Browsing the blog archives for Juni, 2015.


Anhörung des Bundestags-Ausschusses zu Hartz IV-Sanktionen

Antikapitalismus

Ich dokumentiere im Folgenden eine Meldung der Presseagentur AFP zu einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Thema Hartz IV-Sanktionen und die Videodokumentation der erwähnten Sitzung:


 

Sozialverbände fordern Ende von Hartz-IV-Sanktionen

Die Sozialverbände drängen auf eine Abkehr von den Hartz-IV-Sanktionen. Anlässlich einer Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Arbeit und Soziales beklagten Arbeiterwohlfahrt, Diakonie und Caritas unter anderem die Einschnitte für junge Erwerbslose unter 25 Jahren. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte das System, während die Arbeitgeber daran festhielten.

Insbesondere die schärferen Regelungen für junge Menschen unter 25 Jahren müssten noch in dieser Legislaturperiode abgeschafft werden, forderte der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (Awo), Wolfgang Stadler, in einer Erklärung. Scharfe Sanktionen wirkten sich kontraproduktiv auf das Ziel aus, junge Menschen ins Erwerbsleben zu integrieren. „Die Betroffenen lassen häufig den Kontakt zum Jobcenter völlig abbrechen und können schnell in Situationen wie Obdachlosigkeit geraten.“

Die Sanktionen seien „menschenrechtlich fragwürdig“ und verschärften die soziale Ausgrenzung, hieß es in der Stellungnahme der Diakonie Deutschland. Hartz IV sei das Existenzminimum, das Menschen zum Leben brauchen, erklärte Maria Loheide. „Das kann man nicht kürzen.“ Sanktionen trieben „viele Menschen in existenzielle Armut bis hin zur Wohnungslosigkeit“.

Die Einschnitte in das Existenzminimum, die mit den Sanktionen verbunden seien, träfen die Leistungsempfänger meistens hart, hieß es in der Stellungnahme der Caritas. „Existenzsorgen, Angst und Niedergeschlagenheit prägen die Alltagssituation vieler Betroffener.“ Erwerbsfähige junge Menschen würden im Vergleich zu Erwerbsfähigen über 25 Jahren häufiger sanktioniert.

Hart ins Gericht mit dem Hartz-IV-System ging auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Dieses „rigide System“ sei politisch gewollt, um die Konzessionsbereitschaft von Arbeitnehmern hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen zu erhöhen und damit den politisch gewünschten Niedriglohnsektor zu fördern, schrieb der Gewerkschaftsbund in seiner Stellungnahme. „Das Fördern und Fordern steht im deutlichen Missverhältnis zu Lasten des Förderns.“

Linken-Chefin Katja Kipping erklärte, die Hartz-IV-Sanktionen seien grundrechtswidrig, weil sie das ohnehin zu geringe Existenzminimum kürzten. Sie verletzten zudem das Recht auf Berufsfreiheit, weil schon die Sanktionsandrohung einen „faktischen Zwang“ ausübe, einer nicht frei gewählten Arbeitstätigkeit nachzugehen. „Die Sanktionen sind sofort und ausnahmslos abzuschaffen“, forderte Kipping.

Demgegenüber verteidigte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die bestehenden Sanktionen. „Sie tragen im Interesse der Arbeitsuchenden zu einer möglichst zügigen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei“, hieß es in der BDA-Stellungnahme für den Ausschuss. Es gehe dabei nicht darum, Hilfebedürftige unter Druck zu setzen. Vielmehr sollten den Betroffenen die Gefahren einer sich verfestigenden Langzeitarbeitslosigkeit verdeutlicht werden.

Das umstrittene Sanktionssystem bei Hartz IV sieht vor, dass den Leistungsberechtigten das Arbeitslosengeld gekürzt werden kann, wenn sie etwa Bewerbungstermine nicht wahrnehmen. Über Änderungen daran wird seit längerem diskutiert.

Continue Reading »

No Comments

Lesetipp zu Wahlmüdigkeit und neuen Reformvorschlägen

Wahlen

Wer wissen will, wie es zu immer größerer Wahlmüdigkeit kommt und warum die nun publizierten Reformvorschläge (z. B. Wahllokale in Supermärkten oder längere Öffnungszeiten für Wahllokale) an den eigentlichen Ursachen sinkender Wahlbeteiligung vorbeigehen, lese folgendes Interview im Tagesspiegel mit dem Soziologen Michael Hartmann:

Die Parteien haben die sinkende Wahlbeteiligung als Problem erkannt und wollen jetzt einmütig dagegen angehen. Sie halten aus soziologischer Sicht nichts davon. Warum?

Weil die Aktion am Problem vorbeigeht. Die Leute, die nicht wählen gehen, tun dies in erster Linie, weil sie meinen, dass sich für ihre Probleme niemand interessiert. Viele haben eine kontinuierliche Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen erlebt, ihre Einkommen sinken, sie arbeiten im Niedriglohnsektor oder sind Dauerkunden von Hartz IV – die Hälfte der Hartzer ist dies seit mehr als vier Jahren. Das führt zum Gefühl: Die da oben interessieren sich nicht für uns, also interessieren wir uns auch nicht für deren Demokratie.

Weiterlesen

 

No Comments

Zunahme des Reichtums schadet dem Wirtschaftswachstum

Antikapitalismus

Das sagt der IWF bzw. fünf WIssenschaftler in einer vom IWF beauftragten Studie. Darüber berichtet das Portal kommunisten.de. Ich zitiere:

Eine Studie des IWF widerlegt ein Standardmärchen des Neoliberalismus
22.06.2015: Je mehr die Reichen reicher werden, umso mehr schadet das dem Wirtschaftswachstum. Und die Schwächung der Gewerkschaften ist auch für das Wachstum schädlich, weil sie zu den Ursachen für die Zunahme der Ungleichheit bei der Einkommensverteilung gehört. Diese den herrschenden neoliberalen Doktrinen zuwiderlaufenden Erkenntnisse stehen ausgerechnet in einer Studie von fünf Wirtschaftswissenschaftlern des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Studie wurde am 15. Juni 2015 auf den Internetseiten des IWF unter dem Titel „Ursachen und Konsequenzen von Einkommensungleichheit – eine globale Sicht“ veröffentlicht. Nach Ansicht der Verfasser ist die Ausweitung der Einkommensungleichheit „die entscheidende Herausforderung unserer Zeit“. In den wirtschaftlich entwickelten Ländern habe die Kluft zwischen den Reichen und den Armen das höchste Niveau seit Jahrzehnten erreicht. Aber auch in den Entwicklungsländern vergrößert sie sich.

Das ist kontraproduktiv für das Wirtschaftswachstum, stellten die IWF-Wissenschaftler anhand umfangreicher statistischer Daten und Berechnungen fest: Wenn der Einkommensanteil der reichsten 20 Prozent sich um einen Prozentpunkt vergrößert, hat das zur Folge, dass das Wachstum der Gesamtwirtschaft (BIP-Wachstum) in den folgenden fünf Jahren durchschnittlich um 0,08 Prozentpunkte geringer ausfällt. Wenn hingegen der Einkommensanteil der ärmsten 20 Prozent um den gleichen Anteil (einen Prozentpunkt) erhöht wird, liegt das Gesamtwirtschaftswachstum danach um fast 0,4 Prozent höher. Die Forscher leiteten diese Feststellung aus einer Analyse der Daten aus 159 Ländern über die Zeit von 1980 – 2012 ab.

Eine „mögliche Erklärung“ für diese Tatsache ist nach Ansicht der IWF-Forscher, „dass die Armen und Mittelschichten dazu tendieren, einen höheren Anteil ihres Einkommens zu konsumieren als die Reichen“. Wörtlich heißt es in einer Zusammenfassung der Studie auf der entsprechenden Internetseite des IWF: „Wenn mehr Geld in diese Segmente der Gesellschaft fließt, werden sie es eher konsumieren als festlegen, was die Nachfrage erhöht und das Gesamtwachstum auf kurze Frist antreibt.“ Das bedeute, dass die Armen und Mittelschichten die wichtigsten Antriebsmotoren für das Wirtschaftswachstum seien, auf die sich die  Wirtschaftspolitik konzentrieren müsse. Auch auf längere Frist bedeute anhaltende Ungleichheit bei der Einkommensverteilung, dass Arme und Mittelschichten weniger Gelegenheit zur Ausbildung und zur Entwicklung ihrer Fähigkeiten haben, was wiederum nachteilig für die Entwicklung von Arbeitsproduktivität und Wirtschaftswachstum sei.

Die IWF-Studie widerlegt damit ein Standardmärchen der neoliberalen Wirtschaftstheorie. „Die Gewinne der Unternehmer sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen“, hieß es in der Fassung deutscher Politiker. Dass das Gegenteil der Fall ist, hatten Arbeiter und Angestellte und die Gewerkschaften schon in der Vergangenheit anhand der praktischen Erfahrung immer wieder feststellen müssen. Nun belegten das auch die IWF-Wirtschaftswissenschaftler durch die Aufarbeitung umfangreicher statistischer Daten.

