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Die Geschichte des Radios in Deutschland ist lang und facettenreich. Von der Übertragung elektromagnetischer Wellen bis hin zum heutigen Internetradio hat sich das Medium ständig weiterentwickelt und seine Bedeutung für die Gesellschaft verändert. In diesem Artikel werden die wichtigsten Stationen der deutschen Radiogeschichte vorgestellt, die aus unserer Sicht besonders prägend waren. Dabei geht es sowohl um technische Innovationen als auch um gesellschaftliche und politische Ereignisse, die das Medium Radio geprägt haben.
Psssst… einen ausführlichen Recap über die Geschichte des Radios gibt es in unserem Podcast zu hören. Diesen findest du hier.
1886: In diesem Jahr hat Heinrich Hertz erstmalig die Übermittlung von elektromagnetischen Wellen nachgewiesen, die die Grundvoraussetzung fürs Radiohören sind.
Bild: Wikimedia Commons
24. Dezember 1906: Reginald Fessenden sendet aus Brant Rock in Massachusetts die erste Radiosendung, bestehend aus Moderation, Gesang, dem Vorlesen eines Bibeltextes und einer Abmoderation mit dem Hinweis auf die nächste Sendung.
Bild: Bettmann Archive/Getty Images
I. Weltkrieg: wurde das Radio zunächst als mobiles Empfangsgerät genutzt und dann weiterentwickelt als Punkt-zu-Punkt-Kommunikation, bei der es einen Sender gibt, der elektromagnetische Wellen aussendet, und einen Empfänger, der diese empfängt und in nutzbare Informationen umwandelt.
22. Dezember 1920: Erste öffentliche Rundfunkaussendung in Deutschland mit dem Lied “Stille Nacht, heilige Nacht”, intoniert von Harmonium, Streichinstrumenten und Klavier wird im Radio gesendet. Mitarbeiter der Reichspost spielten in der Hauptfunkstelle in Königswursterhausen bei Berlin ein Weihnachtskonzert.
29. Oktober 1923: Erste Unterhaltungsradiosendung aus dem Voxhaus Berlin wird gesendet. Diese markierte den Startpunkt für den deutschen Unterhaltungsrundfunk.
Wichtig: Zur Zeit der Weimarer Republik galt der Rundfunk als unpolitisches Bildungs- und Unterhaltungsmedium, was jedoch unter Zensur stand. Es gab eine Rundfunkordnung, die die Einrichtung von Überwachungsausschüssen des Reichspostministeriums gewährleistete. Medium wurde als 1 to many Kommunikation etabliert – was bedeutet, dass es einen Sender gibt, der sich an viele Empfänger richtet.
um 1930: Bertolt Brechts Radiotheorie. Um mehr über seine Visionen fürs Radio zu erfahren, klicke bitte hier.
1930er: Erforschung der Radionutzung. Paul Lazarsfeld und Herta Herzog erforschten am “Office of Radio Research” in den USA, warum Menschen Radio hören. Ihre Forschungsergebnisse legten den Grundstein für die spätere Radioforschung in Deutschland. Ergebnis: Radio ist besonders wirksam ist, wenn es konsumentenorientiert agiert
1933–1945: NS- Zeit. Unter der Führung von Joseph Goebbels diente das deutsche Rundfunkwesen als mächtiges Propagandamedium, um die Ideologie des Nationalsozialismus zu verbreiten. Das Rundfunkwesen wurde zentralisiert. Beispiele für die Nutzung des Radios durch die Nazis: Weihnachtsringsendungen von 1940 bis 1943.
Entwicklung in der DDR nach 1945: Sowjets reorganisierten nach der DDR-Staatsgründung den Rundfunk. Dann wurde das Radio erneut Propagandainstrument für kommunistische Ideologie. Außerdem gab es eine starke Kontrolle über die Verbreitung von Informationen aus dem Ausland, insbesondere aus Westdeutschland.
Entwicklung in der BRD nach 1945: Im Westen fiel der Rundfunk in die Hände der Allierten. Die Entnazifizierung des Rundfunks begann. General Lucius Clay, US-amerikanischer Militärgouverneur, forderte die Unabhängigkeit der Medien vom Staat, damit Rundfunk wieder im Interesse der Allgemeinheit steht. Jedes Bundesland hat seitdem ein Landesmediengesetz und eine Landesmedienanstalt.
