ADHS oder auch Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung ist eine der am häufigsten in der
Kindheit auftretenden psychischen Störungen. Weltweit sind rund 5% aller Kinder betroffen von
ADHS. Immer öfter hört man von dieser Störung unter anderem auf TikTok und anderen Social-Media-Kanälen, es gibt ganze Accounts deren Content sich mit ADHS beschäftigt, sogenannte Selbst-Tests überall im Internet, Videos in denen vermeintlich ADHS-Betroffene angesprochen werden. Vor allem in unserem immer schneller werdenden, digitalen Zeitalter ist dies problematisch.
Gerade der Trend, dass man in seinem TikTok-Video neben dem eigentlichen Content auch noch Gameplay bspw. von einem Mobile Game einfügt, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers besser zu bündeln, begünstigt Selbstdiagnosen. Das dies meistens nicht wissenschaftlich fundiert ist, braucht man nicht erwähnen. Aber trotzdem scheint das Thema die Leute ja zu interessieren und grade bei soviel Falschinformationen und Überdramatisierungen, ist es wichtig auch Beiträge zu
erschaffen, die eben faktisch richtig sind und objektiv über das Thema berichten.
Also, was macht ADHS aus, was verursacht ADHS und vor allem, welche Möglichkeiten gibt es, ADHS zu behandeln?
Personen mit ADHS haben es nicht leicht. Symptome wie Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche, eine ausgeprägte Impulsivität oder Hyperaktivität bzw. eine extreme innerliche Unruhe beschränken das alltägliche Leben eines Betroffenen täglich. Dies kann nicht nur Probleme in der Schule oder am Arbeitsplatz mit sich bringen, auch das soziale Verhältnis zu Freunden oder Kollegen kann unter ADHS leiden. Natürlich gibt es nicht nur Schattenseiten, sondern auch durchaus positive Seiten dieser Neurodivergenz. Oftmals sind die Betroffenen viel empathischer, kreativer und können vor allem auch abstraktere Konzepte eher für sich entdecken und ausleben. Das sind auch oft die Seiten, die auf Social-Media-Plattformen gezeigt werden ohne auf die eigentliche Schwere der Schattenseiten einzugehen.
Wie bei vielen psychischen Störungen sind hier aber nicht alle Symptome bei jedem Betroffenen gleich, man
unterscheidet hier zwischen 3 verschiedenen Untergruppen: den vorwiegend hyperaktivenimpulsiven Typen, den vorwiegend aufmerksamkeitsgestörten Typen und zu guter letzt den Mischtypen der beiden zuerst genannten. Auch das zeigt, wie komplex die Erkrankung ist und das es bei jedem anders aussehen kann, man braucht mehr als ein TikTok oder ein Reel um genau zu bestimmen, ob man diese Störung hat oder nicht.
Um ADHS zu verstehen und zu behandeln, muss man außerdem wissen wodurch es überhaupt
ausgelöst wird. Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung kann durch eine genetische
Veranlagung verursacht werden. ADHS gilt as eine neurologische Entwicklungsstörung oder auch Neurodivergenz genannt (spielt sich also im Gehirn ab), bei der vor allem Gehirnregionen betroffen sind, welche für die Verhaltenssteuerung und Aufmerksamkeit zuständig sind.
Dabei ist das Gleichgewicht der sogenannten Neurotransmitter verändert, was verursacht dass Noradrenalin und Dopamin nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Sowohl Noradrenalin als auch Dopamin sind Katecholamine (zusammen mit Adrenalin) und sind respektiv für die Motivation und Wachheit (sowie die Ausschüttung von Adrenalin) und für das Glücksgefühl bzw. die Antriebssteigerung zuständig. Dieses Ungleichgewicht beeinträchtigt die Übertragung von Signalen und somit die Zusammenarbeit der Aufmerksamkeits- und Motivationsysteme. Zu allem Überfluss wird auch noch das Dopamin bei ADHS-Patienten schneller abgebaut.
Wie kann man ADHS behandeln und vor allem welche Probleme kommen auf, wenn man ADHS behandeln möchte?
