Mit dem Sandmann verbinden wir heute jenes putzige kleine Männchen, das allabendlich den Kindern eine große Portion Sand in die Augen bläst, damit diese zur Freude aller Eltern schnell und friedlich in einen langen Schlaf sinken. Bis das Sandmännchen in den späten 1950iger Jahren sowohl in Ost- wie in Westdeutschland eine Karriere als Kinderfreund begann, hatte das Wort des Sandmanns bereits eine lange Geschichte hinter sich gebracht.
Bereits aus dem Mittelalter ist die Berufsbezeichnung „Sandmann“ bekannt. Es handelte sich dabei um den Lieferanten von quarzhaltigen Sanden, die sich gut für Putz- und Schleifarbeiten verwenden ließen. Scheuersand fand in vielen Bereichen des Alltags Verwendung, besonders zum Putzen von Fußböden oder Zinn-, Kupfer- und Holzkesseln. Für den Wochenendputz am Samstag breitete man den Sand einfach auf dem Fußboden aus, lief den ganzen Tag über den Sand, kehrte ihn abends wieder ab und freute sich anschließend über den polierten Belag.
Der Job des Sandmanns war weder sozial besonders anerkannt, noch einfach oder reich belohnt. Leicht fiel die Arbeit noch aus, wenn der Sand im Tagebau zu gewinnen war. Weniger gemütlich wurde es, wenn zum Sandabbau größere Schachtanlagen erforderlich waren. Die Klagen über die Verwüstung der Landschaft durch den Sandabbau nahmen im 18. Jahrhundert zu, so dass teilweise gar Verbote erlassen wurden. Im Tagelohn galt der Sandabbau häufig auch als ein Minijob neben anderen. Frauen und Kinder halfen um den Sand zu hacken, sieben und zu verpacken. Anschließend zog der Sandkerl mit schrillem Trillern seiner Sandflöte durch die Stadt und bot den Sand an.
In der Literatur und Musik firmierte der Sandmann aufgrund seines geringen Sozialprestige bis ins späte 19. Jahrhundert vor allem als Kinderschreckgestalt. Besonders die Erzählung „Der Sandmann“ von E. T. A. Hoffmann nährte diesen Mythos einer Gestalt, die Kindern die Augen ausstach. Erst um die Jahrhundertwende kehrte sich das Motiv um, nun erschien das Sandmännchen als Freund der Kinder und Wächter des Schlafs.
Quellen:
Barbara Boock, Kinderlieder im sozialen Wandel. Einleitung, in: Dies. (Hg.), Kinderliederbücher 1770-2000. Eine annotierte, illustrierte Bibliografie, Münster 2007, S. 7-22.
Michaela Vieser und Irmela Schautz, Der Sandmann, in: Der Tagesspiegel vom 27.09.2009, http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/der-sandmann/1606722.html
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