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Über Griechenland, Grexit und Demokratie

Antikapitalismus, Wahlen

Die Griechen wählen am 25. Januar und schon begegnet uns ein Krisenherd, der in den Mainstream-Medien schon lange in den Tiefschlaf gefallen war: Die Euro-, besser gesagt die Banken- und Wirtschaftskrise in der EU. Da eine reelle Gefahr besteht, dass eine linkssozialistische Partei die Regierung übernehmen könnte, sehen die Spardikatoren der EU ihre mühsam durchgesetzte „Reformpolitik“ in Gefahr. Ja mehr noch, es droht der Euro-Austritt Griechenlands. Aber wie kommen die Austritts-Kassandras auf diesen Gedanken? Wegen Syriza müssten sie sich eigentlich keine großen Gedanken machen, betont Syriza-Spitzenmann Tsipras (leider) doch unablässig, dass er sein Land in der EU und der Eurozone belassen will. Gut, es gibt einen radikalen linken Parteiflügel, der einen klaren Bruch mit der EU anstrebt (siehe hier, erster Abs.), und das Ziel, eine Koalition mit der orthodox-marxistischen KKE (Kommunistische Partei) zu bilden. Doch Letzteres schließt die KKE konsquent aus, eben weil die Syriza-Mehrheit bisher keinen Bruch mit der EU will.

Doch egal, was die Griechische Linke nun politisch anstrebt – woher kommt die panische Hektik um einen möglichen Grexit (Ausstieg Griechenlands aus dem Euro)? Wieso bereitet uns bzw. der deutschen Politik so viele Sorgen, was die Griechen für eine Europapolitik betreiben? Ist Griechenland bzw. sein Volk nicht ein Souverän, der in demokratischer Manier seine Politik bestimmen kann und soll? Theoretisch sollte das so sein; die Griechen müssen völlig unabhängig von der Ansicht anderer Völker und Regierungen bestimmen, was sie für die richtige Politik halten. Wenn sie meinen, dass ihnen der Ausstieg aus dem Euro nutzt, um die elendige, asoziale Politik der vergangenen Jahre zu beenden, dann sollen sie Syriza, KKE oder sonstwen wählen. Die EU, Deutschland und niemand anders hat ein Recht, den Griechen irgendwelche Ratschläge oder sogar Vorschriften zu machen, auch nicht in Form von Angstmache.

Doch man hört erstaunlicherweise, dass die EU einen Euro-Ausstieg Griechenlands auf einaml ganz prima verkraften könnte. Jetzt haben wir ja Rettungsmechanismen, die einen Zusammenbruch der Eurozone bei einem Grexit auffangen können. Ich weiß wirklich nicht, ob für Griechenland ein Euro-Ausstieg besser wäre als das Behalten des Euro. Aber ich bin doch ziemlich sicher, dass so problemlos der Grexit für andere Euroländer (wie Spanien, Portugal, Zypern) nicht wäre. Der Großteil der griechischen Schulden liegt bei den öffentlichen Geldgebern (Zentralbank, ESM), also bei den anderen europäischen Steuerzahlern. Diese Schulden können wir zu fast 100 % abschreiben, wenn Griechenland aus dem Euro aussteigt. Nebenbei bemerkt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland seine Schulden jemals in größerem Umfang zurückzahlen kann, bei der derzeitigen Politik auch bei einem Behalten des Euros relativ unwahrscheinlich; Abschreibungen wird es so oder so geben. Jedenfalls werden früher oder später die anderen Euro-Staaten durch eine Griechenlandpleite ihre Schulden oder die Steurrn für die eigene Bevölkerung erhöhen müssen, um die desaströse, von Merkel betriebene Krisenpolitik auszubaden.

Wir sollten uns aus dem griechischen Wahlkampf strikt heraushalten. Und keine Angst haben, dass dort Sozialisten und Kommunisten die Staatsmacht übernehmen. Denn mir scheint, dass die Chance, dass die Griechen die ihnen gegebenen Kredite zurückzahlen können, wesentlich höher ist, wenn die von Konservativen und Neoliberalen verordnete Austeritätspolitik durch linke Politiker beendet wird. Eine Mehrheit für Syriza ist auch noch gar nicht sicher, da sie Koalitionen mit der Pasok und auch mit der Pasok-Abspaltung von Papandreou ausgeschlossen hat und eine Koalition mit der KKE nicht gelingen wird. Und für eine absolute Mehrheit wird es sehr knapp.

