Ein Blog für Aufsätze des Germanistischen Institutes der MLU Halle

Weibliches Cross-dressing – Moritz Böttcher

Moritz Böttcher

Weibliches Cross-dressing

Umgang mit Geschlechterbildern in mittelalterlichen Verserzählungen

Einleitung

Body language appears in literary texts in a variety of forms an serves various artistic functions. (Barbara Korte)[1]

Geschlechteridentität und Rollenzuweisungen nehmen immer größere Positionen in den Diskursen der Moderne ein. So werden die Stimmen feministischer Bewegungen, die sich für die gesellschaftliche Akzeptanz der Vertreter der LGBTQIA+-Community einsetzen immer größer. Das formulierte Ziel ist dabei, Menschen vor Diskriminierung, Benachteiligung oder schlechterer Behandlung zu schützen. Auch Unterhaltungsmedien erkennen zunehmend das Interesse für die Thematik und Nutzen ihre Mittel, um gesellschaftskritisch in den Diskurs einzugreifen. Auf diese Weise wurden klassische Rollenbilder und Stereotype in den letzten Jahren kontinuierlich aufgebrochen. Mittlerweile nehmen Frauen häufig die heldenhaften Positionen in ihren eigenen Geschichten ein und erfüllen damit eine Rolle, die bis vor wenigen Jahren nur von Männern eingenommen wurde. Aber war dies wirklich so?

Tatsächlich blicken Professor:innen der Mediävistik heutzutage auf ein breites Repertoire mittelalterlicher Texte zurück, in denen weibliche Hauptfiguren und das Spiel mit Geschlechterrollen zentraler Gegenstand der Verserzählung waren. Gemeint sind dabei sogenannte Cross-Dressing-Geschichten, in denen weibliche oder männliche Charaktere mittels Verkleidens in die Rolle des jeweils anderen Geschlechts schlüpften. Dies eröffnete den Protagonist:innen nicht nur eine andere Sicht auf die Welt, sondern ermöglichte auch das Erschließen völlig neuer Handlungsspielräume und die Übernahme eigentlich geschlechtsspezifischer Verhaltensweisen.[2] Dadurch wurde ein Erzählfortgang ermöglicht, welcher aufgrund von unveränderlichen Geschlechterrollen ohne den Geschlechtertausch niemals hätte ermöglicht werden können.[3]

Der folgende Aufsatz beschäftigt sich tiefergehend mit solchen Cross-Dressing-Geschichten. Es soll die Frage geklärt werden, inwieweit mittelalterliche Geschlechtergrenzen im Kontext der Verserzählung verwischen und ob auf diese Weise die damalige Rolle der Frau kritisch reflektiert wurde.

Dabei soll zunächst grob theoretisch auf die Rolle der Frau im Mittelalter eingegangen werden. Folgend werden mittels Sekundärliteratur Merkmale des Cross-Dressings in der Verserzählung zusammengetragen, um anschließend exemplarisch zwei Texte zu analysieren und herauszuarbeiten, inwieweit sich Ansätze modernen Geschlechterdenkens finden lassen.

Geschlechterrollen im Mittelalter

Whether as a consequence of nature or domination by one sex over the other, there is no doubt that biological distinctions, cultural training, and socially determined roles have separated and categorized men and women in a system that generally values men more highly. (Valerie R. Hotchkiss)[4]

Es wird die Wenigsten verwundern, dass sich die Geschichte des Mittelalters vor allem als eine männliche Geschichte liest. Grund hierfür sind die bereits angesprochenen Geschlechterrollen, welche im Mittelalter ein deutlich engeres Korsett trugen als dies heute der Fall ist. So war es in der damaligen Zeit üblich, dass mit der Kategorisierung nach Geschlechtern auch eine Verteilung von Wertigkeiten und Handlungsfreiräumen einherging. Somit ist davon auszugehen, dass gesellschaftliche Wertschätzung neben anderen Kategorien auch von der Kategorie „Geschlecht“ abhängig war.[5] Die Intersektionalitätsforschung untersucht den Einfluss verschiedener Strukturkategorien auf die Handlungsfähigkeit und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eines Individuums.[6] Je nachdem wie die Verortung einer Person in den jeweiligen Kategorien ist, entsteht ein gewisser gesellschaftlicher Status. In mittelalterlicher aber auch aktueller Literatur bildet diese Verortung die Grundlage für intersektionelle Diskriminierungsverhältnisse, um die sich eine Geschichte entwickelt. Beispielsweise könnte ein Held versuchen, gegen seine gesellschaftliche Rollenzuschreibung anzukämpfen, wodurch der Text bestehende gesellschaftliche Verhältnisse auf kreative Weise hinterfragt. Doch wie genau war das Strukturkriterium „Geschlecht“ beschaffen?

