True to our native land – Blount

Stephanie Buckhanon Crowder, The Gospel of Luke. In: True to our Native Land. An African American New Testament Commentary (ed. by Brian K. Blount, Fortress Press 2007), zusammengefasst v. Nora Blume

Crowder gliedert das Lukasevangelium wie folgt: 

1,5- 2,52         Kindheitsgeschichten

3,1- 4,13         Vorbereitung der Wirksamkeit Jesu

4,14- 9,50       Wirksamkeit in Galiläa

9,51- 19,27     Auf dem Weg nach Jerusalem

19,28-21,38    Jesus in Jerusalem, die Zukunft und die Zukunft des Todes

22,1- 23,56     Jesus in Jerusalem: Die Gegenwart des Todes

Schon die Gliederung macht deutlich, dass sich Crowder v.a. auf die Wirksamkeit Jesu konzentriert. Lukas, wahrscheinlich ein Arzt und Anhänger Pauli fasste um 80-90 n. Chr. das Evangelium ab, womöglich im Auftrag seines mgl. Gönners Theophilus; eigentlich weise aber der Name und die unterwürfige Anrede des Lk darauf, dass er besondere Ehrfurcht vor dem gefestigten Glauben seiner Adressaten habe. Voraussichtlich sei Lk an nicht-jüdische Gläubige gerichtet gewesen, ebenso wie an röm. Beamte, worauf eine Art Code-Sprache weise, die Lk, wie auch die afro-amerikanische Bevölkerung mit ihrer Sprache aus Gospel und Spiritual, nutze.

In der Einleitung weist Crowder darauf, dass Jesus in Lk als Retter der Entrechteten und Unterdrückten auftritt. Er übersteigt Rasse und Ethnie, er wirkt für die Armen; Lukas‘ Ausgangspunkt ist die Armut und das Leid (er schreibt womöglich selbst aus der Sklaven-Perspektive 17,1-10), damit entspricht LK in vielerlei Hinsicht der afro-amerikanischen Erfahrung, die bei Crowder in Unterschiedlichen Parallelisierungen zum Ausdruck kommt [z.B. 2, 41-52 Jesus im Tempel als Initiationsritus, 3,21-28 Stammbäume entspricht dem Aufschwung von Familienhistoriografie in den USA in den 1970er Jahren; 2,1-20 Frauen im Mittelpunkt wie im Song „Ain’t I a woman“; 5,21 -26 Heilungen erinnern an den Umgang mit HIV/ AIDS: Wie können sie (die Kranken) angefasst, wie geheilt werden?; integrativer Charakter der Gastmähler 5,27-39/14,7-24; Die Umwertung und Veränderung der Sabbathgebote, die Jesu vornimmt, bringen die Konflikte hervor, so brachte auch M.L. King mit seinem Wirken den Konflikt erst zum Vorschein  6,1-11, der Sababth (Sonntag?) spielt im Selbstverständnis und in der Identitätsfindung schwarzer Gemeinden eine besonders wichtige Rolle; in Lk viele Anhaltspunkte für die Deutung von Leben als Sklave z.B, 7,1-10/ Black soil Motiv 8,4-21/ Identitätskonflikt Jesu 9,1-27 u.a.;  13,18-35 Senfkorngleichnis entspricht der Entstehung des Civil Rights Movement u.v.m.].

Auffällig ist , dass Crowder nicht von der Lukas-Geschichte auf z.B. die Civil Rights Movement schließt, sondern, dass von Crowder vorgebracht wird, dass Lukas so schreibe und argumentiere „wie“ Akteure der Bewegung (19,28-47 Eine Linie: M.L. King, Malcom X, Medgar Evers, Nelson Mandela, Jesus). In Lk gehe es v.a. um die Verbesserung der Lebensumstände und die Verbesserung der sozialen und ökonomischen Lage „jetzt“ (Jesus ist Mensch unter Menschen); darauf weise auch das Gegenwartsbezogene Vaterunser 10,3-16. In den Erzählungen z.B. von Elisabeth und Maria oder Jesus und Johannes geht es, so Crowder um eine Veränderung und Transformation sozialer Stellung und von Geschlechterrollen (Die veränderte Stellung von Frauen, die an vorderster Front die Bewegung Jesu bestimmen würden, ist besonders wichtig in Lk, so Crowder z.B. in 7,36-8,3; 11,29-53; 20,2-21,4; 23,48-56)); oder aber um die Umkehrung sozialer Stellung z.B. beim reichen Mann und armen Lazarus 16,14-31 oder in 7,1-10 (Sklave und Centurio). Während einerseits diese befreiungstheologische Perspektive des Lk und sehr konkret praktisch theologische Fragestellungen afro-amerikanischer Gemeinden diskutiert werden (z.B. Frage nach der Gemeindeabgabe oder der Kollekte (21,1-4)), kämpft Crowder auch mit der Hürde bei Lk, dass darin geradezu zum sklavischen und abstinenten Leben aufgerufen wird (14,1ff; 12,1-59; 9,1-27).

