1. Dez 2022
Historische Besonderheiten: Die Festungsstadt Peñíscola
von Marielle Luge & Holger Neumer
1. Warum eigentlich Exkursionen durchführen und wie kann man dadurch Historie erleben?
Exkursionen können einen wichtigen Beitrag für die Förderung der Methodenkompetenz von Lernenden. Durch das Bewegen im Raum wird außerdem auch die Handlungserfahrung in der geographischen Realität verstärkt. Exkursionen haben demzufolge das Potenzial, Hintergrundwissen zu vermitteln, geographische Sachverhalte vor Ort zu visualisieren und zu veranschaulichen, die Beobachtungsfähigkeit zu schulen, eine persönliche Betroffenheit (emotionale Affinität), dadurch Interesse zu wecken und durch die Zusammenarbeit in der Exkursionsgruppe die Selbst- und Sozialkompetenz zu stärken (Reinfried & Haubrich, 2015). Exkursionen stellen weitläufig eine domänenspezifische geographische Form des Lernens dar. Dennoch können durch Exkursionen auch fächerübergreifend “Brücken” geschaffen werden und verschiedene Inhalte durch das Lernen im Raum und vor Ort erfahrbar gemacht werden. Da sich unsere Exkursion thematisch mit der Historie Spaniens beschäftigt, gilt es also zu erläutern, wie historisches Wissen in die geographisch konzipierte Exkursion integriert werden kann und wieso räumliches Erleben und Erfahren auch für geschichtliche Themen von großer Bedeutung sind.
Die Historie ist nach Kuchler (2012) stets mitbestimmt von der geschichtlichen Zeit und dem geschichtlichen Raum. Der Raum fungiert als eine räumlich-gegenständliche Quelle, mit welcher eine topographische Verortung von Geschichte ermöglicht wird. Neben den vielen medialen Präsentationen von Geschichte, sei es durch Historienfilme, Videospiele oder Romane, muss auch der Raum als komplexes Untersuchungsobjekt aufgrund seiner Alltäglichkeit wieder verstärkt berücksichtigt werden. Erläuterungen, welche auf die historische Dimension von Räumen verweisen, sind nur selten an historischen Überresten zu finden, beispielsweise durch ein Informationsschild. Allerdings weisen die Räume als geschichtliche Quelle ein enormes Lernpotenzial auf, da sie gegenüber ihrer Entstehungszeit viele zeitliche Veränderungen in Aussehen und Funktion erlebt haben (Kuchler, 2012). Dies ist dadurch begründet, dass gesellschaftliche und räumliche Situationen einem stetigen Wandel unterliegen, wodurch bestehende Verhältnisse nie gleich bleiben. Aus diesem Grund ist es für Lernende bedeutend, eine Historizität des Raumes herauszubilden. So erschließt sich beispielsweise die Gewordenheit eines urbanen Raumes nur, wenn die verwobenen Zeitebenen in diesem entschlüsselt werden und die unterschiedlichen Schichtungen der Geschichte durch Erkundung erkennbar werden (Kuchler, 2012).
Weiterhin können historische Orte, also auch der Raum an sich, als multisensorische Lernorte angefasst, vermessen, gemalt, fotografiert und insgesamt mit allen Sinnen erfasst werden. Allein der beschwerliche Aufstieg zu einer Festungsburg, wie in Peñiscola, vermittelt räumliche Eindrücke, die einen sinnlichen Zugang zu historischen Wissen ermöglicht. Demzufolge wird bereits durch die körperliche Anstrengung beim Aufstieg zur Festungsburg das eigentliche Motiv der vergangenen Standortwahl erfahr- und begreifbar: Durch die erhöhte Position konnten angreifende Feinde nur mit Mühen zum abgelegnene Ort vordringen. Die Erfahrung im Realraum ermöglicht also neben räumlichem Lernen für historische Themen ein paralleles historisches Lernen, bei dem auch die Originalität der historischen Überreste bewiesen wird (Kuchler, 2012). So sind wichtige Aha-Momente, wie bei dem Aufstieg auf die Festungsburg, durchaus nicht auszuschließen.
