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Rezension: „Sprachreflexion und Sprachbewusstsein fördern – durch und mit Künstlicher Intelligenz“ (Matthias Ballod 2024)

Im Folgenden werde ich den Beitrag „Sprachreflexion und Sprachbewusstsein fördern – durch und mit Künstlicher Intelligenz“ von Matthias Ballod (2024) rezensieren. 

Inhaltszusammenfassung 

Der Beitrag beschreibt „das Spannungsfeld für die Deutschdidaktik und den Deutschunterricht zum Nutzen von Large-Language-Models“ (a.a.O., Abstract), welches einen deutlichen Diskurs eröffnet. Denn wenn man davon spricht, muss man auch den Umfang und den Einsatz mitdiskutieren. Im Text wird die Grundannahme beschrieben, dass „die Beschäftigung mit und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz […] selbstverständlich in den Deutschunterricht [gehört]“ (a.a.O., Abstract) und zwar in mehreren Hinsichten: bezüglich einer breitgefächerten Medienbildung, hinsichtlich des Auftrages des Faches Deutsch und dessen Ziele, in Bezug zur gegenwärtigen Lebenswelt der Schüler*innen sowie in Betrachtung der kommunikativen Herausforderungen, welche sich in Zukunft ergeben (werden) (vgl. a.a.O., Abstract). Daraus ergibt sich laut Matthias Ballod schließlich die letzte Aufgabe: „die Vermittlung von Informationskompetenz [als] zentrale Anforderung an den Deutschunterricht“ (a.a.O., Abstract). 

Zudem wird in dem Beitrag eine fachdidaktische Position zum sinnvollen Einsatz textgenerativer KI-Anwendungen mittels handlungs- und produktionsorientierter Aufgaben angeschnitten, exemplarisch skizziert von einer Mensch-Chat-interaktion zur Sprachreflexion (vgl. a.a.O., Abstract). 

Gliederung des Beitrages

Der Beitrag gliedert sich dabei in folgende Abschnitte: 

  • Künstliche Intelligenz als Teil (hoch)schulischer Medienbildung 
  • Anwendung(en) Künstlicher Intelligenz im Fach Deutsch 
  • Vermittlung von Sprachreflexion und Sprachbewusstheit 
    • Sprachliche Verständigung untersuchen und reflektieren 
    • Sprachliche Strukturen untersuchen und reflektieren  
    • Grammatische und lexikalische Mittel kennen und funktional verwenden 
    • Richtig schreiben 
  • Ausblick: Künstliche Intelligenz (KI) erfordert Informationskompetenz (IK) 