 

Zur Wahl in Griechenland siehe auch:

Junge Welt: 06.01., 05.01., 02.01. und 31.12.

Aktuelle Umfrageergebnisse (Wikipedia)

Kalimera! Griechenland und Europa (kommunisten.de)

Warum wir die griechische Linke jetzt unterstützen sollten (ebd.):

  1. „[…]Weil eine politische Wende notwendig ist: In den letzten Jahren haben die ND/PASOK- Regierung und die Troika Griechenland verwüstet: 25% Rezession, 27% Arbeitslose, Zerstörung von Sozialstaat und Arbeitsrechten, gestiegene Staatsschulden. SYRIZA tritt fundamental gegen diese Verarmungspolitik auf. Ihr Programm umfasst öffentliche Investitionen, die Stärkung sozialer Rechte, den Kampf gegen Steuerbetrug und Schuldenschnitte.
  2. Weil ein Regierungswechsel realistisch ist: Das griechische Wahlrecht ist stark mehrheitsfördernd. Die stärkste Partei erhält einen Bonus von 50 Mandaten. Je nach Wahlergebnis reichen daher 35 bis 40% der Stimmen für eine absolute Mehrheit im Parlament. Aktuelle Umfragen geben SYRIZA über 35%.
  3. Weil SYRIZA anders ist als typische Parteien: SYRIZA ist keine Partei, in der ein kleiner Zirkel alle Entscheidungen trifft und PR-Berater_innen mehr Einfluss haben als politische Grundsätze. Innerer Pluralismus und die Verbindung zu sozialen Bewegungen gehören zum Selbstverständnis der Partei, die selbst als Bündnis linker Gruppen und Kleinparteien gegründet wurde. Viele Mitglieder sind zugleich in den Anti-Austeritäts-Protesten, Solidaritätsinitiativen oder anderswo aktiv. SYRIZA betrachtet die Bewegungen als gleichberechtigte Partnerinnen im politischen Kampf. Das zeigt sich etwa bei der Plattform Solidarity4All: Finanziert aus Beiträgen der SYRIZA- Abgeordneten, unterstützt die Plattform Initiativen wie Solidaritätskliniken, Gemeinschaftsgärten oder soziale Zentren, ohne sich einzumischen. Im Verständnis von SYRIZA ist der Staat nur eine von vielen Ebenen politischer Kämpfe: Nur ein kleiner Teil der notwendigen gesellschaftlichen Veränderung kann durch eine Regierung erreicht werden.
  4. Weil eine SYRIZA-Regierung auch unsere Spielräume vergrößert: Eine SYRIZA-Regierung wäre die erste der EU, die offen gegen die Krisenpolitik von Sozialabbau und Bankenrettungen eintritt. Sie wird sich in den EU-Institutionen, etwa im Europäischen Rat, gegen diesen Kurs einsetzen. Das Mindeste, das dieser Widerstand erreichen wird, ist eine breite öffentliche Debatte. Das vergrößert den Spielraum von Bewegungen sowie kritischer Kräfte in Parteien und Gewerkschaften in anderen Staaten. Eine SYRIZA-Regierung in Griechenland ist heute unsere beste Chance, eine Änderung der Krisen- und Wirtschaftspolitik in Europa zu erreichen.
  5. Weil die griechischen Wahlen strategisch entscheidend sind: Der Kampf gegen die Austeritätspolitik wird von vielen Akteur_innen auf vielen Ebenen geführt. Eine zentrale Ebene wird in den nächsten Monaten der Konflikt um die Regierungsmacht in Griechenland sein. Auch wenn wir sonst eher auf den Straßen, in den Betrieben oder anderen Bereichen aktiv sind, ist es strategisch sinnvoll, die griechische Linke in diesem sich zuspitzenden Kampf um den Staat zu unterstützen. Solidarität bedeutet schließlich nicht blinde Gefolgschaft, sondern das Handeln aus der Überzeugung, dass die griechischen Kämpfe auch unsere Kämpfe sind.
  6. Weil unsere Unterstützung gebraucht wird: Gerade weil SYRIZA für eine neue Politik steht, werden sie von außen massiv bekämpft. Wie bei den Wahlen 2012 werden EU-Institutionen, Regierungen, Medien und neoliberale Think Tanks mit Propaganda und Erpressung versuchen, einen SYRIZA-Sieg zu verhindern bzw. eine linke Regierung zu Fall zu bringen. Viele dieser Kämpfe muss die griechische Linke selbst führen. Doch dem Druck aus unseren Ländern begegnen wir am besten hier. Die Wende in Griechenland kann nur mit Unterstützung von außen gelingen.“
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Wir feiern Griechenland – drehen sie jetzt völlig durch?