Crowder identifiziert zwei Schwarze im Evangelium: einerseits die Königin von Saba (11,29-53) = aus Ägypten und Äthiopien und Simon von Kyrene (23,1-31) = aus Lybien. Auffälig sind auch die von Crowder gewählten Überschriften, die z.T. an Demo-Slogans erinnern: 18,1-17 Justice for All; 18,18-43 Give It All Up; 12, 1-59 Be Forewarned; 13,1-17 A Woman Restored u.a.). Crowder rekuriert direkt auf den praktisch-theologischen Ort, an dem Lk in Anschlag gebracht werden kann; es geht um die Umkehrung von Verhältnissen und die (Wieder)herstellung von Recht (18,1-17); die Auferstehungserzählung, die Christologie fällt dabei eher hinter die politische und soziale Dimension des Lk.


Gedanken zu Crowders „The Gospel of Luke” von Leonie J. Beger

Aus dem von Brian K. Blount herausgegebene Kommentar “True to our native Land – An African American New Testament commentary” habe ich mich mit dem von Stephanie Buckhanon Crowder verfasstem Kapitel „The Gospel of Luke“ auseinandergesetzt.

Wie der Titel verrät, ist dieser Kommentar voll von vielerlei Referenzen zu afroamerikanisch- spezifischen gesellschaftlichen Situationen. Diese beziehen sich zum Teil auf das Leben von den Sklaven (vgl. S. 160) aus der Zeit von der europäischen Besiedlung Amerikas bis zum Bürgerkrieg, aber auch auf die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung Mitte des letzten Jahrhunderts (vgl. S.166; 182), sowie aktuelle Probleme (vgl. S. 165). Außerdem gibt es Referenzen zu spezifischer Kunst wie Liedtexte und ihre in Gospeln oder Spirituals verbreitete „call and response“- Struktur oder Filme und Literatur, die Geschichten von Afroamerikanern nacherzählen (vgl. S. 160; 162; 166; 170).

Ich muss dazu sagen, dass ich mich mit amerikanischer Geschichte nur in einem gewissen Maße auskenne, finde aber, dass man den Kommentar nur mit solchen Grundkenntnissen größtenteils nachvollziehen kann. Gerade die Referenzen zur Kunst helfen dabei.

Crowder bleibt aber nicht starr bei ausschließlich Afroamerikanischen Bezügen. Auch die Situation Frauen (vgl. S. 162; 167) in patriarchischen Gesellschaften wird berücksichtigt. Ebenso allgemein von der Gesellschaft aufgrund von Herkunft, Krankheit oder finanziellem Status, herabgewürdigte Personen (vgl. S. 162) kommen vor. Ein Zustand der wiederum auch auf viele Afroamerikaner leider bis heute noch zutrifft. Damit bleibt Crowder in der Tradition Lukas als den „Evangelist der Armen“ zu behandeln. Wobei „Arme“ hier für Herabgewürdigte steht. Darum kommt es besonders vor, dass Crowder auf die soziale Situation gegenseitigen Beziehungen der Personen in Jesu Umfeld eingeht und Parallelen zur afroamerikanischen Geschichte zieht. Außerdem zeigt sie Bezüge des Lukas auf das Alte Testament auf (vgl. S. 161) und die Geschichte zum Teil angepasst hat (vgl. S. 162). Somit wird dargestellt, dass auch Lukas seinen Text für die Menschen konstruiert hat und Bezüge zieht auf das, was sie kennen.

Crowders Intension scheint zu sein, dass sich besonders afroamerikanische Menschen mit Jesu Umfeld identifizieren können um, so auf religiöser Ebene Heilung zu Erfahren oder möglicherweise mit religiösen Argumenten auch politisch gegen eine Herabwürdigung protestieren zu können. Wie zum Beispiel, dass Jesus eine Vorbildfunktion hat, gerade für Menschen, die über andere gestellt sind. Ebenso können nicht – afroamerikanische – Menschen aus diesem Kommentar einiges über afroamerikanische Geschichte lernen, sich in deren Situation versetzen und damit auch ihr eigenes Verhalten gegebenenfalls reflektieren oder sich politisch engagieren.

Dieser Kommentar legt somit weniger Wert auf eine Auslegung im streng christologisch-historischem Sinn, sondern ist spezifisch für eine Auslegung für seine Zielgruppen bestimmt. Dadurch ist er vielleicht nicht ganz geeignet für den umfassenden wissenschaftlichen Gebrauch bei einer Exegese oder für die allwöchentliche Predigtvorbereitung, aber informativ und zur Abwechslung nicht aus einer „weißen Perspektive“ geschrieben.

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Elisa Döhring: The GOSPEL of LUKE – Stephanie Buckhanon Crowder

In dem Text von Stephanie Buckhanon Crowder „The GOSPEL of LUKE“ wird in gewissen Zügen eine Parallele zwischen dem Evangelium und den Afro-Amerikanern dargestellt. Zu der Grobgliederung fügt sich die eine Gliederung in kleineren Untergruppen an, die thematisch genau beschrieben werden und wie sich der Text zu der Situation der in Amerika lebenden Afrikaner verhält. Die zentralen Themen, die immer wieder durchkommen sind Sklavenhandel, Armut, Hunger, Traurigkeit, Hass und die Frau als Frontfrau, sowie soziale, politische und wirtschaftliche Unterdrückung.

Zunächst ein paar Passagen, die den Vergleich zeigen:

In 1,75-80 bekommt die Geburt von Johannes den Täufer Zuwendung und hier wird die gleich die Verbindung zum Bund durch die Beschneidung in Genesis verwiesen. Zacharias Lied wird dann in Verbindung mit einem Lied gebracht, dass aus Erfahrung misshandelter Sklaven stammt. Es drückt die Hoffnung auf Gott aus.

Im zweiten Kapitel kommt die Geburt Jesu. Hier werden die ersten „Zeugen“, die Hirten, erwähnt, denn sie üben den niedrigen Stand aus. Zentral in dem Kapitel ist Maria. Die Ausrichtung auf Maria sollte heute Frauen zum Sprechen befähigen. Der erste Impuls, die Frau in den Vordergrund zu stellen.

Mit Simeon und Anna bleibt die jüdische Kontinuität bestehen. Außerdem wird gezeigt, dass Gottes Liebe weder Geschlecht, sozialen Status noch geographische Hintergründe kennt.

Kapitel 3 lässt eine Gegenüberstellung von Johannes (Kap. 1) und Jesus (Kap.2) erkennen, da es nun wieder mit Johannes dem Täufer weiter geht und beide ein Ziel verfolgen: dem Volk Gottes das Heil bringen. Jesus tat das indem er den Armen die gute Nachricht predigte.

Die Genealogien in 3,21-38, die bei Adam beginnen, zeigen die Menschheit und den Gottessohn. Auch Afroamerikaner suchen ihre Stammbäume bis in verschiedene afrikanische Länder.

Mit Kapitel 4 wird denn die Menschlichkeit in der Wüste gezeigt. Danach bringt Jesus Randgruppen die geistige Befreiung und politische, physische und soziale Zuflucht.

Mit den Geschichten aus Kapitel 7 kann man die Lebensgeschichte der Afroamerikanischen Kirche vergleichen, sie haben viel gemeinsam, so beschreibt es Stephanie Buckhanon Crowder.

