Archiv für den Monat: Juni 2024

„In zehn Jahren wird die Schule ganz anders aussehen“ (Anette Kuhn)

Ulrike Cress spricht über ihre Visionen und die Integration digitaler Medien im Schulalltag. Sie betont, dass digitale Medien, wie Schulbücher und Arbeitsblätter, selbstverständlich genutzt werden sollten. Ihr Einsatz erweitert die Möglichkeiten der Lehrkräfte, kognitive und kooperative Aufgaben zu stellen und außerschulische Elemente einzubeziehen. Für eine erfolgreiche Implementierung sei geübte Praxis und erprobtes Material notwendig, da der derzeitige Einsatz für Lehrkräfte mit hohem Aufwand verbunden sei.

Cress erklärt die Begriffe Intelligente Tutorielle Systeme (ITS), Künstliche Intelligenz (KI) und Learning Analytics. ITS erstellen Aufgaben und diagnostizieren den Lernstand der Schüler, sind jedoch aufwendig. KI analysiert große Datenmengen, um erfolgreiche Lernmuster zu identifizieren und personalisierte Aufgaben zu erstellen. Learning Analytics unterstützen diesen Prozess. KI könnte den Unterricht individualisieren und Chancengerechtigkeit fördern, indem sie Aufgaben an die spezifischen Kompetenzen der Schüler anpasst und personalisiertes Feedback gibt.

KI wird derzeit hauptsächlich in außerschulischen Lernportalen genutzt, könnte aber auch im Schulunterricht differenziert auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen. Cress warnt davor, die Entwicklung von KI-Instrumenten allein den Software-Anbietern zu überlassen und betont die Integration pädagogischer und psychologischer Erkenntnisse. Die Skepsis gegenüber digitalen Medien und KI sei in Deutschland groß, habe sich aber während der Corona-Pandemie etwas geändert. Die Rolle der Lehrkräfte werde durch KI nicht vermindert, sondern ergänzt, indem KI sie bei der Aufgabenverteilung, Korrektur und Anpassung unterstützt.

Für die Förderung digitaler Bildung seien technische Ausstattung, Support und Schulungen für Lehrkräfte essenziell. Die Bildungspolitik müsse Qualitätsstandards für digitale Lehr- und Lernangebote setzen. Digitale Entwicklung sei eine Aufgabe der gesamten Schule, nicht nur einzelner Lehrkräfte. Schulen, die in der digitalen Transformation bereits weiter sind, zeichnen sich durch starke Kooperation und eine größere Rolle der Selbststeuerung der Schüler aus.

Cress ist überzeugt, dass die digitale Transformation der Schulen einige Jahre in Anspruch nehmen wird, doch in zehn Jahren werde die Schule grundlegend anders aussehen. Eine konzertierte Zusammenarbeit aller Beteiligten sei notwendig, um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Bildung zu schaffen.

Toteach.ai – Revolution zur Unterrichtsvorbereitung für Lehrkräfte, aber wie hilfreich ist die KI für Studis?

Ein Kommentar.

Die Plattform wirbt damit, dass Unterrichtsplanung in Sekunden funktioniert. Hört sich für Lehrkräfte, aber auch für Studies erstmal super an. Nie wieder ewig Zeit am Schreibtisch verbringen und den Unterricht planen, das übernimmt in Zukunft die KI. Passendes Material für jede Sequenz? Kein Problem, mit einem Klick ist auch das laut toteach.ai erstellt. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.

