Mittlerweile sind die Medien- und Kommunikationswissenschaften vorerst gerettet, dafür wird das Uniklinikum durch tiefrote Zahlen und fragwürdigen Finanzgutachten wieder in Unruhe versetzt. Genug Themen für die letzen beiden Senatssitzungen, über die sich hier (9. April) und hier (14. Mai) informiert werden. Zur letzen Sitzung vom 14. Mai ist zu lesen:
„Wegen der Hochschulwahlen fand die Senatssitzung am 14. Mai am Von-Seckendorff-Platz statt. Auch diese Sitzung wurde interessiert von einer großen Öffentlichkeit verfolgt. Nach Klärung einiger Formalien stand zu Beginn die aktuelle Situation der Universitätsmedizin Halle auf der Tagesordnung.
Der Senator Bertolt Marquardt brachte den Antrag ergänzend zur vorliegenden Tagesordnung ein. Wegen der in der Medizin stattfindenden Personalversammlung (Beginn: 15:00 Uhr UKH) wurde der TOP zuerst behandelt.
Dekan Prof. Dr. Michael Gekle legte dazu die Situation dar und berichtete zum Statusbericht, der von Klaus Teichert im Auftrag des Finanzministers vorgelegt wurde. Sein Auftrag bestand u. a. darin, eine Bestandaufnahme, Dokumentation und Analyse der finanziellen Situation sowie der organisatorischen Abläufe in den Universitätskliniken Halle und Magdeburg vorzunehmen und die wirtschaftliche Situation beider Kliniken zu beurteilen.
Im Ergebnis wurden Überkapazitäten festgestellt und die wirtschaftliche Situation als kritisch betrachtet, wobei das UKH schlechter abschneidet als das Universitätsklinikum Magdeburg. Grundsätzlich besteht bei den Krankenhäusern mit Maximalversorgung eine Unterfinanzierung – das ist ein bundesweites Problem. Am 12.05.14 fand die Aufsichtsratssitzung statt, in der das Entwicklungskonzept für das UKH bestätigt wurde und die Entlastung des Klinikumsvorstandes erfolgte. Es gilt nun, dieses Entwicklungskonzept konsequent umzusetzen und an den vorgesehenen Kooperationen zu arbeiten. Darüber hinaus sollte die Landesregierung aufgefordert werden, eine Bundesinitiative zu initiieren, die die Maximalversorger in der Krankenhauslandschaft besserstellt.
Der Rektor stellte nochmals klar, dass es sich bei dem Bericht von Herrn Teichert nicht um ein verbal abgefasstes Gutachten handelt, sondern um eine Folienpräsentation. Am verbalen Teil wird das Finanzministerium nun arbeiten.
Herr Marquardt begründete den Anlass für seine Antragstellung mit dramatischen Meldungen zur Situation der Universitätsmedizin. Seiner Auffassung nach hat der Senat eine wichtige Verantwortung auch für das Universitätsklinikum. Deshalb ist es für ihn wichtig, dass der Senat eine Erklärung abgeben sollte. Der Meinung schlossen sich die Senatoren an und verabschiedeten einstimmig die zwischen Bertolt Marquardt, Prof. Dr. Michael Gekle und dem Rektorat abgestimmte Erklärung, die folgenden Wortlaut hat:
Erklärung des Akademischen Senats zur aktuellen Diskussion über die Zukunft des Universitätsklinikums der Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergDie Landesregierung Sachsen-Anhalts hat durch einen externen Gutachter die Situation der Universitätsklinika des Landes überprüfen lassen. Die Ergebnisse des Gutachtens, welches deren wirtschaftliche Situation und insbesondere die des Universitätsklinikums der MLU als dramatisch einschätzt, wurden der Landesregierung vorgetragen, ohne dass die Universität, die Medizinische Fakultät und das Klinikum sie kannten und dazu Stellung nehmen konnten. Die Landeregierung erwägt infolge des Gutachtens drastische Konsequenzen für die Hochschulmedizin des Landes. So wird eine Fusion der Universitätsklinika Halle und Magdeburg oder eine verstärkte institutionalisierte Kooperation der Universitätsklinika mit andern Krankenhäusern der Region vorgeschlagen. Die grundlegenden Entscheidungen will die Landesregierung innerhalb der nächsten zwei Wochen treffen.
Der Senat stellt hierzu fest:
1. Es ist nicht hinnehmbar, dass in der Öffentlichkeit Negativdiskussionen über das Universitätsklinikum mit Zahlen geführt werden, die selbst der zuständige Wissenschaftsminister anzweifelt. Nach der unsäglichen Diskussion im Vorjahr über eine mögliche Schließung des Standortes Halle führt alleine dieses zu einer weiteren Verschärfung der wirtschaftlichen Situation des Universitätsklinikums.
