Steffen: Zweite Eindrücke, …

Gedanklich war ich schon unendlich oft in Sarajevo, aber nur einmal in echt. Mein Promotionsthema behandelte die deutsche Literatur zum Jugoslawienkrieg. Jahrelang hatte ich Reportagen, Romane, Erzählungen, Essays über Sarajavo gelesen, dieses „Belagertessarajevo“, Wortmarke der unendlich redundant scheinenden Tagesschauen der 1990er Jahre meiner Jugend. 

2014 hatte ich Sarajevo mit Freunden besucht. Ich hatte mich selbst in einer WG eingemietet, mich ein paar mal zum Buffet ins legendäre Holiday Inn geschlichen, mich in kleinen Bäckereien mit Broten und Brötchen der gleichen blassen Farbe eingedeckt, war das Straßennetz von Franz-Ferdinand-Tatort, Susan-Sontag-Platz, Tito-Straße und der „Allee der Scharfschützen“ abgeschritten, hatte mit dem komischen Kaffee Freundschaft geschlossen und lief trotzdem wie durch Kulissen, die mir so viel sagten und trotzdem nur eine fremde Stadt waren.

Nun, fünf Jahre später, mit großer Vorfreude wieder auf der Fahrt nach Sarajevo. Nun öfters Zeuge von Gesprächen mit Einheimischen – Studierende und Interviewte gleichermaßen. Was klären sollte, schmälerte meine Rätsel, zeigte mir aber noch größere Wissenslücken. Und die Stadt? Immer noch Kriegsspuren und südeuropäische Exotik, aber irgendwie habe ich das Gefühl, mehr zu sehen, irgendwie daneben, auf Details – wofür auch immer sie stehen mögen.

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