Schaut man sich das Tool genauer an, ist schnell zu sehen, dass es doch etwas mehr Aufwand als ein paar Klicks benötigt, um die Unterrichtsstunde zu planen und passendes Material zu erstellen. Jeder Lehramtstsudierende wird früher oder später in den Genuss kommen, einen ausführlichen Unterrichtsentwurf für eine Stunde erstellen zu müssen, ob für die SPÜ, das Schulpraktikum oder später im Referendariat. Da hört sich das Angebot von toteach.ai verlockend an, um Zeit bei der Planung der Stunde, aber auch beim Schreiben des Entwurfs, zu sparen. Orientierung am Bildungsplan, Erstellen eines Unterrichtsentwurfs inklusive Materialen, klingt super, nur entspricht die Ausführung der Plattform leider nicht wirklich den universitären Anforderungen. Fangen wir beim Erstellen des Unterrichtsentwurfs an. Die Sprache des Entwurfs kann angepasst werden, was super ist, wenn man Fremdsprachen unterrichtet, das ist also schonmal ein Pluspunkt. Auch die Dauer der Unterrichtsstunde ist flexibel anpassbar, was von Vorteil ist, da nicht jede Schule 45-Minuten-Unterricht und auch 90 Minuten. Das Thema der Stunde kann ich auch frei wählen, was gut ist, um die Inhalte einzugrenzen. Das Thema kann vor dem Erstellen sehr detailliert und genau beschrieben werden, damit die Stunde auch in meine Sequenzplanung passt. Eine Idee, was genau ich in der Stunde thematisieren möchte, muss ich also schon haben, sonst bringt mir das KI-Tool relativ wenig. Die KI unterstützt also viel mehr in der Umsetzung der Inhalte, jedoch nicht bei der Themenfindung. Soweit, so gut. Leider ist es nicht möglich nach Klassenstufen einzuteilen. Die KI orientiert sich am Alter der Schüler, wobei man in Abständen von 2 Jahren abstufen kann. Aber was ist mit Schülern, die ein Schuljahr wiederholt haben? Die fallen bei der KI vollständig durchs Raster, wobei sich darüber streiten lässt, ob ein Jahr wirklich einen großen Unterschied macht. Noch Schwieriger wird es bei der Auswahl der Art des Unterrichtseinstiegs. Die Auswahl besteht hier zwischen dem problemorientierten, dem informativen, dem assoziativen und dem spielerischen Einstieg. Je nach Fachdidaktik gibt es unterschiedliche Arten des Unterrichtseinstiegs, die von der KI nicht berücksichtigt werden, was auch zu Problemen oder zusätzlichem Aufwand bei der didaktischen Begründung des Unterrichtseinstiegs führen kann. Abhilfe könnte hier leicht geschaffen werden, wenn das Tool eine Unterscheidung in den Unterrichtsfächern vornehmen könnte und die Unterrichtseinstiege entsprechend dem Fach angepasst werden würden. Auch der Fokus, den man für die Stunde wählen kann, sehe ich als eher problematisch, da hier eine Einheitlichkeit eher zu wünschen übriglässt. Die KI unterscheidet hier zwischen Präsentationen, die der Sozialform zugeordnet werden könnten, der Gruppen- oder Einzelarbeit, die Sozialformen beschreiben und den kreativen Aufgabenstellungen, die sich eher den Methoden widmet. Der Fokus sollte ganz klar auf den Kompetenzen liegen, die während der Unterrichtsstunde gefördert werden sollen und die auch wichtiger Bestandteil der Lehrpläne sind. Die Auswahlmöglichkeiten für den Fokus der Stunde müssten also dementsprechend geändert werden, um einen Mehrwert für Studis zu bringen.