Es ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass die IWF-Chefin Christine Lagarde diese Studie ihrer eigenen Wissenschaftler höchstwahrscheinlich gar nicht erst lesen, auf jeden Fall aber bei der Durchsetzung ihres harten Austeritätskurses gegen Griechenland und andere „Schuldenländer“ in aller Welt total ignorieren wird.

Dennoch verdienen die Erkenntnisse dieser IWF-Studie Beachtung, besonders in den Gewerkschaften. Die Studie befasst sich nämlich auch mit den Ursachen, warum sich die Einkommensverteilung in der Welt in den letzten Jahrzehnten weiter zugunsten der großen Vermögensbesitzer verändert hat. Da heißt es u.a.: „Flexiblere Regeln bei Einstellung und Entlassung, niedrigere Mindestlöhne und weniger kräftige Gewerkschaften (!) sind mit größeren Ungleichheiten verbunden“. Ein Rückgang der Mitgliedschaft der Gewerkschaften könne „die relative Verhandlungsmacht der Arbeit reduzieren“. Der Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrades sei unbestreitbar mit einem Anwachsen der Einkommensanteile der Spitzenverdiener verbunden. Wenn das selbst Wissenschaftler beim IWF sagen…

txt: G. Polikeit

No Comments

Griechenland: Demokratie gegen EU-Kürzungsdiktatur

Antikapitalismus

Nun wird es wirklich ernst mit Griechenland und einem möglichen Grexit. Die EU hat ihre Hemmungen, den Griechen ultimativ die Fortsetzung der bislang in fünf Jahren eindeutig gescheiterten Spar- bzw. Kürzungspolitik, aufgegeben. Die Angst vor einem Grexit und den unvorhersehbaren Folgen sind scheinbar kleiner als der Wille zum Kompromiss mit der griechischen Regierung. Wie soll diese Entwicklung beurteilt werden?

Natürlich liegen mir nicht alle Informationen vor, um diese politischen Entschiedungen von beiden Seiten optimal beurteilen zu können. Eine grundlegende Frage ist ja, ob es Griechenlands Wirtschaft und Gesellschaft nutzt, im Euro zu bleiben oder ob der Ausweg aus der Krise mit einer eigenen Währung eher gelingen kann. Meine Meinung ist, dass Griechenland sowohl mit als auch ohne Euro einen Weg aus der Krise schaffen könnte, sofern die richtigen politischen Maßnahmen ergriffen werden.

Wenn Griechenland im Euro bleiben möchte, und das war bisher scheinbar ein weit verbreiteter Wunsch in Griechenland, dann kann es seine Schulden nur dann zurückzahlen, wenn eine wachstumsfördernde Wirtschaftspolitik und Investitionen betrieben werden. Bisher hat die von der „Troika“ auferlegte und von den alten griechischen Regierungen umgesetzte Sparpolitik (Rentenkürzungen um 40 %, Mehrwertsteuererhöhungen, Sondersteuer für Immobilien, Kürzungen im Gesundheitswesen) zu einem massiven Rückgang des griechischen BIP und einer Erhöhung der Verschuldungsquote (trotz Teil-Schuldenschnitts) geführt. Deshalb pochte die Syriza-Regierung in den Verhandlungen um die bislang nicht ausgezahlten Troika-Kredite von über 7 Mrd. Euro auf Veränderungen bei den Kreditkonditionen. Das hat die EU aber nicht einsehen wollen, sie glaubt weiter an ihre neoliberalen Konzepte, die ja angeblich in Spanien, Portugal und Irland gut funktionierten (was bitteschön mal detailliert nachzuweisen wäre!). Die griechische Regierung wurde aber nicht gewählt, um die alte und falsche Politik fortzusetzen, deshalb kann sie sich nicht auf die Austeritätspolitik einlassen, sie würde ihre Wahlversprechen brechen, was sie aus nachvollziehbaren Gründen nicht tun will (Syriza ist es im Gegensatz zu unseren Regierungsparteien ernst mit der Demokratie!). Ich zitiere aus Tsipras‘ Rede vom Freitag: „[…] seit sechs Monaten kämpft die griechische Regierung darum, unter den Bedingungen eines beispiellosen wirtschaftlichen Würgegriffs, das Mandat umzusetzen, das ihr uns gegeben habt. Ihr habt uns den Auftrag gegeben, in Verhandlungen mit unseren europäischen Partnern die Austeritätspolitik zu beenden, damit Wohlstand und soziale Gerechtigkeit in unser Land zurückkehren können. Es war ein Mandat für ein nachhaltiges Abkommen, das sowohl unsere Demokratie als auch die gemeinsamen europäischen Regeln respektiert und das es uns endlich ermöglicht, die Krise zu überwinden.“

Es ist daher auch nachvollziehbar und aus demokratietheoretischen Erwägungen begrüßenswert, nun (endlich) die griechische Bevölkerung direkt zur Anti-Krisenpolitik zu befragen. Zugleich ist es eine unglaubliche Unverfrorenheit der EU-Politiker, die Entscheidung für ein Referendum zum wiederholten Male als „bedauerlich“ und als inakzeptabel zu diffamieren. Zu erinnern ist an den Vorschlag vom ehemaligen Ministerpräsidenten Papandreou, Anfang November ein Referendum über die Sparauflagen abzuhalten, die auf die Beschlüsse des zurückliegenden Euro-Gipfels in Brüssel zur Griechenlandhilfe (vgl. EFSF) zurückgingen. Papandreou nahm nach massiver Kritik an diesem Vorhaben das Referendum zurück und trat als Ministerpräsident zurück. Jetzt soll wohl auch Tsipras zum Rücktritt gezwungen werden wegen des ungeheuerlichen Vorhabens, in dem Geburtsort der Demokratie eine demokratische Abstimmung des Volkes über eine grundsätzliche politische Entscheidung (Euro behalten trotz unterdrückerische EU-Politik oder Zurückweisen der autoritären Sparpolitik und Hinnehmen des Euro-Austritts) herbeizuführen.

Zu kritisieren wäre der etwas verspätete Zeitpunkt des Referendums, das schon vor vier Wochen oder noch eher stattfinden hätte können, denn schon lange ist die Sturheit und fehlende Kompromissfähigkeit der EU-Technokraten zu erkennen. Und es stimmt nicht, dass die Griechen den Forderungen der EU nicht entgegengekommen wäre: Mit Mehrwertsteuererhöhungen, mehr Privatisierungen und Einschränkungen bei der Frührente hat die griechische Regierung Angebote gemacht, die eigentlich ihren Wahlversprechen widersprochen hätten (siehe hier und hier).

Ein Ausweg aus der Krise ohne Euro ist auch möglich, wenn gleich Griechenland auch dann auf Hilfe andere Staaten angewiesen sein wird, wie Heike Schrader in der jW zurecht kommentiert. Mit einem Euro-Austritt (am besten begleitet von einem EU-Austritt) können die Schuldenrückzahlungen in Euro abgebrochen werden und eine eigene, abgewertete Währung eingeführt werden. Mit einer eigenen Währung kann die griechische Wirtschaft angekurbelt werden, denn Importe aus dem Ausland werden teurer und heimische Produkte (inkl. Tourismus) konkurrenzfähiger. Vor allem bestünde kein totaler Zwang mehr nach der Nase der Troika zu tanzen und deren Sparvorschläge anzunehmen.

Das Vorgehen von Tsipras und seiner Regierung verdient noch immer die volle Souveränität der europäischen Linken. Sollte das Volk den Forderungen der EU-Technokraten nachgeben, dann kann er dies als Willen des Volkes umsetzen, ohne sich Wortbruch vorwerfen lassen zu müssen – oder er tritt ab, weil er diese Politik aus Gewissensgründen nicht mittragen möchte. Dann muss es Neuwahlen geben, aber ob es dann aus Sicht der neoliberalen EU-Politiker besser wird, ist anzuzweifeln. Stimmt das Volk gegen die Sparpolitik, dann gibt es keinen Grund, der Troika irgendeinen Schritt entgegenzukommen und ein ungewisser Weg (wohl ohne Euro), vielleicht Richtung Sozialismus kann beschritten werden.

Siehe auch:

Was zur Entscheidung steht (Junge Welt)

Die Referendumsbombe (ebd.)

Presseclub (ARD)

Stellungnahme der marxistisch-leninistischen KKE:

„Die Regierung der „linken“ und im Grunde sozialdemokratischen Partei SYRIZA und der „rechten“, nationalistischen Partei ANEL, kündigte für den 5. Juli die Durchführung einer Volksabstimmung an, in einem Versuch mit dem vollständigen Zusammenbruch ihrer Wahlversprechen zu recht zu kommen. Einzige Frage dieses Referendums ist, ob die Wählerinnen und Wähler dem Vorschlag der EU, IWF und EZB zustimmen oder nicht. Dieser Vorschlag beinhaltet die Fortführung der volksfeindlichen Maßnahmen für einen Ausweg aus der kapitalistischen Krise, mit einem Verbleib Griechenlands in der Eurozone.