2. Aller Anfang ist schwer: Wie haben wir die Exkursion geplant?
Zu Beginn des Planungsprozesses haben wir uns dazu entschieden, eine kognitivistische Arbeitsexkursion zu gestalten. Diese bieten neben den anderen Exkursionsarten eine größere Fülle an Methoden an und eröffnet, neben dem für alle Exkursionen typischen Arbeiten vor Ort, im Sinne der Handlungsorientierung ein längeres Behalten gewonnener Erkenntnisse durch die selbstständige Anwendung verschiedener geographischer Arbeitsmethoden (Baumeister, 2020). Laut Neeb (2012) werden die Lernenden demzufolge bei Arbeitsexkursionen direkt mit dem Lerngegenstand konfrontiert, wodurch ein entsprechendes Maß an Handlungsorientierung mit dem Ziel einer aktiv-rezeptiven Wissensvermittlung erreicht werden soll. Die Lernenden wenden dementsprechend selbstständig geographische Arbeitsmethoden und -techniken an, wie beispielsweise traditionelles Beobachten oder Kartieren, wodurch parallel die geographische Fachkompetenz und Handlungskompetenz der Exkursionsteilnehmenden gefördert werden soll. Da die Lerninhalte für die Lernenden bereits im Voraus festgelegt werden, handelt es sich in Abgrenzung zu einer konstruktivistischen also um eine kognitivistische Arbeitsexkursion (Ohl & Neeb, 2012). Allerdings fließen in den geplanten Exkursionsverlauf durch Aktivitäten, die einen hohen Selbstbestimmungs- und Aktivierungsgrad aufweisen, auch konstruktivistische Elemente mit ein.
Das Thema der Exkursion waren historische Besonderheiten in Spanien, speziell der Region Valencia. Als Exkursionsort haben wir uns diesbezüglich für die Küstenstadt Peñiscola entschieden. Die Exkursion wurde für eine Zeitspanne von sechs Stunden geplant, in der die Teilnehmenden mehrere Stationen durch die Methode der Stadtrallye mithilfe der App “Actionbound” durchlaufen, um die Historie von Peñiscola zu erkunden. Die Geschichte dieser ehemaligen Festung reicht bereits mehrere tausend Jahre zurück. So war Peñiscola schon in der Antike und im frühen Mittelalter von Karthagern, Griechen, Phöniziern, Römern und Arabern besiedelt. Viele Zeiten und Menschen haben ihre historischen Spuren in der Altstadt des heutigen Touristen-Hotspots hinterlassen und die Entwicklung der Stadt bis in unsere Gegenwart geprägt.
Die Exkursionsteilnehmenden sollten sich deswegen auf eine Entdeckungsreise durch die Geschichte der Stadt begeben mit dem Ziel, die Multifunktionalität der Altstadt von Peñiscola durch dessen historische Entwicklung wahrzunehmen. Die von uns konzipierten Aufgaben der Stadtrallye verfolgten demzufolge das Ziel, historische Spuren, Entwicklungen und vor allem zeitliche Veränderung im Raum aufzugreifen und die Multifunktionalität der Stadt Peñiscola im Verlauf der Zeit aufzuzeigen. Am Ende der Exkursion sollten die Teilnehmenden durch die Begegnung verschiedener Spuren im Raum in der Lage sein, die Entwicklung von Peñiscola von einer Festungsstadt über eine Papstresidenz hin zu einem heutigen Tourismusmagnet zu differenzieren und dennoch die Veränderungen und Entwicklungen unter dem Gesichtspunkt der Multifunktionalität der Stadt zu reflektieren.
