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Toteach.ai – Revolution zur Unterrichtsvorbereitung für Lehrkräfte, aber wie hilfreich ist die KI für Studis?

Ein Kommentar.

Die Plattform wirbt damit, dass Unterrichtsplanung in Sekunden funktioniert. Hört sich für Lehrkräfte, aber auch für Studies erstmal super an. Nie wieder ewig Zeit am Schreibtisch verbringen und den Unterricht planen, das übernimmt in Zukunft die KI. Passendes Material für jede Sequenz? Kein Problem, mit einem Klick ist auch das laut toteach.ai erstellt. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht.

Schaut man sich das Tool genauer an, ist schnell zu sehen, dass es doch etwas mehr Aufwand als ein paar Klicks benötigt, um die Unterrichtsstunde zu planen und passendes Material zu erstellen. Jeder Lehramtstsudierende wird früher oder später in den Genuss kommen, einen ausführlichen Unterrichtsentwurf für eine Stunde erstellen zu müssen, ob für die SPÜ, das Schulpraktikum oder später im Referendariat. Da hört sich das Angebot von toteach.ai verlockend an, um Zeit bei der Planung der Stunde, aber auch beim Schreiben des Entwurfs, zu sparen. Orientierung am Bildungsplan, Erstellen eines Unterrichtsentwurfs inklusive Materialen, klingt super, nur entspricht die Ausführung der Plattform leider nicht wirklich den universitären Anforderungen. Fangen wir beim Erstellen des Unterrichtsentwurfs an. Die Sprache des Entwurfs kann angepasst werden, was super ist, wenn man Fremdsprachen unterrichtet, das ist also schonmal ein Pluspunkt. Auch die Dauer der Unterrichtsstunde ist flexibel anpassbar, was von Vorteil ist, da nicht jede Schule 45-Minuten-Unterricht und auch 90 Minuten. Das Thema der Stunde kann ich auch frei wählen, was gut ist, um die Inhalte einzugrenzen. Das Thema kann vor dem Erstellen sehr detailliert und genau beschrieben werden, damit die Stunde auch in meine Sequenzplanung passt. Eine Idee, was genau ich in der Stunde thematisieren möchte, muss ich also schon haben, sonst bringt mir das KI-Tool relativ wenig. Die KI unterstützt also viel mehr in der Umsetzung der Inhalte, jedoch nicht bei der Themenfindung. Soweit, so gut. Leider ist es nicht möglich nach Klassenstufen einzuteilen. Die KI orientiert sich am Alter der Schüler, wobei man in Abständen von 2 Jahren abstufen kann. Aber was ist mit Schülern, die ein Schuljahr wiederholt haben? Die fallen bei der KI vollständig durchs Raster, wobei sich darüber streiten lässt, ob ein Jahr wirklich einen großen Unterschied macht. Noch Schwieriger wird es bei der Auswahl der Art des Unterrichtseinstiegs. Die Auswahl besteht hier zwischen dem problemorientierten, dem informativen, dem assoziativen und dem spielerischen Einstieg. Je nach Fachdidaktik gibt es unterschiedliche Arten des Unterrichtseinstiegs, die von der KI nicht berücksichtigt werden, was auch zu Problemen oder zusätzlichem Aufwand bei der didaktischen Begründung des Unterrichtseinstiegs führen kann. Abhilfe könnte hier leicht geschaffen werden, wenn das Tool eine Unterscheidung in den Unterrichtsfächern vornehmen könnte und die Unterrichtseinstiege entsprechend dem Fach angepasst werden würden. Auch der Fokus, den man für die Stunde wählen kann, sehe ich als eher problematisch, da hier eine Einheitlichkeit eher zu wünschen übriglässt. Die KI unterscheidet hier zwischen Präsentationen, die der Sozialform zugeordnet werden könnten, der Gruppen- oder Einzelarbeit, die Sozialformen beschreiben und den kreativen Aufgabenstellungen, die sich eher den Methoden widmet. Der Fokus sollte ganz klar auf den Kompetenzen liegen, die während der Unterrichtsstunde gefördert werden sollen und die auch wichtiger Bestandteil der Lehrpläne sind. Die Auswahlmöglichkeiten für den Fokus der Stunde müssten also dementsprechend geändert werden, um einen Mehrwert für Studis zu bringen.