Die Vertreter der Koalitionsregierung rufen das Volk auf, mit NEIN abzustimmen, und machen deutlich, dass dieses NEIN von der griechischen Regierung als Annahme des eigenen Vorschlags für eine Vereinbarung mit EU, IWF, EZB interpretiert wird, dessen 47+8 Seiten ebenfalls harte arbeiter- und volksfeindliche Maßnahmen beinhalten. Ziel auch dieses Vorschlags ist die Profitsteigerung des Kapitals, das kapitalistische „Wachstum“ und der Verbleib des Landes im Euro. Die SYRIZA-ANEL-Regierung, die die EU, unser „gemeinsames europäisches Haus“ und die „europäischen Errungenschaften“ ununterbrochen lobt, räumt ein, dass ihr Vorschlag zu 90 % mit dem Vorschlag von EU, IWF und EZB übereinstimmt, und mit den Wahlversprechen von SYRIZA so gut wie nichts mehr zu tun hat.

Die Parteien der Koalitionsregierung  wurden von der faschistischen „Goldenen Morgendämmerung“ flankiert, die sich für das NEIN beim Referendum ausgesprochen und offen für die Rückkehr zu einer nationalen Währung Stellung genommen hat.

Auf der anderen Seite befürworten die Rechtsopposition Nea Dimokratia und die sozialdemokratische PASOK, die bis Januar 2015 zusammen regierten, mit dem formell zentristischen, aber im Grunde reaktionären Partei „Der Fluss“ das JA zu den barbarischen Maßnahmen der Troika, und erklären, dass dies Zustimmung und Verbleib in der EU unter allen Bedingungen bedeuten wird.

In Wirklichkeit führen beide Antworten zum JA zur Europäischen Union und zur kapitalistischen Barbarei.

Während der Parlamentssitzung vom 27. Juni lehnte die SYRIZA-ANEL-Regierungsmehrheit den Antrag der KKE ab, auf dem Abstimmungszettel des Referendums auch folgende Fragen aufzunehmen:

 

–       NEIN ZU DEN VEREINBARUNGSVORSCHLÄGEN DER EU-IWF-EZB UND DER GRIECHISCHEN REGIERUNG

–       LOSLÖSUNG AUS DER EU – ABSCHAFFUNG DER MEMORANDEN UND ALLER DAZUGEHÖRIGEN DURCHFÜHRUNGSGESETZE

Durch diese Haltung bewies die Regierung, dass sie das Volk erpressen will, um ihren Vorschlag an die Troika zu befürworten. Dieser Vorschlag ist die andere Seite derselben Medaille. Die Regierung verlangt also vom Volk, ihre Pläne zu befürworten und die Folgen ihrer neuen volksfeindlichen Beschlüsse aufzubürden. Diese Beschlüsse betreffen entweder eine neue, angeblich „verbesserte“ Vereinbarung mit den imperialistischen Organisationen, oder einen Austritt aus dem Euro und eine Rückkehr in die nationale Währung, wofür wieder das Volk die Rechnung bezahlen soll. […]“

No Comments

Grundeinkommen: Ein Versuch in Finnland

Politische Theorie, Was sonst noch in der Welt passiert

Die neue finnische Regierung aus liberalen und konservativen Parteien startet ein für Europa einmaliges Experiment: Sie will laut Greenpeace Magazin ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) einführen. Damit ist es nicht die politische Linke, sondern die Rechte, die als erstes in Europa das BGE einführt, auf Probe. Das ist insofern bemerkenswert, weil meiner Ansicht nach in der BGE-Debatte zuletzt linke Befürworter die diskursive Oberhand hatten. Aber, und das sollte beachtet werden, es gibt schon mindestens vierzig Jahre sowohl eine linke als auch eine rechte Variante des BGE (siehe Gorz 1986), die sich konzeptionell erheblich unterscheiden.

Vom finnischen Modell weiß man noch nicht viel, das BGE ist dort erstmal nur im Koalitionsvertrag als Vorhaben fixiert worden. Besonders wichtig ist für die Beurteilung der gesellschaftlichen Konsequenzen die Höhe des BGE: „Grüne sprechen von 440, Linke schlagen 620 Euro monatlich vor, und wirtschaftsliberale Politiker sprechen von einer Höhe zwischen 850 und 1000 Euro“ [Quelle: Greenpeace Magazin). Bemerkenswert ist auch die enorm hohe Zustimmung für BGE in finnischen Umfragen: 79 % wollen dessen Einführung.

Dass nun Finnland Richtung Katastrophe steuert, ist natürlich Blödsinn und übertriebene Panikmache. Ein BGE bedeutet, sofern es ausreicht, um elementare Grundbedürfnisse zu decken, dass die Finnen sorgenfreier zur Arbeit gehen können, nicht mehr jede schlechte Arbeitsbedingung hinnehmen müssen. Ob die Auswirkungen auf einen dann höchst wahrscheinlich schlankeren Sozialstaat eher positiv oder negativ sind, kann vorher schlecht vorhergesagt werden. Klug wäre es in jedem Fall, die BGE-Einführung so zu gestalten, dass eine Rückkehr zum alten System möglich ist.

Sollte das Vorhaben konkreter werden, werde ich darüber berichten.


 

Siehe auch:

Gorz, André (1986): „Garantierte Grundversorgung aus rechter und linker Sicht“, in: Michael Opielka und Georg Vobruba (Hg.): Das garantierte Grundeinkommen. Entwicklungen und Perspektiven einer Forderung. Frankfurt am Main (Fischer-Taschenbuch-Verl.), S. 53–62.

Crowdfunding-Projekt „Mein Grundeinkommen“

No Comments

Unterschriftensammlung für nachhaltige Finanzierung des kommunalen Nahverkehrs

Was sonst noch in der Welt passiert

Ret­tet Bus und Bahn!

Über 30 Millionen Menschen sind täglich mit dem Nahverkehr mobil und ersparen uns und unserer Umwelt 18 Millionen Autofahrten. Ein erfolgreiches Konzept. Aber dieser Erfolg ist in Gefahr, denn der ÖPNV braucht dringend Investitionen für die Infrastruktur und Betriebsmittel.

Gutachten im Auftrag des Bundes und der Länder zeigen, dass der Sanierungsbedarf für die Infrastruktur im kommunalen Nahverkehr inzwischen auf 4 Milliarden Euro angewachsen ist, jedes Jahr kommen weitere 330 Millionen Euro dazu.

Doch statt zusätzliche Mittel bereit zu stellen, sollen die für den kommunalen ÖPNV so wichtigen Bundesmittel nach dem Entflechtungsgesetz (1,335 Mrd. Euro p. a.) Ende 2019 auch noch wegfallen.

Der Betrieb des kommunalen ÖPNV wird durchschnittlich nur zur Hälfte aus Fahrgeldeinnahmen gedeckt. Für Rücklagen ist hier kein Spielraum. Die Kommunen können die Kosten der Infrastruktur, Fahrzeuganschaffung und den Ausbau der Barrierefreiheit nicht allein stemmen. Es drohen Angebotsreduzierungen und Streckenschließungen!

Das darf nicht sein. Der ÖPNV garantiert als Teil der Daseinsvorsorge Mobilität für alle und verhindert den Verkehrskollaps in den Städten, ohne seinen Ausbau sind auch eine spürbare Reduktion der CO2-Emissionen nicht zu erreichen.

Wir fordern:

  • Die Sicherung einer auskömmlichen und dauerhaften Finanzierung von Infrastruktur und Betrieb, Nachholbedarf sowie Neu- und Ausbau des gesamten ÖPNV unter Beteiligung des Bundes.
  • Eine Anschlussregelung an die 2019 auslaufenden Entflechtungsmittel für den kommunalen Nahverkehr in bedarfsgerechter Höhe und eine Erhöhung und Dynamisierung der Regionalisierungsmittel.
  • Die Diskussion um die Nahverkehrsfinanzierung darf nicht in die Bund-Länder-Finanzverhandlungen verschoben werden! Die Zweckbindung der Mittel muss erhalten bleiben!