Im Mittelalter bestand der weitgehende Konsens darüber, dass das männliche Geschlecht dem weiblichen überlegen war. Die Begründung dieser „Tatsache“ reichte bis in die Bibel zurück, in der Gott Adam als sein Ebenbild geschaffen hat, während er Eva lediglich aus einer von Adams Rippen kreierte. Dementsprechend seien die Männer im Vergleich zu den Frauen die gottähnlicheren Wesen und somit vollkommener. Dies spiegelt sich auch in den biblischen Bezeichnungen für Mann und Frau wider.[7] Allgemein schienen viele Beschreibungen der Unterschiede zwischen Mann und Frau darauf hinauszulaufen, Kraftverhältnisse zwischen den Geschlechtern zu Gunsten der Männer darzustellen. Für den mittelalterlichen Geist scheint der Mann tatsächlich das Maß aller Dinge zu sein. Die Aktivitäten von Frauen in männlichen Bereichen wurden ausnahmslos nach dem Standard des Mannes beurteilt.[8] Auf der anderen Seite wurden Aktivitäten von Männern in weiblichen Bereichen gar nicht beurteilt, da die Ausführung solcher Aktivitäten unter der Würde des Mannes zu seien schien. So wurde zwar innerhalb einer Beziehung von beidseitigem sexuellem Verlangen ausgegangen. Jedoch wurde weibliche Untreue deutlich mehr verachtet als männliche. In diesem Sinne „durfte“ die Frau gegenüber ihrem Mann nur untreu sein, wenn dieser ihr auch untreu war. Umgekehrt durfte der Mann nur so ein starkes Maß an Treue von seiner Frau einfordern, wie er ihr entgegenbrachte. Dementsprechend wurde vom Mann also genau festgesetzt, wie streng die Ehebindung eingehalten werden sollte.[9]

Das weibliche Geschlecht hatte sich dem männlichen unterzuordnen und gehorsam zu sein. So wurden antagonistische Frauen innerhalb von Literatur häufig als eitel und zankhaft dargestellt, höchstwahrscheinlich als Orientierung für das Publikum, um Leserinnen zu einer vernünftigen und friedvollen Haltung zu bewegen.[10] Die Notwendigkeit des Unterwerfens bestünde in der Sicherung des menschlichen Fortbestandes. Laut Isidor von Sevilla[11] würde das männliche Geschlecht die sexuelle Lust am weiblichen Geschlecht verlieren, sollte dieses zu widerspenstig sein und die Libido auf etwas anderes richten.[12] Diese Theorie ist auch eine Anspielung auf die Gefahren, die mittelalterliche Forscher hinter der Homosexualität vermuteten. Homosexualität war im Mittelalter ein schweres Verbrechen und galt als unnatürlich. Wer sich mit dem gleichen Geschlecht vergnügte, machte sich zum Ketzer und beging eine Straftat, die dem Ehebruch glich,[13] was zum Teil mit dem Tode bestraft wurde.[14]

Laut germanischem Stammesrecht und St. Galler Urkunden galt der Mann als Familienoberhaupt und hatte die Vormundschaft innerhalb der vermögensrechtlichen Einheit der Familie inne. Zwar geschah die Ehe üblicherweise in gegenseitigem Einverständnis, jedoch trat die Frau mit der Eheschließung ihre Vormundschaft an den Gatten ab.[15] Weiterhin wurde streng zwischen männlichem und weiblichem Besitz unterschieden, sodass die Frau nach dem Ableben des Mannes nicht automatisch seine Erbin war.[16] Stattdessen wurden die Vermögenswerte bereits bei der Eheschließung unter den Beteiligten aufgeteilt, damit die Witwe im Unglücksfall zumindest ihren eigenen Besitz als Grundlage für ein Leben nach dem Tod des Mannes hatte.[17] Die Vermögenswerte des Mannes wurden an die Nachkommen verteilt. Dabei war es üblich, dass die männlichen Erben einen deutlichen Vorteil in der Vermögensverteilung genossen, zum Beispiel, falls es nur einen einzigen männlichen Nachkommen gibt. Jedoch muss gesagt werden, dass im Spätmittelalter speziell in den Städten stark gegen die Erbdiskriminierung vorgegangen wurde. So wurden Söhne und Töchter im 15. Jahrhundert in vielen Städten erbrechtlich gleichgestellt.[18] In adeligen Familien hatte die Ehe der Nachkommen häufig eine eher zweckmäßige Bedeutung, um die Macht und den Einfluss der eigenen Familie zu steigern. Den Töchtern wurde dabei zumeist ein sekundäres Mitspracherecht zuteil. Die Aufgabenteilung der adeligen Familie gestand der Frau keine Herrscherrechte zu. Lediglich während der Abwesenheit des Mannes übernahm sie die Rolle einer Vertretung. Ansonsten war sie die Vorsteherin des höfischen Haushalts und Erzieherin der Töchter.[19]

Wollten Frauen einen gewissen Grad an Bildung erhalten oder Führungsaufgaben übernehmen, hatten sie die Möglichkeit, in ein Kloster einzutreten. Dafür mussten sie sich allerdings dem christlichen Ideal der Jungfräulichkeit verschreiben. Teilweise geschah der Eintritt in ein Kloster jedoch unfreiwillig. So konnte dies ebenfalls aus heirats- oder erbschaftspolitischen Gründen geschehen oder durch familiäre Bindung an das Kloster. In Klöstern arbeiteten Männer und Frauen gleichermaßen. Jedoch blieb der Zugang zum Priestertum den weiblichen Mitgliedern verwehrt. Sollten sich Frauen ohne Ordenszugehörigkeit selbstständig in sogenannten Beginenhäusern organisieren, konnte dies zu Verfolgungen führen.[20]

Die obigen Ausführungen geben Aufschluss darüber, dass die mittelalterliche Frau dem mittelalterlichen Mann in allen Lebensbereichen nachgestellt war und sich einer damit verbundenen ständigen Diskriminierung aussetzen musste. Im Folgenden soll daher aufgezeigt werden, wie mittelalterliche Texte speziell mit Hilfe des Stilmittels Cross-dressing diese Diskriminierung aufarbeiten.

