Wird Labour Party zur britischen Syriza?

Antikapitalismus, Parteien

In einer Urabstimmung aller Labour-Mitglieder und Parteisympathisanten, die drei Pfund zahlten, wurde der neue Parteichef von Labor bestimmt. Zur Überraschung der meisten bürgerlcihen Medien wurde der linke „Zählkandidat“ Jeremy Corbyn von einer überwältigenden Mehrheit (59,5 Prozent) gewählt. Corbyn profitierte besonders von den Stimmen der „registrierten Unterstützer“ von Labour, die ihn zu 83,76 Prozent wählten (genaues Ergebnis hier). Wie ist Corbyn politisch einzuschätzen – Parteirebell, Altlinker? Bezeichnend ist die Meinung vom baden-württembergischen SPD-Finanzminster Nils Schmid: Er nannte die Wahl Corbyns »schlechte Nachrichten« und »eine Flucht vor der Realität«. Die SPD ist also überhaupt nicht glücklich über diese Wahl, und das Etablishment von Labour um Tony Blair und seinen Anhängern, die bisher unumstritten das Sagen in der Partei hatten und diese in eine neoliberale, gewerkschaftsfeindliche Mitte-Partei verwandelt hatten, heult nun schon einige Tage. Die Bürgerliche Presse meint, dass die Konservativen sich bei der nächsten Wahl schon mal entspannt zurücklehnen könne, weil dieser Linksradikale angeblich nicht mehrheitsfähig ist. Schaut man sich seine Wahlergebnisse in seinem Wahlkreis Islington North an, dann kann man das auch anders sehen:

2015: 60,2 % (30,4), 2010: 54,5 % (29,0), 2005: 51,2 % (35,2), 2001: 61,9 % (40,7), 1997: 69,3% (43,2), erste Wahl 1983: 40,4 % (36,9) [in Klammern: jeweiliges landesweites Labourergebnis]. Corbyn konnte immer deutlich höhere Ergebnisse als seine Partei im Landesschnitt einfahren.

»Die Labour-Partei ist nun eine Bedrohung für unsere nationale Sicherheit, unsere wirtschaftliche Sicherheit und die Sicherheit Ihrer Familie«, verkündete laut jW der konservative Premierminister David Cameron schon am Sonntag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Das stimmt wohl nur für einen winzigen Teil der britischen Familien, nämlich für die reichsten 1 %, deren Vermögen Corbyn für seine politischen Ideen höher besteuern könnte. Im Morning Star konnte man lesen, dass seit der Wahl Corbyns schon 28.000 neue Mitglieder gezählt wurden. Und nur so kann der neoliberale alte Parteivorstand und sein Einfluss zurückgedrängt werden: Labour kann nur dann eine linkssozialistische Partei werden, wenn all diejenigen, die ihn in der Urabstimmung gewählt haben, in die Partei strömen und dort wichtige Ämter übernehmen und entsprechende Kandidaten in den Wahlkreisen aufstellen. Die Neoliberalen müssen zur Minderheitsströmung gemacht und die kämpferischen Gewerkschaften zu bestimmenden Akteuren in der Partei werden. Dann kann Labour für die vielen kleinen, links von Labour stehenden Gruppierungen [Kommunistischen Partei Britanniens (CPB), TUSC (Gewerkschaftliche und Sozialistische Koalition), Left Unity] eine wählbare Alternative werden.

Aber genau wie Syriza kann Labour unter Corbyn schnell wieder scheitern, wenn es nicht gelingt, die alte Blair-Gruppe aus der Partei herauszudrängen.

Siehe auch: Junge Welt, Neues Deutschland, Neues Deutschland II

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