Generiert man dann einen Unterrichtsentwurf, indem man die vorhandenen Punkte angibt, bekommt man eine Unterrichtsverlaufstabelle, die für Lehrkräfte im Schuldienst mehr als ausreichend erscheinen. Die Tabelle umfasst die Untergliederung in Unterrichtsphasen, die Zeit, den Inhalt, sowie die Aktionsform. Für Lehrkräfte im Schuldienst super, um einen Überblick zu bekommen und sich inhaltlich zu orientieren, für Studis ist die Tabelle jedoch mit Mehraufwand verbunden. Das Tabellenlayout entspricht nicht den universitären Vorgaben, hier fehlen eindeutig Kompetenzen, Methoden und die passende Sozialform zu den Aktionsformen. Eine didaktische Reserve, die für jeden Unterrichtsentwurf in der Universität gefordert ist, generiert die KI auch nicht mit. Von einer Hauptkompetenz der Stunde fehlt ebenfalls jede Spur. Lediglich Lernziele, die als Teilkompetenzen angenommen werden können, werden von der KI gegeben. Jedoch muss die Formulierung auch wieder spezifisch angepasst werden, weil es hierfür von den verschiedenen Didaktiken unterschiedliche Anforderungen gibt. Für einen grobe Strukturierung der Stunde und die Verteilung der Inhalte ist die KI dennoch gut geeignet, das sie die Inhalte in der Tabelle den Phasen zuordnet und so einen guten roten Faden für die Stunde abbildet.

Schauen wir uns nun noch die Möglichkeit an Materialien für die Unterrichtstunde, passend zu den Unterrichtsphasen, zu erstellen. Mit einem Klick sollte ich beispielsweise ein Arbeitsblatt für die Inhalte der Unterrichtsphase generiert bekommen. Leider benötigt es auch hier Mehraufwand seitens der Nutzer, da nur eine textgenierte Rohfassung einer A4 Seite ausgespuckt wird. Das sogenannte Arbeitsblatt enthält zwar die das Thema und einen Einführungstext, jedoch fehlt eine anschauliche Gestaltung des Arbeitsblatts völlig. Gut, mit ein wenig Aufwand, ist der Teil des Gestalterischen schnell erledigt und je nach Klassenstufe reichen auch Aufgabenstellungen und ein Einführungstext völlig aus. Dennoch muss ich noch anmerken, dass nicht alle Aufgabenstellungen operationalisiert wurden, was ausbesserungsbedarf und Mehraufwand für den Nutzer bedeutet.

Ich möchte nun also ein kurzes Fazit ziehen. Das KI-Tool toteach.ai ist für bestehende Lehrkräfte im Schuldienst sehr gut, um sich neue Anregungen für ein Thema zu holen und eine Grobstruktur für den Unterricht zu bekommen, die für erfahrene Lehrkräfte oftmals ausreichend ist, um eine Unterrichtsstunde vorzubereiten und zielführend zu halten. Für Studis bringt das Tool leider nicht das, was es auf der Startseite verspricht – einen Unterrichtsentwurf innerhalb von Sekunden, der an den Lehrplan angepasst ist. Für Ideen zur Strukturierung der Stunde oder für passendes Material eignet sich die KI bestens. Jedoch gibt es viel nachbesserungsbedarf, damit diese auch für Studierende attraktiv ist und sie die KI auch ohne viel Mehraufwand nutzen können. Einen ausführlichen Unterrichtsentwurf kann man mit der KI nicht annähernd verfassen, dazu benötigt es weiterhin mehr Zeit und Recherche zur Auseinandersetzung mit den Inhalten, da die KI keine Möglichkeit zur Formulierungshilfe für die Sachstrukturanalyse, die didaktischen oder methodischen Begründungen bietet.

Ein Blick in die Wirtschaft

Warum Europa beim Thema KI mit China und den USA nicht mithalten kann

In der rasanten Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) haben sich die USA und China als die führenden Akteure etabliert. Mit Technologien wie ChatGPT von OpenAI, Gemini von Google und Claude von Anthropic dominieren US-amerikanische Unternehmen den Markt für KI, insbesondere im Bereich der sogenannten Large Language Models (LLMs). Europa hingegen scheint im Rennen um die beste KI-Entwicklung ins Hintertreffen zu geraten. Aber warum ist das so? Lassen Sie uns die Gründe näher betrachten.