Merkmale des Cross-dressings

Auch wenn das Auge wahrnimmt, sogar wirklich hinschaut, ist es dem Betrachter schwer, ja sogar unmöglich, Körpergeheimnisse, Körperidiome wahrheitsgemäß zu entschlüsseln. (Gerhild Scholz-Williams)[21]

Cross-dressing bezeichnet im Grunde nichts Anderes als das Anlegen der Kleidung des jeweils anderen Geschlechtes. Cross-dressing-Erzählungen sind innerhalb des Mittelalters und der Frühen Neuzeit keine Seltenheit.[22] Die pure Menge solcher oder ähnlicher Geschichten lässt Rückschlüsse auf eine große Beliebtheit zu. Diese liegt darin begründet, dass das Cross-dressing an sich einen Tabubruch darstellte und bis in das 16. Jahrhundert mit Diskreditierung gestraft wurde. Eines der wenigen Formate, in denen das Verkleiden als das andere Geschlecht auf gesellschaftlicher Ebene nicht abgelehnt oder sanktioniert wurde, war auf der Theaterbühne. Jedoch wurden dort lediglich weibliche Rollen von Männern übernommen, da die Präsentation des weiblichen Körpers als Sünde galt. Allerdings handelt es sich dabei streng genommen nicht um Cross-dressing, da das eigentliche Geschlecht der Schauspieler durch die Verkleidung nicht verborgen werden sollte. Vielmehr diente das Verkleiden als Hervorheben der geschlechtsspezifischen Merkmale.[23]

In der stark kirchlich geprägten mittelalterlichen Welt fand das Cross-dressing keinen Platz. Im Alten Testament ist ein explizites Verbot zu finden. Weiterhin wurde es innerhalb vieler mittelalterlicher Rechtskontexte unter Strafe gestellt. Dabei wurde das weibliche Cross-dressing oftmals milder bestraft als das männliche, was häufig harte gesellschaftliche Sanktionen mit sich brachte.[24]

Die Fiktionalität eines literarischen Werkes bietet jedoch genug Abstand vom normalen gesellschaftlichen Leben, um mögliche Tabus oder Geschlechterrollen ein Stück weit auszuhebeln. Genau diese Tatsache machte vermutlich den Reiz der Verarbeitung solcher Thematiken aus und ist der Grund, weshalb Phänomene wie Cross-dressing, männliche Schwangerschaft, kriegerische Aktivitäten von Frauen, der Bruch mit der Heterosexualität, Geschlechtswechsel und Ähnliches in der mittelalterlichen Literatur so großes Interesse weckten. Gesellschaftlich schwierige Themen konnten im Rahmen der Fiktionalität angesprochen werden. Weiterhin bot es den Lesern umgekehrt die Möglichkeit, sich mit gesellschaftlich schwierigen Themen auseinanderzusetzen.[25] Somit bieten Cross-dressing-Geschichten eine gute Grundlage, um Differenzkategorien wie gender, class oder race der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen, wenn auch häufig nur implizit.

Auch innerhalb der erzählten Welt ist das Motiv der Verkleidung äußerst effektiv. Es ist leicht revidierbar und erweitert den Handlungsspielraum der verkleideten Person stark, indem es bestehende Geschlechterrollen für sie transzendiert.[26] Diese Öffnung für eine neue Realität kann auch unabhängig von einem Statusverlust oder sozialer Aufwertung geschehen. Denn auch dem verkleideten Mann erschließen sich Optionen, die er trotz seines höheren gesellschaftlichen Status ohne Verkleidung nicht hätte. Somit wird in Cross-dressing Geschichten die Verkleidung zum Schlüsselelement der Handlung, ohne dessen die Geschichte nicht auf diese Weise geschehen könnte.

Besonderheiten des weiblichen Cross-dressings

Die Popularität weiblicher Cross-dressing Geschichten, welche deutlich häufiger auftreten als ihre männlichen Counterparts, ist ein Produkt oberflächlicher gesellschaftlicher Vorurteile. So werden weibliche Protagonisten, welche innerhalb ihrer Geschichte männliche Rollen und Aufgaben übernehmen und dabei mindestens genauso gut abschneiden, nicht selten von ihrem Umfeld und vom Leser bestaunt.[27] In einer Welt, in der der allgemeine Konsens darin besteht, dass das weibliche dem männlichen Geschlecht unterlegen ist, stellen die typischen weiblichen Protagonisten der Cross-dressing Geschichten eine Besonderheit dar, die natürlich viel Aufmerksamkeit hervorruft.

Die weibliche Hauptfigur wird dabei nicht selten von männlichen Stereotypen charakterisiert wie Mut, Kraft oder Intelligenz.[28] Dabei tritt sie in den verschiedensten literarischen Umkreisen auf, zum Beispiel in Fabliaux, Mären, Liebesnovellen oder höfischen Romanen. Thematisch befassen sich diese Cross-dressing-Geschichten hauptsächlich mit dem Motiv der ‚Rückgewinnung‘ beziehungsweise ‚Rettung des Partners‘ oder ‚Bestrafung‘ beziehungsweise ‚Überlistung des Mannes‘. Dies steht im Gegensatz zu den männlichen Geschichten, da sich diese hauptsächlich auf erotische Verführungen oder andere Liebesabenteuer beschränken und somit thematisch deutlich eindimensionaler bleiben. Die Motivationen, die die Figuren zum Cross-dressing bewegen, weisen zwar eine gewisse Vielfältigkeit auf, haben jedoch die Gemeinsamkeit, dass das Verkleiden stets aus einem gewissen Zwang heraus entsteht und oftmals der letzte Ausweg aus einer prekären Situation ist.[29] Dies ist äußerst passend zum geschichtlichen Kontext, da festgeschriebene Geschlechterrollen nur wenig Platz für spezielle sexuelle Neigungen ließen. Eben diese gesellschaftlichen Konventionen sind es auch, die den Handlungsrahmen der Geschichte festlegen. Jede:r Autor:in lief Gefahr, wegen seiner Geschichten scharf kritisiert zu werden. Cross-dressing kann gelobt werden, wenn die Frau die männliche Autorität nicht in Frage stellt oder sich nur vorübergehend verkleidet. Nutzt die Frau ihren erweiterten Handlungsspielraum jedoch aus, um Macht über Männer auszuüben, galt Cross-dressing als böse. Der gezeigte Transvestismus verstieß in beiden Fällen gegen gesellschaftliche Normen, führte jedoch nur bei einer Grenzüberschreitung zu einer entsprechenden Sanktionierung.[30]