Diskussion 

Im ersten Abschnitt wird angerissen, dass es die Revolution des Chatbots ChatGPT im November 2022 war, welche die Diskussion zu Künstlicher Intelligenz im Schulkontext anfeuerte. Die Meinungen sind kontrovers, denn KI löst einerseits „Phantasien zur Lösung von Problemen im Bildungssystem [aber auch] Befürchtungen zu seinem Zerfall [aus]“ (a.a.O, S.1). Das sind klar abzugrenzende Perspektiven auf die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz im Bildungswesen, welche auch nicht ganz harmlos erscheinen. Im folgenden beschreibt der Autor erst einmal, wie denn solche KI-basierten Chatbots hilfreich eingesetzt werden – von Schüler*innen, aber auch von Lehrer*innen. Ebenso werden die Schwächen aufgezeigt, seien es die unklare Datenbasis oder Halluzianationen, wobei die Systeme klar falsche und unreflektierte Lösungen anbieten (vgl. a.a.O., S.1). Die Reaktionen der Schulen und Hochschulen sind dabei sehr unterschiedlich, jedoch in einem Schnittpunkt festzuhalten: Der Schwerpunkt der Länder liegt auf „Strategischen Handlungsempfehlungen“ und „Verhaltensregeln zum Einsatz der Technologien“ (a.a.O., S.2). Des weiteren wird der Nutzen seitens der Lernenden und der Lehrenden kurz beschrieben, wie zum Beispiel das Erledigen von Hausaufgaben oder Differenzierungsmöglichkeiten für den Unterricht (siehe a.a.O., Seite 2). „Angesichts der rasanten Durchdringung von Lern- u. Arbeitswelt wird sich das Bildungswesen auf ebenso tiefgreifende Veränderungen durch KI einstellen müssen; im Bereich des Wahrnehmens (Spracherkennung…), des Handelns (Natural Language Processing…) und des Lernens (Crowdsourcing…)“ (a.a.O., S.2). Die Frage ist doch aber, wie man sich auf diese Veränderung einstellen muss, dass Künstliche Intelligenz auch tatsächlich Teil (hoch)schulischer Medienbildung wird. Der Teil hochschulischer Bildung kommt in diesem Beitrag leider etwas zu kurz, denn der Schwerpunkt wird schnell auf das schulische Bildungswesen im Fach Deutsch gelenkt, was auch wichtig ist, denn daraus resultieren die Köpfe von später. Doch wäre es hierbei interessant, wie man diese Medienbildung an Hochschulen und Universitäten integriert, um diese an Schulen überhaupt zu gewährleisten. Hierbei kommt auch die Diskussion ins Spiel, welche Bedingungen für Schule grundlegend verändert werden müssten (systematisch). Außerdem kommt der Bezug zur Kontroversität der Thematik, welche zu Beginn beschrieben wurde, etwas zu knapp. Künstliche Intelligenz wird hierbei mehr als Nutzen für die Zukunft beleuchtet, was auch grundlegend sinnvoll ist, wenn man sich die Entwicklung in einer digitalisierten Welt anschaut. Doch für eine Auseinandersetzung müssen ebenso die Risiken aufgeführt werden – nicht um Panik zu verbreiten, sondern um diese aufbrechen zu können und diese weiterentwickeln zu können. Dennoch ist der chancenorientierte Blick des Autors sehr fortschrittlich und wahrscheinlich soll gerade das im Fokus stehen.

Im zweiten Abschnitt wird der rote Faden des Beitrages erkennbar gemacht, wenn es darum geht, die oben genannten Dimensionen von Medienbildung in den Schulalltag zu integrieren. Und eines wird klar deutlich: Die Bedeutung, warum man sich überhaupt in Zusammenhang mit Sprache mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen sollte. Denn „bedingt durch die generativen KI-Systeme wird Sprache – noch umfassender als ohnehin – zur zentralen Schnittstelle in der Mensch-Computer-Interaktion“ (a.a.O., S.3).  

Im dritten Abschnitt widmet sich der Autor dem Kernthema des Beitrages und der oben genannten Frage des „Wie“ – Wie man Sprachreflexion und Sprachbewusstheit vermittelt und fördert. Hierbei besteht auch hier der curriculare Bezug und somit auch der wissenschaftliche oder zumindest der fachliche Bezug zu der wichtigen Thematik. Der Text bzw. die Förderungsmaßnahmen gliedern sich hier in 3.1 Sprachliche Verständigung untersuchen und reflektieren, 3.2 Sprachliche Strukturen untersuchen und reflektieren, 3.3 grammatische und Lexikalische Mittel kennen und funktional verwenden und 3.4 Richtig schreiben. Sehr gut sind hierbei die konkreten Arbeitsideen im Umgang mit den Schüler*innen, welche sogar mit Beispielen untermauert werden. Diese alle aufzuführen, würde zu weit führen und den Raum für Kreativität nehmen. Diese ist zudem ein wichtiges Mittel, um den traditionellen Grammatikunterricht zu erweitern. Doch um deutlich zu machen, was hier gemeint ist, ein Beispiel: im Punkt Grammatische und Lexikalische Mittel kennen und funktional verwenden findet sich folgendes wieder: „Verhältnis von konzeptioneller Schriftlichkeit/ Mündlichkeit: Welchen Einfluss haben die Systeme generative KI auf die Transformation von konzeptioneller Mündlichkeit/Schriftlichkeit? Welche Transitionen erfolgen, wenn der Nutzer einen Text spricht und der Algorithmus einen Text schreibt – bzw. umgekehrt? Wie verändern sich Gesprächstypen […]“ (a.a.O., S.5). Hier sieht man neben den konkreten Fragestellungen auch gleichzeitig Reflektionsanlässe. „Ein produktiver und kreativer Einsatz generativer KI im Deutschunterricht eröffnet neue methodische und methodologische Zugriffe auf bekannte Konzepte von Grammatik. Die gezielte Beschäftigung im Zusammenspiel mit KI kann eine klassische Grammatik-Vermittlung erweitern, nicht aber ersetzen. Traditionelle Zugänge zu Sprachbewusstheit (Steinig/Huneke 2022, S. 172ff.) lassen sich ebenso integrieren, wie neuere Konzepte, z.B. zum „Funktionalen Grammatikunterricht“ (Ossner 2018) weiterentwickeln“ (a.a.O., S.7). 