3. Learning by doing: Für welche Methoden haben wir uns entschieden?
Die Methode der Rallye ist gleichzusetzen mit anderen Bezeichnungen, wie Orientierungs-, Gelände-, oder auch Erkundungsspiel. Sie dienen durch die Hinzunahme GPS-fähiger technischer Geräte zur spielerischen Erkundung des Raumes (Rinschede & Siegmund, 2022). Neben der körperlichen Bewegung wird auch die soziale Kommunikation innerhalb einer Lerngruppe gefördert, weswegen die Methode der Rallye wichtige Impulse für das soziale Lernen liefert. Außerdem können mit dem Kennenlernen des Nahraums neben kognitiven Lernzielen durch die Informationsbeschaffung mittels Einsatz verschiedener geographischer Arbeitstechniken auch instrumentale Lernziele ermöglicht werden (Rinschede & Siegmund, 2022). Je nach Kontext der Rallye kann ein Bezug auf verschiedene Raumaspekte und -konzepte genommen werden.
Um das Interesse der Rallyeteilnehmenden zu steigern und für eine abwechslungsreiche Gestaltung des Lernweges sind verschiedene Aufgabenarten essentiell (Rinschede & Siegmund, 2019). Diesen Aspekt haben wir bei der Planung der Stationen für unsere Stadtrallye berücksichtigt und verschiedene Aufgabentypen konzipiert, um neben dem Steigern des Interesses auch verschiedene Raumkonzepte anzusprechen. Zu diesen zählten beispielsweise eine Ordnungsaufgabe und ein Vergleich im Raum zum Thema “Heraldik”, eine kreative Videodreh-Aufgabe in Bezug auf die Raumwahrnehmung, mehrere geographische Arbeitsmethoden, wie die Orientierung und Lokalisierung mit Hilfe von GPS, das Schätzen von Entfernungen, das Erstellen von Kartenskizzen und anderen Skizzen oder auch Beobachtungsaufgaben im Raum (siehe Tabelle 1).
Die Methode der Rallye oder generell damit verbunden das Lernen durch Bewegung im Raum bietet mehrere Chancen des Lernerfolgs. Durch die weitgehende selbstständige Erarbeitung von interaktiven Lerninhalten wird beispielsweise parallel neben der Fachkompetenz durch ein bestehendes Gruppengefüge auch die Sozialkompetenz der Teilnehmenden gefördert (Hoffmann, 2015). Es gilt also, sich gemeinsam als Gruppe zu organisieren, um eigene Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Durch das Vorhandensein mehrerer Gruppen wird außerdem durch den Wettlauf verschiedener Teams auch die Motivation der Lernenden angeregt. Aufgrund der Methodenvielfalt an verschiedenen Aufgabentypen, wird zusätzlich eine Leistungsdifferenzierung ermöglicht und durch eine Arbeitsteilung innerhalb der bestehenden Gruppen auch indirekt eine Binnendifferenzierung gefördert (Hoffmann, 2015). Die verschiedenen Aufgabentypen durch das Stationenlernen erlauben eine Differenzierung nach Interesse und ermöglichen es, im eigenen Lerntempo durch Selbstkontrolle mithilfe der begleitenden Rallye-App die Lerninhalte eigenständig zu erschließen (Meyer, 2015).
Tabelle 1: Stationen und Aufgabentypen einer Exkursionsgruppe.