Für Afroamerikanische Frauen die als Pastoren oder in der Kirchenführung tätig sein wollen, dienen die ersten drei Verse des 8. Kapitels. Auch wird die Landwirtschaftliche Sprache gewählt (Ochse oder Esel) um darzustellen, welche Lasten eine Frau zu stemmen hat.

Im Allgemeinen:

Der Sabbat ist in der afroamerikanischen Kultur noch beständig, es wird sogar gesagt, dass es eine Zeit zum Singen, Beten, Lehren, Schweigen und Predigen als Formen des Lobpreises und der Anbetung Gottes sei, aber auch eine Zeit, in der man gemeinsam erkennt und diskutiert soziale Verpflichtungen, politisches Engagement und emotionale Heilung. Was am Sabbat passiert, muss Impulse für das geben, was an den anderen sechs Tagen der Woche passiert – im Vergleich zu der Einstellung, die Jesus zum Sabbat pflegt.

Das System die Armen arm und die Reichen reich zu halten, das heute besteht, bestand auch schon zu der Zeit, in der der das Lukasevangelium erzählt. Die Bauern der afrikanischen Kultur mussten an die Obersten abgeben.

Aber Jesus stellt immer wieder klar durch seine Werke und Taten, dass das Reich Gottes für alle ist. Es unterscheidet nicht nach Rasse, Kultur oder Geographie. (Bsp.: Lk17,11-19)

Was Jesus wichtig ist, ist es für die Freiheit zu kämpfen auch wenn es ein gefährliches Unterfangen ist, es muss fortgesetzt werden. Beispiele dafür sind Martin Luther King und auch Nelson Mandela.

Die Versuche den Sklavenhandel zu stürzen steht in Verbindung mit Lk13,18-35, dass es kleine Dinge gibt, die große Wirkung haben.

Am Kreuz redet Jesus mit seinen Mitgekreuzigten und einer gesteht und ihm wird somit das Paradies versprochen. Die Afroamerikanischen Gläubigen haben einen Feiertag, für die Heimkehr bzw. Familie und Freunde, an dem sie einladen zum Glauben zurück zu finden oder sogar zum Glauben zu finden. (Lk23,33-43)

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Comments

Eine Antwort zu True to our native land – Blount

  1. Nora Blume sagt:

    Hinsichtlich der Frage danach, für wen dieser Kommentar geschrieben ist, bzw. für wen er einen praktisch-theologischen Mehrwert haben kann, würde ich sehr entschieden dagegen argumentieren, dass dieser „nur“ für den afrikanischen, bzw. afro-amerikanischen Gebrauch gedacht bzw. hilfreich ist.
    Ganz im Gegenteil, habe ich durch die Lektüre sehr neue Perspektiven auf das Lk Evangelium bekommen, die meinen „weißen“/ „europäischen“ Blick aufbrechen und Möglichkeiten eröffnen, bislang vielleicht angenommene Wahrheiten in Frage zu stellen und zu reflektieren. Ich bin auch der Meinung, dass „europäische“/“deutsche“ Kommentare in derselben Weise an ihrem Ort und aus ihrem Kontext heraus argumentieren. Eine vermeintliche Objektivität, die der ein oder andere Autor zu haben glaubt, gibt es nämlich nicht (auch wenn das gern in Geisteswissenschaften behauptet wird). Darum finde ich es sehr hilfreich und erfrischend, dass die Autorin eine solche garnicht erst aufzustellen versucht oder behauptet.
    Andererseits glaube ich, dass es im Umgang mit diesem Kommentar bzw. auch mit den biblischen Texten gefährlich sein kann, Gruppen so rigoros voneinander zu trennen, denn anders, als es vielleicht den Anschein hat, erzählt Crowder mit ihren historischen Bezügen nicht etwa nur die Geschichte „der Schwarzen“; nein, sie erzählt eine Geschichte, die alle Menschen angeht und betrifft (gerade auch Weiße) und darum ist, gerade für mich als europäische privilegierte Weiße diese von ihr eingetragene Perspektive v.a. zum historischen Verständnis meiner eigenen Position unabdinglich! Eine solche breite Betrachtungsweise, die der Kommentar ermöglicht, hätte darum, so meine Auffassung, gerade seinen Ort in der praktisch-theologischen Arbeit auch und gerade „hier“.

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