Die Universitätsmedizin hat mit ihrem „Entwicklungskonzept Universitätsmedizin Halle 2025″ einen fundierten Plan für die Zukunft der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums vorgelegt, welcher bereits teilweise realisiert wurde. So hat z.B. in den letzten 6 Monaten eine substanzieller Anpassung der Bettenzahlen stattgefunden, wodurch auch die Belegungsquote deutlich überdurchschnittlich wurde. All dies ist in den Darstellungen von Herrn Teichert nicht berücksichtigt worden.
Der Senat erwartet, dass die Landesregierung diese Tatsachen und den Willen zur Konzept- und Handlungsfähigkeit zur Kenntnis nimmt und die Umsetzung der Konzeption unterstützt.
2. Die Medizinische Fakultät der MLU ist ein untrennbarer Bestandteil der Universität. In der Hochschulmedizin gehören Lehre, Forschung und Krankenversorgung zusammen. Nach § 8 Abs. 1 des Hochschulmedizingesetzes des Landes Sachsen-Anhalt dienen deshalb die Universitätsklinika den Universitäten zur Erfüllung deren Aufgaben in der medizinischen Forschung und Lehre.
Der Senat ist das höchste Gremium der Universität in grundsätzlichen Fragen von Lehre und Forschung. Überlegungen zur Rechtsform und Strukturänderungen am Universitätsklinikum tangieren diese in erheblichem Maße. Der Senat erwartet deshalb, dass die Landesregierung ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme gibt, bevor hier grundlegende Entscheidungen getroffen werden. Dies ist nur möglich, wenn ihm alle Informationen vorgelegt werden, die der Landesregierung zur Verfügung stehen und die entsprechende Zeit für deren seriöse Bewertung zur Verfügung gestellt wird.
3. Der Senat fordert die Landesregierung auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und sich für die notwendigen Rahmenbedingungen einer gedeihlichen Entwicklung der Universitätsmedizin einzusetzen bzw. diese sicherzustellen. Dies bedeutet vor allem:
keine weiteren Unsicherheiten hinsichtlich der Zukunft der Universitätsmedizin Halle zuzulassen,kurzfristig eine Bundesinitiative für den von allen Seiten für notwendig gehalten Systemzuschlag für die Universitätskliniken zu initiieren, damit eine adäquate Vergütung ihrer Leistungen erfolgt (u.a. für Leistungen in der Weiterbildung, Vorhaltekosten als Maximalversorger und für die Zentrale Notaufnahme sowie für komplexe und seltene Fälle),die Verantwortung für eine Koordinierung der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt wahr zu nehmen,dafür zu sorgen, dass die Hochschulambulanzen Leistungen der Universitätsklinika angemessen finanziert werden,eine leistungsgerechte Vergütung der Rechtsmedizin zu sichern,unverzüglich eine abschließende Rahmenplanung für die Vollendung der notwendigen Baumaßnahmen am Universitätsklinikum vorzulegen und die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen undden Baustopp für die Zahnmedizin aufzuheben und deren umgehende Sanierung zu gewährleisten.
Halle, am 14. Mai 2014
Prof. Dr. Udo Sträter
Rektor
Unter dem TOP „Informationen des Rektorats“ berichtete der Rektor über den Stand der Erarbeitung des Hochschulstrukturplans. Eine überarbeitete Fassung befindet sich gegenwärtig im Mitzeichnungsprozess der Ministerien (Soziales; Kultus; Landwirtschaft). Nach dem Rücklauf wird sich das Kabinett im Juni damit befassen. Anschließend wird sich eine Anhörungsfrist von vier Wochen ergeben. Die Ausschüsse des Landtages und der Landtag selbst werden in den Prozess einbezogen. Wie die Fassung des Hochschulstrukturplans endgültig aussehen wird, wird sich voraussichtlich Anfang Juni ergeben.
[…]
Zum nächsten TOP war ebenfalls Dr. Volkmar Thom als Ansprechpartner gefragt. Der amt. Kanzler berichtete zum Vorgang der „Übertragung von Mensen durch die Universität auf das Studentenwerk Halle“. Nach dem Gesetz zur Neuordnung der staatlichen Hoch-, Bau- und Liegenschaftsverwaltung vom Dezember 2012 sollen ab dem 01.01.2015 sämtliche Zuständigkeiten zur Bewirtschaftung der Hochschulgrundstücke an den Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt übergehen. Im Rahmen dieses Prozesses stellte das Studentenwerk den Antrag zur schuldrechtlichen Übertragung der Heide-Mensa, der Weinberg-Mensa und der Harz-Mensa. Sowohl das Rektorat der Universität als auch der Verwaltungsrat des Studentenwerks stimmten der geplanten schuldrechtlichen Übertragung zu. Das Kuratorium der Universität wurde über den Vorgang informiert. Dem Senat oblag es nun, dazu Stellung zu nehmen, was im Rahmen der Diskussion erfolgte – per Akklamation stimmten die Senatoren dem Anliegen zu.