Quelle: http://verkehr.verdi.de/

Siehe auch: Junge Welt

No Comments

Nachtrag: Wahlen in Mexiko

Wahlen

In der spanischsprachigen Ausgabe der Wikipedia findet man nun die neue Sitzverteilung in der Abgeordnetenkammer nach der Wahl am 01. Juli (Struktur der Tabelle aus engl. Wikipeda übernommen):

Party District Proportional Total +/–
Votes % Seats Votes % +/– Seats seats
Institutional Revolutionary Party 1,604,665 156 11,638,556 29,18 -2,69 47 203 -9
National Action Party 8,346,846 55 8,379,270 21,10 -4,82 53 108 -6
Party of the Democratic Revolution 1,941,105 28 4,335,731 10,87 -7,61 28 56 -48
National Regeneration Movement 3,327,793 14 3,346,303 8,39 new 21 35 +35
Ecologist Green Party 385,433 29 2,758,138 6,91 0,11 18 47 +18
Citizens‘ Movement 2,421,164 10 2,431,908 6,09 2,10 16 26 +10
New Alliance Party 1,480,090 1 1,486,935 3,72 -0,36 9 10 0
Social Encounter Party 1,319,203 0 1,325,335 3,32 new 8 8 +8
Labor Party 665,597 6 1,134,439 2,84 -1,71 0 6 -9
Humanist Party 852,925 0 856,887 2,14 new 0 0
Independents 225,5 1 225,5 0,56 0 1 +1
Unregistered candidates 51,886 0 52,384 0,13
Invalid/blank votes 1,892,038 1,900,860
Total 39,722,969 100 300 39,782,246 100 200 500 0
Registered voters/turnout
Source: INE

 

No Comments

Reichtum wächst und wächst und wächst

Antikapitalismus

Der „Global Wealth Report 2015: Winning the Growth Game“, veröffentlicht Mitte Juni von der Boston Consulting Group BCG, verkündet nichts Neues, was nicht heißt, dass diese Entwicklung uns nicht beunruhigen sollte. „Super-Reiche werden noch schneller reicher“ titelt die Internetplattform kommunisten.de, deren Bericht ich hier vollständig zitieren möchte:

20.06.2015: Die Boston Consulting Group BCG veröffentlichte Mitte Juni ihren ”Global Wealth Report 2015: Winning the Growth Game“. Der Bericht strotzt vor Erfolgsmeldungen. Die weltweiten privaten Finanzvermögen (Betriebsvermögen, Immobilien, Luxusgegenstände sind nicht dabei) stiegen von 2013 auf 2014 um 17,5 Billionen US$ (17.500.000 Millionen US$) auf 164,3 Bio US$.

Dabei bedeutet “weltweit“ nur 62 Länder, etwa ein Drittel der knapp 200 UNO-Mitglieder. Weggelassen wurden vor allem alle afrikanischen Länder südlich der Sahara (außer Südafrika) und die meisten des früheren RGW, der sich von Jugoslawien bis Vietnam erstreckte. Hier gibt es zwar viele Menschen, aber kein Finanzkapital. In den kommenden fünf Jahren bis 2019 soll das weltweite Finanzvermögen auf 222 Bio US$ steigen. Dies ist das 2,4-fache der vom Internationalen Währungsfonds für 2019 erwarteten Welt-Wirtschaftsleistung, dem Welt-BIP, in Höhe von 93 Bio US$.

BCG notiert eine starke Alte-Welt- gegen Neue-Welt-Dynamik. Erstere besteht aus Nordamerika, Westeuropa und Japan; in ihnen lagern derzeit mit 105 Bio US$ noch 64 % des Weltvermögens, aber die Neue Welt – das sind dann alle anderen Regionen, insbesondere die asiatischen Schwellenländer – holen auf: 2019 sollen sie schon 43 % des Weltvermögens auf sich konzentrieren. Asien ohne Japan ist seit 2014 die Region mit dem zweithöchsten Vermögen und wird bis 2019 den Spitzenplatz einnehmen, vor Nordamerika und Westeuropa. Angesichts des viel höheren Tempos beim Wirtschaftswachstum ist das wenig verwunderlich.

Woher kommt das Finanzvermögen?

Bei dieser Frage diskutiert BCG nicht etwa die Marxsche Ausbeutungstheorie, sondern sie unterscheidet zwischen Neuem Reichtum und Erträgen aus bestehendem Reichtum. Im Weltdurchschnitt stammen etwa drei Viertel des Zuwachses von 17,5 Bio US$ in 2013/14, also 13 Bio US$, aus Erträgen aus bestehendem Reichtum (in Nahost und Lateinamerika etwas weniger, in Japan mehr). Der wesentliche Punkt hier sind Anlagen in Aktien und ähnliche Beteiligungen. Sie brachten 2014 über Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen eine Rendite von 11 %. Nicht zu verachten sind auch Schuldverschreibungen (Staatsanleihen usw.) mit einer Rendite von 6 %. Der so genannte Neue Reichtum brachte 2014 die restlichen 5 Bio US$. Sie resultieren laut BCG aus den Ersparnissen aus der gestiegenen Wirtschaftsleistung 2014. Das Welt-BIP betrug 2014 laut IWF 77 Bio US$. Aus diesem Wert wurden also die genannten 5 Bio US$ und ein wesentlicher Teil der obigen 13 Bio US$ für die Aufschatzung von Finanzvermögen verwendet – ungeheuer riesige Mengen an geronnener Arbeit, die denjenigen zukommen, die 2013 schon ein ordentliches Finanzvermögen hatten.

Wer besitzt das Finanzvermögen?

Laut BCG gab es 2014 weltweit 17 Millionen Millionäre. Auch wenn das mehr sind als Bayern Einwohner hat, so ist das im Verhältnis zur Weltbevölkerung ein verschwindend geringer Prozentsatz. Sie hielten mit 68 Bio US$ 41 % des privaten Finanzreichtums von 164 Bio US$. In nur fünf Jahren, bis 2019, soll ihr Anteil auf 46 % von 222 Bio US$ steigen. Weit übertroffen wird das noch von der Untergruppe der UHNW (ultra-high-net-worth), das sind die Leute mit mindestens 100 Millionen Vermögen. Es dürften etwa 20.000 weltweit sein, also wiederum ein winziger Bruchteil unter den Millionären. Ihr Vermögen soll von heute 10 auf 18 Bio US$ steigen, ein Anstieg um 80 %.

Geld in Steueroasen

Rund 10 Bio US$ liegen heute Offshore – das ist bei BCG ausländisches Geld, das den Banken und Vermögensverwaltern in den einschlägigen Steueroasen von der Schweiz bis zu den Britischen Jungferninseln zugeflossen ist (allein ein Viertel davon in der Schweiz). Leider gibt BCG keine Auskunft, auf welche Vermögenshalter diese 10 Bio US$ entfallen. Mutmaßlich der größte Teil auf die Millionäre – dann hätten sie ein Siebtel ihres Vermögens in Steueroasen angelegt. Bei den UHNW mag der Prozentsatz höher sein.

Und der Rest der Gesellschaft …

Es gibt ziemlich viel mehr Menschen, die knapp am Verhungern sind, als es Millionäre gibt: 800 Millionen Menschen nach der Statistik der UNO-Organisation FAO. Anfang der 1990er Jahre wurden die Millenniumsziele der UNO formuliert, ein Katalog von hehren Zielen für die Jahrtausendwende, der bis 2015 abgearbeitet sein soll. Ein Ziel war, den Hunger zu halbieren (eigentlich ein furchtbar anspruchsloses Ziel in einer so reichen Welt). 1991 hungerten gut 1 Milliarde Menschen – das Halbierungsziel ist also grandios verfehlt worden. In den letzten Jahren reduzierte sich die Zahl der Hungernden noch weniger als vorher. Von der Reduzierung um 215 Millionen zwischen 1991 und 2015 leistete allein China 165 Millionen.

Es ist gerade der G7-Gipfel in Elmau beendet worden. 7 Staatschefs und 7000 mitgebrachte Hiwis formulierten einen Text über die Klimaänderungen, der in der Presse bejubelt wurde. Das isw hat bereits deutlich gemacht, wie völlig unzulänglich diese Lippenbekenntnisse sind. Inzwischen ist eine weitere Vorbereitungsrunde für die Pariser Klimakonferenz Ende 2015 ohne nennenswerte Ergebnisse, ohne nachhaltigen Konsens zu Ende gegangen. Inzwischen gehen immer mehr Experten in der Weltbank, UNO, IEA usw. davon aus, dass realistischerweise das 2°-Ziel nicht erreicht werden kann – unter den gegebenen politischen Umständen: Das ist in erster Linie der Umstand, dass die im Boden lagernden Energiestoffe in Hunderttausende Milliarden Dollar umgewandelt werden können, wenn man sie fördert. Ein Umstand, der die UHNWs mehr interessieren und elektrisieren dürfte als die Kollateral- und Folgeschäden, vor allem die in den armen Ländern (wo es eh kein Finanzkapital gibt) – vor allem, da man diese Probleme mit Militär (also wiederum Gewinnmöglichkeiten) bekämpfen kann, siehe den Weiterbau der Festung Europa (und der Festung USA) mit vorgelagertem Militäreinsatz gegen die Flüchtlinge, die es zu Hause nicht mehr aushalten.