Station | Thema | Aufgabentyp |
---|---|---|
1 | Einführung | Gruppenfoto aller Exkursionsteilnehmenden |
2 | Burganlage | Quizfrage (Schätzen) |
3 | Stadttore | Quizfrage + Gruppenfoto der kleinen Exkursionsgruppe |
4 | frei (Inspiration) | Videodreh |
5 | Festungsanlage | Beobachtungsaufgabe |
6 | Kirchen | Fotografie-Aufgabe |
7 | Tourismus | Vermutungen aufstellen |
8 | Gebäudenutzung und -funktion (Wandel) | zeitlichen Vergleich anstellen |
9 | Tourismus | Kartierung im Gelände (Kartenskizze) |
10 | Tourismus | Interview-Aufgabe |
11 | Papstresidenz | Quizfrage (Schätzen) |
12 | Papstresidenz | Quizfrage |
13 | Burganlage (Mauren, Templer, Papst, Moderne) | Erkundungs- und Wahrnehmungsaufgabe |
14 | Burganlage (Mauren, Templer, Papst, Moderne) | Spurensuche |
15 | Stadtgründung (Standortwahl) | Beobachtungsaufgabe |
16 | Standortnutzung | Beobachtungsaufgabe |
17 | Tourismus | zeitlichen Vergleich anstellen |
18 | Reconquista | Vermutungen aufstellen |
19 | Stadtwappen | Kreativaufgabe (Skizzieren) |
20 | Papstresidenz | Quizfrage |
21 | Heraldik | Zuordnungsaufgabe + Vergleich |
22 | Hafen (Nutzung + Wandel) | Beobachtungsaufgabe |
23 | frei (Inspiration) | Mental Map |
24 | frei (Inspiration) | Reflexive Fotografie |
25 | frei (Inspiration) | Videodreh |
3.1 Weshalb haben wir uns für die App „Actionbound“ entschieden?
Traditionelle Stadtrallyes mit Bleistift und Papier ermöglichen schon seit längerer Zeit ein selbstbestimmtes und aktives außerschulisches Lernen im urbanen Raum. Dennoch eröffnen digitale Technologien, wie Smartphones, Tablets und dadurch auch der Gebrauch von Bildungs-Apps neue Möglichkeiten für ein selbstgesteuertes und motivierendes Lernen durch multimediale und interaktive Informationsangebote, Aufgabenformate und Lern-Arrangements (Hiller et al., 2019). Die sogenannte “digitale Stadt-Rallye” befindet sich dementsprechend in einer Schnittstelle des mobilen Lernens, ortsgebundenen Lernens und elektronischen Lernens. Für die Konzipierung unserer Exkursion haben wir uns für die in Berlin entwickelte App “Actionbound” entschieden. Neben vorgefertigten Stadt-Ralley ermöglicht die App auch die Erstellung eigener aufgabengestützter Ralleys. Vorteil dieser digitalen Stadtrallye ist zum einen die Möglichkeit der Interaktivität der Aufgaben, sowie das direkte Speichern aller Ergebnisse nach Abschluss der Ralley. Damit die Exkursionsteilnehmenden nicht alle parallel hintereinander die gleichen Stationen der Stadtrallye durchlaufen, wurden drei verschiedene Versionen der Stadtrallye mit gleichen Stationen, aber unterschiedlicher Reihenfolge konzipiert. Eine dieser Stadtrallye-Durchläufe kann mithilfe der APP “Actionbound” über den QR-Code aufgerufen werden (siehe Abbildung 2).
3.2 Welche Aufgabentypen möchten wir hevorheben?
Wir möchten in diesem Abschnitt gerne auf drei ausgewählte Methoden eingehen, die uns besonders gefallen haben. Wichtig ist uns hierbei, dass die Methoden Mental Map und reflexive Fotografie einen wichtigen Beitrag leisten im Rahmen der Wahrnehmungsgeographie als konstruktivistische Methode. Außerdem haben wir uns für das Kartieren entschieden, weil sie einen wichtigen Beitrag zum Erlangen der Kartenkompetenz leistet.