Unkoordinierte und langsame Maßnahmen der EU

Ein entscheidender Faktor für Europas Rückstand ist die unkoordinierte und langsame Förderpolitik der EU. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Europäischen Rechnungshofs kritisiert die Maßnahmen der EU-Kommission als träge und wenig innovativ. Trotz der ehrgeizigen Pläne, die EU zu einer führenden KI-Region zu machen, fehlen bahnbrechende Innovationen. Die Projekte werden oft erst nach langen Wartezeiten finanziert, was die schnelle Umsetzung von Ideen erheblich behindert.

Finanzierungsprobleme und fehlende Infrastruktur

Während US-Unternehmen wie Google und Meta Projekte in wenigen Wochen umsetzen können, müssen europäische Forscher und Unternehmen oft mehr als ein Jahr auf die Bewilligung von Fördergeldern warten. Diese Verzögerungen erschweren es, mit der rasanten Entwicklung in der KI-Forschung Schritt zu halten. Zudem fehlt es in Europa an den notwendigen Rechenzentren, die für das Training großer KI-Modelle unverzichtbar sind.

Regulierungshemmnisse

Ein weiterer Hemmschuh ist die europäische Regulierung. Der kommende AI-Act der EU könnte europäische Entwicklungen weiter behindern. Beispielsweise müssen europäische Projekte detailliert dokumentieren, woher ihre Trainingsdaten stammen, was oft schwierig ist. Diese zusätzlichen Auflagen könnten europäische KI-Projekte im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Konkurrenten benachteiligen.

Mangelnde Startup-Kultur

Ein grundlegendes Problem ist auch die fehlende Gründungsmentalität in Europa. Während in den USA eine gute Idee oft zur Gründung eines Startups führt, gehen europäische Innovatoren eher in die Forschung. Diese Mentalität wird durch bürokratische Hürden verstärkt. Die Gründung eines Unternehmens ist in Europa komplizierter und langwieriger als in den USA. Auch die Einbürgerung oder Aufenthaltsgenehmigung für ausländische Fachkräfte ist in Europa bürokratisch aufwändig.

Erfolgsgeschichten sind die Ausnahme

Trotz all dieser Herausforderungen gibt es auch in Europa Erfolgsgeschichten. Das französische Unternehmen Mistral ist ein herausragendes Beispiel. Es konnte sich trotz begrenzter finanzieller Mittel als ernsthafter Mitspieler im Bereich der LLMs etablieren. Mistral setzt auf eine kapital- und kosteneffiziente Entwicklung von Sprachmodellen und profiliert sich als europäischer Gegenentwurf zu den großen US-Konzernen. Dennoch bleibt Mistral eine seltene Ausnahme in der kargen europäischen KI-Landschaft.

Fazit

Europa steht im globalen KI-Wettlauf vor großen Herausforderungen. Unkoordinierte Förderpolitik, finanzielle und bürokratische Hürden sowie mangelnde Infrastruktur und Gründungsmentalität sind die Hauptgründe für den Rückstand. Doch es gibt Hoffnung: Mit gezielten Maßnahmen, besserer Koordination und einer Kultur, die Innovationen und Gründungen fördert, könnte Europa in der Zukunft eine bedeutendere Rolle im Bereich der Künstlichen Intelligenz spielen.

Quelle:
Pramer, P. (2024, Juni 7). Warum Europa beim Thema KI mit China und den USA nicht mithalten kann. DER STANDARD. https://www.derstandard.at/story/3000000222245/warum-europa-beim-thema-ki-mit-china-und-den-usa-nicht-mithalten-kann

Rezension: „Sprachreflexion und Sprachbewusstsein fördern – durch und mit Künstlicher Intelligenz“ (Matthias Ballod 2024)

Im Folgenden werde ich den Beitrag „Sprachreflexion und Sprachbewusstsein fördern – durch und mit Künstlicher Intelligenz“ von Matthias Ballod (2024) rezensieren. 

