[MET]

Der Modus ‚metamorphosis‘ [MET]

Those who reject invisibles give birth to monsters.
(Latour 2013: 355)

[MET] als Daseinsweise ist in der Psychogenese angesiedelt, die seelische Veränderungen bei Menschen beschreibt. Allgemein meint sie die Art, in der Wesen sich verwandeln oder umgewandelt werden, um fortbestehen zu können.
Latour geht es dabei insbesondere um die inneren Prozesse bzw. „unsichtbare Wesen“, die jeden Menschen betreffen, aber bei „den Modernen“ über die Psychologie in Form von Therapien, also institutionell, anstelle einer eigenen Kosmologie oder Kultur abgehandelt werden. Da es sich dabei um subjektive Erfahrungen handelt, ist ein objektiver Umgang mit ihnen, den sich „die Modernen“ oft wünschen, erschwert. Sie haben das Gefühl, diese Emotionen beträfen sie gar nicht und seien eigentlich auf etwas anderes gerichtet. Diese Reaktion führt dann jedoch zu Krisen (Unterbrechung), in denen sich der Mensch entfremdet und/oder besessen fühlt. Würde er sich jedoch von den Prozessen treiben lassen wie auf einer Welle, würde sie ihm helfen, weiter zu existieren, sie für sich zu nutzen und kreativ zu schöpfen (glücken). Das Festhalten am Selbst, so wie es ist, würde jedoch unweigerlich zum Untergang führen, wenn nicht zu einem Schock und Handlungsunfähigkeit (nicht glücken). Es wäre angenehmer für „die Modernen“, eigene Rituale und Heilpraktiken zu haben, die den Umgang mit dem „fremden Anderen“ bewusst kultivieren (Veränderung), anstelle ihm aus dem Weg zu gehen, insbesondere da sie den Menschen zu jeder Zeit unerwartet „ergreifen“ können. Da es sich hierbei aber um etwas „Unsichtbares“ handelt, tendieren „die Modernen“ dazu, so zu tun, als gäbe es diese Phänomene gar nicht, es seien eher Projektionen, was im Interesse von Double Click [DC] ist, der jegliche Veränderung vermeiden will. Aber genau durch diese Art des Umgangs bekommen diese Prozesse erst die Eigenschaft okkult und mächtig zu sein, sie wirken dann bedrohlich und machen Angst (Wesen). Latour fordert hingegen die Externalität von [MET] anzuerkennen, da sie nicht im eigentlichen Sinne „unsichtbar“ ist, sondern nur einer anderen Seinsschablone jenseits von Sprache angehört, die bereits vor der Verwendung jener existierte. „Die Modernen“ sind jedoch getrennt von dieser Existenzweise und damit von sich selbst entfremdet.

Beispiel für eine Metamorphose im Sinne Latours:
Ein moderner Mensch mittleren Alters hat sich ein Leben eingerichtet: Familie, Beruf, Wohnung entsprechen den eigenen Vorstellungen und denen der Eltern. Seit einiger Zeit nun, trifft er sich mit dem neuen Kollegen, um einem Hobby gemeinsam mit ihm nachzugehen. Während dieser Zeit treten immer wieder depressive Phasen in das Leben dieses Menschen. Mit jedem Tag der vergeht, fällt es ihm schwerer, zur Arbeit zu gehen, und anschließend entspannt und mit Freude Zeit mit Partner und Kindern im gemeinsamen Heim zu verbringen. Es gelingt ihm immer weniger, sich gegenüber seinen alten Kollegen und der Familie zu öffnen; er beginnt sich entfremdet und einsam zu fühlen. Gleichzeitig kann er nicht nachvollziehen, was gerade mit ihm passiert und tut es ab, denn schließlich, so glaubt er, hat er doch alles, wovon er immer geträumt hat und keinen Grund zur Beschwerde.
Möglichkeit 1: Als die depressiven Phasen sich häufen und sich eine permanente Gereiztheit einstellt, wird der Mensch zunehmend mit Vorschlägen von Freunden konfrontiert, doch einmal eine psychotherapeutische Praxis aufzusuchen. Allein die Vorstellung, diesen Schritt zu tun, würde jedoch bedeuten, sich einzugestehen, dass es einen Grund für eine Therapie gäbe, oder nach einem solchen zu suchen. Der Mensch ignoriert den Vorschlag, fühlt sich jedoch zunehmend von Familie und der Arbeit unter Druck gesetzt. Aufgrund seiner wahrgenommenen Isolation verfällt er dem Alkohol, verliert seine Arbeit und Familie.
Möglichkeit 2: Ein Gespräch mit einem Freund bringt den Menschen zum Nachdenken. Er hatte bisher noch nicht wahrgenommen, dass er sich mit dem neuen Kollegen besonders wohl fühlt und neue Neigungen und Interessen in sich entdeckt. Diese lassen sich aus seiner Sicht mit seinem jetzigen Lebensstil und seiner Gebundenheit an Familie und Beruf nicht vereinbaren. Bisher hatte er noch nicht in Erwägung gezogen, aufgrund seines scheinbar egoistischen Wunsches einer Sache nachzugehen, die ihn zu einem gewissen Grad glücklich macht. Aufgrund einer Vielzahl von Gesprächen mit allen Beteiligten gelingt es ihm, bei seinem Partner Verständnis zu gewinnen und dem neuen Aspekt in seinem Leben einen Raum zu geben. Er wechselt den Beruf und seine Kinder freuen sich über die neue Leichtigkeit, die in das Leben des Menschen getreten ist.
Ein Freund aus einem anderen Kontinent schreibt ihm eine E-Mail, in der er erklärt, dies bedeute, er habe seine Bestimmung in diesem Leben nun gefunden, und es sei gut, dass er aufgehört hat, gegen die Eigenschaften seines Sternzeichens anzukämpfen. Er müsse nun weiter den Zeichen folgen, die ihm täglich gesendet würden.

Verfasserin: Jasmin Weinert (jasmin.weinert[at]student.uni-halle.de)

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