Die Sage um die Hohe Brücke

„Die Sage also zeigt uns lebendigen Menschen mit einer reichen Innenwelt, eingebettet in eine vielschichtige Umwelt, mit starken und innigen Beziehungen zu Mitwelt, Vorwelt und Nachwelt.“

– Max Lüthi, Volksmärchen und Volkssage (1961)

Sie befinden sich auf der heutigen Saalebrücke, die die Elisabeth-Saale überspannt und die Innenstadt mit Halle-Neustadt verbindet – die ersten Hochhäuser der Neustadt können Sie von hier aus bereits sehen. Ungefähr an dieser Stelle wurde im Jahre 1172 die Hohe Brücke errichtet. Ihr folgte einige Jahrhunderte später die Elisabethbrücke – ihr Bau dauerte von 1842 bis 1843. Sie wurde 1977 abgerissen.
Lesen Sie hier die Sage über den Bau der Hohen Brücke.

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Hohe Brücke

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Hohe Brücke 51.481664, 11.953275 Hohe Brücke Saaleaffen
Der Bau der Hohen Brücke und die Saalaffen

„Eines Tages war die alte Holzbrücke, die über die Saale nach der Heide führte, schon sehr schlecht geworden, so daß man befürchtete, daß sie zusammenstürzen würde, wenn ein schwerer Wagen darüber fahren würde. Daher beschloß man, eine neue steinerne dorthin zu bauen, und die Maurer und Steinhauer machten sich flugs an die Arbeit. Als sie jedoch in der Mitte der Saale den Grund zu den großen Pfeilern legen wollten, da passierte es ihnen, daß in der Nacht immer alles, was sie am Tage dazugebaut hatten, zerstört wurde. Zuerst glaubte man die Konstruktionen seien nicht fest genug, und legte deshalb immer stärkere an, die dem Strome trotzen sollten. Es half aber nichts, des Morgens war alles wieder zerstört.

Verwundert darüber, wie das zuginge, blieben sie denn endlich einmal eine Nacht auf, um den Grund der Zerstörungen zu erforschen. Es war gerade Vollmond, und die Strahlen fielen licht und klar in die Saale, daß sie alles sehen konnten. Da bemerkten sie denn, wie plötzlich zwei große Saalmänner angeschwommen kamen, welche die mächtigen Steine wie Kiesel durcheinander warfen und alles demolierten. Am anderen Morgen hielten sie Rat, was zu tun sei und wie diesen Unholden beizukommen wär. Als sie nicht einig werden konnten, gingen sie zum Priester in der Nikolauskapelle in der Klausstraße, der gerade am Morgen die Messe las, und trugen ihm die Geschichte vor. Nach kurzem Überlegen erzählte er ihnen das Wunder von der Geißel des heiligen Nikolaus und befahl ihnen, einige geweihte Stückchen aus derselben mit einzumauern, dann würde alles unberührt stehen bleiben. Wie ihnen gesagt war, taten sie denn auch, und am anderen Morgen fand man nicht nur alles unversehrt, sondern als man genauer zusah, auch die Unholde auf dem Grunde der Saale tot liegen. Vor Schreck hatten sie mit den Händen Mund und Nase ausgerissen und waren in Stein verwandelt. So mauerte man sie in die Brücke ein, und das Volk nennt sie wegen der Fratzen, die sie schneiden, die Saalaffen.“

Die Ausdehnung historischer Fakten

Im deutschen Sprachraum besteht eine große Fülle an Märchen, Sagen, Fabeln und anderen Geschichten. Eine Sage ist dabei im Allgemeinen weniger poetisch als ein Märchen und lässt sich an einem Ort lokalisieren. Obwohl sie durch ihre sprachliche Nüchternheit den Eindruck erweckt, es handele sich um real-historische Ereignisse, geht die Sage inhaltlich weit über die geschichtlichen Fakten hinaus. Oftmals wird der realistische Anschein durch die Nennung von Personen und Orten noch verstärkt.

Das Auftauchen des Übernatürlichen – in diesem Falle die Saalmänner – wird, im Gegensatz zum Märchen, als etwas Erschreckendes und Zerstörerisches wahrgenommen – sie zerstören immer wieder die Pfeiler der Brücke. Bei der Sage um den Bau der Hohen Brücke handelt es sich um eine historische Sage. Sie stellt das historische Ereignis des Brückenbaus in den Mittelpunkt der Erzählung und interpretiert es mit einer mythischen Weltsicht.

Eine Sage kann also im Kontext eines Ereignisses Auskunft über Normen und Werte der Menschen einer Zeit geben, indem sie mit dem Hintergrund einer kollektiven Glaubensvorstellungen den historischen Inhalt interpretiert.

Einen der „versteinerten Saalaffen“ ist als Skulptur im Salinemuseum ausgestellt.

Literaturtipps

Baron von Schultze-Galléra, Sigmar (Hrsg.) (1922): Die Sagen der Stadt Halle und des Saalkreises, Halle (Saale) 1922.

Freitag, Werner; Ranft, Andreas (Hrsg.): Geschichte der Stadt Halle. Band 1. Halle im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, Halle (Saale) 2006.

Überqueren Sie jetzt die Brücke in Richtung Halle-Neustadt. Sie können der Straße folgen und Ihren literarischen Spaziergang in Halle-Neustadt fortsetzen oder sich nach der Brücke nach rechts wenden und in Richtung des Gimritzer Parks und der Peißnitzinsel schlendern. Dort können Sie die grünen Orte der Romantik in Halle besuchen.