Inhaltszusammenfassung 

Der Beitrag beschreibt „das Spannungsfeld für die Deutschdidaktik und den Deutschunterricht zum Nutzen von Large-Language-Models“ (a.a.O., Abstract), welches einen deutlichen Diskurs eröffnet. Denn wenn man davon spricht, muss man auch den Umfang und den Einsatz mitdiskutieren. Im Text wird die Grundannahme beschrieben, dass „die Beschäftigung mit und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz […] selbstverständlich in den Deutschunterricht [gehört]“ (a.a.O., Abstract) und zwar in mehreren Hinsichten: bezüglich einer breitgefächerten Medienbildung, hinsichtlich des Auftrages des Faches Deutsch und dessen Ziele, in Bezug zur gegenwärtigen Lebenswelt der Schüler*innen sowie in Betrachtung der kommunikativen Herausforderungen, welche sich in Zukunft ergeben (werden) (vgl. a.a.O., Abstract). Daraus ergibt sich laut Matthias Ballod schließlich die letzte Aufgabe: „die Vermittlung von Informationskompetenz [als] zentrale Anforderung an den Deutschunterricht“ (a.a.O., Abstract). 

Zudem wird in dem Beitrag eine fachdidaktische Position zum sinnvollen Einsatz textgenerativer KI-Anwendungen mittels handlungs- und produktionsorientierter Aufgaben angeschnitten, exemplarisch skizziert von einer Mensch-Chat-interaktion zur Sprachreflexion (vgl. a.a.O., Abstract). 

Gliederung des Beitrages

Der Beitrag gliedert sich dabei in folgende Abschnitte: 

  • Künstliche Intelligenz als Teil (hoch)schulischer Medienbildung 
  • Anwendung(en) Künstlicher Intelligenz im Fach Deutsch 
  • Vermittlung von Sprachreflexion und Sprachbewusstheit 
    • Sprachliche Verständigung untersuchen und reflektieren 
    • Sprachliche Strukturen untersuchen und reflektieren  
    • Grammatische und lexikalische Mittel kennen und funktional verwenden 
    • Richtig schreiben 
  • Ausblick: Künstliche Intelligenz (KI) erfordert Informationskompetenz (IK) 

Diskussion 

Im ersten Abschnitt wird angerissen, dass es die Revolution des Chatbots ChatGPT im November 2022 war, welche die Diskussion zu Künstlicher Intelligenz im Schulkontext anfeuerte. Die Meinungen sind kontrovers, denn KI löst einerseits „Phantasien zur Lösung von Problemen im Bildungssystem [aber auch] Befürchtungen zu seinem Zerfall [aus]“ (a.a.O, S.1). Das sind klar abzugrenzende Perspektiven auf die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz im Bildungswesen, welche auch nicht ganz harmlos erscheinen. Im folgenden beschreibt der Autor erst einmal, wie denn solche KI-basierten Chatbots hilfreich eingesetzt werden – von Schüler*innen, aber auch von Lehrer*innen. Ebenso werden die Schwächen aufgezeigt, seien es die unklare Datenbasis oder Halluzianationen, wobei die Systeme klar falsche und unreflektierte Lösungen anbieten (vgl. a.a.O., S.1). Die Reaktionen der Schulen und Hochschulen sind dabei sehr unterschiedlich, jedoch in einem Schnittpunkt festzuhalten: Der Schwerpunkt der Länder liegt auf „Strategischen Handlungsempfehlungen“ und „Verhaltensregeln zum Einsatz der Technologien“ (a.a.O., S.2). Des weiteren wird der Nutzen seitens der Lernenden und der Lehrenden kurz beschrieben, wie zum Beispiel das Erledigen von Hausaufgaben oder Differenzierungsmöglichkeiten für den Unterricht (siehe a.a.O., Seite 2). „Angesichts der rasanten Durchdringung von Lern- u. Arbeitswelt wird sich das Bildungswesen auf ebenso tiefgreifende Veränderungen durch KI einstellen müssen; im Bereich des Wahrnehmens (Spracherkennung…), des Handelns (Natural Language Processing…) und des Lernens (Crowdsourcing…)“ (a.a.O., S.2). Die Frage ist doch aber, wie man sich auf diese Veränderung einstellen muss, dass Künstliche Intelligenz auch tatsächlich Teil (hoch)schulischer Medienbildung wird. Der Teil hochschulischer Bildung kommt in diesem Beitrag leider etwas zu kurz, denn der Schwerpunkt wird schnell auf das schulische Bildungswesen im Fach Deutsch gelenkt, was auch wichtig ist, denn daraus resultieren die Köpfe von später. Doch wäre es hierbei interessant, wie man diese Medienbildung an Hochschulen und Universitäten integriert, um diese an Schulen überhaupt zu gewährleisten. Hierbei kommt auch die Diskussion ins Spiel, welche Bedingungen für Schule grundlegend verändert werden müssten (systematisch). Außerdem kommt der Bezug zur Kontroversität der Thematik, welche zu Beginn beschrieben wurde, etwas zu knapp. Künstliche Intelligenz wird hierbei mehr als Nutzen für die Zukunft beleuchtet, was auch grundlegend sinnvoll ist, wenn man sich die Entwicklung in einer digitalisierten Welt anschaut. Doch für eine Auseinandersetzung müssen ebenso die Risiken aufgeführt werden – nicht um Panik zu verbreiten, sondern um diese aufbrechen zu können und diese weiterentwickeln zu können. Dennoch ist der chancenorientierte Blick des Autors sehr fortschrittlich und wahrscheinlich soll gerade das im Fokus stehen.

