik so viele Sorgen, was die Griechen für eine Europapolitik betreiben? Ist Griechenland bzw. sein Volk nicht ein Souverän, der in demokratischer Manier seine Politik bestimmen kann und soll? Theoretisch sollte das so sein; die Griechen müssen völlig unabhängig von der Ansicht anderer Völker und Regierungen bestimmen, was sie für die richtige Politik halten. Wenn sie meinen, dass ihnen der Ausstieg aus dem Euro nutzt, um die elendige, asoziale Politik der vergangenen Jahre zu beenden, dann sollen sie Syriza, KKE oder sonstwen wählen. Die EU, Deutschland und niemand anders hat ein Recht, den Griechen irgendwelche Ratschläge oder sogar Vorschriften zu machen, auch nicht in Form von Angstmache.

Doch man hört erstaunlicherweise, dass die EU einen Euro-Ausstieg Griechenlands auf einaml ganz prima verkraften könnte. Jetzt haben wir ja Rettungsmechanismen, die einen Zusammenbruch der Eurozone bei einem Grexit auffangen können. Ich weiß wirklich nicht, ob für Griechenland ein Euro-Ausstieg besser wäre als das Behalten des Euro. Aber ich bin doch ziemlich sicher, dass so problemlos der Grexit für andere Euroländer (wie Spanien, Portugal, Zypern) nicht wäre. Der Großteil der griechischen Schulden liegt bei den öffentlichen Geldgebern (Zentralbank, ESM), also bei den anderen europäischen Steuerzahlern. Diese Schulden können wir zu fast 100 % abschreiben, wenn Griechenland aus dem Euro aussteigt. Nebenbei bemerkt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland seine Schulden jemals in größerem Umfang zurückzahlen kann, bei der derzeitigen Politik auch bei einem Behalten des Euros relativ unwahrscheinlich; Abschreibungen wird es so oder so geben. Jedenfalls werden früher oder später die anderen Euro-Staaten durch eine Griechenlandpleite ihre Schulden oder die Steurrn für die eigene Bevölkerung erhöhen müssen, um die desaströse, von Merkel betriebene Krisenpolitik auszubaden.

Wir sollten uns aus dem griechischen Wahlkampf strikt heraushalten. Und keine Angst haben, dass dort Sozialisten und Kommunisten die Staatsmacht übernehmen. Denn mir scheint, dass die Chance, dass die Griechen die ihnen gegebenen Kredite zurückzahlen können, wesentlich höher ist, wenn die von Konservativen und Neoliberalen verordnete Austeritätspolitik durch linke Politiker beendet wird. Eine Mehrheit für Syriza ist auch noch gar nicht sicher, da sie Koalitionen mit der Pasok und auch mit der Pasok-Abspaltung von Papandreou ausgeschlossen hat und eine Koalition mit der KKE nicht gelingen wird. Und für eine absolute Mehrheit wird es sehr knapp.

 

Zur Wahl in Griechenland siehe auch:

Junge Welt: 06.01., 05.01., 02.01. und 31.12.

Aktuelle Umfrageergebnisse (Wikipedia)

Kalimera! Griechenland und Europa (kommunisten.de)

Warum wir die griechische Linke jetzt unterstützen sollten (ebd.):

