Die Antwort ist: Je nach Bedeutung wird Kultur als ein Konstrukt gesehen, das sich von anderen abgrenzt (enger Kulturbegriff) bzw. alle Auswirkungen der Kultur zu erfassen versucht (weiter Kulturbegriff).
Der enge Kulturbegriff grenzt vor allem im deutschen Sprachraum das Kultivierte, die „Kultur“ vom Unkultivierten, der „Zivilisation“ ab. Einer der ersten Vertreter dieser Theorie war z.B. Immanuel Kant. Unter der Auffassung eines engen Kulturbegriffes versteht man also Kultur als Hochkultur im Sinne von geistigen oder künstlerischen Tätigkeiten (z.B. Kunst, Musik oder Theater). Alle Individuen, die diese Art von Kultur nicht pflegen, sind damit auch nicht kultiviert. Jürgen Bolten kritisiert aus diesem Grund: „Ein in diesem Sinne auf „Hochkultur“ zielender Kulturbegriff wirkt schon deshalb verengend, weil er sich logisch nur durch die Setzung seines Gegenteils, eben des „Nicht-Kultivierten“, der „Unkultur“ (der Masse), erhalten kann“ (Bolten 2007, S. 16).
Mittlerweile bezieht man sich häufiger auf das Verständnis eines „erweiterten“ Kulturbegriffs. Er unternimmt den Versuch, weniger zu werten als zu beschreiben und umfasst generell alle Lebensumstände. Hierzu zählen z.B. die Weltansicht, Werte und Normen, das Bildungssystem und Rechte.
Dabei lässt sich zusätzlich in eine geschlossene und eine offene Variante unterscheiden. Die (mehr oder minder) geschlossenen Varianten des erweiterten Kulturbegriffs ist eine recht pragmatische Ansicht. Er versucht Kulturen durch z.B. Nationengrenzen, Religionen, Sprachen und Ideologien voneinander abzugrenzen. Diese Sichtweise ist ziemlich absolut: Entweder du gehörst diesem Kreis an oder nicht, entweder bist du z.B. Deutsche*r oder du bist es nicht.
Zuletzt also zum erweiterten, „offenen“ Kulturbegriff: Dabei wird Kultur als alles, was sich auf zwischenmenschlicher Ebene abspielt, und daraus hervorgehende Normen und Konventionen gewertet. Dies bietet den Vorteil gegenüber dem geschlossenen Kulturbegriff, da in dieser Ansicht berücksichtigt wird, dass auch zwischen Menschen unterschiedlicher Nationen entsteht. Jürgen Bolten formuliert dazu: „Lebensgeschichten werden dementsprechend auch nicht mehr von einem Ort oder einem „Land“ aus gedacht, sondern vom Lebensprozess selbst“ (Bolten 2007, S. 18).