Auf Antrag der Statusgruppen 3 und 4 befasste sich der Senat mit der „Vergütung von Lehrbeauftragten an der Martin-Luther-Universität„. Im Vorfeld der Behandlung im Senat stellten die Antragsteller Fragen an das Rektorat, die schriftlich beantwortet wurden. Hintergrund des Antrages waren u. a. die nicht abgesicherte Lehre im Bereich der Musik im Sommersemester durch Lehrbeauftragte und eine fehlende Regelung der Universität zur Vergütung von Lehraufträgen. Konkret wurde folgender Antrag gestellt:
Der Senat der MLU spricht sich dafür aus, dass die Höchstsätze der Richtlinie über Lehraufträge an den staatlichen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt nicht unterschritten werden, damit eine angemessene Vergütung an Lehrbeauftragte gezahlt wird. Er bittet das Rektorat, einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Darüber hinaus bittet er das Rektorat, nach 15-jährigem Stillstand eine angemessene Anhebung der Sätze zu beschließen.
Dieser Antrag fand nicht die Befürwortung des Senats. Die Senatoren sprachen sich dafür aus, das Rektorat mit der Erarbeitung einer Richtlinie zur Regelung der Lehrauftragshonorierung zu beauftragen, wobei jedoch unbedingt fachspezifische Gegebenheiten zu regeln sind.
In der Diskussion führte der Rektor aus, dass das Rektorat zur Situation in der Musikpädagogik am 13. Mai beschlossen hat, die Lehrauftragsstunden in diesem Bereich mit 20 Euro pro Stunde zu vergüten, um weiteren Ausfall von Lehrveranstaltungen zu vermeiden. Gleichzeitig erging die Bitte an das Institut für Musik, bis zum Ende des Sommersemesters einen konkreten Plan vorzulegen, wie im Rahmen des dann noch vorhandenen Budgets die Lehre im Wintersemester 2014/2015 abgesichert wird.
Der Senat befasste sich mit dem „Nachtragshaushalt„. Dieser wird 4,5 Mio. Euro umfassen. Die Mittel dafür kommen aus dem Hochschulpakt und sollen die Kürzungen im Mittelverteilungsmodell gezielt abmildern. Die Nachbesserungen beziehen sich u. a. auf den unabweisbaren Mehrbedarf der Fakultäten in Höhe von 2,5 Mio. Euro, die Milderungen der Kürzungen im Literaturetat der ULB in Höhe von 1 Mio. Euro oder die Nachforderung im Bereich der Musikpädagogik.
Sowohl zum Nachtragshaushalt als auch zum „Haushaltsaufstellungsverfahren 2015/2016″ führte die Prorektorin für Struktur und Finanzen, Prof. Dr. Birgit Dräger, aus. Zu letzterem erklärte sie, dass bei der Aufstellung nach einer strikten Systematik, die vom Land vorgegeben ist, vorgegangen werden muss. Eckdaten waren dabei die Umsetzung des Bernburger Beschlusses, nach dem das Gesamtbudget von 2014 um 1,5 % abgesenkt werden muss und bis zum Jahr 2019 auf diesem Niveau eingefroren wird. Damit ergibt sich für die Haushaltsjahre 2015–2019 ein Haushaltsansatz von 135.571.100 Euro.“
Die Mitarbeiter des Uniklinikums haben sich mit einem Offenen Brief wegen des neuen Gutachtens von Teichert (SPD) an den Ministerpräsidenten und die beiden Regierungsparteien SPD und CDU gewandt. Zur Berichterstattung der Mitteldeutschen Zeitung
Weitere Informationen zur Sitzung des Senats: http://www.magazin.uni-halle.de/15951/senat-fordert-fairen-umgang-der-landesregierung-mit-dem-universitaetsklinikum/
Am Dienstag den 20. Mai (dem bundesweiten Aktionstag zum Bildungsstreik 2014) wird übrigens das Audimax von 9 bis 18 Uhr besetzt und ein alternatives Vorlesungsprogramm der Mitglieder des Aktionsbündnisses MLU Perspektiven gestalten angeboten. Ich werde ab 12 Uhr zusammen mit VertreterInnen des SDS über „Demokratiedefizite an der MLU“ sprechen. Eine herzliche Einladung an alle LeserInnen!