Eine weitere Besonderheit des weiblichen Cross-dressings ist die Reaktion der üblichen Figuren innerhalb der entsprechenden Erzählungen, denn scheinbar sind die anderen Figuren nur selten in der Lage, die Verkleidung der Hauptfigur zu durchschauen. Zwar ist es häufig so, dass die Hauptfigur sich zum Ende der Geschichte selbst enttarnt und somit einen Höhepunkt der Geschichte herbeiführt, dennoch hebt die scheinbare Unfähigkeit der anderen Charaktere nochmals die Fiktionalität der Geschichte hervor.[31] Die Motivation hinter diesem erzählerischen Detail kann verschiedene Ursprünge haben. Zum einen würde die Geschichte natürlich nicht funktionieren, wenn der Betrug der Hauptperson auffliegt. Zum anderen wird dem Leser durch den Unrealismus [HV1] in der Handlung gezeigt, dass es sich bei der Geschichte um reine Fiktion handelt. Auf diese Weise läuft der Autor nicht Gefahr, eine Sanktionierung zu fürchten, da das gezeigte Cross-dressing in jedem Fall eine gesellschaftliche Grenzüberschreitung darstellt. Diese erfährt durch die Hervorhebung der Fiktionalität eine Relativierung.

Auch handelt es sich bei den weiblichen Protagonistinnen fast ausschließlich um adlige Frauen, während es beim männlichen Cross-dressing häufig Schreiber, Studenten und Ähnliche sind, die sich verkleiden.[32] Weiterhin wird homosexuelles Begehren in weiblichen Cross-dressing Geschichten kaum thematisiert, während es in den männlichen Erzählungen gelegentlich sogar zentraler Bestandteil ist.[33]

Nach diesem groben Umriss über die Beschaffenheit und Bedeutung der mittelalterlichen Cross-dressing Erzählungen sollen die genannten Thesen und die zentrale Fragestellung anhand zweier konkreter Beispiele untersucht werden.

Textbeispiele

Ritterlicher Rang und das Recht der Ehe werden durch die Minne verliehen (Christa Ortmann, Hedda Ragotzky) [34]

Der Gürtel 

Der Gürtel ist eine Märe von Dietrich von der Glezze. Sie handelt von dem ehrbaren und hochangesehenen Ritter Konrad. Konrad selbst begibt sich sehr häufig auf Turnierfahrt, sodass seine wunderschöne Frau allein zu Hof bleibt. So kommt es, dass sie eines Tages während Konrads Abwesenheit im Garten ist und ein Ritter vorbeireitet. Dieser ist von ihrem Anblick sofort hingerissen und bietet seinen Habicht, sein Pferd, seine Windhunde und seinen Gürtel (alle mit besonderen Kräften ausgestattet) als Gegenleistung für ihre Minne. Sie geht darauf ein und verkehrt mit dem Ritter. Leider erfährt Konrad von der Affäre und kehrt nicht von seiner Turnierfahrt zurück. Nach zwei Jahren entschließt sie sich, Konrad zu suchen und verkleidet sich als Ritter, um selbst auf Turnierfahrt zu gehen. Sie gelangt zu einer Burg, auf der ein großes Turnier stattfindet und stellt sich selbst als Ritter Heinrich vor. Auf der Burg trifft sie auch Konrad, der sie nicht erkennt, ihr allerdings die Freundschaft anbietet. Mithilfe des Habichts, des Pferdes, der Windhunde und des Gürtels kann sie alle Disziplinen gewinnen und Konrad wird gierig auf ihre Gaben. Als dieser sie um eines der Objekte bittet, beschließt sie eine List. Sie meint, dass er den Habicht bekommen kann, wenn er mit ihr (in seinen Augen Ritter Heinrich) verkehren würde. Als er darauf eingeht, gibt sie sich als seine Ehefrau zu bekennen. Beschämt durch die Bereitschaft der gleichgeschlechtlichen Liebe legen beide ihren Streit nieder.

Cross-dressing und Geschlechterrollen

Im Zentrum der Geschichte steht Konrads Ehefrau. Ihre Schönheit und Unfehlbarkeit wird zu Beginn der Geschichte in einem mehrzeiligen Abschnitt beschrieben und soll dem Leser als Objekt der Begierde präsentiert werden (Z. 31ff). Damit wird klar, dass sie innerhalb des Ehemodells dem Ritter zwar untergeordnet ist aber als Minnedame durch ihre Vollkommenheit so begehrenswert ist, dass sie außerhalb der gängigen Hierarchisierung steht.[35] So scheint es umso paradoxer, dass ihr Ehemann Konrad seine ritterlichen Pflichten der gemeinsamen Zeit mit seiner Frau vorzuziehen scheint. Es wird beschrieben, wie er um seine Ehre und der Frauen willen immer wieder an verschiedensten Turnieren teilnahm (Z. 11ff). Schnell wird hierbei klar, dass Konrad seine Frau belügt und vernachlässigt.[36]

