Endlich wieder Leben in und vor den Hörsälen – Rückblick auf den 7. Forschungstag der Medizinischen Fakultät

Nach zwei Jahren pandemiebedingten Ausfalls lud die Medizinische Fakultät der Universitätsmedizin Halle (UMH) am Freitag erstmals wieder zum Forschungstag. „Ich freue mich, dass wir nach so langer Zeit endlich mal wieder persönlich zusammenkommen können“, kommentierte Dr. Mike Tostlebe vom Prodekanat für Nachwuchsförderung am Freitag vor Ort. Eine digitale Ausrichtung habe man in den letzten beiden Jahren zwar erwogen, aber wieder verworfen: „Das lebt ja hier von der Stimmung im Hörsaal und vom direkten Austausch“. 220 Teilnehmende zählte der Organisator bei der siebten Ausgabe des Forschungstags.

Insgesamt 92 Nachwuchswissenschaftler*innen, die meisten von ihnen Doktorand*innen an der UMH, nutzten die Gelegenheit, um im Hörsaalgebäude des Uniklinikums (UKH) ihre Arbeiten zu präsentieren. Zehn von ihnen beteiligten sich mit einer Präsentation an einer der beiden Vortragssessions. Außerdem hatten 82 Teilnehmende Poster vorbereitet, die in zwei Begehungen am Vormittag und am Nachmittag im Gang vor den Hörsälen gezeigt wurden. Die Präsentierenden hatten dort die Gelegenheit, ihre Forschungsergebnisse der wissenschaftlichen Jury und weiteren Interessierten vorzustellen und ihnen Rede und Antwort zu stehen. Die Jury, bestehend aus Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen der UMH, beurteilte Vorträge und Poster nach festgelegten Kriterien und kürte die besten Beiträge.

Den Auftakt der Veranstaltung bestritt der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Michael Gekle, mit einem kurzen Diskurs über die Ziele und Motive beim Erlernen von Wissenschaft und Forschung. Wissenschaftlichkeit, so Gekle, sei ein konstitutionelles Element der gesundheitlichen Daseinsvorsorge. Er forderte die Nachwuchswissenschaftler*innen auf, neugierig und relevant zu forschen – wenn auch noch ein Titel dabei herauskäme, sei das natürlich kein Schaden.

Dekan Prof. Dr. Michael Gekle begrüßt die Teilnehmenden des 7. Forschungtags

Die anschließende erste Vortragssession drehte sich um Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Altersmedizin, mit Arbeiten aus den Bereichen Physiologische Chemie, Anatomie, Pflegewissenschaft, Orthopädie und Herzchirurgie. Moderiert wurde die Sitzung von Prof. Dr. Tino Prell und Dr. Kai Knöpp.

Ein bisschen Showtime zog in den Hörsaal ein, als im nächsten Programmpunkt Jun.-Prof. Dr. Tony Gutschner die „Elevator Speeches“ präsentierte: 15 Nachwuchswissenschaftler*innen bemühten sich in einem 60-sekündigen Kurzvortrag um die Gunst des Publikums. Der Kerngedanke einer Elevator Speech ist es, innerhalb einer Aufzugsfahrt einer wichtigen Person das eigene Thema nahe zu bringen – und dabei auch noch zu überzeugen. Anders als bei den Vorträgen und Posterpräsentationen konnten die Nachwuchswissenschaftler*innen hier auch mit rhetorischen Fähigkeiten, Charme und Witz punkten. Die Auswahl der preiswürdigen „Elevator Speeches“ oblag dem Publikum, das dem Ausmaß seiner Begeisterung durch Applaus Ausdruck verlieh.

Die Keynote des Forschungstags mit dem Titel „Reducing waste und increasing value in biomedical research“ hielt Prof. Dr. Ulrich Dirnagl, Direktor der Abteilung Experimentelle Neurologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. In der biomedizinischen Forschung würden mittlerweile viel zu viele und nicht immer nützliche Forschungsdaten produziert – in seinem Vortrag beschäftigte sich Dirnagl mit Möglichkeiten zur Verbesserung dieses Zustands.

Am Nachmittag folgte die zweite Vortragssession mit Nachwuchsarbeiten zum Thema Onkologie, mit Vorträgen aus den Bereichen Innere Medizin IV, Neurochirurgie, Klinische Ethik am UKH und dem Krukenberg Krebszentrum Halle.

Mit p-Werten muss sich jeder*r mit quantitativen Methoden arbeitende Wissenschaftler*in auseinandersetzen, machen sie doch eine statistische Aussage darüber, wie signifikant ein behaupteter Zusammenhang ist. „Was Sie schon immer über p-Werte wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“ konnten die Teilnehmenden des Forschungstags am Nachmittag im Vortrag von apl. Prof. Dr. Wienke vom Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik erfahren.

Beschlossen wurde die Veranstaltung mit einem Fazit des Prodekans für Nachwuchsförderung Prof. Dr. Michael Bucher und der Preisverleihung. Die besten Nachwuchsarbeiten wurden mit jeweils 200 Euro, gestiftet durch den Förderverein der Universitätsmedizin Halle, prämiert.

