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28. Mrz 2018

Gelesen: „Die Schulz-Story“ von Markus Feldenkirchen

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Auf diesen Seiten ist kürzlich auf das neue Buch von Markus Feldenkirchen hingewiesen worden (nämlich hier). Nach der inzwischen erfolgten Lektüre des Buches kann ich es uneingeschränkt empfehlen (hier spricht Feldenkirchen übrigens über die Recherchen für sein Buch).

Eigentlich war es ein ungewöhnliches Experiment: Markus Feldenkirchen hat Martin Schulz über fünf Monate im Wahlkampf begleitet, er hatte Zugang zu allen internen Strategiemeetings und öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen. Aus der Nähe konnte er den frischgebackenen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten beobachten, von „Mister 100 Prozent“ auf dem Parteitag im Frühjahr 2017 über den Wahltag im September mit dem schlechtesten Ergebnis der SPD überhaupt bis hin zum Rücktritt als Parteivorsitzender und Außenminister in spe zu Begionn dieses Jahres. Entstanden ist dabei eine spannend zu lesende Langzeitbeobachtung mit zahlreichen Geschichten und Erlebnissen aus dem Innenleben einer Wahlkampagne, wie sie die interessierte Öffentlichkeit bislang noch nicht geboten bekommen hat.
Unabhängig von der konkreten Person Martin Schulz ist das Buch – gerade aus politikwissenschaftlicher Sicht – immer dann höchst lesenswert, wenn es um grundsätzliche Fragen der Politik im Allgemeinen bzw. des Wahlkampfes im Besonderen geht, so etwa in Bezug auf das Verhältnis von Medien und Politik, genauer: die Rolle der Journalisten im Entwerfen bzw. Bestätigen eines gewissen „Narrativs“. Oder in Bezug auf die Rolle der Berater: häufig sitzen in den internen Strategiesitzungen Pressesprecher, Redenschreiber, Büroleiter, Bundesgeschäftsführerin, Generalsekretär sowie teilweise Mitglieder der engeren Parteiführung zusammen, und allzu häufig werden dem Kandidaten eigene Ideen, Überlegungen und konkrete Formulierungen als „unprofessionell“ und „voreilig“ ausgeredet, mit denen er eigentlich hätte punkten können und mit denen Schulz zu Beginn seiner Kandidatur für viel Zustimmung gesorgt hatte. Eine sich durch den Wahlkampf ziehende Frage ist etwa die nach dem Umgang mit der amtierenden Bundeskanzlerin: soll man sie scharf angreifen, um aus der gemeinsamen Koalition heraus die zentralen Unterschiede zwischen beiden Volksparteien deutlich zu machen? Oder schreckt eine solche konfrontative Strategie genau die Wählerinnen und Wähler in der Mitte des politischen Spektrums ab, die man ja eigentlich von der Union zurückzugewinnen hofft? Am Ende tut man weder das noch das andere konsequent und verprellt damit gewissermaßen beide Lager. Interessant sind auch die im Buch geschilderten Einblicke in die Unterschiede zwischen der Gestaltung europäischer Politik in Brüssel und Straßburg und sowie dem politischen „Haifischbecken“ Berlin. Eine andere zentrale Frage ist die nach der angemessenen Transparenz. Wieviel aus dem Inneren der Kampagne und aus dem eigenen Leben soll man öffentlich machen? Wird man dadurch umso stärker als lebensnah wahrgenommen? Oder ist das vielen Wählerinnen und Wählern zu viel Nähe?
Am Ende hilft das Buch den folgenden Widerspruch zu erklären: „Martin Schulz hatte gesagt, dass er nie ein klassischer Berliner Machtpolitiker werden wolle. Er wollte sich nicht anpassen an jenes System, das ihm in vielerlei Hinsicht fremd und auch zuwider war. Am Ende war er für viele Deutsche genau das: ein machtversessener Politiker, dem es vor allem um den eigenen Vorteil geht“ (S. 9). Feldenkirchen fährt fort: „Wie konnte es zu diesem Absturz kommen? Die Wurzeln dieses Dramas, dessen letzter Akt sich in den Karnevalstagen 2018 in rasendem Tempo entwickelt, reichen tief ins vergangene Jahr zurück. Martin Schulz ist letztlich an einer Zahl gescheitert, 20,5 Prozent, dem schlechtesten Wahlergebnis in der Geschichte der SPD. Und an einer Kampagne, die ihm von Anfang an wenig Chancen ließ“ (ebd.). Für Armin Lehmann vom Berliner Tagesspiegel ist dieses Buch ein „verstörendes Lehrstück über Politik und die Ohnmacht der Traditionspartei SPD“, nachzulesen ist sein (zusammenfassender) Kommentar hier.
Update: inzwischen hat SPIEGEL Online einen Auszug aus dem Buch veröffentlicht, nämlich hier. Und im SPIEGEL-Podcast „Stimmenfang“ berichtet Feldenkirchen über sein Projekt, nachzuhören hier.

Über Michael Kolkmann

7 Kommentare

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