Das Interessante an der Behandlung von psychischen Erkrankungen ist vor allem auch die Vielfalt der Methoden und Möglichkeiten, um die Beschwerden und den Leidensdruck zu lindern. Eines der klassischsten Beispiele ist hierbei die Psychotherapie, die mithilfe mehrerer Ansätze versucht, die Komplexität der bestehenden Erkrankung zu konkretisieren.
So gibt es beispielsweise die tiefenpsychologisch fundierte, als auch die psychoanalytische Therapie.
Den größten Teil der angewandten Ansätze nimmt allerdings die kognitive Verhaltenstherapie ein,
die sich mit der Erkennung, Verbesserung und Veränderung von eingefahrenen Denk- und
Verhaltensmustern beschäftigt. Diese wird auch am meisten für ADHS-Patienten angewandt.
Doch das eigentliche Problem ist in vielen Fällen nicht, welche Art und Weise der Therapie man nutzt,
sondern eher, überhaupt erstmal einen Therapieplatz zu finden. Teilweise wartet man mehrere Monate, bis man einen festen Platz hat. Viele psychische Erkrankungen bedürfen allerdings sehr akuter Behandlung, da sie je nach Symptomatik wie bei der Depression auch sehr gefährlich für den Patienten sein können. Überträgt man dies analog beispielsweise auf einen gebrochenen Arm, so erkennt man die Schwere dieses Engpasses, da bei diesem sofort gehandelt werden muss, um einen guten Genesungsprozess garantieren zu können.
Der Engpass hat vor allem einen Grund: fehlende Kassensitze in Deutschland. Ein Kassensitz ermöglicht es dem/der Psychotherapeuten:in die Therapiestunden und das ausgewählte Konzept, mit dem der Patient behandelt, über die Krankenkasse abzuklären und vor allem abzurechnen. Die Festlegung, wieviele Kassensitze in Deutschland benötigt werden, wurde vor über 20 Jahren vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ festgelegt, einem Ausschuss, indem die größten Krankenkassen über das Gesundheitswesen entscheiden, und wird seitdem nur spärlich angepasst.
Oder ernstgenommen. Josef Hecken, seit 2012 Präsident dieses Ausschusses, hat selbst noch gesagt, dass nicht jeder Mensch eine Therapie benötige, da manchmal auch eine Flasche Bier ausreiche. Noch dazu kommen Ereignisse höherer Gewalt, wie bspw. die Corona-Pandemie, die starke Inflation oder der Ukrainekrieg, der auf die Psyche der Menschen schlägt und Therapien noch aktueller als sonst schon macht. Eine solche Einschätzung von einem Präsidenten zu hören, der die mächtigste Person im Gesundheitswesen ist, ist empörend und sehr unverhältnismäßig und unterstreicht die Reformen, die im Rahmen des psychischen Gesundheitswesens noch zu tätigen sind.
Doch die Therapie nicht die einzige Behandlungsmöglichkeit, um die Symptomatik bei ADHS zu kontrollieren. Psychopharmaka mit Wirkstoffen wie Methylphenidathydrochlorid –
handelsüblich auch als Ritalin bekannt – können einem Patienten die Hoffnung geben, Symptome
wie mangelnde Konzentrationsfähigkeit und einen fehlenden Fokus auszugleichen. Erhältlich sind
diese nach einschlägiger Untersuchung bei einem Facharzt für Psychiatrie – auf dessen Termin man
im Übrigen auch länger warten muss.
Es gibt natürlich auch mildere Behandlungsmöglichkeiten. So kann man beispielsweise auch bei
einem Ergotherapeuten, der dies anbietet, eine sogenannte COGPACK-Therapie anfangen, der die generelle
Konzentrationsfähigkeit und Ablenkbarkeit mithilfe von Aufgaben erhöhen bzw. vermindern soll.
Professionellere Meinungen, Hilfestellen und Behörden könnt ihr im Folgenden finden, um euch noch mehr zu informieren und aufzuklären:
ADHS-Ratgeber – Informationen und Studien über ADHS, Ratgeber und Alltagstipps
Infoportal ADHS – Hilfestellen und Ratgeber für alle Altersgruppen
ADHS Deutschland – Internetauftritt des Vereins „ADHS Deutschland“ mit Selbsthilfegruppen
Broschüre des BZgA – Broschüre mit Symptomen, Diagnosen und Behandlungsmöglichkeiten