Nach der Vorstellung der Protagonist:innen beginnt die eigentliche Handlung. Ein vorbeiziehender Ritter wirbt um die Minne der sich im Garten befindlichen Ehefrau. Sein hoher ritterlicher Wertstatus wird durch seine Besitztümer und sein selbstbewusstes Auftreten deutlich. Speziell der mit Edelsteinen verzierte Gürtel spielt beim Umwerben der Frau eine zentrale Rolle. Denn dieser verspricht dem Träger Mut, Unbesiegbarkeit und Schutz (Z. 307ff). Erst nachdem der Ritter seinen Gürtel zum Tausch anbietet, ist die Ehefrau bereit, ihm ihre Minne zu geben. Sie ist sich bewusst, dass sie durch diesen Handel einen Ehebruch eingeht, doch durch den Gürtel würde ihr Mann in der Lage sein, den Ehrverlust, den er durch den Ehebruch erleidet, wieder auszugleichen. Somit entsteht der Eindruck einer ‚Win-Win-Win-Situation‘, da der Ritter seinen Wert steigern kann, indem er die Minne einer wunderschönen Frau erhält (Z. 370ff), Konrad durch die Güter seine Ehre nicht nur wiederherstellen, sondern noch steigern kann und seine Frau auch keinen Ehrverlust erleidet, da sie durch den Gütertausch ihrem Mann mehr hilft als schadet. Zusätzlich wurde bereits angedeutet, dass die Ehefrau im Wertekonzept der Minne als Objekt der Begierde durch ihre Tugendhaftigkeit und Schönheit über ihrem Mann steht und somit die Regeln der Ehe ein Stück weit umgehen kann.[37]

Konrad erfährt jedoch vom Ehebruch und verlässt seine Frau, deren eigentlicher Plan somit scheitert, da Frau und Mann nun trotz des Gürtels an Ehre verlieren.[38] Die Flucht Konrads erweist sich als nicht sonderlich ritterlich, da er somit das Konzept der Minne nicht respektiert. Die Aufgabe der Frau besteht also nun darin, Konrad zurück zu einem guten Ehemann und guten Ritter zu führen. [39]

Die Ehefrau schlüpft also in die Rolle des Ritters Heinrich von Schwaben und nimmt somit eine Doppelidentität an. Sie ist sowohl Ritter als auch vrouwe. Dies wird im Text mehrfach durch angedeutete Weiblichkeitsmerkmale deutlich (zum Beispiel durch die Schönheitsbeschreibung in Z. 519ff). Sie scharrt eine große Gefolgschaft von ihrem Hof um sich und schmückt sich mit Adler, Ross, Windhunden und Gürtel und wird so von den anderen Turnierteilnehmern als ehr- und tugendhafter Ritter wahrgenommen. Mithilfe der Gaben gelingt es ihr auch, alle Disziplinen des Turniers für sich zu entscheiden und damit auch ihren Ehemann zu schlagen.[40]

Auffällig ist dabei, dass sie zu keiner Zeit ihre eigentliche Geschlechterrolle als Frau verlässt. Weder nimmt sie freiwillig die Ritterrolle an, noch wird innerhalb des Textes ihre Weiblichkeit in Frage gestellt. Sie entscheidet sich für das Cross-dressing, weil es aus ihrer Sicht der letzte Ausweg ist, ihren Mann zu finden, da sie keinen anderen so liebt wie ihn (Z. 433ff). Auch nimmt sie zwar männliche Verhaltensweisen an, jedoch nicht aus Überzeugung zum Rittertum, sondern um das Auffliegen ihres Schwindels zu verhindern. Zu guter Letzt gelingt es ihr zwar, das Turnier zu gewinnen und somit ritterlichen Ruhm zu erlangen, jedoch ist dies nicht auf ihr eigenes Können oder eine mögliche Überlegenheit gegenüber den anderen Teilnehmern zurückzuführen, sondern auf die Gaben, die sie durch den Beischlaf mit dem vorbeiziehenden Ritter erhalten hat. Sogar der Geschlechtertausch selbst würde ohne den Besitz der erhaltenen Gaben nicht funktionieren, da ausschließlich diese dafür ausschlaggebend sind, dass die Ritterlichkeit ‚des Fremden‘ nicht hinterfragt wird.[41] Diese sind es im Anschluss auch, die vom Herzog oder von Konrad begehrt werden, denn keiner lobt sie für eine erbrachte Eigenleistung. Somit lassen sich innerhalb des Textes keine Anzeichen für emanzipatorisches oder feministisches Gedankengut finden.

Nachdem Konrad dem vermeintlichen Ritter Heinrich so stark unterlegen ist, bittet er seinen Freund Heinrich, ihm eine der Gaben zu schenken. Dieser möchte als Gegenleistung jedoch Geschlechtsverkehr. Konrad willigt ein. Da dieser in der Situation jedoch noch nicht weiß, dass es sich bei Heinrich um seine Frau handelt, gilt die Annahme dieses Angebots zur damaligen Zeit als äußerst unmoralisch.[42] In dieser Situation setzt Konrad also ein großes Maß seiner ritterlichen Ehre aufs Spiel. Dies wird sogar noch schlimmer, als er sich beim anstehenden Liebesspiel bereitwillig auf den Rücken legt und somit Heinrich die dominante Position überlässt. Symbolisch wird eine Mann-Frau-Beziehung in mittelalterlicher Literatur häufig mit einer Reiter-Pferd-Beziehung verglichen. Die Frage ‚Wer reitet wen?‘ fragt also gleichzeitig auch danach ‚Wer herrscht über wen?‘.[43] Indem Konrad also bereitwillig die dominante Position abgibt, übergibt er seiner Ehefrau (wenn auch nicht absichtlich) symbolisch die dominante Position in ihrer Beziehung. Diese Situation der doppelten Schwäche und Demütigung nutzt Heinrich dann für seine Enttarnung, da Konrad nun ein gleichwertiges moralisches Verbrechen begangen hat und ihr den Ehebruch somit verzeihen muss. Weiterhin klärt sie auf, dass sie den Ehebruch lediglich zu seinem Wohle begangen hat, während er sich für die gleichen Gegenstände sogar zu einem Ketzer machen wollte. Sie überlässt ihrem Mann die Gegenstände und liefert somit den Treuebeweis, welcher ihren Ehebruch kompensiert. Zusätzlich bittet er sie um Vergebung und akzeptiert dadurch, die Beziehung der beiden nicht nur im Sinne des Ehemodells zu betrachten, sondern auch die Minne als ritterliche Tugend anzuerkennen. Auch wenn sich Konrad in dieser Situation seiner Frau unterwürfig zeigt, muss angemerkt werden, dass sie nach seiner Entschuldigung bereitwillig in ihre Rolle als Ehefrau zurückkehrt.