Generiert man dann einen Unterrichtsentwurf, indem man die vorhandenen Punkte angibt, bekommt man eine Unterrichtsverlaufstabelle, die für Lehrkräfte im Schuldienst mehr als ausreichend erscheinen. Die Tabelle umfasst die Untergliederung in Unterrichtsphasen, die Zeit, den Inhalt, sowie die Aktionsform. Für Lehrkräfte im Schuldienst super, um einen Überblick zu bekommen und sich inhaltlich zu orientieren, für Studis ist die Tabelle jedoch mit Mehraufwand verbunden. Das Tabellenlayout entspricht nicht den universitären Vorgaben, hier fehlen eindeutig Kompetenzen, Methoden und die passende Sozialform zu den Aktionsformen. Eine didaktische Reserve, die für jeden Unterrichtsentwurf in der Universität gefordert ist, generiert die KI auch nicht mit. Von einer Hauptkompetenz der Stunde fehlt ebenfalls jede Spur. Lediglich Lernziele, die als Teilkompetenzen angenommen werden können, werden von der KI gegeben. Jedoch muss die Formulierung auch wieder spezifisch angepasst werden, weil es hierfür von den verschiedenen Didaktiken unterschiedliche Anforderungen gibt. Für einen grobe Strukturierung der Stunde und die Verteilung der Inhalte ist die KI dennoch gut geeignet, das sie die Inhalte in der Tabelle den Phasen zuordnet und so einen guten roten Faden für die Stunde abbildet.

Schauen wir uns nun noch die Möglichkeit an Materialien für die Unterrichtstunde, passend zu den Unterrichtsphasen, zu erstellen. Mit einem Klick sollte ich beispielsweise ein Arbeitsblatt für die Inhalte der Unterrichtsphase generiert bekommen. Leider benötigt es auch hier Mehraufwand seitens der Nutzer, da nur eine textgenierte Rohfassung einer A4 Seite ausgespuckt wird. Das sogenannte Arbeitsblatt enthält zwar die das Thema und einen Einführungstext, jedoch fehlt eine anschauliche Gestaltung des Arbeitsblatts völlig. Gut, mit ein wenig Aufwand, ist der Teil des Gestalterischen schnell erledigt und je nach Klassenstufe reichen auch Aufgabenstellungen und ein Einführungstext völlig aus. Dennoch muss ich noch anmerken, dass nicht alle Aufgabenstellungen operationalisiert wurden, was ausbesserungsbedarf und Mehraufwand für den Nutzer bedeutet.

Ich möchte nun also ein kurzes Fazit ziehen. Das KI-Tool toteach.ai ist für bestehende Lehrkräfte im Schuldienst sehr gut, um sich neue Anregungen für ein Thema zu holen und eine Grobstruktur für den Unterricht zu bekommen, die für erfahrene Lehrkräfte oftmals ausreichend ist, um eine Unterrichtsstunde vorzubereiten und zielführend zu halten. Für Studis bringt das Tool leider nicht das, was es auf der Startseite verspricht – einen Unterrichtsentwurf innerhalb von Sekunden, der an den Lehrplan angepasst ist. Für Ideen zur Strukturierung der Stunde oder für passendes Material eignet sich die KI bestens. Jedoch gibt es viel nachbesserungsbedarf, damit diese auch für Studierende attraktiv ist und sie die KI auch ohne viel Mehraufwand nutzen können. Einen ausführlichen Unterrichtsentwurf kann man mit der KI nicht annähernd verfassen, dazu benötigt es weiterhin mehr Zeit und Recherche zur Auseinandersetzung mit den Inhalten, da die KI keine Möglichkeit zur Formulierungshilfe für die Sachstrukturanalyse, die didaktischen oder methodischen Begründungen bietet.

Die Auswirkungen einer KI auf das Schreiben von Texten. Eine kurze Zusammenfassung zum Beitrag „ChatGPT oder Überlegungen zu den Veränderungen des Schreibens in der Schule“ von Kirsten Schindler (2023).

Hinweis: Der folgende Beitrag stellt eine kurze Zusammenfassung über einen Artikel von Kirsten Schindler über die Veränderung des Schreibens in der Schule aus dem Jahr 2023 dar.

Wie kann eine KI angelernt werden?