a) Mental-Map
An dieser Station sollen die Teilnehmenden eine Mental Map der Stadt Peñiscola anfertigen. Unter einer Mental Map versteht man eine geografisch-kartografische Darstellung der subjektiven Vorstellung eines Raumes. Diese kognitiven Karten stimmen nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Sie widerspiegeln vielmehr subjektive Selektionen der objektiven Wirklichkeit. Die eigene Wahrnehmung wird geformt von individuellen und sozial-psychologischen Einflüssen (Rinscheide & Siegmund, 2022)
Der Raum wird in der Mental Map verzerrt dargestellt. Je bekannter etwas ist, desto genauer und bewusster wird es wahrgenommen. Unbekanntes wird sogar ignoriert, oder verzerrt und unvollständig in die eigene Realität übernommen. Umso weiter der abzubildende Raumausschnitt von der eigenen Lebenswelt ist (psychologische Entfernung), desto ungenauer wird die Vorstellung (Reinfried, 2015). Die Methode Mental Map ist folglich der konstruktivistisch orientierten Exkursionsdidaktik zuzuordnen und steht im Fokus der Wahrnehmungsgeographie (Hoppe & Feulner, 2022). In der Abbildung 3 ist eine Mental Map zu sehen, die im Rahmen der Stadtrallye gezeichnet wurde.
Die Aufgabe des Geographieunterrichts beziehungsweise der Exkursion ist das Einwirken auf die Vorstellungen der Schüler*innen durch Versachlichung. Das kann erreicht werden durch die Ergänzung und Erweiterung lückenhafter Vorstellungen vom Raum sowie durch das Korrigieren falscher Informationen (Reinfried, 2015). Eine zentrale Funktion der Mental Map ist die Schaffung eines Bezugssystems, um das eigene Umfeld zu verstehen und zu interpretieren. Davon ausgehend können genaue Handlungspläne erstellt werden, mit deren Hilfe raumbezogene Probleme bewältigt werden können. Zudem schaffen Mental Maps einen Reflexionsanlass an. Durch das Vergleichen und Interpretieren der kognitiven Karten gemeinsam mit anderen Schüler*innen werden sie für die Subjektivität und Selektion von Raumwahrnehmungen sensibilisiert. Die Schüler*innen sollen sich der sozialen Kontruiertheit von Räumen bewusst werden und durch einen Perspektivenwechsel im Gespräch mit anderen die eigene Beobachtungs- und Beschreibungspraxis hinterfragen (Hoppe & Feulner, 2022).
b) Reflexive Fotografie
An dieser Station sollen sich die Teilnehmenden auf ein Motiv einigen, welches für sie persönlich am ehesten die Historie der Stadt Peniscola widerspiegelt. Sie sollen das Motiv fotografieren, in der App hochladen und kurz ihre Wahl begründen. In Abbildung 4 ist das ausgewählte Motiv einer der Gruppen zu sehen. Bei der Methode der Reflexiven Fotografie geht es darum, selbstständig, alleine und ohne Beeinflussung Fotos aufzunehmen, um diese anschließend auszuwerten, beispielsweise im Rahmen einer Gruppendiskussion.
Wir haben uns für diese Methode entschieden, weil sie einen wichtigen Beitrag leistet für das Bewusstsein über die Konstruktion sozialer Räume durch individuelle Bedeutungszuweisungen. Die Raumwahrnehmung und Raumkonstruktion stehen dabei im Vordergrund der sozialgeographischen Raumanalyse. Die Schüler*innen erkennen, dass es keine objektive Wirklichkeit gibt, sondern vielmehr subjektiv spezifische Aspekte wahrgenommen werden. In der anschließenden Diskussion werden reflexive Fähigkeiten geschult. In der Auseinandersetzung mit den Bedeutungszuschreibungen zu Räumen anderer Schüler*innen wird deutlich, dass Räume konstruiert werden. Die Teilnehmenden erkennen, dass Räume nicht nur als place (objektiv, baulich-materielle Aspekte), sondern auch als space (wahrnehmungsgeographische Aspekte, Bedeutungszuschreibung) konzipiert werden können (Eberth, 2017).
c) Kartierung im Gelände
An einer weiteren Station sollen die Teilnehmenden gemeinsam die Gebäudenutzung auf dem “Plaza Armas” (Waffenplatz) in einer Kartenskizze kartieren. Sie erhalten hierfür eine Kartenvorlage und sollen jeweils den darin markierten Gebäuden (nur Erdgeschoss) eine Nutzungsform zuweisen.
