Nu hieß das Salz doch damals Hall
– Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle, Die Jründung der Stadt
drum riefen freelich alle:
„Mir als Hallorn uff jeden Fall
nenn’n unser Städtchen Halle.“
Neben den zahlreichen Läden und Lokalen auf dem Boulevard der Leipziger Straße fällt hier besonders eine Hausfassade ins Auge. Hier stehen einige Sprichwörter, die in ganz Deutschland und auch spezifisch in Halle in Gebrauch sind. Dies ist Teil eines Projekts des Fördervereins Pro Halle e. V., bei dem insgesamt drei Fassaden in der hallischen Innenstadt mit Schrift verziert wurden. Während hier deutsche Sprichwörter stehen, sind in der Kleinen Ulrichstraße Wortantiquitäten (z.B. „Wonne“ und „Kleinod“) und in der Dreyhauptstraße die hallische Mundart (z.B. „Wänster“ und „Figugchen“) zu finden.
Wussten Sie, dass es die Gründungslegende Halles sogar in hallischer Mundart gibt? Lesen Sie sich diese gerne durch oder – um einen Eindruck des Hallischen zu bekommen – können Sie sich auch einen Auszug anhören!
Es war emal e kleenes Nest
das Dobresol sich nannte
un das in Süd, Nord, Ost und West
e jeder Volksstamm kannte.
Vor üwer 1000 Jahren schon
jab’s dort an eener Stelle
wo jetz e Hofen Leite wohn’n
ne eejenartje Quelle.
Es hatte nämlich dazumal
e Schwein dort rumjefriemelt
un als es rauskam, denkt emal
war’s janz mit Salz begriemelt.
Erscht ham de alen Jerman’n jelacht
als eener dadran leckte
dann ham ses alle nachjemacht
un gugge da, es schmeckte.
Nu wurde lange simuliert
un denn mit pfiffjer Miene
da hatt der Heiptling kommandiert
„mer baun uns ne Saline“.
Se holten sich de Sole raus
aus dieser ulkjen Fitze
un wärklich wurde Salz dadraus
bei mächtjer Bullenhitze.
Wenn ihr nu denkt, die warn nich klug
da seid ihr falsch beraten
die hatten balde Salz jenug
for ihrn ejnen Braten.
Drum fassten se den Ratsbeschluss
nach vielen diskutieren:
„Mer ham an Salz en Üwerschuss,
drum kömmer exportieren.”
Nu brach bei den’n der Wohlstand aus
der Met floss unoffhehrlich
manch eener baute sich e Haus
da wurde es jefehrlich.
Der Futterneid, der rächte sich
die andern Völkerstämme
die jennten unsern Ahnen nich
das Salz uff ihrer Bemme.
Just kam uff eema üwers Land
der Genich anjeritten
fix sind se alle rinjerannt
um den ewas zu bitten.
„Herr Genich“, fing der Heiptling an
„sie ham keen blassen Schimmer
was mer hier durchzumachen ham.
Uns üwerfalln se immer!
Damit die schwere Gläche mer
in Ruhe könn’n verrichten
wolln mer an dieser Stelle hier
ne feste Stadt errichten.
Ne Mauer drum, ham mer jedacht
mit Tärmchen un mit Spitzen
un Wächtersch druff bei Tag un Nacht
solln unser Werk beschitzen.“
Das heerte sich der Genich an
dann tat er plötzlich lachen
un zu dem Heiptling sprach er „Mann,
wie willste das denn machen?
S’is zwar leichte hinjesacht
doch kosten tut’s e Hofen.
Wollt ihr die Lumpen, die ihr tracht,
for teires Jeld verkofen?“
Das kränkte nu die alen Hallorn
janz dichtj in ihrem Stolze
drum sprachen se: „Hochwohljeborn,
uns fehlt es nicht am Holze.
Da seht nur her soviel ihr wollt
denn Sole jibt’s in Massen
drum wird das Silwer und das Jold
nich uff sich warten lassen.“
Der Genich war nu richtj belehrt
er lachte nich mehr heenisch,
janz freindlich sprach er: „Also heert,
ich sache eich als Genich,
das mit der Stadt wird so jemacht
den Bau erlob ich jerne
un leichten soll bei Tag un Nacht
eich Sonne, Mond un Sterne.“
Nu freiten se sich wie de Errn
dass das so fix tat glappen
drum trachen Sonne, Mond un Stern
mer heite noch im Wappen.
Nu hieß das Salz doch damals Hall
drum riefen freelich alle:
„Mir als Hallorn uff jeden Fall
nenn’n unser Städtchen Halle.“
▽ Pflege des hallischen Charakters
Die Legende ist auf der Internetseite der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle zu finden, deren Ursprünge bis 1941 zurückzuverfolgen sind. Die Brüderschaft besteht zu Beginn nur aus Salzarbeitern, die sich für bessere Arbeits- sowie Lebensbedingungen einsetzen. Heute sind Menschen unterschiedlicher Bereiche und Hintergründe die Mitglieder und setzen sich für das Fortführen von Brauchtum und Tradition ein. Dazu gehören mit der so verfassten Legende auch die Geschichte Halles und die hier vorherrschende Mundart.
▽ Literaturtipps & NACHWEISE
Engelhardt, Günter: Hallesches Jemähre: Heiteres und Besinnliches in Mundart. Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2004.
Krause, Günter: Hallesche Jeschichten im Dialekt erzählt. Salzverlag, Halle, 1991.
Lemmer, Manfred: Forr Ischen und Scheekser: Gedichte und Prosa in hallescher Mundart. Mitteldeutscher Verlag, Halle, 1994.
Lochner, Bodo E.: E seltnes Eksemblar: Texte in hallescher Mundart vom „Schnatzjer“. Verlag Janos Stekovics, Halle, 2008.
Engelhardt, Günter: Dr Jleckner vom Rodn Dorm. Hallesche Jeschichden aus aldn unn neien Daachen. Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2006.
Von der Hausfassade in der Leipziger Straße gehen Sie hinunter bis zum Leipziger Turm. Auf der rechten Seite am Hansering treffen Sie dort auf Therese von Jacob.