Die Komposition wurde am 8. Februar 1914 von den Wiener Philharmonikern unter Felix Weingartner uraufgeführt und stellt eine Essenz von Franz Schrekers sinnlicher Klangkunst dar. Bereits von den ersten Rezensenten wurden die Instrumentation, die „verführerisch“ und „geheimnisvoll lockende Klangwelt“ sowie die erlesenen „Farbenmischungen“ hervorgehoben. Bei der Tagung habe ich aus zeitlichen Gründen nur den Beginn vorspielen können, darum gibt es heute für euch zum Nikolaustag das ganze Stück. Die Aufnahme stammt von dem Mitschnitt der Salzburger Festspiele aus dem Jahr 2005, bei der die entsprechenden Personen schon während des Vorspiels pantomimisch eingeführt werden.
Die Oper handelt von einer tragischen Dreiecksbeziehung zwischen dem missgestalteten genuesischen Edelmann Alviano Salvago, dem vital-überschwänglichen Grafen Vitelozzo Tamare sowie der herzkranken Künstlerin Carlotta Nardi. Die beiden Männer, die um Carlotta werben, repräsentieren zwei Typen, die sich diametral gegenüber stehen: der aufgrund seiner körperlichen Missbildungen zum Erhabenen, Durchgeistigten und Sittlich-Reinen neigende Alviano, der die Liebe als ideale Konzeption absoluter Schönheit begreift auf der einen Seite sowie der triebhaft und wollüstig agierende heißblütige Tamare, der das Prinzip der sexuellen Begierde verkörpert und sein Ziel zur Not auch mit Gewalt erreichen will, auf der anderen Seite.
Musikalisch teilen sich die drei Personen in drei unterschiedliche Sphären auf, die dem Vorspiel auch seine formale Gestalt geben. Zum Schluss wird der Motivkomplex des Alviano wiederholt.
Die Klangwelt Alvianos (bis 2:53min) ist gekennzeichnet von einem schillernden Klangband, in das sich sein Hauptmotiv einbettet. Gefolgt wird dieses erste Motiv von dem für die Oper zentralen Sehnsuchtsmotiv (1:15 min).
Es folgt der zweite Abschnitt, der die Sphäre Tamares repräsentiert. Zunächst erklingt eine festliche Musik (2:54 min), die sich immer mehr steigert, bis schließlich als Höhepunkt das Motiv Tamares selbst mit einem triumphalem Gestus und spezifisch italienischem Kolorit hervorbricht (4:35 min).
Die Zerbrechlichkeit der leidenden Carlotta wird anschließend mit einer fragilen chromatischen Melodik, bevorzugt in Flöte und Solo-Violine eingefangen (5:30 min).
Eingekleidet mit neuartigen harmonischen und chromatisch geführten Nebenstimmen erklingt die Reprise der Alviano-Thematik (7:05 min). In dieser facettenreichen Variante werden weitere Motive eingeflochten (bspw. die Koppelung des Sehnsuchtsmotiv mit einem neuen Thema bei 8:53min), bevor mit einer Rückkehr des Klangbandes (9:38 min, überschrieben mit „traumhaft leise verloren“) der Schluss des Vorspiels eingeleitet wird.
Ein Beitrag von Daniel Tiemeyer zum Auditiven Adventskalender.
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