Antikapitalismus

Ein völlig irrationales Schauspiel hat sich in der abgelaufenen Woche im Bundestag und den bürgerlichen Presseorganen abgespielt. Die gleichen (v. a. CDU-) Politiker, die sich in unserem deutschen Ländle für den bald in Reichweite befindlichen ausgeglichenen Bundeshaushalt feiern und deren ganzes Wahlprogramm nur noch aus Haushaltskonsolidierung besteht (abgesehen von so populären Ideen wie Pkw-Maut, Betreuungsgeld und das unvermeidliche Wachstum um jeden Preis), diese Politiker freuen sich wie Bolle über die Rückkehr Griechenlands an die berühmten, anonymen Märkte. Es wird also überall (auch in der EU) gefeiert, dass das größte Sorgenkind der neoliberalen, unsozialen und antidemokratischen EU Staatsanleihen i. H. von etwa drei Mrd. Euro zu einem relativ (!) bezahlbaren Zinssatz von 5 % an die Couponschneider von London City oder Wall Street verkauft hat. Juuuchhuu, die Märkte haben wieder Vertrauen – ja in was eigentlich?

Griechenlands Wirtschaft ist bei realem Lichte betrachtet weiter in desolater, schlechtest möglicher Lage: Seit 2010 hat die Wirtschaftskraft um 25 % abgenommen, die geschönte Arbeitslosigkeit liegt bei über 28 %, die Jugend-Arbeitslosigkeit bei fast 60 %, die Staatsverschuldung bei offiziell über 180 % des BIP. Die Wachstumserwartungen für dieses Jahr zeigen auch keinen rosigen Aufschwung an: 0,6 % (auch hier dank eines neuen statistischen Modells der EU-Statistiker; siehe alle Zahlen R. Rupp: „Noch ein Wunder“). Noch immer ist also völlig unklar, wie Griechenland seine Schulden (über 300 Mrd. Euro), für die es allein 2014 27,28 Mrd. Euro Zinsen zahlen muss, mit einer solchen am Boden liegenden Volkswirtschaft zurückzahlen soll.

Nach der Logik, die in deutschen Wahlkämpfen zählt, wäre es ein Erfolg, wenn Griechenland überhaupt keine neuen Staatsanleihen am Markt (oder beim ESM) platzieren müsste. Diese Logik ist aber nur die halbe Wahrheit (denn unser dank des Etatgottes Schäuble erschaffener ausgeglichener Haushalt basiert ja auch nur auf Plünderung der Sozialversicherungen, Kürzung von Sozialleistungen und überproportionaler Besteuerung der Unter- und Mittelklasse); wirklich erfolgreich wäre die griechische Politik, wenn sie Arbeitsplätze für ihre derzeit perspektivlose Jugend schaffen würde, wenn endlich die vermögenden Reederfamilien und andere Großverdiener beim Steuereintreiben ernsthaft beteiligen und das in die Schweiz verbrachte Vermögen dieser Familien zurückholen würden. Die Wirtschaft Griechenlands kann nur dann wieder in Fahrt kommen, wenn die Troika-Diktate zurückgenommen, wenn die drastischen Mehrwertsteuererhöhungen wieder abgeschafft und die Sozialleistungen (zwecks Konsumankurbelung und Befriedigung der alltäglichen Bedürfnisse der Griechen, die sich kaum noch den Arztbesuch leisten können) wieder auf das Vorkrisenniveau angehoben werden.