Die Märe Der Gürtel gibt Aufschluss darüber, wie ein mittelalterliches Eheverhältnis aussehen sollte. Die Minne ist demnach als schützens- und schätzenswertes Gut zu verstehen, welches dem Ehemann zu ritterlichem Rang und Ansehen verhilft. Je tugendhafter die Frau ist, desto größer können Rang und Ehre werden. Dessen sollten sich Männer bewusstwerden und ihre Frauen nicht vernachlässigen.[44]

Zwar setzt sich Der Gürtel für das richtige Verständnis der Minne ein und somit auch für den schätzenswerten Status der Frau, jedoch geht damit keine Forderung nach gesellschaftlichem Aufstieg der weiblichen Geschlechterrollen einher. Vielmehr wird eine gute Behandlung der Ehefrau durch den Mann zum Selbstzweck angeraten und nicht um ihrer willen.

Der vertauschte Müller

Der vertauschte Müller ist eine Märe anonymen Autors. Ein Müller betrinkt sich und muss von seinem Knecht beim Weinkeller abgeholt werden. Unterwegs fällt er vom Wagen. Seinem Knecht fällt das Fehlen des Müllers zu spät auf und er beginnt, ihn zu suchen. Er findet einen Priester schlafend am Wegesrand. Da es jedoch bereits dunkel ist, hält er diesen für den Müller und möchte ihn nach Hause mitnehmen. Der Priester erhofft sich eine abenteuerliche Nacht mit der Müllersfrau und spielt mit. Angekommen im Müllersheim beginnt das erhoffte Liebesspiel. Der wahre Müller hat unterdessen selbst den Weg nach Hause gefunden, wird jedoch von seinem Knecht nicht hineingelassen, da dieser ihn für einen Schwindler hält. Daraufhin trommelt er einige Bürger seines Dorfes zusammen, die bezeugen können, dass er tatsächlich der Müller ist. Der Knecht ist sich jedoch immer noch unsicher und holt die Müllersfrau an die Tür. Diese erkennt schockiert ihren Ehemann. Der Müller möchte nun aufklären, wer der Mann in ihrem Bett ist. Es wird ersichtlich, dass es sich um den Priester handelt. Die Müllersfrau schämt sich für den Ehebruch und verschweigt, dass sie mit dem Priester verkehrt hat. Stattdessen erzählt sie, dass dieser sturzbetrunken sofort eingeschlafen sei. Der Priester ersinnt eine List und greift die Geschichte auf. Als er ‚geweckt‘ wird, tut er so, als wäre er tatsächlich betrunken und erzählt, dass er geträumt hätte, der Müller sei gestorben und er müsse ihn beerdigen. Die Bauern erhoffen sich einen Spaß und sagen, der Müller sei tatsächlich gestorben. Der Pfarrer spielt mit und gibt Anweisungen, die Beerdigung vorzubereiten. Unter anderem verlangt er nach einem Beichtiger. Der Müller bittet seine Frau, den Beichtiger zu spielen. Sie willigt ein. Als die vermeintliche Beerdigung beginnt, meint der Priester, sich kurz mit seinem Beichtiger zurückziehen zu wollen. Die Bauern haben nichts dagegen und der Priester nutzt die erneute Zweisamkeit mit der Müllersfrau für ein weiteres Liebesspiel.

Vergleichend: Cross-dressing und Geschlechterrollen

Zwar steht auch in dieser Märe die weibliche Figur im Mittelpunkt der Handlung und bildet das Objekt der Begierde, jedoch handelt es sich hierbei im Gegensatz zur Ehefrau Konrads um keine Adlige. Dies stellt im Kontext des weiblichen Cross-dressings eine Besonderheit dar, da weibliches Cross-dressing innerhalb der mittelalterlichen Märendichtung fast ausschließlich von adligen Figuren praktiziert wurde.[45]

Eine große Gemeinsamkeit der Mären besteht in der Ausgangssituation der Ehefrauen, denn auch die Müllersfrau erfährt Vernachlässigung durch ihren Ehemann, welcher seiner starken Trunksucht nicht gewachsen scheint. Aus diesem Grund ist sie beim Geschlechtsverkehr mit dem Priester über die sexuelle Energie ihres vermeintlichen Ehemannes stark verwundert (Z. 97ff).[46] Somit geschieht auch in dieser Märe ein Ehebruch durch die Frau und auch hier lässt sich die Ehefrau ein Stück weit von der Schuld freisprechen. Zunächst durch die starke Vernachlässigung durch den Mann und weiterhin durch ihr Unwissen und den Glauben, dass sie eigentlich mit ihrem Mann verkehren würde.