Der Anti-G7-Alternativgipfel und die Anti-G7-Demos waren inhaltlich und optisch geprägt durch eine außergewöhnliche Breite an Organisationen und Themen, die alle die Sorge und das Bemühen einte: Wie können wir eine andere Welt schaffen, die in sozialer, umweltmäßiger und friedenspolitischer Hinsicht bewohnbar bleibt und ein gutes Leben auch für Nicht-Millionäre ermöglicht? Und überall fand sich die explizite Position oder auch nur die Ahnung, dass dieses Ziel zu den Finanzmaximierungszielen, die BCG bedient, absolut konträr steht. Mittlerweile ist sogar der Papst gesellschaftspolitisch auf unserer Seite. Das zeigt, dass in der breiten Gesellschaft die Meinung zunehmend Raum gewinnt, dass die Lebensinteressen der 99 % nur gegen die Finanzinteressen der Top 1 % durchzusetzen sind.

txt: Franz Garnreiter, übernommen von isw

No Comments

Rechtsschwenk in Dänemark

Wahlen

Es ist in gewissem Maße auch traurig, dass auch in Nordeuropa, das sehr lange als sozialdemokratische Kernregion in Europa anzusehen war, nun die Rechtsparteien immer mehr Stimmen gewinnen können. Besonders frappierend ist, dass im Wahlkampf Dänemarks alle großen Parteien, inkl. Sozialdemokraten mit mehr oder weniger Hetze gegen Ausländer bzw. Flüchtlinge sich zu profilieren suchen (siehe jW-Bericht vom 16.06.).

Bei der letzten Wahl 2011 konnte das linke Lager dem rechten Block mit 89 zu 86 Sitzen die Mehrheit entreißen. Im Vergleich zu dieser Wahl verloren besonders die vor acht Jahren stärkste Partei, die rechtsliberale Venstre (-7,2 %), die linksgrüne Socialistisk Folkeparti (- 5,0 %) und die linksliberale Det Radikale Venstre (-4,9 %). Die beiden letzteren waren Teil der Linksregierung unter Ministerpräsidentin Thorning-Schmidt, deren Sozialdemokraten leicht zulegen konnten und stärkste Partei wurden. Ebenfalls leicht zulegen konnte die radikal-ökosozialistische Enhedslisten, die sich mitten in der Legislaturperiode zum Entzug der Unterstützung der Linksregierung entschlossen hatte. Erstmals in ihrer Parteigeschichte sind die Ökosozialisten damit viertstärkste Partei im Folketing.

Größter Gewinner der Wahl ist leider die rechtsradikale Volkspartei, die fast neun Prozent zulegen konnten und wieder als Mehrheitsbeschaffer für eine Koalition aus Venstre, Liberaler Allianz und Konservativen dienen werden. Beachtlich war das gute Abschneiden der Parteineugründung Alternativet, die sich als grüne Partei von Det Radikale Venstre abgespalten hatten und für die Einführung eines Veggie-Day und der 30-Stunden-Woche warb. Bemerkenswert ist die für deutsche Verhältnisse hohe Wahlbeteiligung von 85,8 Prozent.

Gewählt wurde auch auf Grönland und den Faröer Inseln: Die zwei reservierten Sitze für Faröer eroberten die sozialistischen Tjóðveldi und die sozialdemokratischen Javnaðarflokkurin mit jeweils über 24 Prozent. In Grönland gewannen je einen Sitz die linksnationalistische Inuit Ataqatigiit (38,5 %) und die sozialdemokratische Siumut (38,2 %).

Ergebnis:

Partei Stimmen Prozent +/− % Sitze +/− Sitze
Socialdemokraterne 925.288 26,3 1,5 47 3
Dänische Volkspartei 741.746 21,1 8,8 37 15
Venstre (Liberale Partei) 685.188 19,5 -7,2 34 -13
Enhedslisten – de rød-grønne 273.870 7,8 1,1 14 2
Liberale Allianz 264.449 7,5 2,5 13 4
Alternativet 168.585 4,8 neu 9 neu
Det Radikale Venstre 160.672 4,6 −4,9 8 −9
Socialistisk Folkeparti 148.027 4,2 −5,0 7 −9
Det Konservative Folkeparti 118.015 3,4 −1,5 6 −2
Kristendemokraterne 29.148 0,8 ±0 0 ±0
Sonstige 3.027 0,1 0 0
Wahlberechtigte 4.145.321
Abgegebene Stimmen 3.556.545 85,8 –1,9
Gültige Stimmen bzw. Gesamtzahl 3.516.477 175 0

Quelle: wikipedia.org

 

Presseberichte:

Rechte legen in Dänemark zu (Junge Welt)

Rechtsausleger (Neues Deutschland)

Jeder fünfte Däne wählt ganz rechts (ebd.)

1 Comment

Skandal des Tages: Fahimi ist Regierungsfähigkeit wichtiger als Grundgesetz

Was sonst noch in der Welt passiert

In der FAZ können wir online lesen: „Die SPD-Führung erhöht in der Auseinandersetzung über die Vorratsdatenspeicherung den Druck auf die Parteibasis. Generalsekretärin Yasmin Fahimi äußerte sich mit Blick auf den Parteikonvent am Samstag in Berlin zuversichtlich, dass der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas und damit die vom Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel vorgegebene Linie bei den 235 Delegierten eine Mehrheit finden werde – „nicht zuletzt deswegen, weil ich glaube, dass die SPD zu klug ist, um wegen der Auslegung eines Grundrechtsartikels ihre Regierungsfähigkeit aufs Spiel zu setzen“. (Hervorh. von mir)“

Damit stelle ich fest: Im Zweifelsfall beschließt die SPD lieber ein verfassungswidriges oder verfassungsrechtlich hoch umstrittenes Gesetz, das die Grundrechte der Bürger mindestens einschränkt, als ihre hoch dotierten Regierungsämter zu verlieren und im bürgerlichen Medienrummel – genau wie die LINKE – als nicht regierungsfähig abgestempelt zu werden. Ich hätte vermutet, einer demokratischen Partei ist es wichtiger, die Demokratie und Freiheitsrechte der Bürger zu schützen, als bei einem Demokratieabbau und Verfassungsbruch teilzuhaben. Die SPD beweist hiermit einmal mehr ihre systemtragende Rolle und ihre Nichtwählbarkeit für überzeugte Demokraten.

No Comments

Lesetipp: Rentenlüge neuen Typs

Antikapitalismus

Dank Junger Welt wird wieder Aufklärung über ein weit verbreitetes Märchen heutiger kapitalistischer Verhältnisse betrieben: Behauptet wird, dass es ostdeutschen Rentnern heute »besser« als zu DDR-Zeiten ginge. Das lässt sich bei Kenntnis der Preisstrukturen und Rentenhöhe zu DDR-Zeiten eigentlich leicht vergleichen. Ich zitiere die Junge Welt:

„Die heutige Durchschnittsrente in Brandenburg beträgt monatlich 780 Euro[…]. Von 780 Euro kann die Miete für eine kleine Wohnung plus Nebenkosten bezahlt werden (450 Euro). Im Rentnerklub bekommt gibt es billiges Mittagessen (100 Euro im Monat). Für Frühstück und Abendbrot werden weitere 100 Euro benötigt. Macht zusammen 650 Euro. Für alles übrige – inklusive Strom, Telefon und Gebühren für das in Deutschland eingeführte Zwangs-Pay-TV – bleiben 130 Euro.“

Weiter heißt es: „Die Durchschnittsrente in der DDR betrug in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre 471 Mark. […] Davon zahlte der Durchschnittsrentner 30 Mark Miete, 20 Mark für Strom und Wasser, allenfalls 100 Mark für Lebensmittel, fünf Mark für seine Kohlen (übers Jahr gerechnet). 155 Mark kosteten ihn also die »Essentials«. Ihm blieben noch 316 DDR-Mark.“

Und mit diesen 316 DDR-Mark konnte er noch viel unternehmen: dreimal quer durch die DDR mit der Eisenbahn zu seinen Enkeln fahren (ermäßigt zusammen 25 Mark), fünfmal ins Kino gehen (zusammen zehn Mark), sich drei Gaststättenessen leisten (mit Getränk 15 Mark), drei Bücher kaufen (zwölf Mark), fünf Skat- und Bierabende mit Freunden veranstalten (insgesamt 12,50 Mark), einmal das Auto betanken (36 Mark), seiner neuen Flamme einen Blumenstrauß schenken (drei Mark), sich eine neue Hose kaufen (wenngleich nicht schick: 30 Mark), dreimal ins Theater gehen, (für ihn als Rentner zusammen zehn Mark) und noch mehr. Man lese den Artikel einfach zu Ende. Schlechter als heute ging es den Rentnern zu DDR-Zeiten (in den 1980ern)  jedenfalls nicht.