  1. „[…]Weil eine politische Wende notwendig ist: In den letzten Jahren haben die ND/PASOK- Regierung und die Troika Griechenland verwüstet: 25% Rezession, 27% Arbeitslose, Zerstörung von Sozialstaat und Arbeitsrechten, gestiegene Staatsschulden. SYRIZA tritt fundamental gegen diese Verarmungspolitik auf. Ihr Programm umfasst öffentliche Investitionen, die Stärkung sozialer Rechte, den Kampf gegen Steuerbetrug und Schuldenschnitte.
  2. Weil ein Regierungswechsel realistisch ist: Das griechische Wahlrecht ist stark mehrheitsfördernd. Die stärkste Partei erhält einen Bonus von 50 Mandaten. Je nach Wahlergebnis reichen daher 35 bis 40% der Stimmen für eine absolute Mehrheit im Parlament. Aktuelle Umfragen geben SYRIZA über 35%.
  3. Weil SYRIZA anders ist als typische Parteien: SYRIZA ist keine Partei, in der ein kleiner Zirkel alle Entscheidungen trifft und PR-Berater_innen mehr Einfluss haben als politische Grundsätze. Innerer Pluralismus und die Verbindung zu sozialen Bewegungen gehören zum Selbstverständnis der Partei, die selbst als Bündnis linker Gruppen und Kleinparteien gegründet wurde. Viele Mitglieder sind zugleich in den Anti-Austeritäts-Protesten, Solidaritätsinitiativen oder anderswo aktiv. SYRIZA betrachtet die Bewegungen als gleichberechtigte Partnerinnen im politischen Kampf. Das zeigt sich etwa bei der Plattform Solidarity4All: Finanziert aus Beiträgen der SYRIZA- Abgeordneten, unterstützt die Plattform Initiativen wie Solidaritätskliniken, Gemeinschaftsgärten oder soziale Zentren, ohne sich einzumischen. Im Verständnis von SYRIZA ist der Staat nur eine von vielen Ebenen politischer Kämpfe: Nur ein kleiner Teil der notwendigen gesellschaftlichen Veränderung kann durch eine Regierung erreicht werden.
  4. Weil eine SYRIZA-Regierung auch unsere Spielräume vergrößert: Eine SYRIZA-Regierung wäre die erste der EU, die offen gegen die Krisenpolitik von Sozialabbau und Bankenrettungen eintritt. Sie wird sich in den EU-Institutionen, etwa im Europäischen Rat, gegen diesen Kurs einsetzen. Das Mindeste, das dieser Widerstand erreichen wird, ist eine breite öffentliche Debatte. Das vergrößert den Spielraum von Bewegungen sowie kritischer Kräfte in Parteien und Gewerkschaften in anderen Staaten. Eine SYRIZA-Regierung in Griechenland ist heute unsere beste Chance, eine Änderung der Krisen- und Wirtschaftspolitik in Europa zu erreichen.
  5. Weil die griechischen Wahlen strategisch entscheidend sind: Der Kampf gegen die Austeritätspolitik wird von vielen Akteur_innen auf vielen Ebenen geführt. Eine zentrale Ebene wird in den nächsten Monaten der Konflikt um die Regierungsmacht in Griechenland sein. Auch wenn wir sonst eher auf den Straßen, in den Betrieben oder anderen Bereichen aktiv sind, ist es strategisch sinnvoll, die griechische Linke in diesem sich zuspitzenden Kampf um den Staat zu unterstützen. Solidarität bedeutet schließlich nicht blinde Gefolgschaft, sondern das Handeln aus der Überzeugung, dass die griechischen Kämpfe auch unsere Kämpfe sind.
  6. Weil unsere Unterstützung gebraucht wird: Gerade weil SYRIZA für eine neue Politik steht, werden sie von außen massiv bekämpft. Wie bei den Wahlen 2012 werden EU-Institutionen, Regierungen, Medien und neoliberale Think Tanks mit Propaganda und Erpressung versuchen, einen SYRIZA-Sieg zu verhindern bzw. eine linke Regierung zu Fall zu bringen. Viele dieser Kämpfe muss die griechische Linke selbst führen. Doch dem Druck aus unseren Ländern begegnen wir am besten hier. Die Wende in Griechenland kann nur mit Unterstützung von außen gelingen.“
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Mindestlohn – nicht für alle!

Antikapitalismus

Seit gestern gilt nun ein Mindestlohn light, der Altersarmut nicht verhindern kann. Er gilt aber nicht für alle; dank der Zeitungsverleger dürfen Zeitungszusteller noch ein wenig auf diese soziale Errungenschaft warten. Aber nicht nur sie, auch die 66.000 Häftlinge in deutschen Gefängnissen brauchen sich keine Hoffnung auf 8,50 Euro Lohn machen, wie der Freitag berichtet. Was das in der Praxis beduetet, kann erahnt werden, wenn die Lohnsätze für 2001 angeschaut werden. Da geht es um maximal 24 DM am Tag, also 12 Euro Tageslohn. Dem wird wohl entgegengehalten, dass das wohl besser als die ausbeuterische Zwangsarbeit in der DDR war. Tolles Argument, um soziale Miseren zu rechtfertigen. Jedenfalls können noch heute mit Gefangenenarbeit gute Mehrwertraten geschöpft werden, wie ja auch der Fall Haderthauer aus Bayern belegt hat.

Einige Fakten zum Mindestlohn hier.

Siehe auch: „GroKo wollte und will den Mindestlohn nicht“ (linksfraktion.de)

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