Dass sich die Finanzkapitalisten auf die griechischen Staatsanleihen stürzen, hat v. a. zwei Gründe: 1. Sie können sicher sein, dass die ihnen absolut hörigen Politiker der EU die Schulden Griechenlands politisch absichern (ESM), 2. Wo bekommen sie sonst so sichere 5 % Rendite? Und für Merkel bietet sich – zufällig stattet sie just vor der erfolgreichen Anleihenauktion Athen einen Besuch ab – kurz vor den Europawahlen wieder die Gelegenheit, einen ihrer vielen Pseudo-Erfolge bei der Bewältigung der „Eurokrise“ zu verkaufen. In Wahrheit hat sie es seit sieben Jahren nicht geschafft, die „Eurokrise“ nachhaltig zu lösen – im Gegenteil hat sie die Krise mit ihren neoliberalen Hilfspaketen nachhaltig verlängert, weil sich so der letzte Rest von sozialdemokratisch-keynesianischem Wohlfahrtsstaat abbauen lässt (weil „wir“ ja über unseren Verhältnissen gelebt haben). Nachhaltig die Krise lösen, hieße mindestens strengste Banken- und Finanzmarktregulierung (inkl. Finanztransaktionssteuer), aber besser noch Verstaatlichung sämtlicher angeschlagener Bankinstitute und Übergang zum sozialistischen Gesellschaftssystem. Aber Letzteres hat die ehem. FDJ-Sekretärin für Propaganda nach 30 Jahren Teilnahme am bürgerlich-kapitalistischem Herrschaftssystem sicherlich verlernt.

Siehe auch:

Zockerbremse gelöst“ (Junge Welt)

Preisabfrage gefällig?“ (Freitag); Zitat dort: „Als Griechenland im Frühjahr 2010 vom internationalen Kapitalmarkt verschwand, lag sein Gesamtschuldenstand noch bei 120 Prozent des BIP. Ausgrechnet jetzt – bei um mehr als 50 Prozent gewachsenen Verbindlichkeiten – gelingt die Rückkehr. Was heißt das? Ganz einfach, ein Land ist nicht erledigt oder pleite, wenn es an seinen Schulden erstickt, sondern wenn es keine Kredite mehr bekommt. Und wann werden die verweigert? Immer dann, wenn kein Vertrauen besteht, dass sie auch zurückgezahlt werden. Das bedeutet in der Konsequenz, wäre Griechenland schon vor vier Jahren von den kollektiven Haftungsgarantien der Euro-Gemeinschaft aufgefangen worden, die es heute gibt, wäre dieser akute Krisenfall nicht einfacher, aber für alle Beteiligten sehr viel billiger geworden. Schuld daran, dass es anders kam, trägt vor allem Kanzlerin Merkel. Deren Zögern im April 2010 – u.a. mit Rücksicht auf Landtagswahlen in NRW – war ein Fehler, der zu einer Katastrophe hätte führen können. Und in gewisser Weise auch geführt hat, nimmt man den Verlust an sozialen Standard in der griechischen Gesellschaft.“

Und zur Nähe der amtierenden Regierungspartei Nea Dimokratia (in europ. CDU-Parteienfamilie EVP Mitglied) zu Faschisten siehe hier: http://www.nachdenkseiten.de/?p=21376

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Die Krise hält an: Aufschwung der Linken?

Parteien

Die gegenwärtige Krise des Kapitalismus – es ist (nach Ditfurth) eine ganz gewöhnliche Überakkumulationskrise, keine Euro-, Banken- oder gar Staatsschuldenkrise – hat ja bislang zu keinen besonders nennenswerten politischen Erfolgen oder, harmloser gesagt, Landgewinnen der antikapitalistischen Linken auf der politischen Landkarte geführt. Doch es gibt ermutigende Lebenszeichen.

Da konnte man in der Jungen Welt lesen, dass bei einer Nachwahl in der Labour-Hochburg Bradford West George Galloway von der Respect Party mit einem klaren Programm gegen den extremen Sozialabbau und die Kriegseinsätze den Sitz, der seit 38 Jahren sicher für Labour war, gewinnen konnte. Die Respect Party spaltete sich aus Protest gegen die britische Beteiligung am Irakkrieg unter Premier Tony Blair von der Labour Party ab und wurde im Januar 2004 offiziell gegründet. Der Parteiname steht für (übersetzt) Respekt, Gleichheit, Sozialismus, Frieden, Umweltschutz, Gemeinschaft und Gewerkschaftsbewegung. Galloway saß bereits von 2005 bis 2010 im Unterhaus, sonst hatte die Partei bislang keine großen Erfolge. Sie profitiert nun von der extrem großen Unbeliebtheit der etablierten Parteien: „Bei der Frage »Glauben Sie, daß dieser Politiker einen schlechten Job macht?« stimmten in einer vom Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführten Erhebung 72 Prozent für Ed Miliband, 65 Prozent für Nick Clegg und 53 Prozent für David Cameron. Solche schlechten Ergebnisse für alle führenden Politiker hat es in der britischen Geschichte noch nie gegeben.“ (Junge Welt, 10.04.) Ein weiteres Indiz für einen Linksschwenk in UK: Bei der walisischen Regionalpartei Plaid Cymru wurde eine erklärte sozialistische Gewerkschafterin zur Parteichefin gewählt. Bei der Bürgermeisterwahl in Liverpool kandidiert Tony Mulhearn von der Trade Unionist and Socialist Coalition (TUSC); ihm wird ein Überraschungserfolg zugetraut.