Wir haben uns für die Methode des Kartierens entschieden, weil die eine typische Geländemethode für die Raumanalyse vor Ort ist. Das Kartieren umfasst zwei Schritte. Zunächst erfolgt das eigene Beobachten, also die Datenerfassung im Gelände. Hierbei werden Informationen aus der komplexen Umwelt selektiert, klassifiziert und verortet. Im zweiten Schritt erfolgt die Darstellung der beobachteten geographischen Objekte in einer Karte (Lindau, 2010).
Das Ziel dieser Methode im Geographieunterricht ist die Schüler*innen zum lebenslangen Lernen sowie zur selbstständigen Informationsgewinnung zu befähigen. Durch das wissenschaftliche Arbeiten sollen Erkenntnisse und Informationen erlangt werden. Beim Kartieren soll der Blick für Landschaftselemente geschärft werden. Besonders beim Beobachten und der Begegnung mit dem Realraum wird die eigene Wahrnehmung geschult. Das Kartieren und der dadurch hergestellte Raumbezug leistet einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung der fachspezifischen Methoden der Geländearbeit und Kartenkompetenz. Das Herausbilden der Kartenkompetenz gestaltet sich effektiver, wenn vorerst das Kartenzeichen geschult wird und erst im nächsten Schritt das Kartenlesen geübt wird (Lindau, 2010). Daher war es uns besonders wichtig diese Methode im Rahmen der Exkursion anzuwenden.
Die Entwicklung der Kartenkompetenz beziehungsweise das Kartieren selbst, weist einige Schwierigkeiten auf. Es kann zu Herausforderungen kommen bezüglich des Maßstabs, der Generalisierbarkeit und Geländedarstellung. Der Maßstabswechsel vom Realraum zur Karte kann schwierig sein, wie auch die Orientierungsfähigkeit im Realraum. Zudem ist die Übertragung der dreidimensionalen Umgebung auf eine zweidimensionale Karte herausfordernd (Lindau, 2010). Die Abbildungen 5 und 6 zeigen die Ergebnisse der Kartierung von zwei Gruppen.
4. Feedback ist keine Kritik: Abschließende Gedanken
Im letzten Teil des Blogs wollen wir ein Feedback zu unserem Exkursionstag geben. Dabei stellen wir uns die Fragen, was wir vor der Durchführung des Exkursionstages erwarten, inwiefern die Erwartungen erfüllt wurden sind, wie das Feedback der Teilnehmer*innen ausfiel und was wir im Rahmen einer Schüler*innenexkursion verbessern würden.
4.1 Welche Erwartungen haben wir zu Beginn an den Exkursionstag gestellt?
In freudiger Erwartung gehen wir davon aus, dass jede Gruppe die Stadtrallye komplett bearbeitet und das Exkursionsziel (die Multifunktionalität der Altstadt von Peñiscola durch dessen historische Entwicklung wahrnehmen) erreicht wird. Im Rahmen der Digitalisierung empfinden wir das elektronische Lernen als zeitgemäß und erhoffen uns dadurch mehr Interesse der Teilnehmer*innen am Thema sowie eine höhere Motivation bei der interaktiven Aufgabenbewältigung. Für die einzelnen Stationen haben wir abwechslungsreiche Methoden gewählt, was zusätzlich motivierend wirken soll. Die Teilnehmenden können individuell innerhalb ihrer Gruppe eine Arbeits- und Zeiteinteilung vornehmen. Wir erhoffen uns dadurch, dass sich jeder entsprechend der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringt und Defizite durch Hilfestellungen anderer Gruppenmitglieder aufgelöst werden können.
