Das Games Lab der Medien- und Kommunikationswissenschaft an der MLU

Das Labor als partizipativer, interaktiver Ort ist das Herz vieler Wissenschaften; ein Ort zum Experimentieren und Forschen. Warum nicht auch in der Medienwissenschaft? Das Circuit Lab bietet Studierenden und Mitarbeitenden der Uni Halle einen Raum zum Forschen und Erleben, in dem „Medien“ nicht nur vorgeführt und analysiert, sondern aufgeschraubt und neu zusammengesetzt werden. Es entsteht ein Labor mit Schwerpunkt auf Videospielen und Retro-Computing, um die Verbindungen von Technik und Medium interaktiv nachzuvollziehen.


Medienarchäologie

Geschichte zum Anfassen. Und selber spielen.

Von Tennis for Two bis The Last of Us: Videospiele haben in den letzten Jahrzehnten nicht nur an gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen, sondern auch gehörig technisches und narratives Potenzial. Moderne Grafikkarten und Arbeitsspeicher im zweistelligen Gigabytebereich ermöglichen dies. Als  Heimkonsolen noch aus einfachen Schaltkreisen mit Dioden und Transistoren bestanden, waren auch Videospiele nicht mehr als weiße Gebilde auf schwarz-flackernden Röhrenbildschirmen. Die Magnavox Odyssey kam mit bunten Folien, die man auf den Fernsehbildschirm legte und Karten, um den Punktestand zu zählen. Mit technischem Fortschritt wurden die Spiele selbstständiger und die Konsolen vielseitiger. Während die ersten Konsolengenerationen ohne die Cartridge, ohne die Spiele also, unbenutzbar blieben, sind Xbox, Playstation und Co. heute wahre Multimedia-Maschinen, die auch in „digital only“-Varianten verkauft werden.

Um diese Entwicklungen zu verstehen, muss man sie selbst aktiv nachvollziehen. Mit einer wachsenden Sammlung an altem Gerät und neuester Technik ermöglichen wir es Studierenden und Mitarbeitenden der Medienwissenschaft, Geschichte zu spielen und interaktiv zu verstehen.

Industrie

Technik und Techniken


In den frühen 1980er Jahren vergrub der amerikanische Videospiel- und Konsolenhersteller Atari über 700.000 Spiele in der Wüste. Grund hierfür waren ungeklärte Urheberrechtsregelungen, der explosive Anstieg an Nachfrage und Angebot, die plötzlich wachsende Popularität von Heimcomputern und weitere technische und wirtschaftliche Aspekte, die zusammen zum ersten großen Video Game Crash führten. Die Auswirkungen sind heute noch zu spüren, aber nur wirklich zu verstehen, wenn hinter die Kulissen und unter die Hauben der Geräte geschaut wird, die die Grundpfeiler der Videospielindustrie bilden. Dazu gehören die Entwicklung von Mikroprozessoren, neue Speichermedien, Grafik- und Soundkarten sowie Bildschirme. Dazu gehören aber auch entstehende Verflechtungen von neuen und alten Industriezweigen, die Auswirkungen von YouTube und seiner Lets Play-Kultur auf Strömungen der Videospielentwicklung und das Aufkommen von Streaming. Die Videospielindustrie ist nicht nur durch das Videospiel zu begreifen, sondern über die Verbindungen von Technik, Medium und Gesellschaft.

Lehre

Verstehen durch Anfassen


Technik bestimmt die Gegenstände, die wir in der Medienwissenschaft betrachten, doch sie bleibt – wie in den meisten Geisteswissenschaften – in der Lehre oft unbestimmt. Medienwissenschaftler:innen können selten Löten oder Programmieren. Experimentelles Forschen am Gegenstand ist aber zentral, um Medien tatsächlich verstehen zu können. Im Circuit Lab ermöglichen wir Studierenden und Mitarbeitenden, sich den Geräten, Techniken und Medien zu nähern, die die heutige Medienlandschaft begründet haben und begründen. Mit Workshops, Werkstattarbeit und interaktiven Veranstaltungen.


Zuständige Personen


Sarah Bashir – Projektleitung

Prof. Dr. Patrick Vonderau – Projektverantwortung