No Comments

Parlamentswahl in Mexiko

Wahlen

Nach einer Woche stehen noch immer nicht die endgültigen Ergebnisse der vergangenen Sonntag abgehaltenen Parlamentswahlen in Mexiko fest. Neben den alle drei Jahre zu wählenden Unterhausabgeordneten galt es neun Gouverneure und knapp 900 Bürgermeister in 16 Bundesstaaten zu wählen. Dies sind die vorläufigen Ergebnisse nach Wikipedia:

Party District Proportional Total +/–
Votes % Seats Votes % +/– Seats seats
Institutional Revolutionary Party 1,604,665 4,24 25 11,638,556 29,18 -2,69
National Action Party 8,346,846 22,06 55 8,379,270 21,10 -4,82
Party of the Democratic Revolution 1,941,105 5,13 5 4,335,731 10,87 -7,61
National Regeneration Movement 3,327,793 8,80 14 3,346,303 8,39 new
Ecologist Green Party 385,433 1,02 0 2,758,138 6,91 0,11
Citizens‘ Movement 2,421,164 6,40 10 2,431,908 6,09 2,10
New Alliance Party 1,480,090 3,91 1 1,486,935 3,72 -0,36
Social Encounter Party 1,319,203 3,49 0 1,325,335 3,32 new
Labor Party 665,597 1,76 0 1,134,439 2,84 -1,71
Humanist Party 852,925 2,25 0 856,887 2,14 new
Independents 225,5 0,60 1 225,5 0,56
Unregistered candidates 51,886 0,14 0 52,384 0,13
Institutional Revolutionary Party–Ecologist Green Party 12,356,932 32,66 160
Party of the Democratic Revolution–Labor Party 2,851,792 7,54 29
Invalid/blank votes 1,892,038 1,900,860
Total 39,722,969 100 300 39,782,246 100 200 500 0
Registered voters/turnout
Source: INE

Presseschau:

Junge Welt

https://amerika21.de/blog/2015/06/123602/wahltag-mexiko

https://amerika21.de/2015/06/123513/unruhen-bei-wahlen-mexiko

No Comments

Arbeitszeitdebatte in ver.di

Antikapitalismus

Meldung vom 03.06.2015: Auf dem letzten ver.di Bundeskongress wurden eine Reihe von Anträgen behandelt, die sich mit dem Thema Arbeitszeitverkürzung befasst haben. Darunter auch Anträge, die eine weitere Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 bzw. 30 Stunden gefordert haben.  In der auf dem Kongress angenommenen Arbeitszeitpolitischen Entschließung „Arbeitszeitverlängerung stoppen und die Tür für Arbeitszeitverkürzungen öffnen“ wurde formuliert: „Die Verkürzung der Arbeitszeit und deren humane Gestaltung sind zentrale tarif- und gesellschaftspolitische Handlungsfelder der ver.di. ver.di hält daran fest, Arbeitszeitverkürzungen mit vollem Lohnausgleich und Personalausgleich durchzusetzen. Sie sind ein wichtiger Beitrag, um Arbeit menschlicher zu machen und Arbeit gerecht zu verteilen, sie sind erforderlich, um Beschäftigung zu sichern und Arbeitslosigkeit abzubauen…. ver.di lehnt die arbeitszeitpolitische Rollback-Strategie der Arbeitgeber, die auf eine Verlängerung der Arbeitszeit, angefangen bei der Wochenarbeitszeit bis hin zur Lebensarbeitszeit, abzielt, entschieden ab. ver.di wird sich diesen Angriffen der Arbeitgeberseite betriebs- und tarifpolitisch entschieden entgegenstellen.“

Weiterlesen auf kommunisten.de

No Comments

Alexis Tsipras zum aktuellen Streit mit der Troika

Antikapitalismus

DIeser Tage erschien in der französischen Zeitung Le Monde ein Gastbeitrag vom griechischen Regierungschef Tsipras (Syriza), in dem er präzise Angaben zu den von seiner Regierung in die Verhandlungen eingebrachten Vorschlägen und zu den im Interesse einer Einigung von ihr zugestandenen Konzessionen macht und sich über die möglichen Strategien zur Bewältigung der Krise in Europa äußert. Die Seite www.kommunisten.de hat eine Übersetzung ins Netz gestellt, die ich nachfolgend (um die Anfangspassage gekürzt) hier widergebe:

Das Hauptziel der neuen griechischen Regierung in den letzten vier Monaten ist es, diesem fehlerhaften Kreislauf und dieser Unsicherheit ein Ende zu machen. Ein gegenseitig nützliches Abkommen, das realistische Ziele bezüglich der Überschüsse unter Wiedereinführung der Agenda für Entwicklung und Investitionen festlegt – eine definitive Lösung für die griechische Affäre – ist gegenwärtig notwendiger denn je. Darüber hinaus würde ein solches Abkommen das Ende der europäische Wirtschaftskrise markieren, die vor sieben Jahren ausgebrochen ist, indem dem Zyklus der Unsicherheit für die Euro-Zone ein Ende gemacht wird.

Heute ist Europa in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die einen starken Wiederaufschwung der griechischen und europäischen Wirtschaft auslösen und den Szenarien eines Grexit (Griechenland-Ausstieg) ein Ende machen würden. Diese Szenarien verhindern die langfristige Stabilisierung der europäischen Wirtschaft und sind imstande, jeden Augenblick das Vertrauen sowohl der Bürger wie der Investoren in unsere gemeinsame Währung zu erschüttern.

Manche behaupten jedoch, dass die griechische Seite nichts tue, um in dieser Richtung zu gehen, weil sie sich in den Verhandlungen mit Intransigenz und ohne Vorschläge präsentiere. Ist das wirklich der Fall?

Angesichts des kritischen und sogar historischen Augenblicks, den wir durchleben, nicht nur für die Zukunft Griechenlands, sondern auch für die Europas, möchte ich die Wahrheit wiederherstellen und in verantwortlicher Weise die europäische und internationale Öffentlichkeit über die Absichten und die wirklichen Standpunkte der neuen griechischen Regierung informieren.

Nach der Entscheidung der Eurogruppe vom 20. Februar hat unsere Regierung zahlreiche Reformvorschläge vorgelegt, die auf ein Abkommen abzielten, das die Respektierung des Urteils des griechischen Volkes und die der Regeln, die das Funktionieren der Eurozone regieren, miteinander verbindet.

Wir verpflichteten uns insbesondere, in den Jahren 2015 und 2016 weniger hohe Primärüberschüsse und dafür in den folgenden Jahren höhere zu erzielen, weil wir eine entsprechende Erhöhung der Wachstumsrate der griechischen Wirtschaft erwarteten.

Ein anderer wichtiger Vorschlag ist die Verpflichtung, die öffentlichen Einnahmen zu erhöhen auf dem Weg der Umverteilung der Lasten von den Bürgern mit mittlerem und schwachem Einkommen auf diejenigen, die hohe Einkommen haben und die sich bisher der Zahlung ihres Anteils zur Bewältigung der Krise entzogen haben, da sie in meinem Land geschützt waren sowohl von der politischen Elite als auch von der Troika, die „die Augen Schloss“.

Übrigens hat die neue Regierung vom ersten Tag an ihre Absichten und ihre Entschlossenheit gezeigt durch die Einführung einer gesetzgeberischen Maßnahme, um dem Betrug mit Dreiecks-Transaktionen zu begegnen, indem die Zoll- und Steuerkontrollen intensiviert wurden, um den Schmuggel und die Steuerflucht einzuschränken. Parallel dazu wurden zum ersten Mal seit vielen Jahren den Eigentümern der Medien vom griechischen Staat ihre Schulden aufgerechnet.

Die Veränderung des Kimas im Land ist klar. Es ist auch durch Tatsachen bewiesen, dass die Gerichte die Behandlung von Vorgängen beschleunigen, damit die Urteile bei mit Steuerflucht verbundenen Angelegenheiten in kürzeren Fristen gefällt werden. Die Oligarchen, die gewohnt waren, vom politischen System geschützt zu sein, haben allen Grund, ihren Schlaf zu verlieren.

Es gibt nicht nur die allgemeinen Orientierungen, es gibt auch die spezifischen Vorschläge, die wir bei den Diskussionen mit den Institutionen vorgelegt haben, die einen großen Teil der Distanz abgedeckt haben, die uns noch vor einigen Monaten trennte.

Genau gesagt, hat die griechische Seite akzeptiert, eine Reihe von institutionellen Reformen umzusetzen wie die Verstärkung der Unabhängigkeit der griechischen Statistik-Agentur (Elstat), das Eingreifen zur Beschleunigung der Verwaltung der Justiz sowie die Eingriffe in die Produktmärkte, um die Verzerrungen und Privilegien zu beseitigen.

Außerdem haben wir, obwohl wir dem von den Institutionen befürworteten Modell von Privatisierungen diametral entgegenstehen, weil es keine Entwicklungsperspektive bietet und nicht den Transfer von Ressourcen zugunsten der Realwirtschaft, sondern zugunsten der Verschuldung bewirkt – was keinesfalls lebensfähig ist -, es akzeptiert, mit einigen kleinen Änderungen das Programm der Privatisierungen fortzusetzen und so den Beweis unserer Absicht erbracht, zu einer Annäherung zu kommen.

Wir sind ebenfalls übereingekommen, eine große Reform der Mehrwertsteuer unter Vereinfachung des Systems und unter Verstärkung der Dimension der Umverteilung der Steuersätze zu verwirklichen, damit es gelingt, sowohl die Einziehungsrate wie die Einnahmen zu erhöhen.