1948: Hugh Carleton Greene, der spätere Direktor BBC, entwickelte eine Programmpolitik, die vorschrieb, dass der Rundfunk zum Aufbau eines freien, demokratischen und friedlichen Deutschlands beitragen solle. Diese sah vor, dass der Rundfunk die Pluralität der Inhalte sichern müsse, was bedeutet, dass Sendezeit für alle religiösen, sozialen und ethnischen Gruppen sowie für alle politischen Parteien zur Verfügung gestellt werde.
Bild: BBC MCMXLVI. Picture courtesy of BBC History
Die Sendeanstalten werden nun von einem Rundfunkrat und einem Verwaltungsrat kontrolliert. Mit dieser Programmpolitik wurde das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem in der Bundesrepublik Deutschland etabliert.
1960er Jahren: Das Modell der Vollprogramme ist in der Radiolandschaft der BRD üblich. Dabei wurden von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten landesweite Programme ausgestrahlt, die ein breites Spektrum an Inhalten abdecken, wie Nachrichten, Kultur, Bildung, Unterhaltung und Sport. Heutzutage werden diese Vollprogramme in der Regel als Full-Service-Programm realisiert. Dieses ist auf Durchhörbarkeit ausgelegt.
1970er Jahre: Das Modell des Kästchenprogramms auf. Die einzelnen Bestandteile des Programms waren höchst verschieden und folgten ohne Überleitung aufeinander. Es wurde davon ausgegangen, dass Zuhörer für ein bestimmtes Programm einschalten. Angekündigt wurden die einzelnen Programme in einem Heft. Das Kästchenprogramm führte zu einer größeren Vielfalt an Inhalten und Angeboten im Rundfunk, da private Veranstalter jetzt ihre eigenen Programmkonzepte entwickeln konnten.
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Eine dritte Form des Radios begann sich in Deutschland zu entwickeln: das Freie Radio. Ursprünglich richteten sich Friedens- und Umweltaktivisten gegen den Widerstand der Politik und riefen Piratensender ins Leben. Sie besetzten freie Frequenzen und sendeten Musik, Diskussionen und politische Inhalte, die von den etablierten Rundfunkanstalten nicht angeboten wurden. Da die Betreiber von Piratensendern keine Sendegenehmigung hatten, wurden sie verfolgt, ihre Ausrüstungen wurden beschlagnahmt und Gerichtsverfahren gegen sie eingeleitet.
3. Rundfunkturteil von 1981: Der private Rundfunk in Deutschland wurde nun auch verfassungsmäßig legitim, sofern ausreichend Frequenzplätze vorhanden waren. Die Landesmedienanstalten vergaben Sendefrequenzen nur an Programme, die eine Erweiterung der Pluralität versprachen.
1984: Umsetzung des sogenannten “Dualen Rundfunksystems”, bei dem privater Rundfunk nur existieren durfte, wenn es auch öffentlich-rechtliche Sender gab. Dies sollte Vielfalt, Ausgewogenheit und Qualität garantieren, da öffentlich-rechtliche Sender nicht durch Geld beeinflussbar sind.
1990er: Erst nach dem Mauerfall wurde in der BRD die gesetzliche Grundlage für „nichtkommerzielle Lokalradios“ — also freie Radios — geschaffen, welche das Fehlen und die falsche Darstellung von Minderheitskulturen in den Mainstream-Medien ausgleichen sollen.
+ die Digitalisierung des Radios begann. Satelliten- und Internet-Radio wurden populärer und ermöglichten den Empfang von Radiosendungen aus der ganzen Welt.
Anfang der 2000er: Die ersten Webplayer wurden ins Leben gerufen und der erste deutschsprachige Podcast startete.
2013: Einführung des Rundfunkbeitrags.
2020: Corona Pandemie. Viele Sendungen wurden von zuhause aus produziert, einige Sender haben die Anzahl von Informationsformaten wie Nachrichten ausgeweitet, andere passten ihr Musikprogramm an, um die Stimmung der Hörer zu heben.