Public History im Elfenbeinturm
Lukas
Wie soll die Professionalisierung im Universitäts- und Wissenschaftsbetrieb aussehen? Braucht es zum Beispiel überhaupt eigene Studiengänge im Bereich „Public History“?
Schon jetzt wird eine schier unübersehbare Vielzahl verschiedenster Studienrichtungen angeboten. Statt auf Qualität in einzelnen Bereichen zu setzen und Angebote innerhalb einer bestehenden Fachrichtung auszubauen, findet, so wirkt es manchmal, eine immer weiter fortschreitende Aufspaltung in immer mehr Fachnischen statt. Mit Blick auf die Geisteswissenschaften kann dies besonders problematisch werden, wenn man bedenkt, dass es nach dem Abschluss oft schwer genug ist, Nachfrage in seinem speziellen Bereich zu bedienen und einen Job zu finden.
Ob mit einem noch spezifischeren Studiengang „Public History“ die Chancen und Möglichkeiten stiegen, ist fraglich. Die Anliegen dieser geschichtswissenschaftlichen Fachrichtung sind, wie im Text von Zündorf dargelegt, wichtig und richtig, das steht außer Frage. Die Themen sind aktuell wie nie, man denke nur an die Herausforderungen der Geschichtsvermittlung im Zeichen der Coronakrise, wenn beispielsweise Gedenkstätten eben nicht klassischerweise analog besucht werden können. Nichtsdestotrotz sollten Fähigkeiten in diesem Bereich im herkömmlichen Geschichtsstudium vermittelt werden. Der Historiker an sich ist meiner Meinung nach vom Wesen her, wie eigentlich die meisten Wissenschaftler, gerade nicht nur zu Forschung, sondern vor allem zur Vermittlung seines Wissens verpflichtet. Das muss selbstverständlich nicht nur in den Elfenbeintürmen von Fachtagungen und ähnlichem geschehen, sondern der breiten Masse zugänglich gemacht werden. Gerade bei Themen der Zeitgeschichte sollte im Forschungsansatz nicht unterschieden, sondern die Anliegen von „Public History“ mit in die „normale“ Geschichtswissenschaft einbezogen werden.
2 Gedanken zu “Public History im Elfenbeinturm”
Lieber Lukas Bothe, Sie referieren über Public History und mir ist nicht recht klar, was Sie damit meinen? Geht es hier tatsächlich darum, angehenden Historiker+innen zu vermitteln, wie sie Geschichte in die Öffentlichkeit vermitteln können? Oder geht es nicht vielmehr darum zu erforschen, wie genau es sich mit der Geschichtsvermittlung und der Geschichtsaneignung theoretisch und empirisch verhält und erst in einem zweiten Schritt darum, Methoden der Vermittlung an breite Publika zu erarbeiten? Reden wir bei Public History nicht über einen transdisziplinären Bereich der Wissenschaft an der Nahtstelle von Historiographie, Kommuninikations- und Medienwissenschaften, Psychologie, Soziologie und Politikwissenschaften (und noch weitere)? Diese so nebenbei im Studium zu erlernen, scheint mir ambitioniert zu sein. Oder wie denken Sie?
Guten Abend Frau Satjukow,
ich beziehe mich in meiner Auffassung von „Public History“ maßgeblich auf die Ausführungen von Irmgard Zündorf (siehe Blogbeitrag „Geschichte für die Öffentlichkeit“). Meinem Verständnis nach ist PH vor allem zur praktischen Anwendung gedacht. Es sollte das Werkzeug sein, um historische Zusammenhänge einem breiten Publikum näher zu bringen und den akademischen Elfenbeinturm zu verlassen. Und diese Fähigkeiten hängen meiner Meinung nach untrennbar mit dem klassischen Geschichtsstudium zusammen.