Im zweiten Abschnitt wird der rote Faden des Beitrages erkennbar gemacht, wenn es darum geht, die oben genannten Dimensionen von Medienbildung in den Schulalltag zu integrieren. Und eines wird klar deutlich: Die Bedeutung, warum man sich überhaupt in Zusammenhang mit Sprache mit Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen sollte. Denn „bedingt durch die generativen KI-Systeme wird Sprache – noch umfassender als ohnehin – zur zentralen Schnittstelle in der Mensch-Computer-Interaktion“ (a.a.O., S.3).  

Im dritten Abschnitt widmet sich der Autor dem Kernthema des Beitrages und der oben genannten Frage des „Wie“ – Wie man Sprachreflexion und Sprachbewusstheit vermittelt und fördert. Hierbei besteht auch hier der curriculare Bezug und somit auch der wissenschaftliche oder zumindest der fachliche Bezug zu der wichtigen Thematik. Der Text bzw. die Förderungsmaßnahmen gliedern sich hier in 3.1 Sprachliche Verständigung untersuchen und reflektieren, 3.2 Sprachliche Strukturen untersuchen und reflektieren, 3.3 grammatische und Lexikalische Mittel kennen und funktional verwenden und 3.4 Richtig schreiben. Sehr gut sind hierbei die konkreten Arbeitsideen im Umgang mit den Schüler*innen, welche sogar mit Beispielen untermauert werden. Diese alle aufzuführen, würde zu weit führen und den Raum für Kreativität nehmen. Diese ist zudem ein wichtiges Mittel, um den traditionellen Grammatikunterricht zu erweitern. Doch um deutlich zu machen, was hier gemeint ist, ein Beispiel: im Punkt Grammatische und Lexikalische Mittel kennen und funktional verwenden findet sich folgendes wieder: „Verhältnis von konzeptioneller Schriftlichkeit/ Mündlichkeit: Welchen Einfluss haben die Systeme generative KI auf die Transformation von konzeptioneller Mündlichkeit/Schriftlichkeit? Welche Transitionen erfolgen, wenn der Nutzer einen Text spricht und der Algorithmus einen Text schreibt – bzw. umgekehrt? Wie verändern sich Gesprächstypen […]“ (a.a.O., S.5). Hier sieht man neben den konkreten Fragestellungen auch gleichzeitig Reflektionsanlässe. „Ein produktiver und kreativer Einsatz generativer KI im Deutschunterricht eröffnet neue methodische und methodologische Zugriffe auf bekannte Konzepte von Grammatik. Die gezielte Beschäftigung im Zusammenspiel mit KI kann eine klassische Grammatik-Vermittlung erweitern, nicht aber ersetzen. Traditionelle Zugänge zu Sprachbewusstheit (Steinig/Huneke 2022, S. 172ff.) lassen sich ebenso integrieren, wie neuere Konzepte, z.B. zum „Funktionalen Grammatikunterricht“ (Ossner 2018) weiterentwickeln“ (a.a.O., S.7). 

