Die Dezember-Hilfe: Was ist, wenn sie nicht gesondert ausgewiesen worden ist?
Hinweis: Dies ist meine persönliche Rechtsauffassung. Ich bin nicht im Entferntesten Fachanwalt für Mietrecht – ich bin Student der Rechtswissenschaften.
Im Zuge der krassen Verteuerung von Gas aufgrund des Ukraine-Kriegs, beschloss die Bundesregierung ein Entlastungspaket für Letztverbraucher bei den Kosten für Erdgas und Fernwärme für Dezember 2022. Mieter, die keinen direkten Vertrag mit dem Versorger haben, sondern Erdgas oder Fernwärme über ihre Nebenkosten bezahlen, mussten hierfür nicht weiter aktiv werden. Stattdessen wurde der Vermieter als Bezieher der Energie entlastet. Denn dieser musste für das vermietete Gebäude für den Dezember 2022 einen geminderten oder gar keinen Abschlag für jene Energie zahlen. Diese Kosten übernahm der Bund. Dem Vermieter fielen dadurch verringerte Gesamtkosten an. Diese Entlastung muss der Vermieter in der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022 an die Mieter weitergeben.
§ 5 Absatz 1 Satz 2 des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes (ESWG) sieht vor, dass der Vermieter diesen Betrag gesondert ausweisen muss:
§ 5 Abs. 1 EWSG: „Der Vermieter hat die Entlastung […] für die laufende Abrechnungsperiode an den Mieter weiterzugeben. Die Höhe der Entlastung des Vermieters ist in der Heizkostenabrechnung für die laufende Abrechnungsperiode gesondert auszuweisen.“
Doch wie ist es um das Schicksal der Heizkostenabrechnung bestellt, wenn er dies nicht tut? In Betracht kommen zwei Möglichkeiten: entweder ist die Heizkostenabrechnung formell fehlerhaft und damit unwirksam oder sie ist inhaltlich fehlerhaft, wodurch die Heizkostenabrechnung im Übrigen Bestand hätte.
Formelle Fehlerhaftigkeit?
Eine Abrechnung ist formell ordnungsgemäß, wenn sie die Anforderungen des § 259 Abs. 1 BGB erfüllt:
„Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen […].“
Der Vermieter muss also die Einnahmen und Ausgaben für das vermietete Gebäude per Abrechnung offenlegen. Dazu muss sie gewisse Mindestangaben enthalten und für den Durchschnittsmieter nachvollziehbar sein. Bei der Heizkostenabrechnung muss so u. a. die Angabe der Brennstoff- oder Wärmelieferungskosten enthalten sein (Wall, Betriebs- und Heizkostenkommentar, 5. Aufl, Rn. 1810). Wenn die Abrechnung diesen Anforderungen nicht genügt, ist sie unwirksam oder um es anschaulicher zu sagen: Für den Mieter und den Vermieter hat es dieselbe Bedeutung wie ein leeres Blatt Papier.
Der Bundesgerichtshof tendiert dazu, diese Anforderung nicht künstlich hochzuschrauben. Andernfalls wäre die Folgen aufgrund vermehrter Unwirksamkeit von Betriebs- und Heizkostenabrechnung fatal. Nichtsdestotrotz hält der BGH die Nachvollziehbarkeit für ein wichtiges formales Kriterium. Sie muss zwar keine vollständige Überprüfung auf ihre inhaltliche Richtigkeit ermöglichen, aber immerhin so detailliert gestaltet sein, dass der Mieter die Berechnungsgrundlagen erkennen kann (BGH, Urteil v. 25.11.2009 – VIII ZR 322/08, Rn. 17).
