Ein Blick in die Wirtschaft

Warum Europa beim Thema KI mit China und den USA nicht mithalten kann

In der rasanten Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) haben sich die USA und China als die führenden Akteure etabliert. Mit Technologien wie ChatGPT von OpenAI, Gemini von Google und Claude von Anthropic dominieren US-amerikanische Unternehmen den Markt für KI, insbesondere im Bereich der sogenannten Large Language Models (LLMs). Europa hingegen scheint im Rennen um die beste KI-Entwicklung ins Hintertreffen zu geraten. Aber warum ist das so? Lassen Sie uns die Gründe näher betrachten.

Unkoordinierte und langsame Maßnahmen der EU

Ein entscheidender Faktor für Europas Rückstand ist die unkoordinierte und langsame Förderpolitik der EU. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Europäischen Rechnungshofs kritisiert die Maßnahmen der EU-Kommission als träge und wenig innovativ. Trotz der ehrgeizigen Pläne, die EU zu einer führenden KI-Region zu machen, fehlen bahnbrechende Innovationen. Die Projekte werden oft erst nach langen Wartezeiten finanziert, was die schnelle Umsetzung von Ideen erheblich behindert.

Finanzierungsprobleme und fehlende Infrastruktur

Während US-Unternehmen wie Google und Meta Projekte in wenigen Wochen umsetzen können, müssen europäische Forscher und Unternehmen oft mehr als ein Jahr auf die Bewilligung von Fördergeldern warten. Diese Verzögerungen erschweren es, mit der rasanten Entwicklung in der KI-Forschung Schritt zu halten. Zudem fehlt es in Europa an den notwendigen Rechenzentren, die für das Training großer KI-Modelle unverzichtbar sind.

Regulierungshemmnisse

Ein weiterer Hemmschuh ist die europäische Regulierung. Der kommende AI-Act der EU könnte europäische Entwicklungen weiter behindern. Beispielsweise müssen europäische Projekte detailliert dokumentieren, woher ihre Trainingsdaten stammen, was oft schwierig ist. Diese zusätzlichen Auflagen könnten europäische KI-Projekte im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Konkurrenten benachteiligen.

Mangelnde Startup-Kultur

Ein grundlegendes Problem ist auch die fehlende Gründungsmentalität in Europa. Während in den USA eine gute Idee oft zur Gründung eines Startups führt, gehen europäische Innovatoren eher in die Forschung. Diese Mentalität wird durch bürokratische Hürden verstärkt. Die Gründung eines Unternehmens ist in Europa komplizierter und langwieriger als in den USA. Auch die Einbürgerung oder Aufenthaltsgenehmigung für ausländische Fachkräfte ist in Europa bürokratisch aufwändig.

Erfolgsgeschichten sind die Ausnahme

Trotz all dieser Herausforderungen gibt es auch in Europa Erfolgsgeschichten. Das französische Unternehmen Mistral ist ein herausragendes Beispiel. Es konnte sich trotz begrenzter finanzieller Mittel als ernsthafter Mitspieler im Bereich der LLMs etablieren. Mistral setzt auf eine kapital- und kosteneffiziente Entwicklung von Sprachmodellen und profiliert sich als europäischer Gegenentwurf zu den großen US-Konzernen. Dennoch bleibt Mistral eine seltene Ausnahme in der kargen europäischen KI-Landschaft.

Fazit

Europa steht im globalen KI-Wettlauf vor großen Herausforderungen. Unkoordinierte Förderpolitik, finanzielle und bürokratische Hürden sowie mangelnde Infrastruktur und Gründungsmentalität sind die Hauptgründe für den Rückstand. Doch es gibt Hoffnung: Mit gezielten Maßnahmen, besserer Koordination und einer Kultur, die Innovationen und Gründungen fördert, könnte Europa in der Zukunft eine bedeutendere Rolle im Bereich der Künstlichen Intelligenz spielen.

Quelle:
Pramer, P. (2024, Juni 7). Warum Europa beim Thema KI mit China und den USA nicht mithalten kann. DER STANDARD. https://www.derstandard.at/story/3000000222245/warum-europa-beim-thema-ki-mit-china-und-den-usa-nicht-mithalten-kann