Interessant finde ich den Ansatz des Ausblickes: „Künstliche Intelligenz erfordert Informationskompetenz“, welcher zudem noch zusätzlich durch ein Spiel mit den Buchstaben (KI —> IK) unterschrieben wird (S.7). Denn hier wird der Diskurs des Anfangs relativiert, indem der Autor festhält, dass per se erst einmal nicht immer alles positiv oder negativ bewertet werden sollte, sondern das „Warum“ und das „Wie“ in Relation zum Nutzen stehen sollte. Denn der eigentliche Diskurs sollte nicht die Daseinsberechtigung sein, sondern wie man KI sinnvoll einsetzt.   Denn „Anwendungsbezogenes Wissen über Strukturen, Funktionen, Wirkungen und Intentionen semiotischer und medialer Kommunikationssysteme wird kommende Lerngenerationen befähigen, an demokratischen und technologischen Diskursen zu partizipieren, die Grundlage emanzipierter, toleranter und kritischer gesellschaftlicher Teilhabe“ (a.a.O., S.8). 

Neben Betrug und Missbrauch KI generierter Stimmen – Alexis erhält nach Operation ihre Stimme und ein Stück Lebensqualität zurück

Neben vielen Missbrauchsfällen geklonter Stimmen durch KI gibt es auch positive Aspekte der revolutionären Technologie:

Dank Künstlicher Intelligenz erhält die 21-jährige Amerikanerin Alexis Bogan ihre Stimme zurück. Trotz dessen, dass sie nicht wirklich selbst mit ihrer Stimme spricht, sondern eine App das von Alexis Gewünschte mit einer synthetischen Version ihrer Stimme wiedergibt, ist es für die junge Frau eine große Erleichterung. Nach eigenen Angaben spricht sie davon, dass die Technologie ihr einen Teil ihrer Identität wiedergibt. Denn aufgrund einer im letzten Jahr durchgeführten Operation zur Entfernung eines Tumors in ihrem Gehirn ist Alexis Sprechvermögen seitjeher beeinträchtigt. Vor allem laute Umgebungen bereiten ihr Schwierigkeiten, da ihre Stimme nur schlecht zu verstehen ist. Doch mithilfe einer alten Sprachaufnahme von Alexis konnte durch KI eine synthetische Version ihrer Stimme entwickelt werden, die täuschend echt klingt.

Alexis App auf ihrem Smartphone spricht mit ihrer „alten“ Stimme das Eingetippte laut aus. (Bild vom AI Image Generator Canva)

Die App, durch die Alexis sagt, was sie sagen möchte, imitiert innerhalb weniger Sekunden ihre alte Stimme, wodurch es so wirkt, als würde nicht die App, sondern Alexis selbst sprechen. Die Kopie ihrer Stimme ist für Alexis eine große Erleichterung, da trotz monatelanger Rehabilitation ihre Stimme nicht so klingt, wie sie einmal war. Sie sagt, dass die App ihr helfe, ihre Stimme wiederzufinden und ihr somit ein Stück Lebensqualität zurückgibt.

Neben den potentiellen Gefahren die von Technologien zum Klonen echter Stimmen hervorgehen, können eben auch die Chancen jener Entwicklungen ins Auge gefasst werden, von denen Menschen mit Beeinträchtigungen profitieren können. Dennoch sei auch an dieser Stelle vor Missbrauch hinsichtlich der Verbreitung von Falschinformationen durch täuschend echt klingende Stimmen von Personen gewarnt.