In Irland musste in Folge der Krise am 25.2.2011 das Parlament (Dáil Éireann) neugewählt werden. Hier gab es klare Gewinne der Linksparteien Sinn Féin (+ 10 Sitze), United Left Alliance (+ 5 Sitze) und Socialist Party (+ 2 Sitze). Bei den Parlamentswahlen in Spanien im November 2011 konnte die Vereinigte Linke 7 Prozent der Stimmen (+2,9 Prozent, neun Sitze mehr) erringen, das baskische Linksbündnis Amaiur auf Anhieb sieben von 23 möglichen  Sitzen (davon sechs von 18 im Baskenland) gewinnen. Für die Wahlen in Griechenland gibt es aus linker Sicht ebenfalls Grund zu Optimismus: Die Regierungsparteien Nea Democratica (18,2 Prozent) und PASOK (14,2 Prozent) verlieren in Umfragen heftig; die Kommunisten (KKE) liegen bei 8,0 Prozent (letzte Wahl: 7,5), der linkssozialistische SYRIZA bei 6,2 (4,6), die von der PASOK abgespaltene Demokratische Linke bei 5,9 Prozent. Das (traditionelle) Problem ist hierbei, dass sich die Linksparteien nicht einig sind und tendenziell auch gegeneinander kämpfen, statt ein gemeinsames Bündnis gegen das kapitalistische EU-Verelendungsprogramm zu schmieden.

Auch in Deutschland tun sich allmählich Dinge, die als vorsichtiger Beginn der Organisation eines linken, antikapitalistischen Bündnisses zu betrachten sind: M31. Dieses Bündnis, bei dem aus Deutschland u. a. die Ökologische Linke (J. Ditfurth), die FAU und das Krisenbündnis ffm mitmachen, organisierte am 31. März einen „Europäischer Aktionstag gegen den Kapitalismus“ in Frankfurt/Main. Auch hier fehlen natürlich zentrale linke Akteure wie die LINKE, DKP, attac etc. Es ist beinahe unbegreiflich, warum das Gegeneinander der LINKEN in Teilen des linken Spektrums höher gewichtet wird als der gemeinsame Kampf gegen die Diktatur des Kapitals. Das ist zwar ein neues Thema; aber da sollten sich einige Leute schon mal fragen, was sie mit ihrem eigenen (kleinen) antikapitalistischen Kampf erreichen wollen, wenn sie potenzielle Bündnispartner nicht einschließen wollen; sei es, weil es opportune Reformisten, dogmatische Marxisten/Stalinisten/Maoisten/Trotzkisten sein sollen oder utopische Anarchisten/Ökospinner und was weiß ich, was man sich unter der Hand alles so in vorgeblich linken Kreisen vorwirft.

 

Update (16.04.):

Nicht zu vergessen sind die aktuellen Umfragen aus Frankreich, wo diese Woche die Präsidentschaftswahlen beginnen. Hier liegt der Kandidat der Sozialisten François Hollande, der nicht wenigen deutschen Sozialdemokraten zu links erscheint, mit 27 bis 30 Prozent knapp vor dem gaullistischen Amtsinhaber Sarkozy (26 bis 27 Prozent). Auf Platz hat sich mittlerweile der Kandidat des Linksbündnisses (besteht aus frz. Linkspartei [Parti de gauche], der Kommunistischen Partei (Parti communiste français), und der kleineren „Einheitlichen Linken“ [Gauche Unitaire]), Jean-Luc Mélenchon, mit 13 bis 17 Prozent vorgekämpft. Die Linksfront ist laut Junger Welt auch stärker in den Medienfokus geraten. Ebenfalls im zweistelligen Prozentbereich liegen die rechtsextreme Marie Le Pen (Front National) mit 15 bis 16 Prozent und der zentristische François Bayrou (Mouvement démocrate) mit 9 bis 11 Prozent. (Siehe: http://en.wikipedia.org/wiki/Opinion_polling_for_the_French_presidential_election,_2012)