Für die Durchführung haben wir für jede der vier Gruppen ein Tablet organisiert und sind gespannt, ob technische Probleme auftreten werden. Wir hoffen, dass die Navigation innerhalb der App auch offline zuverlässig funktioniert. Die Richtungsweisung mit Hilfe des Navigationspfeils könnte ungenau sein und das Erreichen der nächsten Station erschweren. Es war sehr herausfordernd, eine Rallye für eine Stadt zu entwickeln, die wir zuvor nie besucht haben, weswegen es nicht einfach war, optimale Routen und geeignete Stationen für die Stadtrallye zu erstellen (siehe Abbildung 7 und 8). Wir hoffen daher auf eine reibungslose Durchführung, bei der jeder spielerisch etwas lernen kann.
4.2 Sind unsere Erwartungen erfüllt worden?
Entgegen unseren Erwartungen hat nur eine von vier Gruppen alle Stationen bearbeitet. Wegen des heißen Wetters brachen drei Gruppen vorzeitig ab. Das Tablet als Medium konnten wir leider nicht einsetzen, da die App Actionbound nicht auf dem veralteten Betriebssystem installiert werden konnte. Die Teilnehmenden haben stattdessen ein privates Handy benutzt. Der Bildschirm war zwar kleiner, jedoch konnte der Navigationspfeil mit Hilfe der mobilen Daten zuverlässig die Richtung weisen. Die Teinehmenden waren sehr motiviert bei der Erfüllung der Aufgaben und haben sich kreativ eingebracht, beispielsweise in die Gestaltung einer Videoszene. In der Abbildung 9 ist eine Momentaufnahme aus dem gestalteten Video zu sehen.
4.3 Wie fiel das Peer-Feedback aus?
Für die Erhebung des Feedbacks haben wir eine Blitzlichtmethode angewendet. Die jeweiligen Aussagen sind in der Tabelle 2 aufgelistet und geordnet in “das hat mir gefallen” und “das hat mir nicht gefallen”. Wenn eine Aussage mehr als ein Mal getroffen wurde, steht in Klammern hinter der Aussage die Anzahl der Nennungen. Am häufigsten wurde die Methodenvielfalt gelobt (6 Personen), gefolgt von der technischen Planung und Umsetzung (2 Personen). Die häufigste Kritik war, dass in Hinblick auf die hohe Temperatur zu viele Stationen bearbeitet werden sollten.
Tabelle 2: Peer-Feedback.
Das hat mir gefallen | Das hat mir nicht gefallen |
---|---|
gute Vorbereitung/Planung: reibungsloser Ablauf, technisch gut umgesetzt (2) | zu viele Stationen für die sehr hohe Temperatur (5) |
allgemeiner Überblick über die Stadt | lange Laufwege, langes Warten auf die Gruppenmitglieder |
Auswahl der Stationen passen zum Thema (historisch zu modern) | Video verloren, da das Hochladen vergessen wurde |
Infotexte in der App treffend | |
Methodenvielfalt (6) | |
Methode Mental Map | |
Navigationspfeil folgen zu den Stationen | |
Gruppenarbeit/Austausch untereinander | |
verschiedene Bounds, keine Überquerung der Teams | |
Fest mit Zeremonie (Zufall) | |
spannend, kreativ, originell |
4.4 Was kann man bei einer Exkursion mit Schüler*innen besser machen?
In anbetracht des Feedbacks würden wir im Rahmen einer Schüler*innenexkursion, wegen der hohen Temperaturen in Spanien, weniger Stationen einbauen, auf kürzere Laufwege achten, oder die Rallye zu einer späteren Tageszeit durchführen. Die App würden wir vor dem Fahrtantritt auf den Geräten installieren und gegebenenfalls vorher ein Softwareupdate durchführen. Damit keine Inhalte verloren gehen, würden wir vor dem Beginn der Rallye betonen, dass alle Bounds nach Beendigung gespeichert werden sollen. Es wäre sonst schade um die Ergebnisse. Zudem erschwert es die Auswertung und den Vergleich der Gruppen. Wichtig ist es, im Anschluss an die Exkursion eine umfangreiche Auswertung der Ergebnisse und eine Reflexion des Exkrusionstages mit den Lernenden durchzuführen. Bei der Auswertung sollte vor allem auf das zu Beginn aufgestellte Ziel hingeführt werden, wobei die verschiedenen Funktionen der Stadt Peñiscola im Verlauf der Zeit aufgrund der historischen Entwicklungen gefestigt werden sollten.