Hier geht es zum ausführlichen Bericht der Tagesschau:

https://www.youtube.com/watch?v=EKmadJNOzjw

Sprach – KI als Unterstützung in Schreibprozessen? Wampflers Möglichkeiten zur Umsetzung

Wie verändert künstliche Intelligenz den Unterricht? Diese Frage stellt Philippe Wampfler eingangs und erläutert die Verunsicherung von Lehrenden und Lernenden der KI gegenüber. Weiterhin schildert er die Fehler und Beschränkungen der KI, vor allem die Vergleiche von KI-Antworten im April 2023 zu Oktober 2023 sind drastisch und mitunter erschreckend. Dabei geht er auch auf die Ursachen dieser Unterschiede ein, welche Grenzen es auch jetzt noch gibt und mögliche Fehlerquellen. Wampflers Hauptanliegen zeigt sich jedoch darin begründet, zu zeigen, wie KI-Tools zum Erstellen von Texten genutzt werden sollten, nämlich so, wie es alle Gruppen in der letzten Sitzung in ihren fiktiven Planungen und Aufgabenstellungen zum Erstellen eines Textprodukts getan haben: als unterstützenden Instanz. Eine Gruppe ließ die Lernenden ein KI-Tool nutzen, um Informationen zu beschaffen, mit denen die Schülerinnen und Schüler anschließend eigenständig weiterarbeiten sollten. Eine andere Gruppe nutze ein anderes Tool als zweite Kontrollinstanz, um einen Text auf grammatische, orthographische und stilistische Fehler zu überprüfen. 

Intuitiv wandte jede Gruppe das an, was Wampfler in diesem Artikel am Herzen liegt: KI als prozessbegleitende Unterstützung zu nutzen, die Leistung der Lernenden als wichtig und nicht durch die Maschine ersetzbar definieren und den Prozess der Textentstehung in den Vordergrund stellen, nicht das fertige Endprodukt.  

Beim Einsatz von KI im Unterricht sollte nicht vergessen werden, warum es genutzt wird. Nicht, um seiner Selbstwillen, nur um irgendeine künstliche Intelligenz in der Schule zu nutzen, um irgendetwas damit zu erstellen. Bei Nutzung einer KI sollte deren Einsatz logischerweise überlegt und nachvollziehbar sein. Darüber hinaus müssen die Schülerinnen und Schüler den Umgang damit erlernen, Möglichkeiten, Grenzen und Fehlerquellen kennenlernen. Beispielsweise ist es wichtig, selbst die Erfahrung zu machen, inwiefern sich bei veränderter Promteingabe, beziehungsweise abgeänderter Formulierung die Ergebnisse unterscheiden oder einzelne Aspekte unterschiedlich gewichtet werden.  Ebenso entscheidend ist es auch, die Bedeutung des Künstlichen hervorzuheben. Während es in der letzten Seminarsitzung viel darum ging, inwiefern KI-Tools unterstützen oder in einigen Bereichen auch Arbeit abnehmen können, sollte man nicht aus den Augen verlieren, welche Leistung die KI nicht erbringen kann. Warum ist es also wichtig, dass Schülerinnen und Schüler einen Text selbst verfassen und KI nur zur Unterstützung im Schreibprozess verwenden? Was kann nur ein Mensch und nicht die Maschine zu Papier bringen? Was unterscheidet uns als Wesen davon? An welcher Stelle können wir aber getrost auf die Unterstützung durch die KI zurückgreifen, um einfacher Informationen zu beschaffen, eine weitere Kontrollinstanz zu haben und Anregungen zum Schreiben schaffen?

Es ist also eine weitere Herausforderung im Umgang mit KI in der Schule, wenn nicht sogar die wichtigste, den Schülerinnen und Schülern ihre Leistung als Mensch, ihre Einzigartigkeit zu verdeutlichen, um zu begründen, warum Schreiben weiterhin sinnvoll ist und nicht vollständig von der KI übernommen werden kann (und sollte).

