Erst 1930, nach über zwei Jahrzehnten, zog das Seminar wieder um, in die 1. Etage des gegenüberliegenden Gebäudes Am Universitätsplatz 6, einem Bau des Seifenfabrikanten Eduard Cobert. Hier werden sowohl die Lehrveranstaltungen gehalten und auch die nunmehr umfangreiche Bibliothek aufgestellt.



Schnell fehlten wieder Räume und es brauchte kreative Lösungen, die auch dem Institutsdirektor Opfer abverlangten. Dieser schrieb im Bericht über das Rechnungsjahr 1933:
Die von dem verstorbenen Professor Dr. Wiese dem Seminar als Vermächtnis hinterlassene Bibliothek wurde übernommen, katalogisiert und in die Seminarbibliothek eingereiht […]
Die Vermehrung der Bibliothek um mehr als 3000 Bände machte eine Erweiterung der Seminarräume notwendig. Das Wohlwollen des stellvertretenden Herrn Kurators ermöglichte einen Durchbruch nach dem Nachbarhaus, wodurch ein neuer Übungsraum gewonnen wurde, so daß die gesamte italienische Abteilung der Seminarbibliothek in dem bisherigen Übungsraum und in dem anstoßenden bisherigen Direktorzimmer untergebracht werden konnte. Das Direktorzimmer wurde in das bisherige Vorzimmer verlegt. (Voretzsch 1937:66).
Und wieder gab es Klagen über die Enge bzw. die Begehrlichkeiten anderer, in diesem Falle mit kriegswichtiger Forschung beauftragter Institute. 1940 schreiben die Romanisten Protestbriefe an den Rektor gegen das angeordnete Abgeben von Räumen an die Psychologie.
Während des Krieges wurde die Bibliothek in stillgelegte Salzstöcke bei Halle ausgelagert. Rita Schober (1918–2012), Assistentin in Halle ab 1946 und spätere Nachfolgerin Klemperers an der Humboldt-Universität zu Berlin, erinnerte sich 1996:
Die Bücher, die ich […] 1947 […] mit Hilfe von Studenten und meinem späteren Mann auf einem Pferdewagen zurückgeholt, ausgepackt, gesäubert und wieder aufgestellt hatte, waren in fünf Raumen, nach Fachgebieten gegliedert, untergebracht. Außer diesen fünf Räumen, die für Mitarbeiter und Studenten auch als Arbeitsraume dienten, umfaßte das Seminar noch ein kleines Direktorzimmer und einen im Nebengebäude gelegenen, aber direkt vom Seminar aus über ein paar Holzstufen erreichbaren größeren Seminarraum. Er war deshalb so besonders wichtig, weil er in jenen brennstoffarmen Zeiten im Winter mit einem Ofen separat geheizt werden konnte. (Schober 2003:325).

Hier wirkte ab 1948 auch Victor Klemperer, mit dessen Namen die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg besonders verbunden war und dessen Wirken nicht nur seine engeren Schüler prägte. Seine Vorlesungen zur Literaturgeschichte in den fünfziger Jahren waren Anziehungspunkt auch für Nichtromanisten und Nichtphilologen.
Klemperer versuchte auch, trotz der schwierigen politischen Situation in der Nachkriegszeit für normale Unterrichtsverhältnisse zu sorgen. Um 1950 musste er sogar für den Erhalt des Französischunterrichts an Schulen kämpfen. Dazu schrieb er 1952:
Als dann bei uns im Osten der Neuaufbau der Universitäten begann, schien das Fach Romanistik beinahe davon ausgeschlossen. Teils aus wirklicher Notwendigkeit, teils aber auch aus der Kinderkrankheit des Radikalismus heraus unterließ man es, an den Schulen Unterricht im Französischen zu geben. […]
Hier ward nun die Kinderkrankheit des Radikalismus unheilvoll bemerkbar; sie bewirkte ein völliges Beiseiteschieben der Westsprachen. Der Fortfall des Schulunterrichts im Französischen aber bedeutet ein doppeltes Abschnüren der Romanistik an den Universitäten (Klemperer: 1952/53).
Bald gab es jedoch auch schon wieder die ersten ausländischen Lektor*innen, so die Französin Françoise Esther Kotler und den in der gesamten DDR tätigen „immerwährenden“ Lektor Vladimiro Macchi, der in Halle von 1948 bis 1963 neben seiner Muttersprache Italienisch aus Spanisch unterrichtete. 1960 promovierte er in Halle und durfte ab 1961 den Professorentitel führen.