Die erste deutsche Demokratie und ihre Satiriker
In der Zeit der Weimarer Republik von 1919 bis 1933 zählen Kurt Tucholsky und Erich Kästner (ab 1927) zu den großen Satirikern deutscher Sprache. „Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel“,beschrieb Tucholsky 1919 die Situation der Satire, die von Staat, Kirche und den konservativen Parteien bekämpft wurde.
Als politisch engagierter Journalist und zeitweiliger Mitherausgeber der Wochenzeitschrift Die Weltbühne erwies sich Tucholsky als Gesellschaftskritiker in der Tradition Heinrich Heines. Zugleich war er Kabarettautor, Liedtexter, Romanautor, Lyriker und Kritiker (Literatur, Film, Musik). Er verstand sich selbst als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor der Erstarkung der politischen Rechten – vor allem in Politik, Militär und Justiz – und vor der Bedrohung durch den Nationalsozialismus.
Das Dritte Reich und der Untergang von Meinungs-und Kunstfreiheit
Nach 1933 wurden unter der NS-Diktatur sämtliche satirische Zeitschriften eingestellt, die Schriftsteller ins Exil gejagt. Viele satirische Werke wurden Opfer der Bücherverbrennungen und der Zensur. Manche Zeitschriften, etwa der Simplicissimus, existierten weiter, wurden aber gleichgeschaltet und mit regimetreuen Inhalten versehen.
Die Aufmachung der Zeitschrift Brennessel (seit 1931) orientiere sich am bürgerlichen Simplicissimus, der immer noch als stilbildend für eine qualitativ erstrangige Satirezeitschrift galt. Der extreme, teilweise obszöne Antisemitismus der Brennessel unterschied sie allerdings deutlich von anderen satirischen Organen. Die neue satirische Zeitschrift sollte mit ihrem hochwertigen Layout nicht nur den „einfachen SA-Mann“, sondern auch Angestellte und Bürgerliche ansprechen, die auf der Suche nach unkonventioneller und scharfer Auseinandersetzung mit der Weimarer Republik waren.
Das große und auch sichtbarste Problem der Satire in der NS-Zeit waren die Beschwerden aus dem Publikum, also von den Menschen und Personengruppen, die von den Satirikern angegriffen wurden. Bei den unterschiedlichsten Medien häuften sich die Klagen, die sich an scheinbaren Kleinigkeiten und harmlosen Sticheleien entzündeten. In ihrer Häufung und Vehemenz offenbaren sie ein weit verbreitetes Unbehagen an der Satire.
Die Situation Nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es die sogenannte Neue Frankfurter Schule, die die deutsche Satire entstaubte und zu neuen Höhen führte. Gemeinsames Forum war vor allem die Satirezeitschrift pardon (1962). Weil der Verleger den Kurs des Hefts änderte, gründeten pardon-Mitarbeiter 1979 das Satireheft Titanic, das nach wie vor monatlich erscheint. Gerade die Geschichte der Titanic belegt, dass auch in der Bundesrepublik Deutschland Satire nicht alles darf; mehrmals wurde die Titanic gerichtlich zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt.
In der DDR versucht das Regime die Satiriker auf den Kampf gegen äußere und innere „Feinde“ sowie auf eine Unterstützung des „sozialistischen Aufbaus“ zu verpflichten. Die Funktionäre trauen den Satirikern allerdings so wenig, dass sie ihnen den Zutritt zum Fernsehen weitgehend verweigern. Trotz strenger Kontrollen werden Kabarettbühnen und Karikaturenausstellungen vielfach zum Medium der Kritik, besonders gegen Ende der DDR. Ab 1954 erschien das Magazin Eulenspiegel, das noch heute erscheint, sich jedoch seit der Wende stark gewandelt hat, vor allem auch stilistisch, und in vielen Aspekten der Titanic ähnelt.