Die Auswirkungen einer KI auf das Schreiben von Texten. Eine kurze Zusammenfassung zum Beitrag „ChatGPT oder Überlegungen zu den Veränderungen des Schreibens in der Schule“ von Kirsten Schindler (2023).

Hinweis: Der folgende Beitrag stellt eine kurze Zusammenfassung über einen Artikel von Kirsten Schindler über die Veränderung des Schreibens in der Schule aus dem Jahr 2023 dar.

Wie kann eine KI angelernt werden?

Schindler (2023) schreibt dazu, dass ChatGPT über vier Trainingsschritte angelernt wurde, nämlich über ein generatives, unüberwachtes Vortraining, ein überwachtes Feintuning, einem reward modelling sowie einem inforcement leraning. Dabei  muss von menschlichen Ratern sichergestellt werden, dass weder gewaltbezogene, noch diskriminierende oder strafrechtlich relevante Inhalte produziert werden können (Schindler, 2023). Im ersten Schritt wird das System unter anderem mit Wikipediaartikeln angelernt, also mit im Internet frei verfügbaren digitalen Texten aus dem Trainingsjahr (Schindler, 2023). Um aber einen eigenen Text generieren zu können, muss das System Sprache fortführen können (Schindler, 2023). Dazu werden, vom Nutzer eingegebene Inhalte untersucht und mögliche folgende Inhalte über eine Wahrscheinlichkeitsverteilung errechnet, sodass das System dann eine Antwort, in Form eines fortlaufenden Textes formulieren kann (Schindler, 2023).

Welche Gefahren und Möglichkeiten können aus der KI-Nutzung resultieren?

Schindler (2023) macht darauf aufmerksam, dass die Textausgabe der KI, aufgrund komplexer, mehrschichtiger Rechenprozesse, von Menschen nicht prognostiziert werden kann. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass minimale Abweichungen im Input, also in der Eingabe beispielsweise einer Fragestellung, deutliche Abweichungen im Output, also im ausgegebenen Text, produzieren (Schindler, 20203). Das macht deutlich, wie schwer es nachzuvollziehen ist, was der Nutzer von ChatGPT eingegeben haben muss, um den ausgegebenen Text als Endprodukt zu erhalten. Die Texte, die die KI produziert, sind aufgrund ihres Trainings mit von Menschen generierten Texten häufig schlüssig, da das System wahrscheinliche und typische Sprache reproduziert (Schindler, 2023). Auch bemerkenswert ist, dass die KI keine Plagiate, sondern Originale erschafft (Schindler, 2023). Das deutet auch auf eine enorme Herausforderung für Schule und Lehre hin, da es fast unmöglich ist den Lernenden nachzuweisen, ob sie gewisse Texte in Eigenleistung oder mit Hilfe von ChatGPT oder anderen KI-Softwares produziert haben. Weiterhin konnte ChatGPT das bayrische Abitur mit einer Note von 2 abschließen (Schindler, 2023). Das verdeutlicht, wozu KI bei intensivem und richtigem Training in der Lage sein kann und stellt vorhandene Prüfungsformate, wie Haus- und Abschlussarbeiten, in Frage.

Welche Rolle spielt das Medium beim Schreiben von Texten?

Schindler (2023) orientiert sich bei der Einteilung der Medien an den sechs Dimensionen technisch-medial, physisch kognitiv, sozial, semiotisch und textuell-diskursiv, die Steinhoff im Jahr 2022 in seinem Beitrag „Die digitale Transformation des Schreibens“ festlegte.

Über digitale Texte lässt sich zunächst sagen, dass sie sich aufgrund ihrer technisch-medialen Facette fundamental von analogen Texten unterscheiden (Schindler, 2023).
Sie sind für eine maschinelle Verarbeitung geeignet, was impliziert, dass sie automatisch in Verbindung mit anderen Texten gesetzt, neu strukturiert, durchsucht, berechnet und manipuliert werden können (Schindler, 2023). Die Nutzung von KI-Tools ermöglicht eine automatisierte Weiterbearbeitung digitaler Texte, was einerseits eine enorme Arbeitserleichterung bedeuten kann (Schindler, 2023). Andererseits kann die KI-Nutzung zu einem möglichen Kompetenzverlust in bestimmten Fertigkeiten wie dem Exzerpieren, Paraphrasieren und Zusammenfassen führen, was als Deskilling bezeichnet wird (Schindler, 2023).