Schindler (2023) schreibt dazu, dass ChatGPT über vier Trainingsschritte angelernt wurde, nämlich über ein generatives, unüberwachtes Vortraining, ein überwachtes Feintuning, einem reward modelling sowie einem inforcement leraning. Dabei  muss von menschlichen Ratern sichergestellt werden, dass weder gewaltbezogene, noch diskriminierende oder strafrechtlich relevante Inhalte produziert werden können (Schindler, 2023). Im ersten Schritt wird das System unter anderem mit Wikipediaartikeln angelernt, also mit im Internet frei verfügbaren digitalen Texten aus dem Trainingsjahr (Schindler, 2023). Um aber einen eigenen Text generieren zu können, muss das System Sprache fortführen können (Schindler, 2023). Dazu werden, vom Nutzer eingegebene Inhalte untersucht und mögliche folgende Inhalte über eine Wahrscheinlichkeitsverteilung errechnet, sodass das System dann eine Antwort, in Form eines fortlaufenden Textes formulieren kann (Schindler, 2023).

Welche Gefahren und Möglichkeiten können aus der KI-Nutzung resultieren?

Schindler (2023) macht darauf aufmerksam, dass die Textausgabe der KI, aufgrund komplexer, mehrschichtiger Rechenprozesse, von Menschen nicht prognostiziert werden kann. Des Weiteren lässt sich feststellen, dass minimale Abweichungen im Input, also in der Eingabe beispielsweise einer Fragestellung, deutliche Abweichungen im Output, also im ausgegebenen Text, produzieren (Schindler, 20203). Das macht deutlich, wie schwer es nachzuvollziehen ist, was der Nutzer von ChatGPT eingegeben haben muss, um den ausgegebenen Text als Endprodukt zu erhalten. Die Texte, die die KI produziert, sind aufgrund ihres Trainings mit von Menschen generierten Texten häufig schlüssig, da das System wahrscheinliche und typische Sprache reproduziert (Schindler, 2023). Auch bemerkenswert ist, dass die KI keine Plagiate, sondern Originale erschafft (Schindler, 2023). Das deutet auch auf eine enorme Herausforderung für Schule und Lehre hin, da es fast unmöglich ist den Lernenden nachzuweisen, ob sie gewisse Texte in Eigenleistung oder mit Hilfe von ChatGPT oder anderen KI-Softwares produziert haben. Weiterhin konnte ChatGPT das bayrische Abitur mit einer Note von 2 abschließen (Schindler, 2023). Das verdeutlicht, wozu KI bei intensivem und richtigem Training in der Lage sein kann und stellt vorhandene Prüfungsformate, wie Haus- und Abschlussarbeiten, in Frage.

Welche Rolle spielt das Medium beim Schreiben von Texten?

Schindler (2023) orientiert sich bei der Einteilung der Medien an den sechs Dimensionen technisch-medial, physisch kognitiv, sozial, semiotisch und textuell-diskursiv, die Steinhoff im Jahr 2022 in seinem Beitrag „Die digitale Transformation des Schreibens“ festlegte.

Über digitale Texte lässt sich zunächst sagen, dass sie sich aufgrund ihrer technisch-medialen Facette fundamental von analogen Texten unterscheiden (Schindler, 2023).
Sie sind für eine maschinelle Verarbeitung geeignet, was impliziert, dass sie automatisch in Verbindung mit anderen Texten gesetzt, neu strukturiert, durchsucht, berechnet und manipuliert werden können (Schindler, 2023). Die Nutzung von KI-Tools ermöglicht eine automatisierte Weiterbearbeitung digitaler Texte, was einerseits eine enorme Arbeitserleichterung bedeuten kann (Schindler, 2023). Andererseits kann die KI-Nutzung zu einem möglichen Kompetenzverlust in bestimmten Fertigkeiten wie dem Exzerpieren, Paraphrasieren und Zusammenfassen führen, was als Deskilling bezeichnet wird (Schindler, 2023).

Die physische Dimension spielt beim digitalen Schreiben eine ähnliche Rolle wie beim analogen Schreiben, die aber auf andere Weise wirken (Schindler, 2023). Schindler (2023) macht darauf aufmerksam, dass das Tippen oder Wischen auf Touchscreens die Bewegung des Fingers in den Fokus gerückt hat, wodurch eine Vereinheitlichung der Bewegungsabläufe entsteht und keine Unterscheidung auf Graphemebene mehr erfolgt. Mit der Verbreitung von Spracherkennungstechnologien, so Schindler (2023), könnte das Diktieren als Alternative zum handschriftlichen oder getippten Schreiben weiter an Bedeutung gewinnen, womit die Abnahme der Bedeutung handschriftlicher Übungen und die Entwicklung von Brain-Computer-Interfaces die Zukunft des Schreibens beeinflussen könnten.