Interessant finde ich den Ansatz des Ausblickes: „Künstliche Intelligenz erfordert Informationskompetenz“, welcher zudem noch zusätzlich durch ein Spiel mit den Buchstaben (KI —> IK) unterschrieben wird (S.7). Denn hier wird der Diskurs des Anfangs relativiert, indem der Autor festhält, dass per se erst einmal nicht immer alles positiv oder negativ bewertet werden sollte, sondern das „Warum“ und das „Wie“ in Relation zum Nutzen stehen sollte. Denn der eigentliche Diskurs sollte nicht die Daseinsberechtigung sein, sondern wie man KI sinnvoll einsetzt.   Denn „Anwendungsbezogenes Wissen über Strukturen, Funktionen, Wirkungen und Intentionen semiotischer und medialer Kommunikationssysteme wird kommende Lerngenerationen befähigen, an demokratischen und technologischen Diskursen zu partizipieren, die Grundlage emanzipierter, toleranter und kritischer gesellschaftlicher Teilhabe“ (a.a.O., S.8). 

KI im Deutschunterricht benutzen – Was muss ich als Lehrkraft beachten?

Ein Verbot, KI im Unterricht zu thematisieren und auch didaktisch zu nutzen, kann vor dem Hintergrund einer sich äußerst dynamisch weiterentwickelnden Welt, in der die Schülerinnen und Schüler leben, keine tragfähige Reaktion sein

Ministerium für Schule und Bildung

Dieses Zitat als Einstieg kennzeichnet deutlich die Wichtigkeit der Thematik ‚KI im Unterricht‘. Bezieht man diese Thematik auf das Fach Deutsch entstehen die verschiedensten Überlegungen zu diesem Thema. Wie kann ich KI in meinen Deutschunterricht integrieren, was sind die passenden Aufgabentypen für die Verwendung von KI, … Jedoch wird die Lehrkraft in dieser Hinsicht ebenfalls vor die Frage gestellt, wie der Umgang mit KI-Tools rechtlich geregelt ist und was er*sie dabei beachten muss. Innerhalb dieses Beitrags soll ein Überblick von verschiedenen Ansätzen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen gegeben werden, welcher sich aus verschiedenen Leitfäden der einzelnen Bundesländer zusammensetzt.

Als erstes fiel mir der Handlungsleitfaden für den Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen des Landes Nordrhein-Westfalen in die Hände. Dieser Leitfaden gibt auf zehn Seiten einen Überblick über alle Fragen, die sich eine Lehrkraft stellen könnte, wie zum Beispiel:

  • Wie soll mit der neuen Möglichkeit schulisch umgegangen werden?
  • Darf eine textgenerierende KI im Unterricht eingesetzt werden?
  • Welche Konsequenzen kann die textgenerierende KI-Anwendung für die Entwicklung von Textkompetenzen der Schülerinnen und Schüler haben?
  • Wie kann ich Aufgaben stellen, die weniger dafür anfällig sind, dass sie ausschließlich von einer KI erledigt werden?
  • Und für uns am Wichtigsten: Welche rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen sind bei der Nutzung im unterrichtlichen Zusammenhang zu beachten?