Die physische Dimension spielt beim digitalen Schreiben eine ähnliche Rolle wie beim analogen Schreiben, die aber auf andere Weise wirken (Schindler, 2023). Schindler (2023) macht darauf aufmerksam, dass das Tippen oder Wischen auf Touchscreens die Bewegung des Fingers in den Fokus gerückt hat, wodurch eine Vereinheitlichung der Bewegungsabläufe entsteht und keine Unterscheidung auf Graphemebene mehr erfolgt. Mit der Verbreitung von Spracherkennungstechnologien, so Schindler (2023), könnte das Diktieren als Alternative zum handschriftlichen oder getippten Schreiben weiter an Bedeutung gewinnen, womit die Abnahme der Bedeutung handschriftlicher Übungen und die Entwicklung von Brain-Computer-Interfaces die Zukunft des Schreibens beeinflussen könnten.

Schindler (2023) bezieht sich bei der Beschreibung der kognitiven Dimension auf Hayes & Flower (1980) und sagt, dass sich diese darin zeigt, dass in vielen Schreibprozessmodellen das Textverfassen als Denkprozess betrachtet wird, der verschiedene Teilprozesse wie Planen, Strukturieren und Überarbeiten umfasst. Wenn Teile dieses Denkprozesses vom System übernommen werden können, könnte dies laut Limburger et al. (2023) bedeuten, dass der eigentliche Akt des Denkens beim Schreiben nicht mehr in gleichem Maße erforderlich ist. Schindler (2023) bezieht sich auch auf Sturm (2022) und sagt, dass diese Veränderungen nicht nur grundlegende Schreibfertigkeiten, sondern auch komplexe Kompetenzen wie das Strukturieren und Argumentieren in Texten betreffen könnten.

Schindler (2023) stellt fest, dass Steinhoffs Konzept der sozialen Facette des Schreibens mit Stadlers Theorie der Digitalität korreliert, was vor allem den Aspekt der Gemeinschaftlichkeit betrifft. Nach Schindler (2023) sind Referenzialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmizität grundlegende Muster für die Bedeutungsgenerierung und gemeinsame Bedeutungsverhandlung in digitalen Gesellschaften. Im schulischen Schreiben bietet die Gemeinschaftlichkeit durch kooperatives Schreiben Schindler (2023) zufolge vielfältige Möglichkeiten, sowohl zwischen Schreibenden als auch in Interaktion mit KI-Tools. Jedoch bleibt fraglich, inwieweit technische Systeme tatsächlich soziale Rollen beim gemeinsamen Schreiben übernehmen können (Schindler, 2023).

Schindler (2023) sagt, dass das Schreiben untrennbar mit Schrift verbunden ist, auch wenn diese diktiert wird. Sie weißt darauf hin, dass Steinhoff eine genauere Berücksichtigung semiotischer Faktoren beim Schreiben fordert, indem er auf Diskussionen aus der Schriftlinguistik, insbesondere zum interaktionsorientierten Schreiben, eingeht (Schindler, 2023). Schindler führt weiterhin an, dass die kreative Nutzung von Schrift durch Grundschüler, um Bedeutung zu vermitteln darauf hindeutet, dass sich möglicherweise auch traditionelle Vorstellungen von Schrift und deren Bedeutung ändern, während die Gestaltdimension von Schrift vermehrt in den Fokus rückt, unterstützt durch die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten in Textverarbeitungsprogrammen und KI-Tools.