Für die besten Vorträge wurden Lars Saemann (Herzchirurgie, „A Prediction Model for Contractile Function of Circulatory Death Donor Hearts Based on Microvascular Flow Shifts During Ex-situ Hypothermic Cardioplegic Machine Perfusion”) und Oleksandra Skorobohatko (Innere Medizin IV,    „Charakterisierung des Oberflächenmarkers ROR1 als mögliches Target einer CAR-T-Zelltherapie im anaplastischen Schilddrüsenkarzinom“) ausgezeichnet. Die Preise für die besten Poster gingen an Anastasia Doroshenko (HLA-Labor), Désiré Klos (Physiologische Chemie), Julia Müller (Physiologische Chemie), Sophie Sand (Anatomie), Roland Jacob (Nachwuchsgruppe RNA-Biologie) und Julia Engel (Gynäkologie). Die Publikumspreise für die besten „Elevator Speeches“ nahmen Johanna Straube (Anatomie), Birte Gohde (Herzchirurgie) und Simon Graf (Radiologie) mit nach Hause.

Die Preisträger*innen des 7. Forschungstages der Universitätsmedizin Halle

Internationale Partnerschaften fürs Leben finden – Anatomie-Institut bietet Medizin-Studierenden aus Halle weltweiten Austausch

„Alleine an der weltweiten COVID-19-Pandemie sieht man, wie wichtig ein schneller internationaler wissenschaftlicher Austausch ist“, sagt Professorin Dr. Heike Kielstein. Die Direktorin des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Universitätsmedizin Halle hat vor nunmehr sieben Jahren ein internationales Projekt speziell für Studierende angestoßen, das man durchaus als Vorzeigeprojekt bezeichnen kann, das international Anerkennung findet.

Der persönliche Austausch, wie hier der Besuch von Studierenden von der Columbia University in der halleschen Anatomie, ist aufgrund der Pandemie derzeit nicht möglich. Dafür helfen virtuelle Formate.

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Prof. Dr. Anette Wu von der Columbia University in New York City, USA, entwickelte Kielstein ein Konzept, „Möglichkeiten zu schaffen, wissenschaftliches Arbeiten für unsere Studierenden frühzeitig zu internationalisieren.“ Hilfreich sei dabei, dass die anatomische Ausbildung an beiden Universitäten vergleichbar sei. Gemeinsame Präparationskurse und Diskussionsrunden mit Studierenden beider Institute über Skype bildeten 2015 den Anfang. „Als ein internationaler Austausch wissenschaftlicher, aber auch ethischer und gesellschaftlicher Themen“, so Kielstein.

Mit dem Abschluss eines Kooperationsvertrages zwischen den beiden anatomischen Instituten der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ihrem Gegenpart, dem Vagelos College of Physicians and Surgeons an der renommierten Columbia University, nahm das Projekt 2018 nochmal an Fahrt auf. Inzwischen ist das Austauschprogramm „International Collaboration and Exchange Program“ (ICE), an dem seit 2015 bereits 277 Studierende aus Halle teilgenommen haben, auf 21 Universitäten in 14 Ländern auf vier Kontinenten angewachsen. „Und wir wachsen weiter“, sagt Kielstein.

Sie will ihre Studierenden in Halle ermutigen, global zu denken. „Wir haben in Halle ganz hervorragende Voraussetzungen für Gesundheitsforschung“, sagt sie. Und deshalb wollte die Professorin auch Halle unbedingt bei dieser internationalen Zusammenarbeit großer Universitäten dabeihaben. Ein Austauschprogramm für Studierende in New York, Sydney, Cambridge, Tokio, Hongkong, Barcelona – und auch Halle.

Jeweils etwa 15 Studierende des dritten Semesters aller beteiligten Universitäten nehmen an dem Projekt, das jedes Jahr im Wintersemester stattfindet, teil – „ausgewählt und handverlesen“, wie Kielstein betont. In diesem Jahr gebe es allerdings pandemiebedingt nur sieben Teilnehmende aus Halle. Die Studierenden werden in international bunt gemischte Dreier- oder Vierergruppen eingeteilt und treffen sich dann in regelmäßigen Video-Konferenzen, um über vorgegebene Themenbereiche zu diskutieren, sich auszutauschen und zu informieren. „Das reicht von Fragen zur jeweiligen Ausbildung, über Ethik, zu unterschiedlichen Gesundheitssystemen, Krankheiten wie COVID-19 oder Malaria bis hin zu großen gesellschaftlichen Herausforderungen, lokal bis global“, erklärt Kielstein.

Die studentischen Arbeitsgruppen suchen sich anschließend ein spezielles Thema, das sie zusammen ausarbeiten müssen. Für die Professorin steht dabei der internationale Austausch im Vordergrund. „Unsere Studierenden haben hier die einmalige Möglichkeit, schon im dritten Semester internationale Partnerschaften aufzubauen, von denen sie ihr gesamtes Leben profitieren können.“

Begleitet werde das Programm von monatlichen Vorträgen international namhafter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Anfang März gilt es für die Studierenden dann: In der „International Students Conference“ müssen beziehungsweise dürfen sie die Ergebnisse ihrer jeweiligen Arbeitsgruppen vor großem internationalen Publikum präsentieren – ein spannender Auftritt für die Drittsemester.

Im Sommersemester des dritten Studienjahres haben interessierte Studierende dann sogar noch die Möglichkeit eines ein- bis zweimonatigen Auslandsaufenthalts in einer der vielen anderen Universitäten des Programms – für einige Hallenser geht es dann nach Japan, Australien oder in die USA.

„Corona-bedingt musste dies 2021 leider ausfallen“, bedauert Kielstein, die aber hofft, dass dies 2022 fortgesetzt wird und auch wieder ausländische Studierende an ihrem Anatomie-Institut zu Gast sind – „und die Vorzüge unserer Unimedizin Halle kennenlernen“. Gefördert werde dieser Studierendenaustausch vielfach über das PROMOS-Programm mit Geld vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Mittlerweile gebe es in Halle auch eine Alumni-Gruppe ehemaliger Projekt-Teilnehmender, erzählt Kielstein. „Da wird beispielsweise mit Zimmern in einer WG-Wohnung geholfen oder auch mal ein Fahrrad für die Aufenthaltszeit in Halle bereitgestellt. Bei uns werden alle mit offenen Armen empfangen“, so die Mitinitiatorin. Ziel des Projektes sei es, zur Verbesserung der globalen Gesundheitswelt beizutragen, indem zukünftige Führungskräfte in den Bereichen Medizin, Zahnmedizin und Gesundheitswissenschaften mittels frühzeitiger internationaler Vernetzung, wissenschaftlicher Zusammenarbeit und Austausch vorbereitet werden. „Wir wollen den Studierenden klarmachen, dass Pandemien wie Corona nur gemeinschaftlich und international bekämpft werden können“, so Kielstein.

Wenn die „Schwiegermutter“ mitoperiert

„Wir wollen Sie begeistern“, sagte Prof. Dr. Stefan Plontke als er die Studierenden in den Hörsälen des Lehrgebäudes am Universitätsklinikum Halle begrüßte. Diesen Donnerstag (2. Dezember) fand die letzte Veranstaltung der diesjährigen, bereits 8. Auflage der „OP-Wochen“ statt, bei denen gängige Standardoperationen live aus dem OP gezeigt werden. Pandemiebedingt diesmal nur an vier statt an acht Tagen und mit strengeren Zugangsvoraussetzungen. „Aber es lief alles sehr diszipliniert ab. Der Fachschaftsrat Medizin hat das eigenverantwortlich sehr gut gelöst und Anmeldungen wie Nachweise gemanagt“, lobte Plontke. Statt sonst brechend voller Hörsäle waren diesmal maximal 120 Studierende zugelassen.

Oberarzt Dr. Felix Kawan spricht direkt zum Publikum im Hörsaal. Dr. Felix Lindner und Prof. Dr. Stefan Plontke sind als Ansprechpartner im Hörsaal anwesend.

An diesem Donnerstag stand nach einer Knie-Operation mit Endoprothese am Montag, einer Augenhornhaut-Transplantation per Laser am Dienstag und einer laparoskopischen Speiseröhren-Operation am Mittwoch die Fixierung einer Wanderniere unter dem Einsatz des OP-Robotersystems „da Vinci“ auf dem OP-Programm. Zunächst stellte Funktionsoberarzt Dr. Felix Lindner von der Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie der Universitätsmedizin Halle den Anwesenden die wichtigsten Informationen zur Patientin, dem Diagnoseweg und den Operationsvorgang vor.

Das OP-Team am Tisch, mittig sind die Arme des OP-Roboters zu sehen.

Operiert wurde eine 41 Jahre alte Patientin, bei der die Diagnostik als Ursache ihrer Schmerzen eine sogenannte Wanderniere feststellte. Bei bestimmten Körperhaltungen bzw. -bewegungen senkt sich das Organ ab und drückt dann auf den Harnleiter. Harnstau und Nierenbeckenentzündungen, die mit starken Schmerzen einhergehen, können die Folge sein. Auch eine verminderte Leistungsfähigkeit der Niere kann damit einhergehen – so wie bei der Patientin in Halle. „Sehr schlanke Menschen sind von solch einer Diagnose häufiger betroffen, weil das die Niere sonst umgebende Fettgewebe fehlt. Bei der Operation wird die Niere nun an ihrer eigentlichen Position fixiert, so dass sie nicht mehr absinken kann“, erläutert Lindner den anwesenden Studierenden in den Hörsälen. Die Operation müsse aufgrund der Schlankheit zudem sehr vorsichtig erfolgen. Nach den einleitenden Worten wird in den Operationssaal geschaltet, denn das ist das Einzigartige an den „Halleschen OP-Wochen“: Die Operation findet genau dann statt, die Studierenden können jeden Handgriff verfolgen, die an diesem Donnerstag der operierende Oberarzt Dr. Felix Kawan zudem direkt erklärt.

Oberarzt Dr. Felix Kawan steuert den OP-Roboter.

Das Besondere bei dieser OP ist, dass Kawan – anders als sein Team – nicht selbst am OP-Tisch steht, sondern an der Bedienkonsole des OP-Roboters „da Vinci“ sitzt, der an der Universitätsmedizin Halle seit 2014 im Einsatz ist. Dessen krakenartige Arme schweben über dem Körper der Patientin und werden von Kawan gesteuert. „Der Roboter macht nichts alleine, sondern nur das, was man ihm sagt“, so Kawan. Der Vorteil für Patientinnen und Patienten liege darin, dass sie neben geringerer Narbenbildung im Regelfall schneller wieder fit seien und weniger Schmerzmittel benötigen, weil die Eingriffe minimal-invasiv über einzelne kleine Zugänge, sogenannte Trokare, erfolgen. Darüber steuert Kawan die eigentlichen Instrumente – eine kleine Schere und eine Art Zange, die seine Hände ersetzen und filigranstes Arbeiten inklusive Nähen ermöglichen. „Es ist ein sehr, sehr intuitives System“, sagt Kawan, aber eine entsprechende Ausbildung am Gerät sei erforderlich. Die Stelle, an der er arbeitet, wird ihm über das Okular des Bedienelementes acht- bis zehnfach vergrößert und dreidimensional angezeigt. Das OP-Team am Tisch unterstützt ihn dabei, indem beispielsweise die Leber angehoben wird, um Bewegungsfreiheit zu schaffen. Ein anderes Instrument, umgangssprachlich „Schwiegermutter“ genannt, ist ebenfalls im Einsatz, was auch in den Hörsälen für Belustigung sorgt. Dabei handelt es sich um eine sehr scharfe Pinzette beziehungsweise Klemme, die ebenfalls dafür sorgt, Strukturen beiseite zu nehmen, um die eigentlich agierenden Roboterarme zu unterstützen.

Die Operation dauert in etwa eine Stunde. Die Niere wird vorsichtig und Schicht für Schicht von umliegendem Gewebe gelöst und dann mit einem Faden, der sich nicht auflöst, weiter oben von innen an die Bauchdecke genäht. Die Fäden sorgen dafür, dass die Niere nicht mehr wandern kann.

Die Studierenden haben, auch das zeichnet die OP-Wochen aus, während der gesamten OP die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Diese werden entweder von den Fachärzten im Hörsaal, aber auch von den Operateurinnen und Operateuren direkt beantwortet. Auch bei den letzten Handgriffen der Nieren-Fixierung tauchen Fragen auf, beispielsweise, ob auch Frauen Urologinnen werden können (selbstverständlich!) oder welche Komplikationen nach der Operation auftreten könnten. „Blutungen und anfangs auch noch einige Schmerzen sind möglich“, erläutert Dr. Lindner und wirbt am Ende für sein Fach: „Es ist ein kleines chirurgisches Fach, aber man arbeitet sehr viel endoskopisch und behandelt die Patientinnen und Patienten ganzheitlich. Das finde ich an diesem Fach super!“

Apotheken-Drohnen-App: Benutzerfreundlichkeit und Skepsis werden in Entwicklung einbezogen

Dr. Franziska Stephan erläutert dem ADApp-Projektteam die Rückmeldungen aus den Fokusgruppen-Befragungen und den Plan für die Gruppenarbeit. (Bildquelle: Universitätsmedizin Halle)

Der erste Drohnenflug war aufregend und hat für großes Interesse gesorgt. Doch beim Projekt „ADApp“ geht es nicht nur um den Transport von Medikamenten per Drohne, sondern vor allem um die Entwicklung einer Apotheken-Drohnen-App, eben einer ADApp, und um die praktische Umsetzung einer Medikamentenlieferung aus der Apotheke zur Patientin oder zum Patienten. Dabei sind viele Dinge zu berücksichtigen: Die Übermittlung des eRezeptes an die Apotheke, die Bestückung der Drohne und die zugehörige Logistik, aber eben auch, dass das Medikament bei der- oder demjenigen, wo es hinsoll, sicher ankommt.

Um mögliche Bedenken diesbezüglich zu erfahren, aber auch die Wünsche hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit zu eruieren, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Halle Diskussionen von Nutzergruppen, sogenannten Fokusgruppen, moderiert: Patientinnen und Patienten, Apothekerinnen und Apotheker, aber auch Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachkräfte. „All diese Gruppen haben aus unterschiedlichen Blickwinkeln eine Haltung zu dem Thema, die einbezogen werden soll. Denn es geht uns nicht nur um die praktische Umsetzung eines Medikamenten-Transports per Drohne, sondern auch darum, herauszufinden, wie es überhaupt um die Akzeptanz bestellt ist“, erläutert Dr. Franziska Stephan, ADApp-Projektkoordinatorin und Wissenschaftlerin in der AG Versorgungsforschung | Pflege im Krankenhaus an der Universitätsmedizin Halle.

Die nutzerzentrierte wissenschaftliche Begleitung übernimmt die Universitätsmedizin Halle. Zum wissenschaftlichen Part gehörte auch die Befragung der Fokusgruppen. Deren Auswertung fand in einem Workshop des ADApp-Teams im Digital Health Care Hub im Dorothea Erxleben Lernzentrum der Universitätsmedizin Halle statt.

Das Projektteam von ADapp tauscht sich über die Befragungen und weitere Schritte im Projekt aus. (Bildquelle: Universitätsmedizin Halle)

So stellte sich heraus, dass alle Gruppen nicht generell skeptisch sind, sondern berechtigte Fragen haben: Ist der Zustellprozess diskret genug, aber dennoch als wichtige Medikamentenlieferung ersichtlich? Was ist bei Mehrfamilienhäusern? Wie laut ist so eine Drohne und schadet die Lieferung beispielsweise der Vogelwelt? Ist die App leicht bedienbar und ginge es auch ohne Smartphone? Wie soll der Lieferprozess und die Vorhaltung von Drohnen logistisch bei den Apotheken umgesetzt werden? Wie verhindert man Vandalismus an den Drohnen? Und wer darf das Medikament entgegennehmen und den Empfang bestätigen, wenn es der eigentliche Patient nicht kann, weil beispielsweise ein gebrochenes Bein das verhindert? Und mit wem kommuniziert die Apotheke dann – mit einem Pflegedienst, einer Klinik oder mit dem Patienten? Letztere beiden Frage waren auch ein Thema, das insbesondere ambulante Pflegefachkräfte betrifft, die damit Wege zur Apotheke sparen könnten und somit Zeit für die Versorgung der Patienten gewinnen, wenn benötigte Medikamente direkt geliefert werden.

„Auch für die palliative Versorgung wäre das ein Plus. Wenn die Pflegefachkraft einen akuten Bedarf feststellt, kann sie bei den behandelnden Ärzten ein eRezept ordern, das mit der ADApp an die Apotheke übermittelt wird. Diese schickt das Medikament sofort per Drohne zum Patienten und die pflegende Person kann die ganze Zeit beim Betroffenen bleiben und das Medikament entgegennehmen“, beschreibt Martin Grünthal einen möglichen Anwendungsfall. Die Ärzteschaft, so zeigte die Befragung, wolle jedoch in die Kommunikation eingebunden sein, beispielsweise wollen sie über die Zustellung der Sendung informiert werden.

In zwei Gruppen wurde vom ADApp-Team erarbeitet, welche der Anregungen und geäußerten Kritikpunkte sich umsetzen lassen, welche nicht in der Hand der Projektbeteiligten liegen und für welche dieser Punkte für Folgeprojekte lohnenswert wären. „Die konkreten Ergebnisse der Fokusgruppenbefragung werden zum einen auch mit den Befragten selbst in weiteren Workshops diskutiert sowie in eine Publikation einfließen, die in den kommenden Monaten geplant ist“, sagt Franziska Stephan vorausblickend.

ADApp ist eines der Projekte, die vom Bündnis Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG) unter Leitung der Universitätsmedizin Halle für eine Förderung ausgewählt wurden. Die Projektidee kommt aus der Praxis – von Apotheker Martin Grünthal und Sirko Scheffler, Geschäftsführer der Firma Brain-SCC GmbH. Mit im Boot sind der Drohnen-Entwickler DiAvEn und die Hochschule Anhalt, die für den Bereich Logistik und die Integration der notwendigen Systemkomponenten als weiterer wissenschaftlicher Partner verantwortlich sind. Die ADApp stellt ein Novum für den deutschen Raum dar. Aktuell werden bereits Drohnen für die Gesundheitsversorgung zwischen Kliniken in Großstädten wie München oder auch zur Versorgung im ländlichen Raum beispielsweise in Westafrika eingesetzt. Das Besondere an ADApp ist, dass hier erstmalig der gesamte Versorgungsprozess von der Ausstellung des e-Rezeptes beim Arzt, über die Bestellung in der Apotheke bis zur Lieferung per Drohne direkt vor die Haustür der Patientin beziehungsweise des Patienten oder einer Einrichtung digital koordiniert werden kann.

„Digitale Helferlein“ in der Medizin: Hallesches Programm bildet Ärztinnen und Ärzte auf dem Gebiet der Digitalisierung weiter

Eine fiktive Situation, die sich aber so oder ähnlich künftig häufiger zutragen kann: Die Smartwatch von Schauspielpatientin Juliane Heinroth hat über einen Zeitraum von zwei Monaten mehrmals Alarm geschlagen, weil die Herzfrequenz sehr hoch war. Mit den Daten aus ihrer App geht sie zum Arzt und möchte das abklären, weil sie sich Sorgen macht. Der Mann einer Bekannten hätte das auch gehabt und sei eines Tages einfach umgekippt. „Plötzlicher Herztod“, schildert sie glaubhaft in ihrer Rolle ihre Angst. „Ich habe tatsächlich eine Smartwatch und konnte mich in die Situation gut reindenken“, sagte Heinroth im Nachgang des Übungsgesprächs.

Philipp Steinau in der Rolle des Arztes muss nun einschätzen können, wie aussagekräftig die Daten der Smartwatch sind, aber – und das wird deutlich – es ersetzt nicht das Patientengespräch, denn die Daten müssen in einen Kontext eingeordnet werden. Und so entscheidet sich Steinau dafür, dass die Schauspielpatientin ein EKG erhält und sich beim Auftreten auffälliger Werte auch Notizen macht, in welcher Situation sie sich befand. Später solle das dann ausgewertet und eine gegebenenfalls notwendige Behandlung eingeleitet werden.

CÄWIN – das ist der Name des Projekts „Digitalisierung in der Medizin – Curriculum für die ärztliche Weiterbildung“, in dem das erwähnte Gespräch als Teil des ersten Praxistags am Dorothea Erxleben Lernzentrum (DELH) der Universitätsmedizin Halle stattgefunden hat. „Uns hat sehr gefreut, dass sich neben den eigentlich angesprochenen Assistenzärztinnen und -ärzten auch Fach- und Oberärztinnen und -ärzte dafür angemeldet haben. Das zeigt, dass das Thema Digitalisierung in der Medizin als Weiterbildungsinhalt wahrgenommen wird“, sagt die wissenschaftliche Projektkoordinatorin Dr. Josefin Bosch, die das Curriculum zusammen mit der ärztlichen Koordinatorin Christiane Ludwig entwickelt hat. „Der erste Durchgang ist zunächst nur für Ärztinnen und Ärzte der Universitätsmedizin Halle vorgesehen, aber es wird angestrebt, diesen Kurs künftig regulär allen Ärztinnen und Ärzten anzubieten, die sich zu digitalen Themen in der Medizin weiterbilden wollen.“

Dr. Josefin Bosch erklärt am digitalen Whiteboard den Tagesablauf des ersten Praxistages des Weiterbildungsprojekts „CÄWIN“. Dieses soll Ärztinnen und Ärzte mit Digitalisierung in der Medizin vertraut machen.

Auch andere digitale Gesundheitsanwendungen, oder kurz DiGa, gewinnen an Bedeutung und werden mittlerweile per Verordnung auch von Krankenkassen übernommen, sozusagen „Apps auf Rezept“. Das Für und Wider dieser Entwicklung diskutierte eine zweite Gruppe zusammen mit Christiane Ludwig. „Der Behandlungserfolg muss nachgewiesen werden, das heißt, einfach nur per App Tagebuch führen reicht zur Zulassung einer DiGA nicht aus“, sagt Ludwig. Neben der Anwendung der „digitalen Helferlein“ brauche es somit auch die wissenschaftliche Auswertung mit Studien.

Außerdem ging es beim Praxistag um Vertiefungen in den Bereichen Telemedizin, Telematikinfrastruktur vor allem zur elektronischen Patientenakte, aber auch um die Perspektive der Patientinnen und Patienten. In den zuvor online absolvierten sechs Modulen hatten sich die Teilnehmenden bereits mit den theoretischen Grundlagen, zum Beispiel mit der Begrifflichkeit Digitalisierung, wichtigen digitalen Tools, Künstlicher Intelligenz oder auch ethischen Aspekten auseinandergesetzt.

Der Auftakt des Weiterbildungsprojekts „CÄWIN“ fand online mit allen Teilnehmenden statt.

„Unser Kurs soll grundlegende Kompetenzen der Digitalisierung in der Medizin vermitteln“, sagt Josefin Bosch. Damit ergänzt CÄWIN die Strategie der Universitätsmedizin Halle auch für den Bereich der Weiterbildung, denn im Medizinstudium in Halle gibt es mittlerweile ein verpflichtendes Digitalisierungs-Curriculum. „CÄWIN“ war 2020 vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft im Rahmen des Förderprogramms „Smart qualifiziert“ zunächst als eines von zehn Projekten für eine Förderung in Höhe von 10.000 Euro ausgewählt worden. Kurze Zeit später konnte es sich als eines von vier Projekten in einer finalen Runde durchsetzen und erhielt eine Förderung von 100.000 Euro.

Digital vernetzt durch die Pandemie: Universitätsmedizin Halle unterstützt Landesseniorenvertretung

Mit einem Einstiegsworkshop hat die neue Workshop-Reihe „Gemeinsam die Zukunft gestalten“ von Universitätsmedizin Halle und Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt begonnen.

Die Universitätsmedizin Halle und die Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt haben die Workshop-Reihe „Gemeinsam die Zukunft gestalten“ ins Leben gerufen. Dazu hat nun ein virtueller Einstiegsworkshop unter dem Motto „Digital vernetzt durch die Pandemie“ mit breiter Beteiligung stattgefunden. In diesem wurden die Seniorinnen und Senioren an die digitale Kommunikationsmöglichkeit der Videokonferenz herangeführt.

Außerdem wurden ihnen die Projekte „Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG)“ und „Innovation Lab für digital unterstützte Gesundheitsversorgung“ vorgestellt. Das Ziel dieser Projekte ist die Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie der Autonomieerhalt im Alter mithilfe digitaler Technologien. „Dafür brauchen wir die Rückmeldungen, Anregungen und Ideen von Betroffenen, auch für neue Projekte innerhalb unseres TDG-Bündnisses“, so TDG-Koordinator Dr. Karsten Schwarz, der den Workshop zusammen mit Dr. Elisa Haucke betreut hat. Haucke ist verantwortlich für das „Innovation Lab“, das den Einsatz neuer Technologien in der häuslichen Umgebung erforscht.

„Die älteren Menschen in Sachsen-Anhalt stehen vor großen Herausforderungen. Besonders die Kontaktbeschränkungen während der Pandemiezeit machen die Arbeit der Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter nahezu unmöglich“, sagt Angelika Zander, Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt.

Damit die Arbeit auch unter Pandemiebedingungen aufrechterhalten werden kann, hat das Sozialministerium des Landes die Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter mit Laptops ausgestattet. „Die Stimme der Senioren und Seniorinnen im Land ist wichtig. Mithilfe digitaler Werkzeuge können die Arbeit und die Kommunikation wiederaufgenommen werden. Auch über die Pandemie hinaus bieten digitale Technologien großes Potenzial für den Alltag älterer Menschen“, sagte Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration, die am Einstiegsworkshop teilnahm.

In Vorbereitung auf den Workshop wurden die einzelnen Laptops persönlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitätsmedizin Halle übergeben und vor Ort mit den Beteiligten eingerichtet. Im Workshop selbst konnten die Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter nach einer umfassenden Einführung die vielfältigen technischen Möglichkeiten ausprobieren und sich in virtuellen Breakout-Räumen auch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Einsatzpotenziale digitaler Technologen austauschen. „Ich freue mich sehr über die ausgelassene Atmosphäre und dass sich unsere Seniorenvertretung seit langem mal wieder sehen konnten. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Halle“, so Zander.

Der nächste Workshop ist laut Schwarz und Haucke für Anfang Juni geplant. Darin soll gemeinsam erarbeitet werden, wie eine strukturierte und inspirierende Zusammenarbeit zwischen Universitätsmedizin und den Landesseniorenvertretern in Zukunft gestaltet werden kann.

Meckelsche Sammlungen stehen Forschenden nun als Online-Datenbank zur Verfügung

In Zusammenarbeit mit dem IT-Servicezentrum (ITZ) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist eine Online-Datenbank für die Meckelschen Sammlungen erstellt worden. Die Sammlungen, die sich im Institut für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Fakultät befinden, verfügen über rund 8 000 medizinische und zoologische Exponate. Darunter sind einzigartige und medizinhistorisch äußerst wertvolle Präparate, die bis ins 18. Jahrhundert zurückgehen. „Alle vorliegenden Informationen zum Objekt sind nun erstmalig auf einen Blick verfügbar, wie Fotos des Objektes, die Präparatenummer und Datierung, historische Katalognummern und Etikettangaben, aber auch Hinweise zum Präparator, Provenienz, eine Beschreibung und Literaturangaben“, erläutert Institutsdirektorin Prof. Dr. Heike Kielstein. Die Online-Datenbank sei passwortgeschützt und für Forschende gedacht.

Die Datenbank dient einerseits der Bestands- und Zustandserfassung sowie der Sicherung der Präparate. Andererseits schließt sie auch die zum Teil damalige grafische Dokumentation der Präparate der Meckel-Ära ein. Sie kann nach unterschiedlichen Fragestellungen gerastert werden und ermöglicht so eine vertiefende wissenschaftliche Recherche. Claudia Steinicke, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anatomie und Zellbiologie, hat bereits 7090 Exponate in der Datenbank erfasst. Hierbei konnten unter anderem drei Präparate der Wilhelm-Roux-Sammlung für Entwicklungsmechanik im Sammlungsbestand wiederentdeckt und dieser zugeordnet werden. Zusätzlich gelang anhand von Recherchen in den historischen Institutskatalogen bei 16 bisher undatierten Präparaten eine zeitliche Einordnung sowie bei fünf Präparaten eine Zuordnung des Präparators. „Zwangsläufig beschäftigt man sich bei der Eingabe der Informationen mit dem historischen Hintergrund der Exponate. Dies ist eine unglaublich spannende Arbeit, bei der man auch einmal auf kuriose Geschichten stößt“, so Steinicke.

Einige Exponate schlummerten in den Vitrinen eher im Verborgenen ohne überlieferte Informationen. Zu diesen „Neuentdeckungen“ gehören beispielsweise zwei Exponate eines bekannten Hermaphroditen, der im 19. Jahrhundert gegen Geld regelrecht auf Tour ging und bei zahlreichen europäischen Experten vorstellig wurde, um die Geschlechtszugehörigkeit von diesen begutachten zu lassen. Zu diesen und weiteren Exponaten mit besonderer Geschichte, die im Rahmen ihrer Recherchearbeit eruiert wurden, ist ein Büchlein geplant.

„Des Weiteren erfolgte auch eine erstmalige Inventarisierung der im Institut vorhandenen 276 Wachsmodelle der bekannten Firma Ziegler. Diese war zwischen 1852 und 1918 die kommerziell erfolgreichste Firma in der internationalen Produktion entwicklungsgeschichtlicher Wachsmodelle und erlangte mit der Teilnahme an Weltausstellungen, wie 1867 in Paris, 1873 in Wien und 1893 in Chicago, internationales Renommee“, so Kielstein weiter. Die Wachsmodelle werden derzeit noch fotografisch erfasst, sodass auch von diesen Modellen Fotos in der Datenbank vorliegen werden.

Auch heute dienen die Meckelschen Sammlungen, die seit 2015 zu den „National wertvollen Kulturgütern Deutschlands“ zählen, mit ihrem reichen Fundus Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen als Informationsquelle. So bearbeitet Claudia Steinicke beispielsweise Rechercheanfragen vom Centre for Heritage & Museum Studies in Canberra (Australien), von Walforschern aus Dänemark, der Kunstuniversität Linz oder der Klassik Stiftung Weimar.

Wissenschaftliche Anfragen können gerne per Mail (meckelschesammlungen@medizin.uni-halle.de) gestellt werden. Forschende können auch vor Ort in der Datenbank selbst recherchieren.

Neue Methode für Test der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke entwickelt

Forschende des Instituts für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben eine neue Methode entwickelt, um die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke zu testen. Ihre Ergebnisse haben sie im Journal of Visualized Experiments (JoVE) sowohl in Textform als auch als Video veröffentlicht (doi:10.3791/60692 (2020)).

Mit Hilfe von menschlichen Zelllinien, wie sie auch im Gehirn vorkommen, konnten Veronika Weber, Dr. Heidi Olzscha, Prof. Dr. Rüdiger Horstkorte und Dr. Kaya Bork zeigen, dass die normalerweise sehr dichte Barriere für Bakterien durchlässig werden kann. Diese können so die Blut-Hirn-Schranke durchqueren und zum Beispiel Meningitis auslösen.