Schindler (2023) bezieht sich bei der Beschreibung der kognitiven Dimension auf Hayes & Flower (1980) und sagt, dass sich diese darin zeigt, dass in vielen Schreibprozessmodellen das Textverfassen als Denkprozess betrachtet wird, der verschiedene Teilprozesse wie Planen, Strukturieren und Überarbeiten umfasst. Wenn Teile dieses Denkprozesses vom System übernommen werden können, könnte dies laut Limburger et al. (2023) bedeuten, dass der eigentliche Akt des Denkens beim Schreiben nicht mehr in gleichem Maße erforderlich ist. Schindler (2023) bezieht sich auch auf Sturm (2022) und sagt, dass diese Veränderungen nicht nur grundlegende Schreibfertigkeiten, sondern auch komplexe Kompetenzen wie das Strukturieren und Argumentieren in Texten betreffen könnten.

Schindler (2023) stellt fest, dass Steinhoffs Konzept der sozialen Facette des Schreibens mit Stadlers Theorie der Digitalität korreliert, was vor allem den Aspekt der Gemeinschaftlichkeit betrifft. Nach Schindler (2023) sind Referenzialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmizität grundlegende Muster für die Bedeutungsgenerierung und gemeinsame Bedeutungsverhandlung in digitalen Gesellschaften. Im schulischen Schreiben bietet die Gemeinschaftlichkeit durch kooperatives Schreiben Schindler (2023) zufolge vielfältige Möglichkeiten, sowohl zwischen Schreibenden als auch in Interaktion mit KI-Tools. Jedoch bleibt fraglich, inwieweit technische Systeme tatsächlich soziale Rollen beim gemeinsamen Schreiben übernehmen können (Schindler, 2023).

Schindler (2023) sagt, dass das Schreiben untrennbar mit Schrift verbunden ist, auch wenn diese diktiert wird. Sie weißt darauf hin, dass Steinhoff eine genauere Berücksichtigung semiotischer Faktoren beim Schreiben fordert, indem er auf Diskussionen aus der Schriftlinguistik, insbesondere zum interaktionsorientierten Schreiben, eingeht (Schindler, 2023). Schindler führt weiterhin an, dass die kreative Nutzung von Schrift durch Grundschüler, um Bedeutung zu vermitteln darauf hindeutet, dass sich möglicherweise auch traditionelle Vorstellungen von Schrift und deren Bedeutung ändern, während die Gestaltdimension von Schrift vermehrt in den Fokus rückt, unterstützt durch die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten in Textverarbeitungsprogrammen und KI-Tools.

Schindler (2023) legt dar, dass Steinhoff die textuell-diskursive Facette als eine weitere Dimension des Schreibens identifiziert, wobei digitale soziale Medien wie Instagram zeigen, dass wir in einer visuellen Kultur leben, in der Bilder und Text-Bild-Bezüge entschlüsselt werden müssen. Die Bedeutung visueller Elemente im Text, schreibt sie, hat möglicherweise angesichts der zunehmenden Alphabetisierung der Gesellschaft weniger Aufmerksamkeit erhalten, obwohl neue Textsorten wie Blogs, Tweets und TikToks sowie der Wechsel zwischen verschiedenen Modalitäten wie Text, Sprache und Bild die Textlandschaft verändern. Einige Experten, Schindler (2023) führt hier Limbur et al. (2023) an, erwarten eine höhere Fluidität des Textkonzepts im Zeitalter von KI, während andere vermuten, dass sich die Art und Weise, wie wir Text produzieren, verändern wird.

Im weiteren Verlauf des Textes geht Kirsten Schindler auf veränderte Bedingungen für das Schreiben in der Schule ein und gibt dazu Einblicke in Handreichung zu Nutzung von KI im Unterricht für Lehrkräfte verschiedener Bundesländer.

Quelle: Schindler, Kirsten (2023): ChatGPT oder Überlegungen zu den Veränderungen des Schreibens in der Schule. In: Medien im Unterricht, 6.