Schindler (2023) legt dar, dass Steinhoff die textuell-diskursive Facette als eine weitere Dimension des Schreibens identifiziert, wobei digitale soziale Medien wie Instagram zeigen, dass wir in einer visuellen Kultur leben, in der Bilder und Text-Bild-Bezüge entschlüsselt werden müssen. Die Bedeutung visueller Elemente im Text, schreibt sie, hat möglicherweise angesichts der zunehmenden Alphabetisierung der Gesellschaft weniger Aufmerksamkeit erhalten, obwohl neue Textsorten wie Blogs, Tweets und TikToks sowie der Wechsel zwischen verschiedenen Modalitäten wie Text, Sprache und Bild die Textlandschaft verändern. Einige Experten, Schindler (2023) führt hier Limbur et al. (2023) an, erwarten eine höhere Fluidität des Textkonzepts im Zeitalter von KI, während andere vermuten, dass sich die Art und Weise, wie wir Text produzieren, verändern wird.

Im weiteren Verlauf des Textes geht Kirsten Schindler auf veränderte Bedingungen für das Schreiben in der Schule ein und gibt dazu Einblicke in Handreichung zu Nutzung von KI im Unterricht für Lehrkräfte verschiedener Bundesländer.

Quelle: Schindler, Kirsten (2023): ChatGPT oder Überlegungen zu den Veränderungen des Schreibens in der Schule. In: Medien im Unterricht, 6.

Wie funktionieren Programme, die Texte generieren?

Genau diese Frage stellt Philippe Wampfler in seinem Text „Können Programme gute Texte schreiben? Dieser Titel stellt leitet schon die nächste Frage ein, somit steht fest, dass sich bei dem Thema KI-generierte Texte viele Fragen ergeben. Vielleicht können einige mithilfe dieser kurzen Zusammenfassung des Textes beantwortet werden. 

Eine weitere Frage (dieser Beitrag lässt erkennen, dass immer mehr Fragen entstehen), die mich schon immer beschäftigt hat, ist wie mein Smartphone mir all diese Vorschläge an Worten unterbreitet, wenn ich eine Textnachricht verschicken möchte. Diese Frage kann Wampfler beantworten. Für diese Vorschläge ist der Markow-Algorithmus verantwortlich, dieser berechnet aufgrund der eigenen Sprachverwendung mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Wort auf ein anderes folgt. Hier ein Beispiel meines eigenen Smartphones, wenn ich das Wort Morgen eingebe. 

Morgen früh muss er noch einmal zur Schule.

Da stellt sich mir die Frage, wer morgen früh noch zur Schule muss 🤔 Das kann ganz einfach erklärt werden, denn der Markow-Algorithmus weiß nichts über den Kontext, in dem die Nachricht verfasst werden soll und erzeugt eine unendliche Schleife, da er nie einen Punkt setzt und immer neue Wörter vorschlägt, die auf das vorher erzeugte Wort folgen. Somit wird klar, dass dieses Verfahren keine guten Texte erzeugen wird. Aber können dann überhaupt gute KI-generierte Texte entstehen? 

Neuronale Netzwerke und Machine Learning sind die Antwort darauf. Die Netzwerke sind Input gesteuert und erzeugen Output – der Input besteht aus einer Menge an verschiedenen Texten, die auf ihre Muster untersucht werden, denn die Programme haben kein eigenes Wissen über grammatische Regeln oder ähnliches. GPT-3 greift für seine Textproduktion auf alle Texte im Internet zurück, um aus diesen zu lernen. Jedoch ist eine Kohärenz in längeren Texten nur schwer möglich – also einen Zusammenhang in der Oberflächenstruktur eines Textes. 

Wie ist das nun? Können Programme gute Texte verfassen? Die Antwort lautet jein. Erhält das Programm möglichst genaue Vorgaben und kann es auf viele verschiedene Texte zurückgreifen, können die Texte gut werden. Jedoch können solche Programme keine kreativeren, freien Texte erstellen oder längere Handlungsgerüste entwickeln. Also ist es bisher eher weniger möglich Drehbuchautorin für großartige Blockbuster zu werden, ohne selbst Texte schreiben zu müssen. Dann wird es wohl doch bei Deutschlehrerin bleiben… aber vielleicht wird es ja in der Zukunft noch möglich werden. 

KI greift auf den Input zurück
Der Input aller Texte