Zu den Stoffen, die die Durchlässigkeit erhöhen, gehören die Stoffwechselprodukte von Blutzucker. „Das zeigt einmal mehr, dass ein kontrollierter Blutzuckergehalt und damit eine ausgewogene Ernährung von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit sind“, sagt Dr. Heidi Olzscha, Letztautorin der Publikation und Leiterin einer Arbeitsgruppe zu Proteinopathien am Institut für Physiologische Chemie.

Es werde zudem spekuliert, dass auch andere Krankheitsbilder, wie beispielweise das postoperative Delirium, und neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke einhergehen.

„Translationsregion für Digitalisierte Gesundheitsversorgung“ (TDG) geht nun in die Umsetzungsphase

Im April 2019 kam die Förderzusage, im Dezember nun beginnt die Umsetzungsphase des Projektes „Translationsregion für Digitalisierte Gesundheitsversorgung“, kurz TDG. In der Zwischenphase wurde daran gearbeitet, das Innovationsmanagement und die Koordination auf die Beine zu stellen, um die Umsetzungsphase strukturiert angehen zu können. Koordiniert von der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wollen die Akteure des TDG-Bündnisses gemeinsam den Herausforderungen des demographischen Wandels begegnen und im Süden Sachsen-Anhalts eine Modellregion für innovative Gesundheitsversorgung mit dem Schwerpunkt ambulante Pflege etablieren.

Die Teilnehmenden der Auftaktveranstaltung zur Umsetzungsphase des TDG-Projekts in den „SaltLabs“ in Halle (Foto: privat)

Im ersten Teil der Auftaktveranstaltung für die Umsetzungsphase informierten Prof. Dr. Patrick Jahn als TDG-Projektleiter und TDG-Koordinator Dr. Karsten Schwarz die etwa 60 anwesenden Bündnismitglieder und Unterstützenden umfassend über die Modalitäten, die für das Einreichen von innovativen Projektvorhaben erfüllt sein müssen. Neben den Anforderungen im dreistufigen TDG-Antragsverfahren (Umsetzungsphase, Grobskizze, Bestätigung durch den Beirat) wurden auch Einzelheiten zum Arbeitsprozess des TDG-Beirats bekannt gemacht.

In Workshops in der zweiten Hälfte der Veranstaltung wurden zudem Ideen für Innovationen in der Häuslichkeit zur Erleichterung von Pflegeroutinen sowie Ausstattungsoptionen für die neu entstehenden Simulationsräume des von der Dieter Schwarz Stiftung geförderten Innovation Hubs im Dorothea Erxleben Lernzentrum der Medizinischen Fakultät eruiert.

„Wir waren überwältigt von dem großen Interesse und der aktiven Beteiligung an der Veranstaltung. Mit diesem engagierten und kreativen Bündnis werden die nächsten Jahre sicher spannend und erfolgreich“, sagt Karsten Schwarz.

Mit dem TDG-Projekt wollen die Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft um Jahn und Schwarz neue Technologien von der Idee bis zur Marktreife bringen. Übergeordnete Ziele sind dabei der Autonomieerhalt im Alter im eigenen Wohnumfeld sowie die technologische Unterstützung des Pflegeprozesses. Daran beteiligt sind mittlerweile mehr als 70 Akteure aus der Kreativwirtschaft, der Hausärzteverband, das Deutsche Rote Kreuz, Fachärztinnen und -ärzte, ambulante Pflegedienste, Wohnungs- und IT-Unternehmen sowie weitere Bildungsträger.

Die TDG wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ gefördert.

Weitere Informationen zur TDG sowie zur Auftaktveranstaltung finden Sie auf der Website: https://inno-tdg.de

Wissenschaft in 60 Sekunden und mehr

Der Nikolaustag hat an der Universitätsmedizin Halle (Saale) ganz im Zeichen der Wissenschaft gestanden – beim 6. Forschungstag der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Der Forschungstag begann mit einem wissenschaftlichen Vortragsprogramm. Im ersten Block ging es um Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Altern, im zweiten um onkologische Forschung.
Junior-Professor Dr. Tony Gutschner erklärt, wie „Elevator Speeches“ funktionieren.

Beim gutbesuchten Vortragsprogramm, das sich in die Blöcke Herz-Kreislauf-Erkrankungen & Altern sowie Onkologie teilte, hatten die Referentinnen und Referenten jeweils mehr als zehn Minuten Zeit, ihr Thema zu präsentieren. 15 (Nachwuchs-) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten sich aber auch der Herausforderung, ihre Forschungsprojekte innerhalb von 60 Sekunden zu erklären. In den sogenannten „Elevator Speeches“, angelehnt daran, ein Anliegen innerhalb der Länge einer Fahrstuhlfahrt zu erläutern.

Dr. Alexander Navarrete Santos (l.) und Maximilian Brückner

Wer die besten Präsentationen lieferte, entschied unter anderem das Publikum mit der Intensität des Applaus‘. Bei den Elevator Speeches siegte Maximilian Büttner, „Sieger der Herzen“ wurde Dr. Alexander Navarrete Santos.

Zusätzlich zu den Vorträgen fanden Postersessions statt. Die Poster waren im Foyer ausgestellt und die Forschung von den jeweiligen Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anhand dessen einer Jury und anderen Interessierten gegenüber erläutert.

Die besten Vorträge und Arbeiten wurden im Anschluss an die Keynote Lecture von Dr. Michael Cross vom Universitätsklinikum Leipzig ebenfalls mit Preisen ausgezeichnet.