Am wichtigsten wird der Punkt der personenbezogenen Daten der Nutzer*innen erachtet. Schüler*innen unter 18 Jahren sollen nicht mit eigenen Geräten oder Accounts/Mailadressen eine KI wie ChatGPT im schulischen Rahmen verwenden. Sobald eine Vollendung des 18. Lebensjahr vollzogen wurde, dürfen die Schüler*innen eigene Geräte sowie Accounts nutzen, jedoch ist dies optional und jedem*r Schüler*in darf kein Nachteil aus einer Ablehnung der Nutzung entstehen. Die Lehrkraft kann auf eigene Verantwortung einen Account bei einer KI erstellen – sowohl mit einer privaten als auch einer schulischen Mailadresse und als Mittler zwischen einer KI-Nutzung und den Schüler*innen fungieren. Die entsprechende Lehrkraft nimmt dann Prompts entgegen und kann die Antworten gemeinsam mit den Schüler*innen sehen. Diese Option bietet sich für Aufgaben im Deutschunterricht im Plenum an. Des Weiteren kann das private Konto der Lehrkraft auch auf einem nicht-personalisierten Schulendgerät verwendet werden, sodass die Schüler*innen selbstständig mit der KI arbeiten können und somit auch andere Unterrichtsformen als das Plenum bedient werden können. Innerhalb der Prompts dürfen keine personenbezogenen Informationen preisgegeben werden, die einen Zusammenhang zu der gesamten Klasse oder zu einzelnen Schüler*innen darstellen. Darüber hinaus empfiehlt das Schulministerium von Nordrhein-Westfalen immer die Eltern über die Nutzung von KI im Unterricht und die zugehörige Datenschutzmaßnahmen zu informieren.

Das Land Sachsen-Anhalt hat auf dem Bildungsserver die Handreichung „Sprachmodelle im Schulunterricht: Chancen und Herausforderungen“ veröffentlich, welche neben vielen weiteren Punkten, die umfangreicher als in der Handreichung von Nordrhein-Westfalen thematisiert werden, ebenfalls die rechtlichen Nutzungsbedingungen erläutert. Diese Handreichung weist ebenso daraufhin, dass die Lehrkraft Accounts zur Verfügung stellen kann, mit denen die Schüler*innen auf schulischen Geräten arbeiten können. Empfohlen wird die Verwendung der schulischen Mailadresse, damit keine persönlichen Daten der Lehrkraft an die Schüler*innen weitergegeben werden. Damit keine personenbezogenen Daten weitergegeben werden, wird der Hinweis gegeben, dass immer fiktive Personennamen angeben werden sollen, wenn Namen in einer KI-Nutzung verwendet werden, zum Beispiel beim Schreiben von Dialogen oder Geschichten im Deutschunterricht. Als wichtig wird in der Handreichung hervorgehoben, dass die von ChatGPT produzierten Texte nie exakte Kopien von anderen Texten sind, sodass keine Plagiate entstehen und der Output frei verwendet werden kann. Somit bestehen von dieser Seite aus keine rechtlichen Gefahren für die Schüler*innen.

Bisher haben nicht alle Bundesländer den Lehrkräften eine Handreichung für die Verwendung von KI als Hilfestellung bereitgestellt, jedoch sind sich die bisher entwickelten Handreichungen im Bezug auf den Datenschutz sehr einig. Einige sind umfangreicher, andere kürzer, jedoch sind sich alle einig, dass die Schüler*innen in einem geschützten Umfeld die Nutzung von KI erforschen sollen.

Die eingefügten Links führen zu den beiden Leitfäden, die im Beitrag zusammengefasst wurden:

https://www.bildung-lsa.de/informationsportal/unterricht/schulformuebergreifende_themen/digitalitaet_in_der_schulischen_bildung/themen/kuenstliche_intelligenz.htm#art43978

https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/handlungsleitfaden_ki_msb_nrw_230223.pdf