Geschichte, Gold und Gegenwart

„Haben Sie schon einmal Gold gefunden?“

„Haben Sie schon einmal Gold gefunden?“ Kaum eine Frage dürften Archäologen und Archäologinnen häufiger hören. Schmunzelnd werden diese dann zumeist verneint. Ebenso wie jene nach den möglichen Orten an denen noch das Bernsteinzimmer, „Nazigold“ oder gar Atlantis zu finden sei. Was im ersten Moment befremdlich anmuten mag, ist Beleg dafür, dass sich in der Öffentlichkeit oftmals verzerrte bis nahezu groteske Bilder von Wissenschaften und ihren VertreterInnen zeichnen. Sei es durch fragwürdige TV-Dokumentationen, Spielfilme, fragwürdige Literatur oder diese WissenschaftlerInnen selbst. Doch würde man „der Öffentlichkeit“ unrecht tun bescheinigte man ihr – in Abgrenzung zu akademischen Kreisen – eine pauschale Unwissenheit oder gar ein Desinteresse. Ein ebenso verzerrtes Bild – wie das des schatzsuchenden Archäologen oder der schatzsuchenden Archäologin – würde man dann von einer Öffentlichkeit zeichnen. Dabei reicht das Spektrum geschichtsinteressierter Personen der Öffentlichkeit von ehrenamtlichen Bodendenkmal-pflegerInnen über Geschichtsvereine und Arbeitskreise bis hin zu Einzelpersonen, welche sich mit den Quellen der Familien- und Ortsgeschichte auseinandersetzen. Oftmals aus einem wissenschaftlichen Elfenbeinturm heraus betrachtet, wurden und werden jene Teile geschichtsinteressierter Öffentlichkeit belächelt oder ignoriert.

Kaum ein Bereich wie der der „Materiellen Kultur“ verdeutlicht dies mehr. Oft den ArchäologInnen und Kunst-historikerInnen zugeschrieben, fanden und finden sich Objekte und deren Geschichten auch in der Geschichtswissenschaft. Dabei ist dieser Bereich nicht nur äußerst präsent in der Vermittlung von Geschichte, wie z.B. in Museen. Auch bieten sich an dieser Stelle besondere Überlieferungschancen. Durch SammlerInnen-Kreise zeigen sich oftmals ganze Konvolute von Gegenständen aus denen HistorikerInnen, aber auch KunsthistorikerInnen und ArchäologInnen schöpfen könnten.

Ein ähnlich praktisches Beispiel bietet die Bauforschung. Fotografien oder Postkarten welche bewusst oder unbewusst einzelne Häuser, Straßenzüge oder ganze Stadtbilder festhielten und sich in privatem Besitz befinden sind bspw. nach Kriegsschäden oder Bränden letztes und einziges Zeugnis dieser Gebäude. An dieser Stelle sind Bauforschung und Denkmalpflege auf eben jene Quellen und deren BesitzerInnen angewiesen. Auch an dieser Stelle werden regionale Geschichtsvereine oder Einzelpersonen, welche sich mit der Geschichte des Ortes auseinandersetzen zur Chance. Dabei sind die Kenntnisse ortskundiger Personen nicht zu unterschätzen – wenngleich auch mancher Sage mit gewisser Skepsis zu begegnen ist.

Der Bereich der „Public History“ mag dabei durchaus den Fokus auf der Zeitgeschichte haben. Felder wie „Oral History“, „Digital History“ oder die Erinnerungs- und Gedenkkultur mögen dafür ausschlaggebende Gründe sein. Doch darf der Bereich der „Public History“ nicht hierauf verharren. Der Bereiche der „Materiellen Kultur“ oder die Familien- und Ortsgeschichte zeigen dies am deutlichsten. So finden sich im Bereich der Bodendenkmalpflege Objekte, welche weit über die Zeitgeschichte hinausgehen. Auch die Stammbäume – die wohl bekannteste Form der Familiengeschichte – lässt sich in vielen Fällen über die Zeitgeschichte zurückverfolgen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich für die Erforschung der Ortsgeschichten. Das Wissen um Gebäude, Häuser, Bauweisen, Flurnamen, (nicht registrierte) Funde oder (vergessene) Straßen- und Ortsnamen findet sich oftmals im Spektrum dieser regionalen geschichtsinteressierten Öffentlichkeit – jedoch nicht in akademischen Kreisen.

Ja, es bedarf einer Professionalisierung der „Public History“ mehr denn je. Doch sollten sich „Public Historians“ an dieser Stelle als Kristallisationspunkt von akademischen Kreisen und Öffentlichkeit bzw. deren geschichtsinteressierten VertreterInnen verstehen. Dabei greift das Modell einer rein hierarchischen Vermittlung von Geschichte aus akademischen Kreisen heraus und hin zur „unwissenden“ Öffentlichkeit zu kurz. Die Chancen, welche sich WissenschaftlerInnen durch eben jene Öffentlichkeit bieten – und bisher wenig bis gar nicht beachtet wurden – gilt es nun zu nutzen.

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