Alles muss belegt sein: Literaturverzeichnis
Baumeister, A. (2020). Einsatz von Kartierungsarbeiten in der Exkursionsdidaktik: Selbständige Erarbeitung landschaftsgenetischer Prozesse. In Seckelmann, A. & Hof, A. (Hrsg.) Exkursionen und Exkursionsdidaktik in der Hochschullehre (S. 41-52). Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum.
Eberth, A. (2017). Reflexive Geographien. Zum Potenzial reflexiver Fotografie in exkursionsdidaktischen Kontexten. In Dickel, M., Keßler, L., Pettig, F. und Reinhardt, F. (Hrsg.). Grenzen markieren und überschreiten – Positionsbestimmungen im weiten Feld der Geographiedidaktik. Tagungsbeiträge zum HGD-Symposium 2017 in Jena (S. 188-198). Hochschulverband für Geographiedidaktik.
Hiller, D., Lude, P., & Schuler, P. (2019). Expedition Stadt. Didaktisches Handbuch zur Gestaltung von digitalen Rallyes und Lehrpfaden zur nachhaltigen Stadtentwicklung mit Umsetzungsbeispielen aus Ludwigsburg. Ludwigsburg: Verlag der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.
Hoffmann, T. (2015). Lernen durch Bewegung. In H. Haubrich & S. Reinfried (Hrsg.), Geographie unterrichten lernen – Die Didaktik der Geographie (S. 160-161). Berlin: Cornelsen Schulverlage GmbH.
Hoppe, M. & Feulner, B. (2022). Mental Maps im Geographieunterricht. Eine Unterrichtskonzeption zur Förderung des Bewusstseins für die Subjektivität und Selektivität von Raumwahrnehmungen. Augsburger Geographiedidaktische Impulse (3). Universität Augsburg.
Kuchler, C. (2012). Historische Orte im Geschichtsunterricht. Schwalbach: Wochenschau Verlag.
Lindau, A.-K. (2010). Karikieren – eine Geländemethode im Geographieunterricht. Geographie und ihre Didaktik, 38 (2), S. 109-115.
Meyer, C. (2015). Lernen an Stationen. In Haubrich, H. & Reinfried, S. (Hrsg.), Geographie unterrichten lernen – Die Didaktik der Geographie (S. 154-155). Berlin: Cornelsen Schulverlage GmbH.
Neeb, K. (2012). Geographische Exkursionen im Fokus empirischer Forschung. Analyse von Lernprozessen und Lernqualitäten kognitivistisch und konstruktivistisch konzeptionierter Schülerexkursionen. In Haubrich, H., Nebel, J., Schleicher, Y. & Schrettenbrunner, H. (Hrsg.) Geographiedidaktische Forschungen (50). Weingarten: Selbstverlag des Hochschulverbandes für Geographie und ihre Didaktik e.V.
Ohl, U., & Neeb, K. (2012). Exkursionsdidaktik: Methodenvielfalt im Spektrum von Kognitivismus und Konstruktivismus. Braunschweig: Bildungshaus Schulbuchverlage.
Reinfried, S. (2015). Räumliches Denken. In Haubrich, H. & Reinfried, S. (Hrsg.), Geographie unterrichten lernen – Die Didaktik der Geographie (S. 88-93). Berlin: Cornelsen Schulverlage GmbH.Rinschede, G., & Siegmund, A. (2022). Geographiedidaktik. Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh.