Einsame Wege, leere Straßen, dunkle Parks – für viele Frauen in Deutschland sind dies nicht nur alltägliche Szenarien, sondern auch Bilder, die tiefe Angst und Unbehagen hervorrufen. Unser Kurzfilm „Girls just wanna go home“ (von Amrei Töppich, Maurice Schmidt, Hermine Drebenstedt und Johanna Koch) legt diese dunkle Realität schonungslos offen.
Laut einer Studie der Hochschule Merseburg aus dem Jahr 2021, haben 97% aller Frauen in Deutschland schon einmal Formen von sexueller Belästigung erlebt oder sich belästigt gefühlt – am häufigsten im öffentlichen Raum. Unser Projekt zeigt die Folgen solcher Erfahrungen: Die Angst, dass es sich wiederholt, die Angst das Schlimmeres passiert, die Angst vor dem, was nachts draußen lauert, als ständiger Begleiter.
Damit kämpft auch unsere Protagonistin Lola, als sie nachts nach einem schönen Abend mit einer Freundin allein nach Hause läuft. In der Dunkelheit verschwimmen die Grenzen zwischen Einbildung und Realität. Ist der zweite Schatten, den Lola im Lichtkegel der Laterne sieht, wirklich da? War da nicht gerade eine Bewegung im Busch? Woher kommt das zweite Paar Schritte? Was der Kurzfilm von außen zeigt, wird vom Hörspiel von Innen durchleuchtet. Hier erleben wir Lolas Unbehagen, ihre Angst, ihre Wut und schließlich Panik hautnah mit.
Die Arbeit an unserem Projekt war von einer ganz klaren Motivation getrieben: Die Sicherheit von Frauen im öffentlichen Raum ist ganz offensichtlich keine Priorität unserer Gesellschaft. Wo bleibt zum Beispiel die erhöhte Polizeipräsenz an Orten, an denen es wiederholt zu Übergriffen und Vergewaltigungen kommt? Wir sind in Deutschland, aber das bedeutet nicht, dass wir sicher sind. Die Gruppe, die am stärksten gefährdet ist, sind Frauen, und die Menschen, die Frauen belästigen und vergewaltigen, sind primär Männer. Und trotzdem wird Frauen beigebracht sich zu schützen – durch Selbstverteidigungskurse, Pfefferspray und das Meiden bestimmter Orte zu bestimmten Zeiten – statt zu verhindern, dass für sie bedrohliche Situationen entstehen.
Mit unserem Projekt wollen wir zeigen, wie dringend weitere Aufklärung und Aktion erforderlich sind. Denn erst wenn wir beginnen, das Problem an der Wurzel anzugehen, können wir hoffen die Straßen für alle sicherer zu machen. Unser Film fordert jeden dazu auf, über das soziale Miteinander, die Realität, in der wir leben, und die Verantwortung, die jeder einzelne dafür trägt, nachzudenken. Unser Hörspiel zeigt, dass die Abwesenheit von physischer Gefahr nicht bedeutet, dass keine Angst besteht. Die Angst vor Gewalt kann genauso belastend, real und schädlich sein, wie physische Angriffe. Im Endeffekt geht es bei „Girls just wanna go home“ nicht nur um die Furcht vor sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung, sondern auch um die Angst vor den Konsequenzen, die ein solcher Übergriff für ein Leben hat.
Solange wir weiterhin Mädchen und Frauen beibringen, sich zu verteidigen, anstatt Jungen und Männern beizubringen, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und sich angemessen zu verhalten, werden wir den Kampf gegen diese Ungerechtigkeit weiterhin führen müssen. Lasst uns zusammen daran arbeiten, diese wichtige Veränderung herbeizuführen. Denn am Ende des Tages wollen Mädchen und Frauen nur sicher nach Hause kommen. Und das sollte kein Wunschtraum sein, sondern ein Grundrecht.