Daher ist zu klären, welches Ziel der Gesetzgeber mit der Ausweisungspflicht des Entlastungsbetrags erreichen wollte. Glücklicherweise gibt die Gesetzesbegründung einen Ansatz: „Satz 2 […] dient der Transparenz und Nachprüfbarkeit für den Mieter“ (Bundestagdrucksache 20/4373, S. 33). Das Wort „Nachvollziehbarkeit“ wird nicht genannt. Doch es liegt auf der Hand, dass zumindest Transparenz synonym für die Nachvollziehbarkeit ist (vgl. DWDS, „Transparenz“, abrufbar unter: Transparenz – Schreibung, Definition, Bedeutung, Etymologie, Synonyme, Beispiele | DWDS, zugegriffen am 08.07.2023). Daher liegt der Schluss allein aus der Gesetzesbegründung nicht fern, dass das Fehlen der Dezember-Hilfe auf der Heizkostenabrechnung die Unwirksamkeit derselben zur Folge hat.
Dies kann mit einem weiteren Argument untermauert werden. Während die meisten formellen Wirksamkeitskriterien sich aus der Rechtsprechung entwickelt haben, ist § 5 Abs. 1 S. 2 EWSG eine direkte Pflicht adressiert an die Vermieter. Zwar hat der Gesetzgeber in diesem Gesetz keine Konsequenzen für einen Verstoß genannt, doch deutet dies darauf hin, dass der Vermieter diesem Gebot unbedingt Folge zu leisten hat. Denn der Vermieter hat den Entlastungsbetrag auszuweisen; bis dies also nicht geschehen ist, genügt die Heizkostenabrechnung dieser formellen Ausweisungspflicht nicht und muss unwirksam sein (im Ergebnis auch Elzer, Heizkostenverordnung, 1. Auflage 2023, Nachbemerkung zu EWSG Rn. 13: „Fehlt die Angabe, ist die Betriebskostenabrechnung formal nicht ordnungsmäßig.“).
Oder doch eher nur ein inhaltlicher Fehler?
Wie bereits gesagt, setzt der BGH die Hürden für eine formelle Fehlerhaftigkeit einer Abrechnung hoch an. Die Nachvollziehbarkeit als formales Kriterium dient dazu, dass die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für „einen durchschnittlich gebildeten und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter nachvollziehbar“ sein muss. „Es reicht aus, dass der Mieter die ihm auferlegten Kosten aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen kann“ (Wall, Betriebs- und Heizkostenkommentar, 5. Aufl., Rn. 1774; siehe dazu auch BGH, Urteil v. 19.7.2017 – VIII ZR 3/17, Rn. 16). Die Rede ist allerdings nur von dem Mieter auferlegten Kosten, doch der Entlastungsbetrag soll ihm ja gerade keine Kosten auferlegen. Ist daher der Entlastungsbetrag bereits in der Angabe der Brennstoff- bzw. Wärmelieferkosten enthalten, so wäre dies zwar eine Pflichtwidrigkeit wegen Missachtung des § 5 Abs. 1 S. 1 EWSG, denn der Entlastungsbetrag wurde nicht gesondert ausgewiesen, doch wäre dies nach strengem Festhalten an den Wortlaut der Rechtsprechung kein formeller Fehler. Es wäre nur ein inhaltlicher Fehler, den der Mieter beim Vermieter während der Widerspruchsfrist (genauer: Einwendungsfrist) innerhalb zwölf Monate nach Zugang der Abrechnung beanstanden müsste, § 556 Abs. 3 S. 5 BGB.
Dieses Ergebnis verträgt sich auch mit der Rechtssprechung des BGH, denn danach müssen alle Angaben enthalten sein, damit ein Rechtskundiger die Berechnungen und das Gesamtergebnis nachvollziehen kann (BGH, Urteil v. 26.10.2011 – VIII ZR 268/10, Rn. 13). Wenn die Entlastung bereits in den Brennstoff- bzw. Wärmelieferkosten enthalten ist, dann ändert dies an der Nachvollziehbarkeit der nachfolgenden Berechnungen und des Gesamtergebnisses nach lebensnaher Betrachtung eigentlich nichts. Im Gegenteil könnte man auch behaupten, die Angabe der Brennstoff-/Wärmelieferkosten würde den juristischen Laien ohnehin noch mehr verwirren.