Wir haben konkrete Vorschläge für Maßnahmen unterbreitet, die zu einer zusätzlichen Erhöhung der Einnahmen führen werden (außerordentliche Abgabe auf sehr hohe Gewinne, Steuer auf elektronische Wetten, Intensivierung der Kontrollen der großen Einleger-Betrüger, Maßnahmen zur Wiedereintreibung von zugunsten des Staates fällig werdenden Krediten, Sondersteuer auf Luxusgüter, Aufruf zu Angeboten für die Rundfunk/Fernseh-Konzessionen), die wie durch Zufall von der Troika (EU-Kommission, Europäische Zentralbank und IWF) fünf Jahre lang vergessen worden sind, usw.).

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die öffentlichen Einnahmen zu erhöhen und dabei zugleich zu vermeiden, zur Rezession beizutragen, da sie nicht die effektive Nachfrage verringern und keine neuen Belastungen für die schwachen und mittleren Einkommen durchsetzen.

Wir sind überein gekommen, eine große Reform des Systems der sozialen Sicherheit durchzuführen mit der Vereinigung der Sozialversicherungskassen und der Abschaffung von Verfügungen, die fälschlicherweise den Erhalt von vorgezogenen Renten genehmigten, womit auf diese Weise das reale Rentenalter erhöht wird.

Wir müssen die Tatsache berücksichtigen, dass die Verluste der Sozialversicherungskassen, die zum Problem ihrer Lebensfähigkeit auf mittlere Frist geführt haben, prinzipiell durch politische Entscheidungen verursacht sind, für die die Verantwortung sowohl die früheren griechischen Regierungen wie vor allem die Troika tragen (Verringerung der Reservefonds der Kassen um 25 Milliarden aufgrund des „Private sector involvement“ im Jahr 2012 und vor allem die sehr hohe Arbeitslosenrate, fast ausschließlich durch das extreme Sparzwangprogramm in Griechenland seit 2010 verursacht).

Schließlich haben wir, trotz unseres Engagements für die unverzügliche Wiederherstellung der europäischen Normen des Arbeitsrechts, die in den letzten fünf Jahren unter dem Vorwand der Wettbewerbsfähigkeit völlig zurückgenommen worden waren, akzeptiert. eine Reform des Arbeitsmarktes vorzunehmen, nach Konsultation des Internationalen Arbeitsbüros (ILO) und von ihm genehmigt.

Nicht mehr an den Renten rühren

Unter Berücksichtigung all dessen, was hier voransteht, kann man sich zu Recht fragen, warum die Vertreter der Institutionen darauf beharren zu sagen, dass Griechenland keine Vorschläge vorlege.

Warum weiter die Gewährung von liquiden Mitteln für die griechische Wirtschaft blockieren, obwohl Griechenland sehr wohl gezeigt hat, dass es seine Außenverpflichtungen respektieren will, durch die Zahlung von mehr als 17 Milliarden Euro an Kapital und Zinsen seit August 2014 (ungefähr 10 % seines BIP), ohne ausländische Finanzierung?

Was ist letztlich das Interesse derjenigen, die in die Presse durchsickern lassen, dass wir nicht nahe vor einer Vereinbarung stehen, während diese es doch ermöglichen würde, der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheit ein Ende zu machen, die auf europäischer und internationaler Ebene verspürt wird und sich wegen der griechischen Frage in die Länge zieht.

Die inoffizielle Antwort seitens einiger ist, dass wir nicht nahe bei einem Abkommen sind, weil die griechische Seite ihre Positionen zur Wiedereinführung von Tarifverträgen aufrechterhält und sich weigert, die Renten mehr zu kürzen.

Zu diesen Punkten muss ich einige Erläuterungen geben: was den ersten anbetrifft, ist es der Standpunkt Griechenlands, dass seine Arbeitsgesetzgebung den europäischen Normen entsprechen muss und die europäische Gesetzgebung nicht auf flagrante Weise verletzen kann. Wir verlangen nichts mehr als das, was in allen Ländern der Eurozone in Kraft ist. Mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, haben wir eine Erklärung in diesem Sinn abgegeben.

Was den zweiten Punkt angeht, den der Renten, ist die Haltung der griechischen Regierung begründet und logisch. Die wiederholte Kürzung der Renten in Griechenland während der Jahre des Memorandums beläuft sich auf 20 bis 48 %: gegenwärtig erhalten 44,5 % der Rentner eine Rente unterhalb der relativen Armutsgrenze, und nach den Daten von Eurostat leben 23,1 % der Rentner unter den Bedingungen des Armutsrisikos und der sozialen Ausgrenzung.

Diese Situation, die sich aus der Memorandumspolitik ergibt, ist weder für Griechenland noch für irgend ein anderes zivilisiertes Land tolerierbar.

Man muss also die Dinge so sagen, wie sie sind: wenn wir mit unseren Partnern noch nicht zu einer Vereinbarung gekommen sind, liegt das nicht an unserer Unnachgiebigkeit oder unverständlichen Positionen. Das dürfte eher so sein aufgrund der Besessenheit mancher Vertreter der Institutionen, die auf unvernünftigen Lösungen beharren und sich gleichgültig zeigen sowohl hinsichtlich des demokratischen Ergebnisses der jüngsten Parlamentswahlen in Griechenland wie hinsichtlich der Haltung von europäischen und internationalen Institutionen, die sich bereit erklären, Flexibilität an den Tag zu legen, um das Urteil der Urnen zu respektieren.

Warum diese Besessenheit? Eine einfache Erklärung wäre zu sagen, dass sie aus der Absicht gewisser Vertreter der Institutionen herrühren würde, das Scheitern ihres Programms zu verdecken und in gewisser Weise eine Bestätigung desselben zu erreichen. Man darf dabei übrigens nicht vergessen, dass der IWF vor einigen Jahren öffentlich anerkannt hat, sich über die zerstörerischen Auswirkungen der Griechenland aufgezwungenen Haushaltskürzungen geirrt zu haben.

Ich meine, dass diese Herangehensweise nicht genügt, um die Dinge zu erklären. Ich glaube nicht, dass die Zukunft Europas von dieser Besessenheit und von der Starrköpfigkeit einer Akteure abhängen könnte.

Die zwei entgegengesetzten Strategien Europas

Ich komme zu dem Schluss, dass die griechische Frage nicht ausschließlich Griechenland betrifft, sondern sich im Zentrum eines Konflikts zwischen zwei entgegengesetzten Strategien für die Zukunft der europäischen Integration befindet.

Die erste zielt auf die Vertiefung der europäischen Integration in einem Kontext von Gleichheit und Solidarität zwischen seinen Völkern und seinen Bürgern. Diejenigen, die diese Strategie unterstützen, gehen von der Tatsache aus, dass es unzulässig ist, die neue griechische Regierung zu zwingen, die gleiche Politik wie die vorhergehenden Kabinette durchzuführen, die darüber hinaus total gescheitert ist. Andernfalls wären wir verpflichtet, in allen Staaten, die einem Austeritätsprogramm unterworfen sind, die Wahlen abzuschaffen. Wir wären auch verpflichtet zu akzeptieren, dass die Premierminister und Regierungen von den europäischen und internationalen Institutionen aufgezwungen werden und die Bürger ihres Wahlrechts bis zum Abschluss des Programms beraubt wären. Sie sind sich bewusst, dass dies das Äquivalent für die Abschaffung der Demokratie in Europa und der Anfang eines unzulässigen Bruchs innerhalb der EU wäre. Schließlich würde all dies zur Geburt eines technokratischen Monsters und zur Entfernung Europas von seinen grundlegenden Werten führen.

Die zweite Strategie führt zum Bruch und zur Spaltung der Eurozone und damit der EU. Der erste Schritt in diese Richtung wäre die Bildung eine Eurozone mit zwei Geschwindigkeiten, wo der zentrale Kern die harten Spar- und Anpassungsregeln aufzwingen würde. Dieser zentrale Kern würde auch einen Super-Finanzminister für die Eurozone aufzwingen, der mit dem Recht, die nationalen Haushalte, selbst souveränen Staaten abzulehnen, über eine immense Macht verfügen würde, was mit den Doktrinen des extremen Neoliberalismus nicht konform wäre.

Für alle Länder, die sich weigern, dieser neuen Macht nachzugeben, wäre die Lösung einfach: obligatorische Anwendung des Sparzwangs und außerdem Einschränkungen des Kapitalverkehrs, disziplinarische Sanktionen, Geldstrafen und sogar die Schaffung einer Parallel-Währung zum Euro.

Auf diese Art versucht die neue europäische Macht sich aufzubauen. Griechenland ist das erste Opfer davon. Es wird bereits als das schlechte Beispiel präsentiert, dem die anderen ungehorsamen europäischen Staaten und Völker nicht folgen dürfen.

Aber das Grundproblem ist, dass diese zweite Strategie große Risiken in sich birgt, und diejenigen, die sie unterstützen, scheinen das nicht zu berücksichtigen. Diese zweite Strategie riskiert, der Anfang vom Ende zu sein, weil sie die Eurozone der Währungsunion in eine einfache Wechselkurszone verwandelt. Aber darüber hinaus leitet sie einen Prozess von wirtschaftlicher und politischer Ungewissheit ein, der auch die wirtschaftlichen und politischen Gleichgewichte in der Gesamtheit der westlichen Welt von Grund auf umgestalten könnte.