Folglich scheint es auch hier eine Kombination aus Ehebruch und Vernachlässigung zu sein, die schließlich zum Cross-dressing führen. Jedoch geht der letztendliche Antrieb in Der Gürtel von der Frau selbst und von einem Hintergrund der Liebe zu ihrem Mann aus, während der Müller selbst von seiner Frau weder Liebe noch Vertrauen erwarten kann. Dies ist daran zu erkennen, dass sie sich nach dem Auffliegen des Schwindels dafür entscheidet, ihrem Mann den Ehebruch zu verheimlichen und folglich eher ihren Liebhaber deckt, als ihrem Mann die Wahrheit zu erzählen (Z. 236ff). Des Weiteren ist es der Müller selbst, der seine Frau zum Verkleiden auffordert, um dem Priester einen Streich zu spielen (Z. 315ff).

Durch das Verkleiden eröffnen sich auch der Müllerin neue Handlungsspielräume. Diese sind jedoch nicht mit dem Erhalt männlicher Privilegien verbunden, sondern sexueller Natur, da es so zum zweiten Geschlechtsverkehr mit dem Pfarrer kommt. Weiterhin gelingt ihr so das Entkommen aus der Vernachlässigung durch den Müller. Somit wird hier die Ehestruktur nicht gefestigt oder wiederhergestellt wie in Der Gürtel, sondern gänzlich aufgelöst.[47]

Der vertauschte Müller ist eine Märe, in der vordefinierte Stände und Geschlechterrollen klar aufgezeigt werden. Es wird gezeigt, wie ein Priester aus bloßem Zeitvertreib zum Verursacher eines Ehebruchs wird. Obwohl er quasi auf frischer Tat ertappt wird, kommt er ungestraft davon und wird dabei sogar mit einem weiteren Beischlaf belohnt. Die Nachricht an die Bauern ist somit indirekt aber klar: ihr seid einem Vertreter höheren Standes stets unterlegen, selbst wenn ihr in der Überzahl seid. Die Müllersfrau selbst wird zum Spielball in einem Kleinkrieg zwischen Müller und Priester. Dabei wird ihr jegliches Mitspracherecht verwehrt und zu keinem Zeitpunkt hinterfragt einer der Protagonisten ihren Gefühlszustand, obwohl sie die gesamte Nacht einem Wildfremden quasi schutzlos ausgeliefert war. Somit werden auch in dieser Märe keine gesellschaftlichen Verhältnisse und Geschlechterrollen hinterfragt.

Schluss

There are limitations to cross-dressed heroism. Many authors (…) express uneasiness with women in male roles, despite their praise for the individual heroine. (Valerie R. Hotchkiss)[48]

Die untersuchten Mären zeigen auf, dass es in der mittelalterlichen Märendichtung durchaus eine Vielfalt der thematischen Aufarbeitung der Cross-dressing Geschichten gibt. Dennoch bleiben die transportierten Norm- und Wertvorstellungen stets die gleichen und weisen keinen revolutionären Charakter auf. Obwohl speziell Frauen nachweislich mit einem ungleichen sozialen System und einer damit verbundenen Geschlechterhierarchie zu kämpfen hatten, befürwortet kein Autor eine Veränderung der bestehenden Geschlechterrollen. Gleiches betrifft das Auftreten von Cross-dressing außerhalb der Literatur.[49]

Innerhalb der Geschichten wird das Cross-dressing legitimiert, indem die verantwortlichen Impulse nicht von den Figuren selbst kommen. Frauen verkleiden sich kaum zum Selbstzweck, sondern stets zum Wohle anderer Figuren. In diesem Sinne wird auch von den Hauptfiguren kein Streben nach Gleichstellung oder gesellschaftlicher Aufwertung ausgestrahlt. Dies wird auch dadurch deutlich, dass sie nach dem Verkleiden stets in ihre angestammte Rolle zurückkehren. Somit ist der erweiterte Handlungsspielraum niemals von Dauer. Die Botschaft hinter den Cross-dressing Geschichten ist klar: Frauen dürfen Grenzen zum Wohle des Mannes überschreiten, sollten dabei aber nicht vergessen, wo ihr eigentlicher Platz in der Gesellschaft ist. Gleiches konnte auch aus der untersuchten Sekundärliteratur herausgearbeitet werden.

Demnach dienten Cross-dressing Geschichten nicht der Emanzipation oder Gleichstellung. Sie sind vielmehr ein Relikt ihrer Zeit und spiegeln die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse wider, anstatt sie zu hinterfragen. Es handelt sich um Unterhaltungsgeschichten, welche zwar häufig eine Moral oder Lehre vermitteln wollten, die aber nicht auf eine Veränderung der Geschlechterrollen abzielten und keinen revolutionären Hintergedanken hatten.


[1]Barbara Korte, Body language in Literature, trans. Erica Ens, Toronto 1997/1993, hier 6.

[2]II., 116.

[3]Gerhild Scholz-Williams, Ver- und Enthüllen: (Körper)geheimnisse und Cross-dressing in der frühen Neuzeit, in: Ingrid Bennewitz, Ohlendorf, Wiebke (Hg.), Von Heiligen, Rittern und Narren. Mediävistische Studien, Wiesbaden 2014, hier 115.

[4]Valerie R. Hotchkiss, Clothes Make the Man. Female Cross Dressing in Medieval Europe, London 1996, hier 9.

[5]Astrid Lembke, Umstrittene Souveränität. Herrschaft, Geschlecht und Stand im Nibelungenlied sowie in Thea von Harbous Nibelungenbuch und in Fritz Langs Film Die Nibelungen, in: Natasa Bedekovic, Andreas Kraß, Astrid Lembke (Hg.), Durchkreuzte Helden. Das „Nibelungenlied und Fritz Langs Film „Die Nibelungen“ im Licht der Intersektionalitätsforschung, Bielefeld 2014, hier 52.