Stellungnahme
Meiner Einschätzung nach sollte es sich beim Fehlen des ausgesondert auszuweisenden Entlastungsbetrages um einen inhaltlichen Fehler handeln (entgegen Elzer, Heizkostenverordnung, 1. Auflage 2023, Nachbemerkung zu EWSG Rn. 13). Das Fehlen des gesondert auszuweisenden Entlastungsbetrags sollte den Mieter nicht an der Nachvollziehbarkeit des Gesamtergebnisses und der Berechnung bis dahin hindern. Stattdessen handelt es sich um eine Fehlerhaftigkeit bezüglich eines Kostenpunktes, denn nach § 5 Abs. 1 S. 2 EWSG sind die Brennstoff-/Wärmelieferkosten bei Nichteinhaltung der Vorschrift fehlerhaft.
Ähnlich wie bei stark gestiegenen Betriebskosten hat der Mieter dann die Möglichkeit die z. T. auffällig gesunkenen Brennstoff-/Wärmelieferkosten per Belegeinsicht überprüfen zu können. Verweigert der Vermieter diese Belegeinsicht, darf der Mieter die gesamten Kosten der Heizkostenabrechnung, die auf ihn entfallen, solange zurückbehalten, bis der Vermieter Belegeinsicht gewährt (BGH, Beschluss v. 22.11.2011 – VIII ZR 38/11, Rn. 3). Denn die Brennstoff-/Wärmelieferkosten sind Ausgangspunkt sämtlicher Kosten, die dann in der Heizkostenabrechnung auf die Mieter verteilt werden. Wenn dieser Posten nicht belegt werden kann, sind daher auch alle anderen Kosten hinfällig. Zurückbehaltungsrecht bedeutet im Übrigen, dass man die zurückbehaltenden Kosten dann wieder an den Vermieter auszahlen muss, wenn dieser seiner Pflicht zur ordnungsgemäßer Belegeinsicht nachgekommen ist.
Die Praxis wird zeigen, wie oft diese dem Vermieter treffende Pflicht ignoriert und vom Mieter beanstandet wird. Aktuell gibt es noch keine Rechtsprechung zu diesem Fall.
Was ist, wenn der Vermieter den Entlastungsbetrag nicht an die Mieter weitergibt, also sich selbst damit bereichert?
Wenn der Entlastungsbetrag gar nicht an den Mieter weitergegeben wurde, sondern der Vermieter sich das Geld selbst „in die Tasche steckt“, dann besteht zivilrechtlich zunächst der Anspruch des Mieters darauf, den Entlastungsbetrag von den Brennstoff-/Wärmelieferkosten abzuziehen. Wie hoch dieser Entlastungsbetrag ist, kann aus der Rechnung des Energielieferanten eingesehen werden. Garantiert wird der Vermieter es jedoch nicht bis zur Belegeinsicht kommen lassen, wenn er genau weiß, dass er den Entlastungsbetrag nicht weitergegeben hat. Dieser Anspruch muss dann gegebenfalls durch Auskunftsklage eingeklagt werden. Bis dahin hat der Mieter, wie oben gesagt, ein Zurückbehaltungsrecht an den gesamten auf ihn entfallenden Kosten aus der Heizkostenabrechnung. So gesehen würde sich der Vermieter dadurch selbst schaden, denn bei Offenlegung der wahren Kosten hätte er immerhin noch Anspruch auf den gekürzten Teil der Heizkostenabrechnung.
Strafrechtliche Züge würde dieser Fall dann auch annehmen. Im Betracht kommen würde die veruntreuende Unterschlagung nach § 246 Abs. 2 StGB oder die Veruntreuung nach § 266 Abs. 1 StGB. Zwar soll die Entlastung gerade den Mietern als Letztverbraucher zugute kommen, doch anvertraut wird sie zunächst dem Vermieter. Dieser muss daher mit dem Geld sorgsam umgehen und das Geld schließlich mit der Heizkostenabrechnung per Gesetz weisungsgemäß an die Mieter weitergeben. Wenn er sich das Geld dann selbst zueignet oder einem Dritten, stellt dies den Treuebruch dar, der, je nach Fall, nach dem einen oder dem anderen Straftatbestand zu bewerten wäre.
Hoffen wir, dass es zu so einem Fall nicht kommt.