GMK vertagt? Nicht mit uns!

Hey, Jens Spahn und Co.: Ihr habt nichts zu bereden? Wir haben eine ganze Menge zu sagen!

Am 17.06. hätte eigentlich die jährliche Gesundheitsminister*innenkonferenz in Berlin stattgefunden, also das Treffen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit den 16 Landesvertreter*innen.

2019 fand diese in Leipzig statt. Dank tatkräftiger bundesweiter Unterstützung und dem olympischen Brief wurde aus einem ruhigen politischen Gipfel eine Demonstration der Unzufriedenheit mit dem Istzustand des Gesundheitswesens und der Ausbeutung der Pflege.
Genauso sollten auch dieses Jahr erneut die eklatanten Missstände angeprangert, die notwendigen Veränderungen und allen voran die Abschaffung des Fallpauschalensystems gefordert werden.

Stattdessen kam die Corona-Pandemie. Und mit ihr nicht nur die Verschiebung der GMK, sondern auch die Erkenntnis, wie fragil unser ökonomisiertes, teilprivatisiertes Gesundheitssystem ist.
Die Materialmängel, vor allem in Bereichen Schutzkleidung und Desinfektionsmittel, die personellen Engpässe, welche zeitnah zu einer Aussetzung zuvor hart erkämpfter Personaluntergrenzen und Maximalarbeitszeiten führten und die mangelnden Testkapazitäten für Patient*innen und Beschäftigte schrieben landesweit Schlagzeilen.
Berührende Berichte aus der medizinischen Versorgung Corona-Erkrankter und über die Zustände in deutschen Kliniken riefen eine große Welle der gesellschaftlichen Solidarität hervor. Diese äußerte sich auch in kritisierten Aktionen wie dem „Klatschen für die Pflege“.

Bundesweite Aktion: „Profite pflegen keine Menschen!“

Dann kam der 17.06.2020.
Und in verschiedensten Städten Deutschlands, von Bremen bis Nürnberg, von Freiburg bis Dresden und auch hier in Halle fanden Proteste und Aktionen statt, koordiniert von dem bundesweiten Bündnis „Keine Profite mit unserer Gesundheit“. Vor Ort fanden sich nebst Sintoma die ver.di Jugend, die IL, Ende Gelände und die neugegründete Ortsgruppe des vdää zusammen und veranstalteten eine Kundgebung auf dem Marktplatz.
Denn getreu dem Motto „Ihr habt nichts zu bereden? Wir haben eine ganze Menge zu sagen!“ kann und darf mensch angesichts der Krise im Gesundheitswesen nicht still bleiben.

Die Forderungen:

  • Eine gerechte tarifliche Bezahlung für alle Beschäftigten
  • Verbindliche Personaluntergrenzen und Arbeitszeitbegrenzungen
  • Anerkennung und Bezahlung menschlicher Zuwendung und guter Pflege, egal ob professionell im Krankenhaus oder zuhause
  • Vergesellschaftung statt Privatisierung
  • Bedarfsgerechte Finanzierung anstelle rigider Sparmaßnahmen
  • Insourcing statt Outsourcing
  • Verbesserung der Gesundheitsausbildung

In zahlreichen Redebeiträgen machten junge Menschen und Beschäftigte hallensischer Kliniken ihrem Unmut Luft.
Höhepunkt der gemeinsamen Aktion war ein leidenschaftlicher Sprechchor, der insbesondere die prekäre Situation in der Pflege thematisierte. Jens Spahn durfte natürlich nicht fehlen – mit Masken des Gesundheitsministers ausgestattet, präsentierten Aktivist*innen eine utopische Tagesordnung für die nachzuholende GMK.

Unser Vorschlag für die TO der nächsten GMK: v.l.n.r.: Tagesordnung für die GMK; Exitstrategie Fallpauschalen; Pflegenotstand bekämpfen; mit besseren Arbeitsbedingungen; Bedarfsgerechte Versorgung aller Patienten; Inverse care law; struktureller Rassismus im Gesundheitswesen; Non-profit Trägerschaft aller Krankenhäuser; Bürgerversicherung statt Zwei-Klassen-Gesellschaft

An diesem Tag ging es in Halle nicht nur um einzelne Berufsgruppen, sondern um Patient*innen, Angehörige und dem Streben nach einer radikalen Systemänderung.
Weg von einer profitorientierten Medizin mit Unter-, Über- und Fehlversorgung, weg von den krankmachenden Arbeitsbedingungen, weg von dem Konkurrenzdenken zwischen den Kliniken und Praxen.
Teile der Kundgebung wurden via Facebook landesweit gestreamt, ebenso wie Aktionen und Proteste aus den anderen Städten. Vor Ort gab es eine überraschend große und positive Resonanz, zahlreiche Passant*innen blieben stehen, einige unterstützen sogar den Sprechchor.

Weg von einer profitorientierten Medizin mit Unter-, Über- und Fehlversorgung, weg von den krankmachenden Arbeitsbedingungen, weg von dem Konkurrenzdenken zwischen den Kliniken und Praxen.

All dies zeigt uns, dass der gesellschaftliche Wille und Mut zur Veränderung da ist.
Aber ist es der politische auch? Diese Frage können uns nur Jens Spahn und 16 weitere Gesundheitsminister*innen beantworten.
Bis diese sich äußern, werden wir weiter Forderungen stellen, weiter laut und ungestüm für etwas kämpfen, das uns alle angeht.
Weiter deutlich machen, dass die Zustände im Gesundheitswesen sowohl für Patient*innen als auch Beschäftigte nicht tragbar sind.
Weiter kritisieren, dass Gesundheit in Deutschland immer noch eine soziale Frage ist und das Recht auf diese nicht zu einem Privileg der Besserverdienenden werden darf.
Weiter dagegen sein, dass Kliniken zu Renditeobjekten privater Aktionär*innen degradiert werden, statt ein Ort der öffentlichen Daseinsvorsorge für alle zu sein.
Bis wir es also nicht mehr sagen müssen: Fuck DRG! Keine Profite mit unserer Gesundheit!

In diesem Sinne: danke an alle, die vor Ort dabei waren, die im Hintergrund organisiert haben und die durch unermüdliche Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit diese Aktion zu einem tollen Erfolg gemacht haben. Gemeinsam sind wir stärker!

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