Weitere wichtige Erkenntnisse

Welche Erklärvideo-Gestaltungsmerkmale wirken sich positiv auf das Engagement von Lernenden aus?

Wie lang sollte ein Erklärvideo optimalerweise sein? Sollte man die sprechende Person im Video zeigen? Und reicht es aus, eine Vorlesung abzufilmen und als Video bereitzustellen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich Philip J. Guo, Juno Kim und Rob Robin in ihrem Forschungsprojekt. Konkret dreht sich die Studie darum, welche Faktoren sich im Rahmen der Gestaltung von Lernvideos positiv auf das Engagement von Studierenden auswirkt. Das Engagement von Studierenden messen die Forschenden daran, wie lange ein Video angeschaut wird und ob im Anschluss versucht wird, weiterführende Aufgaben zu lösen. Die Studie greift dabei auf eine große Datenmenge zurück: Es wurden rund 6,9 Millionen „Video-Watching-Session“ von Studierenden analysiert. In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse dieser Studie einmal für dich zusammengefasst.

MOOC = Massive Open Online Course

ErgebnisseAbgeleitete Empfehlung
Kürzere Videos sind viel fesselnder.Nimm dir Zeit für die Planung vor der Produktion. Zerlege dein Erklärvorhaben in Videos von einer Länge von weniger als 6 Minuten.
Videos, in denen Dozierende auf Folien als Sprechende zu sehen sind, sind ansprechender als Folien allein.Nimm dir Zeit für eine sinnvolle Nachbearbeitung. Zeige die sprechende Person nur an geeigneten Stellen im Video.
Tablet-Zeichentutorials im Khan-Academy sind ansprechender als PowerPoint-Folien oder einfache Bildschirmaufnahmen.Arbeite in deinen Videos mit Dynamik und einem kontinuierlichen Flow, in Verbindung mit einem „Sprechen aus dem Stegreif“.
Selbst qualitativ hochwertige, aufgezeichnete Vorlesungen ergeben keine fesselnden Lernvideos, auch wenn sie anschließend für einen MOOC in einzelne Videoteile zurechtgeschnitten werden.Wenn du darauf bestehst, deine Vorlesungen im Vorlesungssaal oder Seminarraum aufzuzeichnen, solltest du bei der Planung dieser Vorlesungen dennoch das MOOC-Format im Auge behalten.
Videos, in denen der oder die Dozierende relativ schnell und mit großem Enthusiasmus spricht, sind fesselnder.Trainiere deine Stimme, um beim Einsprechen deinen Enthusiasmus für das Erklärthema zu zeigen und versuche, nicht absichtlich langsamer im Sprechtempo zu werden.
Studierende nutzen Vorlesungs- und Übungsvideos unterschiedlichUnterstütze bei Tutorials, im Gegensatz zu Vorlesungvideos, vor allem das erneute Anschauen und Überfliegen der Videos.
Vgl. Guo et al. (2014, S. 2)

Zusammenfassung weiterer Richtlinien zur Maximierung des Lernerfolgs bei Erklärvideos

Dass Erklärvideos vor allem dann besonders effektiv sind, wenn sie bestimmte Prinzipien berücksichtigen, wurde bereits im Punkt Qualitätskriterien thematisiert. Cynthia J. Brame schlägt darüber hinaus weitere, auf literaturbasierter Basis begründete Prinzipien zur Maximierung des Lernerfolgs vor. Diese lassen sich den Kategorien Kognitive Belastung, Engagement der Lernenden und Aktives Lernen zuordnen. Wenn du den vorherigen Theorieteil aufmerksam durchlaufen hast, kommen dir einige dieser Prinzipien sicher bekannt vor.

KategorieEmpfehlungBeispiel
Kognitive BelastungSignalisierungen, um wichtige Informationen hervorzuheben– Schlüsselwörter zur Hervorhebung wichtiger Elemente nutzen
– Farb- oder Kontraständerungen zur Hervorhebung der Struktur von Informationen und zur – Hervorhebung von Beziehungen zwischen Informationen
– Zusätzlicher kurzer Text zur Erläuterung von Ziel, Zweck und Kontext des Video (z. B. Lernziele)
Segmentierung, um Informationen zu unterteilen– Kurze Videolänge (< 6 Minuten)
– Kapitel, Weiter-Klick-Fragen
Überflüssige Informationen eliminieren– Keine Hintergrundmusik
– Keine komplexen Hintergründe
Verschiedene Modalitäten (auditiv, visuell) ansprechen– Phänomene visuell illustrieren und ergänzend erklären, z.B. im Sinne von Khan-Style-Videos
– Kommentiere Animationen
Engagement der LernendenVideos kurz halten– Mehrere Videos zu einem Thema mit jeweils einer Länge von < 6 Minuten
Umgangssprache verwenden– Einbindung der Lernenden durch direkte Ansprache („dein“ statt „das“)
– Aus Perspektive des Erzählenden berichten („ich“)
Schnell und enthusiastisch sprechen– 185-254 Wörter pro Minute
– Eigene Begeisterung ausdrücken („ich liebe den nächsten Aspekt“)
Relevanz unterstreichen für den Kurs, in dem Videos verwendet werden, unterstreichen– Wenn Video im Unterrichtskontext verwendet wird, auf vorher behandelten Stoff verweisen
– Erläuternde Texte zur Einordnung des Videos in den Unterrichtskontext
Aktives LernenInteraktive Fragen– Baue interaktive Fragen im Video ein
Interaktive Kontrollfunktionen– Kapitel erstellen
Leitfragen– z.B. Beobachtungsaufträge und Zwischenfragen innerhalb des Videos
Video in größeren Teil einer Hausaufgabe einbetten– Wirf verschiedene Fragen oder Probleme im Video auf, die Lernende dazu anhalten, im Video gelernte Konzepte anzuwenden
Vgl. Brame (2016, S. 3)

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