Heute steht Europa am Scheideweg. Nach bedeutenden Konzessionen der griechischen Regierung liegt die Entscheidung nicht mehr bei den Institutionen, die mit Ausnahme der Europäischen Kommission nicht gewählt sind und den Völkern keine Rechenschaft ablegen, sondern in den Händen der politischen Führer Europas.

Welche Strategie könnte gewinnen? Die eines Europa der Solidarität, der Gleichheit und der Demokratie oder die des Bruchs und schließlich der Spaltung?

Wenn manche meinen oder gern glauben wollen, dass die Entscheidung, die wir erwarten, nur Griechenland betreffe, irren sie sich. Ich verweise sie auf das Meisterwerk von Ernest Hemingway: „Wem die Stunde schlägt“

Quelle: Le Monde
Übersetzung: Georg Polikeit

 

No Comments

Kommunalwahlen in Sachsen: CDU bleibt führende Kraft

Wahlen

Was soll man zu Wahlen in Sachsen noch sagen? Selbst das in einigen Kreisen geprobte Bündnismodell, also das Aufstellen eines gemeinsamen Kandidaten von SPD, LINKE, Grüne und Piratenpartei gegen die herrschende CDU, brachte in den Wahlen zu den Landräten keinen größeren Erfolg. Alle Landkreise in Sachsen bleiben in schwarzer (CDU-)Hand.

Ergebnisse im Freistaat Sachsen nach Landkreisen

Landkreis Stimmenanteil in %
CDU DIE LINKE Wähler-
vereinigungen
SPD GRÜNE Einzel-
bewerb.
sonstige
  Erzgebirgskreis 58,7 19,0 x 10,3 4,7 x 7,4
  Mittelsachsen 65,7 34,3 x x x x x
  Vogtlandkreis 56,5 21,9 x x x 21,6 x
  Zwickau 60,8 28,0 x x x x 11,3
  Bautzen 72,4 x x x 27,6 x x
  Görlitz 73,0 27,0 x x x x x
  Meißen 60,2 x 39,8 x x x x
  Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 56,4 x 23,1 x x 9,9 10,6
  Leipzig 64,3 17,6 x 11,6 6,5 x x
  Nordsachsen 51,7 x 16,9 18,2 x x 13,2

Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen

 

Erfreulich nur die Ergebnisse der Bürgermeisterwaheln in den größeren Städten. In Dresden erlebte die CDU die gefühlt tausendste Schlappe in einer Großstadt: Nachdem sie 2008 im 1. Wahlgang noch 47,6 Prozent erhielt, waren es diesmal mit reaktionären, farblosen Innenminister Ulbig nur 15,4 %. Hier einige Ergebnisse im Überblick (Quelle: MDR):

Dresden:

  • Eva-Maria Stange (WV Gemeinsam für Dresden [SPD, Grüne, LINKE, Piraten]): 36,0%
  • Dirk Hilbert (WV Unabhängige Bürger f. Dresden): 31,7%
  • Markus Ulbig (CDU): 15,4%
  • Tatjana Festerling (Einzelbewerber): 9,6%
  • Stefan Vogel (AfD): 4,8%
  • Lars Stosch, Künstlername Lara Liqueur (Die Partei): 2,5%

Zwickau:

  • Pia Findeiß (SPD): 49,9%
  • Michael Luther (CDU): 27,6%
  • Sven Itzek (AfD): 13,3%
  • Thomas Gerisch (Freie Wähler): 5,2%
  • Jörg Ungethüm (FDP): 4,0%

Borna:

  • Simone Luedtke (Linke): 50,0%
  • Sebastian Stieler (BfB/CDU/FW): 34,6%
  • Sören Uhle (SPD): 10,7%
  • Torsten Reitter (AfD): 4,7%

Freiberg:

  • Sven Krüger (SPD): 41,7%
  • Holger Reuter (CDU): 33,2%
  • Andrea Gerlach (Einzelbewerber): 11,4%
  • Marcel Dönicke (Linke): 7,4%
  • Werner Helfen (FDP): 6,2%

Bautzen:

  • Alexander Ahrens (BBBz, Linke, SPD): 30,7%
  • Matthias Knaak (CDU): 27,5%
  • Mike Hauschild (Einzelbewerber): 17,3%
  • Andreas Hase (Einzelbewerber): 9,0%
  • Andreas Thronicker (Einzelbewerber): 4,5%

Die Wahlbeteiligung ist wie bei Kommunalwahlen leider schon die Normalität darstellend gering:

Wahlbeteiligung bei den Landratswahlen
Landkreis Zwickau 34,9%
Landkreis Görlitz 36,6%
Landkreis Erzgebirge 42,9%
Landkreis Meißen 36,8 %
Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 43,0 %
Landkreis Mittelsachsen 42,1 %
Vogtlandkreis 34,6 %
Landkreis Nordsachsen 34,8 %
Landkreis Bautzen 40,0 %
Landkreis Leipzig 39,6%

Siehe auch:

http://www.statistik.sachsen.de

MDR

No Comments

Türken wählen gegen AKP-Diktatur

Wahlen

Die Türken haben bei der am Sonntag abgehaltenen Parlamentswahl, die von schweren Terroranschlägen v. a. gegen die kurdisch-sozialistische Partei HDP überschattet wurde, gegen Terror und Diktatur von Präsident Erdogans AKP gestimmt. Die bislang mit absoluter Mehrheit regierende AKP (siehe Bericht zur Wahl 2011) wollte mit der Wahl eine Zweidrittelmehrheit erreichen, um ein Präsidialsystem mit unbenannt gebliebenen Sonderrechten des Präsidenten, der bislang hauptsächlich repräsentative Funktionen hat, einzuführen. Dies ist grandios gescheitert, durch den Einzug der HDP ins Parlament (trotz völlig undemokratischer Zehnprozenthürde!) verfehlte die AKP sogar die absolute Mehrheit. Wie sie jetzt eine Regierung zustande bekommt, ist noch unklar, mir erscheint eine Koalition mit der faschistischen MHP, die sich leider um über drei Prozent verbessern konnte, wahrscheinlicher als eine Koalition mit der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP, die knapp Stimmen verlor, oder der HDP.

Summary of the 7 June 2015 Grand National Assembly election results in Turkey
Party Vote Seats
Votes  % ±pp Elect. +/−
Justice and Development Party (AKP) 18,716,728 40.93 −8.90 256 −53
Republican People’s Party (CHP) 11,467,332 25.08 −0.90 132 +7
Nationalist Movement Party (MHP) 7,489,887 16.38 +3.37 82 +29
Peoples‘ Democratic Party (HDP) 5,990,349 13.10 +7.43 80 +50
Felicity Party (SP) 942,027 2.06 +0.79 0 ±0
Independents (BĞSZ) 362,478 0.79 −0.11 0 ±0
Patriotic Party (VP) 158,797 0.35 N/A 0 N/A
Independent Turkey Party (BTP) 95,399 0.21 N/A 0 N/A
Democratic Left Party (DSP) 88,255 0.19 −0.06 0 ±0
Democratic Party (DP) 75,195 0.16 −0.49 0 ±0
Social Reconciliation Reform and Development Party (TURK-P) 71,793 0.16 N/A 0 N/A
People’s Liberation Party (HKP) 60,237 0.13 N/A 0 N/A
Rights and Freedoms Party (HAK-PAR) 57,760 0.13 N/A 0 N/A
True Path Party (DYP) 28,320 0.06 −0.09 0 ±0
Anatolia Party (ANAPAR) 27,311 0.06 N/A 0 −1
Liberal Democratic Party (LDP) 27,167 0.06 +0.02 0 ±0
Centre Party (MEP) 20,636 0.05 N/A 0 −1
Nation Party (MP) 17,520 0.04 −0.10 0 ±0
Communist Party (KP) 13,667 0.03 N/A 0 N/A
Homeland Party (YURT-P) 9,253 0.02 N/A 0 N/A
Rights and Justice Party (HAP) 5,592 0.01 N/A 0 N/A
Total 46,286,239 100.00 550 ±0
Valid votes 44,959,805 97.13 −1.03
Invalid / blank votes 1,326,434 2.87 +1.03
Votes cast / turnout 46,286,239 83.06 +2.90
Abstentions 7,486,514 16.94 −2.90
Registered voters 53,772,753
Source: Anadolu Agency (99.94% counted.), Wikipedia

Presseschau:

Terror zu den Wahlen (Junge Welt)

Türkei: Linke HDP verhindert Erdogans absolute Mehrheit (Neues Deutschland)

AKP verliert absolute Mehrheit (tagesschau.de)

Manipulations-Verdacht bei Parlamentswahl in der Türkei (ebd.)

tagesspiegel.de

spiegel.de

Siehe auch: Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung

Dilek Zaptcioglu: Erdogan oder die Sprache des Islamismus (Blätter für deutsche und internationale Politik)

No Comments
« Older Posts