Zu den vielen traurigen Themen, die wir in den letzten Einträgen besprochen haben, wollen wir heute einen Eintrag vorstellen, der uns verblüfft hat und uns vor Augen geführt hat, dass die Menschen damals uns ähnlicher waren als wir es gerne zugeben wollen. Aber lesen Sie selbst:
Alles fing mit einem kleinen unscheinbaren Eintrag aus dem Jahr 1774 an:
Ebenso [Mittwoch den 23. November 1774] Jungfer Anna Maria, Johann Carl Hoppe, weiland Soldat bernburgisches Regiment nachgelassene Tochter, gestorben Montag den 21. um 2 Uhr nachmittags, Geschwulst, Alter 65 Jahre. pauper. 1415.
Mit diesem Eintrag war also klar, dass es sich bei der Verstorbenen um eine arme Frau handelte, sonst hätte man sie nicht mit einem Begräbnis für die Armen bedacht. Abzulesen ist das an dem „pauper“ im Eintrag. So weit, so gut … dachten wir, doch dann entdeckten wir das Anmerkungszeichen unter dem „dito“ und das bedeutet irgendwo muss sich eine Anmerkung befinden. Gefunden haben wir sie auch gleich, denn einige Jahre nach dem Tod der „Anna Maria“ Hoppe wurde ein Blatt in das Register hinzugefügt mit der oben genannten Bemerkung:
Wegen einer Erbschafft von 80 000 Ducaten von dem verstorbenen Capitain Martin Samuel Seydler in Batavia, verlangte der Schulkecht, Johann Gottlieb Wage den Todenschein von seiner Schwiegermutter, Lorentz Hoppe, Soldat von dem vom Leipziger Regiment und Christianen Färnkäsen Tochter. Aus Irrthum des Leichenbestellers ein, nachlebenden Fachmannin ist sie aber falsch angegeben und so eingetragen worden. Nach edlicher Abklärung des Renthern Berend, der Verstorbenen Brüder und Fachmannin, hat sich nun der echte Taufname, dieser unverheirateten Verstorbenen gefunden und hat Euer Ehren Rath befohlen, so wohl bey der Kirche zu Unser Lieben Frauen, als auch zu Rathause es in denen Todenregistern abzuändern, und einzutragen, statt Jungfer Anna Maria Hoppin pp.
Mittwoch den 23. November Maria Catharina Hoppin, Lorenz Hoppe, Soldat von dem hiesigen Leipziger Regiment nachgelassene Tochter. Gestorben Montag den 21. November um 2 Uhr nachmittags 1774 an Brustkrankheit, Alter 50 Jahr. frei. 1415.
Halle den 8ten Julii 1786
Heyer Curtodis.
Wenn die Erbschaft nicht wäre, dann hätte niemand den Fehler bemerkt. Aber seien wir mal ehrlich 80000 Dukaten sind kein Pappenstiel. Das sind 80000 Goldmünzen, die bis ins 19. Jahrhundert hinein als Währung genutzt wurden und lässt man die Kaufkraft mal außer Acht, sind das umgerechnet auf die neuzeitliche Währung der Euronen mehr als 300 000. Ein Wert der es ist Wert ist mal nach zu schauen. Was Geld nicht alles möglich macht.
Nebenbei stellt sich auch der Küster der Marienkirche selbst vor, der Herr Heyer. Ihm verdanken wir viele tolle Anmerkungen. Vor allem in seinen späteren Jahren benutzt er das Register immer mehr wie sein eigenes Tagebuch. Einige tolle Einträge von Ihm wollen wir in den nächsten Posts Ihnen gern vorstellen.