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Rede des Tages – Gregor Gysi

Was sonst noch in der Welt passiert

Keiner bringt es wieder einmal so auf den Punkt wie der unverwüstliche Gregor Gysi: Der Euro-Fiskalpakt bringt nichts (außer weitere Verarmungsprogramme für die Mehrheit der europ. Bevölkerung), lässt Krisenverursacher (Banken, Hedgefonds & Co.) außen vor und könnte sogar verfassungswidrig sein. Seht und hört selbst:

http://www.youtube.com/watch?v=iuRvp0ctvek

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Zwei Video-Tipps

Was sonst noch in der Welt passiert

Nicht jede Bundestagsrede ist es wert, sie anzusehen. Folgende Rede sei aber doch allen vernunftbegabten Wesen empfohlen: Die Rede Sahra Wagenknechts wurde im Rahmen der Bundestagsdebatte zum „Zweiten Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz)“ (Drucksache 17/8343, 17/8487) gehalten. Sie beginnt mit der richtigen Feststellung von Franklin D. Rossevelt: „Vom organisierten Geld regiert zu werden, ist genauso schlimm, wie vom organisierten Verbrechen regiert zu werden.“ Wagenknecht weist eindrucksvoll nach, dass trotz aller Beteuerung seit Ausbruch der weltweiten Finanzmarktkrise keine entschlossenen Regulierungen wie das Verbot bestimmter Produkte (Derivate,CDS-Verbriefungen etc.), die keinen gesellschaftlichen Nutzen haben, vorgenommen wurden. Deutsche Bank und Commerzbank wurden mit verschiedenen Maßnahmen, die auch Geld des Steuerzahlers gekostet haben, gerettet, aber die kapitalfreundliche Regierung Merkel (und auch die SPD und Grüne) sind alles andere als eifrig, diese Kosten bei den Banken wieder einzutreiben. Nach dem Motto: Fördern und Fordern bei Arbeitslosen (was in der Praxis meist auf Fordern und Drangsalieren hinausläuft), Fördern und Vergessen bei Banken.

Ein weiteres Problem der Arbeitslosenversicherung bzw. Hartz IV ist hier zu sehen. Wozu gibt es eine Arbeitslosenversicherung, wenn jeder vierte Arbeitslose keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung (nämlich Arbeitslosengeld I) hat, sondern gleich auf die Minimalabsicherung nach Hartz IV-Gesetzen (Arbeitslosengeld II) angewiesen ist? Hauptbetroffene sind Geringverdiener und befristet Beschäftigte, z.B. Leiharbeiter. Über solche Probleme können Banker und Fondsmanager natürlich nur lachen.

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Neue Hoffnung für Italien??

Was sonst noch in der Welt passiert

Berlusconi ist nun doch zurückgetreten und noch am selben Abend konnten wir große Partys der Berlusconi-Gegner mit Freudengesängen und Champagner sehen. Doch gibt es wirklich Grund zum Jubeln? Zwar ist es wirklich erfreulich, dass diese Karikatur von Ministerpräsident, der nur wegen seines volksverdummenden Medienimperiums und für sich selbst maßgeschneiderten Amnestiegesetzen (und der Inthronisierung durch die Geheimloge P2?) solange regieren konnte, wohl in den endgültigen Ruhestand versetzt wurde. Bittere Ironie, dass ausgerechnet das Finanzkapital den letzten Todesstoß für diesen Freund des Kapitals setzte.

Nun soll es eine Technokratenregierung, sprich eine Regierung ohne Politiker und mit viel „Sachverstand“ unter Leitung des ehemaligen EU-Kommissars Monti richten. Und damit ist eigentlich schon gesagt, wie es weitergeht: unverändert. Der EU-Kommissar a. D. wird genau wissen, was von Italien jetzt erwartet wird: Das radikale Sparprogramm, das Berlusconi ja ebenso vorantreiben wollte, dabei allerdings die politische Durchsetzungsfähigkeit hat vermissen lassen, muss nun umgesetzt werden. Wer gegen Berlusconi demonstrierte, darf jetzt nicht beruhigt nach Hause gehen, denn es verändern sich nur die handelnden Akteure, nicht der politische Inhalt:

„Mario Monti hat einen Tag nach seiner Vereidigung als italienischer Ministerpräsident einen harten Sparkurs angekündigt. […] In den kommenden Wochen werde die Notwendigkeit weiterer Sparpakete geprüft, um 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können […]In seiner Antrittsrede stellte Monti eine Steuer-, Renten- und Arbeitsmarktreform in Aussicht. Ziel seiner aus Fachleuten bestehenden Regierung sei es unter anderem, die Lohnsteuern zu senken und zur Gegenfinanzierung die Verbrauchssteuern zu erhöhen.“ (Süddeutsche Zeitung)

Einige tausend Italiener haben ihren Unmut über die unveränderte Politik bereits Luft gemacht, zu befürchten ist, dass sie nun eine Minderheit bleiben. Die Regierung des Wirtschaftswissenschaftlers kann sich auf die oppositionelle, pseudolinke Demokratische Partei, die Partei des Berlusconi-Abtrünnigen (und Postfaschisten) Finis FeL, die christdemokratische UDC, die Allianz für Italien, Teile der PdL sowie (leider) die Linkspartei Umwelt und Freiheit (SEL). Dadurch ist Monti eine breite Mehrheit theoretisch gewiss, einzig die Lega Nord und die nicht im Parlament vertretenen kommunistischen Parteien bilden an den politischen Rändern nun eine klare Opposition. Bei Berlusconis PdL muss man sehen, wie weit sie die neue alte Politik tragen will. Die Kommunisten fordern sofortige Neuwahlen, „damit der Berlusconismus, der unser Land zwei Jahrzehnte lang geprägt hat, wirklich beendet wird.“

 

http://www.jungewelt.de/2011/11-17/058.php

http://www.jungewelt.de/2011/11-15/029.php

http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/italien-monti-kuendigt-harten-sparkurs-an_aid_685517.html

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Empört euch!

Was sonst noch in der Welt passiert

Wir leben gerade in sehr politisierten Verhältnissen. Manches Ereignis erfreut einen, z. B. dass der sozialistische Ministerpräsident und sein unsoziales Sparpaket gescheitert sind, manche Dinge empören. Ich nehme mir Stephane Hessels Buch zu Herzen und liste mal auf, was mich persönlich gerade empört:

 

1. Die Panikmache der hiesigen Mainstreammedien wegen des Reaktorunglücks in Japan, inkl. der täglichen Brennpunkte in der ARD, die auch nichts anderes berichten als das, was den ganzen Tag schon gebracht wurde.

2. Die plötzliche und deshalb unglaubwürdige 180-Grad-Kehrtwende von CDU und FDP in der Atomenergiepolitik, um bei den Wahlen noch ein paar Stimmen für sich zu retten. Warum wird nicht einfach mal ausgerechnet, wie viel Stromüberschuss wir produzieren und wie viel Atomkraftwerke entsprechend sofort und dauerhaft abgeschaltet werden können? Das Moratorium ist eine reine Nebelkerze!

3. Der vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Krieg gegen Lybien und die verschrobene Berichterstattung über angebliche Greueltaten von Gaddafi regen mich auf! Seit wann darf sich die UN in die inneren Angelegenheiten von souveränen Staaten einmischen (vielleicht sollte man mal wieder in die UN-Charta schauen)? In Lybien findet ein Bürgerkrieg zwischen Regierung und Opposition statt. Wer von beiden da demokratischer ist, ist ja wohl noch nicht klar – hat sich schon mal irgendjemand mit den Leuten der Opposition und ihren politischen Vorstellungen beschäftigt?? Ich höre dauernd, wie schlimm Gaddafi ist (der in der Tat etwas durchgeknallt ist), aber welche konkreten politischen Pläne verfolgt die Opposition? Wie homogen ist die Opposition, droht Lybien ein Staatszerfall a la Jugoslawien??

Krieg war nie Mittel zur zufriedenstellenden Lösung politischer Konflikte, siehe Irak, siehe Afghanistan, siehe Jugoslawien. Wo geht es den Menschen denn besser als vor den Kriegen?

 

4. Unsere Euro-Krise wird einfach nicht gelöst! Ein Land nach dem anderen gerät in existenzielle Schwierigkeiten beim Bezahlen (nicht Abtragen!) der Schulden. Was wird als Lösung gepriesen? Lohnkürzungen, höheres Renteneintrittsalter, Mehrwertsteur rauf, radikale Staatsausgabensenkungen, Sozialleistungen kürzen etc. Das ist ein Kreuz- und Raubzug der Neoliberalen, der Kapitalisten und anderen Reaktionären! Die verschuldeten Staaten brauchen jetzt günstige Kredite zur Haushaltssanierung verbunden mit europaweiten Steuererhöhungen für Vermögende, für Finanztransaktionen und eventuell auch Schuldenerlässe – alles andere ist unsozial und vernichtet die Lebenschancen vieler Millionen Bürger in der EU.

