Satire darf viel, aber…
Darf Satire wirklich alles? Hatte und hat Kurt Tucholsky recht, dessen ebenso bekannter Ausspruch „Soldaten sind Mörder“ zuletzt Mitte der 1990er Jahre vom Bundesverfassungsgericht als zulässige Meinungsäußerung bewertet wurde? Ein Blick in die Rechtsprechung ergibt, dass die klare Antwort „Nein“ lauten muss. Sowohl in der Weimarer Republik als auch in der neuen wie alten Bundesrepublik haben Gerichte immer wieder bestimmte Grafiken, Fotomontagen oder auch Formulierungen, die unter dem Label „Satire“ liefen, wegen der Verletzung der Menschenwürde einzelner Personen, mitunter aber auch wegen der Verletzung religiöser Gefühle, gerichtlich untersagt.
Heute darf Satire sehr viel, sofern primär eine Botschaft transportiert werden soll, die geeignet ist, auf Missstände aufmerksam zu machen und somit die Welt zu verbessern. Gleichzeitig muss dabei die Menschenwürde des Angegriffenen gewahrt bleiben. Die Würde eines Menschen ist unantastbar. Überspitzte und auch geschmacklose Äußerungen sind jedoch erlaubt, wenn die Thematisierung eines Missstandes im Vordergrund steht und es einen Anlass für die in Satire versteckte Kritik gegeben hat . Im Zweifel sollte eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, die die Interessen aller Beteiligten und aller Umstände des jeweiligen Falles berücksichtigt.
Satire vs. Meinungs-und Kunstfreiheit
Eine satirische Darstellung beinhaltet oftmals eine Meinungsäußerung, sodass der Schutz die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG greift. Vor allem aber ist sie eine Form von Kunst, wenn eine fiktive oder karikaturhafte Darstellung erkennbar ist. Damit ist sie gleichzeitig geschützt von der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG. Oftmals wird durch die Darstellung von bestimmten Personen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht derer aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen, denn diese werden meist in einer ungünstigen Art und Weise verbildlicht, in der sie nicht an die Öffentlichkeit gelangen wollen. An dieser Stelle gilt es dann, die nunmehr bekannte Interessenabwägung zwischen den betroffen Rechten durchzuführen.
Im Fall von Satire gilt jedoch eine Besonderheit: Diese spezielle Art der Kunstform erfordert eine ihr angemessene Herangehensweise an die rechtliche Beurteilung. So muss vor der Beurteilung, ob das Werk Persönlichkeitsrechte verletzt, dieses zunächst in Aussagekern und satirische Einkleidung zerlegt werden. Denn nach dem wegweisenden Urteil zur „Strauß-Karikatur“ (BVerfGE 75, 369) ist es dieser Kunstform wesenseigen, dass die Elemente der Verzerrung, Übertreibung und Verfremdung benutzt werden, sodass mit werkgerechten Maßstäben gearbeitet werden muss. Aufgrund dessen muss die Einkleidung getrennt von der eigentlichen Aussage daraufhin untersucht werden, ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, wobei bei ersterer ein weniger strenger Maßstab anzulegen ist. Nur wenn danach insgesamt eine Schmähung vorliegt – d.h. wenn die Person durch die so dargestellte Äußerung verächtlich gemacht werden soll und es nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache geht – liegt insgesamt eine rechtswidrige Darstellung vor.
Und was darf Satire unter keinen Umständen?
- Fakten verfälschen (bspw. Statistiken), Propaganda (Verspottung einer Person, obwohl man weiß, dass der „Feind“ recht hat oder die Fakten ihn entlasten)
- Die Verhöhnung Wehrloser
- Satirischen Kontext weglassen (kein Feind, kein Missstand)
- Den satirischen „Feind“ aus den Augen verlieren
- Den Zweck und die Botschaft durch das Mittel in den Schatten stellen
- Tabus brechen, ohne Botschaft
- Sinnfreie Formalbeleidigungen
Keep on working, great job!