[6]Solche Kategorien können sein: Alter, Klasse, Religion, Nationalität oder eben Geschlecht (IV.).

[7]„Der Mann heißt Mann (vir) weil in ihm größere Kraft (vis) sei (…). Die Frau aber werde Frau (mulier) genannt wegen ihrer Weichheit bzw. Schwäche (mollitia) (…).“  (Birgit Kochskämper, man, gomman inti wîb Schärfen und Unschärfen der Geschlechterdifferenz in althochdeutscher Literatur, in: Ingrid Bennewitz, Helmuth Tervooren (Hg.), Manlîchiu wîp, wîplich man. Zur Konstruktion der Kategorien „Körper“ und „Geschlecht“ in der deutschen Literatur des Mittelalters, Berlin: 1999, hier 16.)

[8]IV., 3.

[9]Martin Gabathuler, Lynn Blattmann, Geschlechterrollen, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/015988/2011-03-24/ [letzter Zugriff 06.03.2021].

[10]Andrea Schallenberg, Spiel mit den Grenzen. Zur Geschlechterdifferenz in mittelhochdeutschen Verserzählungen, in: Beate Kellner, Claudia Stockinger (Hg.), Deutsche Literatur. Studien und Quellen, Band 7, Berlin 2012, hier 328.

[11]Isidor gehörte zu den meistgelesenen Autoren des Mittelalters. Er war Nachfolger seines Bruders Leander im Amt des Bischofs von Sevilla. (Isidor von Sevilla, https://de.wikipedia.org/wiki/Isidor_von_Sevilla [letzter Zugriff 05.03.2021].

[12]VI., 16.

[13]VIII., 339.

[14]„Etwa vom 13. Jh. an wurde die „widernatürlichen Unzucht“ seitens der Kirche immer schärfer geahndet und konnte Delinquenten sogar auf den Scheiterhaufen bringen (erstmals bezeugt für 1277).“ (Homosexualität, in: Mittelalter-Lexikon https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Homosexualit%C3%A4t [letzer Zugriff 05.03.2021].)

[15]Zuvor galt der Vater als Vormund.

[16]IX.

[17]„Nach dem Tod des Hausvaters erhielt die Witwe an dessen Hinterlassenschaft kein Eigentum, sondern bloss ein Nutzniessungsrecht (Leibgeding), solange sie Kinder erzog. Wenn sie nicht wieder heiratete, erhielt sie dies lebenslänglich.“ (Anne-Marie Dubler, Bernhard Schnyder, Erbrecht, in: Historisches Lexikon der Schweiz https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009609/2006-10-23/ [letzter Zugriff 06.03.2021].

[18]XVI.

[19]Söhne meist nur im Kindesalter (IX.)

[20]VIII.

[21]II.

[22]Heike Sahm, Andrea Moshövel, Verkleiden und entkleiden. Überlegungen zur Funktion von Öffentlichkeit in zwei cross-dressing-Geschichten aus dem 15. Jahrhundert, Heidelberg 2017, hier 529.

[23]Carla Dauven-van Knippenberg, Es ist aber nit frvmmer Frawn Recht. Über Gender-Forschung ung geistliches Schauspiel des Mittelalters, in: Ingrid Bennewitz, Helmuth Tervooren (Hg.), Manlîchiu wîp, wîplich man. Zur Konstruktion der Kategorien „Körper“ und „Geschlecht“ in der deutschen Literatur des Mittelalters. Berlin 1999, hier 36.

[24]X., 288.

[25]X., 285.

[26]X., 286.

[27]IV., 9.

[28]IV., 9.

[29]Ursula Peters, Gender Trouble in der mittelalterlichen Literatur? Mediävistische Genderforschung und Crossdressing-Geschichten, in: Ingrid Bennewitz, Helmuth Tervoore (Hg.), Manlîchiu wîp, wîplich man. Zur Konstruktion der Kategorien „Körper“ und „Geschlecht“ in der deutschen Literatur des Mittelalters, Berlin 1999, hier 288ff.

[30]IV., 128.

[31]X., 351.

[32]X., 352f.

[33]X., 351.

[34]Christa Ortmann, Hedda Ragotzky, Minneherrin und Ehefrau. Zum Status der Geschlechterbeziehung im „Gürtel“ Dietrichs von der Glezze und ihrem Verhältnis zur Kategorie gender, in: Ingrid Bennewitz, Helmuth Tervoore (Hg.), Manlîchiu wîp, wîplich man. Zur Konstruktion der Kategorien „Körper“ und „Geschlecht“ in der deutschen Literatur des Mittelalters, Berlin 1999, hier 80.

[35]XXXIV., 72ff.

[36]X., 331ff.

[37]XXXIV., 75f.

[38]X., 335.

[39]XXXIV., 76.

[40]XXXIV., 77.

[41]X., 336.

[42]X., 338.

[43]Birgit Kochskämpfer, Man, Gomman inti Wîb. Schärfen und Unschärfen der Geschlechterdifferenz in althochdeutscher Literatur, in: Ingrid Bennewitz, Helmuth Tervoore (Hg.), Manlîchiu wîp, wîplich man. Zur Konstruktion der Kategorien „Körper“ und „Geschlecht“ in der deutschen Literatur des Mittelalters, Berlin 1999, hier 15ff.

[44]XXXIV.

[45]XXXII.

[46]X., 343.

[47]X., 346.

[48]IV., 128.

[49]XLVIII.