5. In Ungarn wehrt man sich mit Händen und Füßen, um das neue Pressezensurgesetz zu erhalten; in Italien treibt Berlusconi wie eh und jeh seine Spielchen mit der Justiz, die jedem demokratischen Rechtsstaat spotten. Die Faschisten sind auf dem Vormarsch in Ost- und Süd-, in Nord- und Westeuropa. Noch sind sie nicht überall (direkt) an der Macht – doch wer hält sie auf? Von wehrhafter Demokratie – keine Spur! Die NPD, Jobbik (Ungarn), Front National, SS-Veteranen-Aufmarsch in Lettland – alles rassitische, antidemokratische Organisationen, die niemand verbietet und die man gewähren lässt.

 

6. Die SPD in Sachsen-Anhalt liefert mal wieder ein Trauerspiel. Warum schreiben die überhaupt noch ein eigenes Wahlprogramm? Sie können doch gleich eine Wahlkoalition mit der CDU bilden und ein gemeinsames Weiterregieren-Programm schreiben. Und zur CDU mal so viel: während die SPD noch Inhalte vertreten will, hat die CDU gar keine. Seit den Wahlen hört man nichts, was die CDU als politische Projekte vorantreiben will; Motto: nach inhaltslosem Kuschelwahlkampf kommen inhaltsleere Koalitionsgespräche.

 

Das war’s erst einmal. Wer auch einfach mal Luft ablassen will, darf sich gerne im Kommentar äußern. Dann kann man um so befreiter wieder sachlich-nüchtern denken.

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Irlands Parteiensystem kommt in Bewegung

Parteien

Die schwere Wirtschafts- und Bankenkrise in Irland lässt das traditionelle Parteiensystem erodieren. Der bisherige Koalitionspartner der Fianna Fáil, die irischen Grünen, machen Druck und wollen zügige Neuwahlen. Premier Cowen von der Fianna Fáil will aber erst den Haushalt 2011 verabschieden, weil das die Bedingung von EU und IWF ist, damit die EU-Hilfen aus dem Rettungsfonds fließen können.

Wie in der MZ berichtet (siehe unten) hat die langjährige Regierungspartei Fianna Fáil eine katastrophale Wahl zu fürchten. Profitieren könnten die bislang eher marginale Labour Party. Die Besonderheit im irischen Parteiensystem ist, dass sich bislang keine Rechts-Links-Einstufung der beiden größten Parteien vornehmen lässt. Sowohl Fianna Fáil als auch Fine Gael verstehen sich als Volksparteien, die die gesamte Gesellschaft repräsentieren wollen.

http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1290495188830&calledPageId=987490165154

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Bemerkung zur Griechenland-Krise

Was sonst noch in der Welt passiert

Sind wir ein einiges Europa? Oder ist die EU doch nur ein Bund von egoistischen Staats- und/oder Kapital-Interessen? Meine Meinung ist, dass Griechenland unsere Hilfe braucht und auch einen (zumindest moralischen) Anspruch darauf hat. Natürlich wurden in Griechenland jahrelang die Statistiken gefälscht und man lebte auch etwas über seinen Verhältnissen. Aber ist das ein Argument gegen die Griechenland-Hilfe? Man hätte beim Beitritt Griechenlands in Währungsunion auch etwas genauer in die Bilanzen schauen können.

Außerdem: diejenigen, die gegen die Kredite aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten sind, wollen wohl unseren Großbanken schaden? Das wäre ja mal was Neues, Deutsche Bank und Co. haben ja auch zig Milliarden in griechische Staatsanleihen investiert und würden ohne die aktuellen Kredithilfen mächtig ins Minus rutschen. Wäre das denn besser? Außerdem bei einer richtigen Staatspleite von Griechenland – was würde aus dem bisher stabilen Euro werden? Das sollte bei billigen Anti-Griechenland-Polemiken a la BILD auch mal überdacht werden.

Ich fordere ein Ende der großen Griechenland-Schelte und ein konstruktives, solidarisches Helfen! Sonst können wir unsere EU auch gleich auflösen und jeder macht wieder sein eigenes Ding…

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