… das Seminar
Welche Rolle spielt das Erbe von Titos Jugoslawien im heutigen Bosnien und Herzegowina? – So nannten wir unser auf Interdisziplinarität zwischen den Fachgebieten und auch innerhalb der Philologien angelegtes Seminar. Es sollte die gar nicht so einfache Geschichte des sozialistischen Jugoslawiens – mit Euphorie des legendären Kommunisten Josip Broz Tito 1943 bzw. 1945 gegründet und in den 1990er Jahren kriegsreich zu Grabe getragen – beleuchten. Im Mittelpunkt stand die Perspektive des neuen Staats Bosnien und Herzegowina, welcher durch seine verschiedenen Vergangenheiten bis in die Gegenwart bestimmt und belastet scheint.
Wir gingen auf die Suche nach der Gegenwart von jugoslawischem Gründungsmythos, von den Volksbefreiungskämpfen der Partisanen und Partisaninnen und des Präsidenten Tito. Wir fragten uns nach der Rolle dieser Vergangenheit für die Konstituierung einer (verloren gegangenen?) jugoslawischen bzw. (wieder zu entdeckenden oder erst zu konstruierenden?) bosnischen Identität. Welche Rolle spielt dabei insbesondere die Repräsentation solcher Fragen in Literatur, Film und Kunst?
Unterfüttert wurde die Suche mit klassischem Buchwissen über die politischen und sozialen Strukturen in Bosnien und Herzegowina. Es sollte die kulturelle und religiöse Vielfalt des Landes erklären und darüber Hintergrundwissen bereitstellen, sich den jugoslawischen Zerfallskriegen anzunähern.
Das Seminar wurde mit einer Exkursion nach Sarajevo – inklusive Ausflügen nach Jajce und Banja Luka – verknüpft. Dort kamen wir mit Studierenden und Lehrenden aus Serbien und Bosnien zusammen. Gemeinsam gingen wir auf die Suche nach Antworten, interviewten Zeitzeug*innen verschiedener Generationen und verschiedener Professionen und besuchten Orte des heutigen Zusammenlebens wie Orte vergangener, zumeist aber noch umkämpfter Geschichte.
Dieser Blog gibt Zeugnisse dieser Auseinandersetzung und Exkursion auf verschiedene Weisen wieder. Die Studierenden und Lehrenden, darunter aber auch jene aus Novi Sad (Serbien) und Sarajevo, beschreiben in Wort und Bild ihre persönlichen Eindrücke. Zudem haben Sie die Interviews, die sie in bosnisch-serbisch-deutschen Gruppen mit Zeitzeug*innen durchführten, kritisch aufgearbeitet und für diesen Blog in eine adäquate Form gebracht.