Klang und Identität

Klangschleifen

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Hin­ter dem Türchen unseres Kalen­ders find­et sich heute gar kein beson­ders einzi­gar­tiger Klang, son­dern eher ein Doku­ment ein­er teil­nehmenden Beobach­tung. Viele Musik­er saßen Anfang des let­zten Jahrtausends zu Hause, vor sich eine neu erwor­bene Loop Sta­tion der Fir­ma Boss und loteten die – zumin­d­est auf den ersten Blick – unfass­bar vie­len Möglichkeit­en aus, die das Gerät ihnen bot.

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Dabei war die Loop Sta­tion tech­nisch gese­hen kaum eine Neuen­twick­lung. Sie war nicht mal per­fekt durch­dacht. Aber der kleine, intu­itiv zu bedi­enende und bezahlbare Met­al­lka­s­ten ermöglichte Dinge, die vorher deut­lich teur­er und aufwändi­ger waren. Es ging um die Kon­struk­tion von Loops, die Auf­nahme und Wieder­gabe von sich stetig wieder­holen­den Pat­terns, denen man während des Spie­lens immer neue Melo­di­en oder Klangschicht­en hinzufü­gen kon­nte. Dass die Loop Sta­tion mit diesem Ange­bot die Kreativ­ität auch diszi­plin­ierte, wurde mir und den meis­ten anderen Nutzern dann wohl früh­estens nach ein­er nüchter­nen Sondierung der pro­duzierten Klangschleifen deutlich.

Am auf­fäl­lig­sten ist das Kom­po­si­tion­sprinzip der Addi­tion vorgegeben. Wer den hor­i­zon­tal­en Zeitpfeil von Musik ein­fach ignori­ert und in die Ver­tikale geht, also Schicht um Schicht ergänzt ohne sich um eine län­gere Dra­maturgie zu küm­mern, kommt am schnell­sten zu befriedi­gen­den Ergeb­nis­sen. Damit aber nicht ein­fach nur Klang­brei entste­ht, müssen die ver­schiede­nen Schicht­en dif­feren­ziert wer­den. Dies kann durch Spiel­tech­nik oder natür­lich durch den Ein­satz weit­er­er Effekgeräte (Echo, Hall) geschehen. Auf diese Weise ist mein erstes Beispiel (0:00 – 0:42) ent­standen. Noch sin­n­fäl­liger ist die Ten­denz zum Verzicht auf einen zeitlichen Ver­lauf im Spiel mit dem Reverse-Knopf. Im zweit­en und drit­ten Beispiel (0:43 und 1:11) han­delt es sich um densel­ben Loop in ver­schiede­nen Abspielrichtungen.

reverse

Diese Ten­denz ist (in der west­lichen Kun­st­musik) schon min­destens seit dem Beginn des 20. Jahrhun­derts offen­sichtlich gegeben und war Gegen­stand ein­flussre­ich­er Kri­tik. Das Beispiel der Loop Sta­tion diente nur dazu, um aus ein­er Erfahrung her­aus das Ver­hält­nis von tech­nis­ch­er und men­schlich­er Aktiv­ität näher zu bes­tim­men (vgl. dazu übri­gens auch die weltweit aus­ge­tra­gen Loop Sta­tion-Wet­tbe­werbe). His­torisch sig­nifikan­tere Beispiele wären die Ton­band­mas­chine oder Com­put­er­pro­gramme wie Log­ic und Cubase.

Ein Beitrag von Christoph Wald zum Audi­tiv­en Adventskalen­der.

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