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5. Dez 2024

»Hands-on! Plädoyer für eine experimentelle Medienarchäologie«

Verfasst von

Eine kritische Reflexion zum Text von Andreas Fickers

von Ulrike Kühnold

Andreas Fickers spricht in seinem Text „Hands-on! Plädoyer für eine experimentelle Medienarchäologie“ von der experimentellen Medienarchäologie. Er schlägt eine Methode vor, die durch spielerischen und sinnlichen Umgang mit technischen Objekten neue Einblicke in die Medien- und Technikgeschichte eröffnet. Kern dieser Methodik ist das „Re-enactment“, bei dem historische Medienpraktiken durch das Nachstellen realer Nutzungssituationen rekonstruiert werden. Ziel ist es, die Materialität und performative Dimension technischer Objekte nicht nur zu analysieren, sondern durch direkten Umgang zu erfahren. Dies soll die Reflexion über Funktionalität, Semantik und symbolische Bedeutungen historischer Objekte fördern und neue Erkenntnisse über vergangene Medienpraktiken generieren. Obwohl dieser Ansatz innovative Perspektiven eröffnet, wirft er auch Fragen hinsichtlich seiner praktischen Umsetzbarkeit, erkenntnistheoretischer Rahmen und methodischen Abgrenzung auf.

Andreas Fickers weist auf Forschung von Wanda Strauwen hin. Sie plädiert für eine „Entauratisierung“ technischer Objekte, um diese nicht nur als historische Objekte zu behandeln, sondern als interaktive Forschungsgegenstände. Durch den experimentellen Umgang sollen Erkenntnisse über die räumlich-zeitlichen Bedingungen und das Handlungswissen gewonnen werden, die aus der Nutzung solcher Objekte resultieren. Der Ansatz will nicht nur die historische Interpretation vertiefen, sondern auch neue Methoden und Werkzeuge für das Lehren und Verstehen der Mediengeschichte bereitstellen. Trotz der Innovation des Ansatzes wirft er jedoch kritische Fragen auf.

So ist die Methode des „Re-enactments“ nicht frei von methodischen und theoriebezogenen Herausforderungen. Einerseits liegt die Stärke des Ansatzes in seiner spielerischen und experimentellen Dimension, andererseits bleibt die Subjektivität der Erkenntnis ein Problem. Die persönliche Interpretation der Forschenden kann die Ergebnisse beeinflussen, sodass eine vermeintlich „objektive“ Rekonstruktion schwer realisierbar ist. Darüber hinaus könnte der praktische Nutzen der experimentellen Medienarchäologie begrenzt sein. Während die Methode bei technisch leicht zugänglichen oder massenproduzierten Objekten gut funktioniert, stoßen Forschende bei seltenen oder schlecht dokumentierten Objekten an ihre Grenzen. Hier stellt sich auch die Frage, inwieweit die vorgeschlagene „Entauratisierung“ mit konservatorischen und ethischen Grundsätzen vereinbar ist. Ein weiteres kritisches Moment ist die fehlende klare Abgrenzung zu bestehenden methodischen Ansätzen. Andreas Fickers sieht die experimentelle Medienarchäologie als Ergänzung zur Diskursanalyse, doch ihr Unterschied zu ähnlichen Ansätzen wie der Phänomenologie bleibt unklar. Hinzu kommt, dass der Fokus auf Materialität und Sinnlichkeit die sozialen, politischen und kulturellen Kontexte der Mediennutzung möglicherweise vernachlässigt.

Ein Beispiel für den Ansatz de Re-enactmet in der experimentellen Archäologie wäre die Nachstellung der Entstehung von Höhlenmalerei. Dabei zeigte sich, wie viel kultureller Aufwand erforderlich ist, um solche Kunstwerke an die Wände zu bringen. Für Andreas Fickers steht dabei das praktische Wissen im Vordergrund. Autoren wie Michel Foucault, die überwiegend theoretisch arbeiten, kritisiert er deshalb und betont, dass der beste Lernprozess durch aktive Beteiligung „Hands-on“ erfolgt.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass Andreas Fickers den Begriff „Medienarchäologie“ nicht eindeutig definiert. Vielmehr wird er als experimentelle Archäologie mit Fokus auf Medien verstanden, die die Bedeutung von Sinneserfahrungen und praktischen Experimenten betont. Der Ansatz fordert dazu auf, die performative Dimension von Medienobjekten neu zu denken und kritisch zu hinterfragen. Trotzdem bleibt seine praktische Umsetzung begrenzt, und die Subjektivität der Erkenntnisse sowie die Abgrenzung zu bestehenden Ansätzen erfordern eine genauere Prüfung. Trotz dieser Schwächen trägt der Ansatz jedoch wesentlich zur Erweiterung historischer Forschungsperspektiven bei und schafft Raum für weitere methodische Experimente.

Über Stefan Höltgen

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