Jede/r Leser/in dieses Blogs sollte mit dem Konzept einer Autobiographie vertraut sein und hat sich eventuell sogar schon einmal mit Graphic Novels, also oft einbändigen, inhaltlich anspruchsvollen Comicromanen, auseinandergesetzt. Nun ist es möglich, diese beiden Kunstformen unter Einbeziehung eines professionell geleiteten Interviews, ganz im Stile der Oral History, oder bei einer fortwährenden Zusammenarbeit von Illustrator und Autobiograph zu einem Gesamtwerk zu verschmelzen.
Wichtig: Autographics und Graphic Memoir sind identisch.
Die australische Professorin Gillian Whitlock subsumierte diese Amalgamation von Memoiren und Illustration unter dem Begriff „Autographics“ und attestiert der Vielzahl an Texten, die sich dazu zählen lassen – unter Anderem Alison Bechdels „Fun Home“, Marjane Satrapis „Persepolis“ und Art Spiegelmans „Maus“ – die besondere Fähigkeit, kulturell schwierige Narrative einfühlsam und verständlich zu erklären und dabei in einem überschaubaren Format zu bleiben, das den roten Faden und damit das unmittelbare Interesse des Lesers nicht verliert.
Wichtig: Autographics findet man hin und wieder auch unter dem Fachbegriff „Graphic Memoir“.
Literatur:
- Whitlock, Gillian. „Autographics.“ Comics Studies – A Guidebook. Ed. Hatfield, Charles, and Bart Beaty. New Brunswick: Rutgers UP. 2020. 227-241. Print.
4 Gedanken zu “#5 – Autographics als visuelles Narrativ”
Lieber Sebastian,
hab‘ vielen Dank für die Konkretisierung zu autobiografischen Comics beziehungsweise Autographics. Dein Beispiel für Autographics finde ich spannend, dass sie doch in ihrer Ausgestaltung und ihrem Stil sehr unterschiedlich sind. Gerade Art Spiegelmans „Maus“ fällt dabei auf. Denn die anthropomorphisierte Darstellung der Personen als Tiere hinterlässt schon, wie ich finde, einen ganz anderen Eindruck. Wird so etwas von Whitlock ebenfalls thematisiert?
Herzliche Grüße Y
Hallo Yvonne – nein, der kurze und fokussierte Aufsatz von Gillian Whitlock beschäftigt sich eher mit der Wirkung und Interpretierbarkeit des Konzepts als mit dem konkreten Inhalt oder den Darstellungsformen der einzelnen Autographen und Illustratoren. Die Autorin geht dabei auch darauf ein, dass der herkömmliche Ansatz des Genres als Anhaltspunkt („fix“), welches sonst eher unmethodisch und formativ vergeben wird, in der genannten Kunstform (also Comics im weitesten Sinn) besonders breiten und Exegese- und Vergabespielräumen unterliegt.
Lieber Herr Güther, schade, dass Sie uns kein anschauliches Beispiel für diese Spielart von Geschichtsschreibung präsentiert haben.
Es würde mich interessieren, welche Vorzüge dieses Verfahren sowohl im Entstehungsprozess als auch bezüglich des finalen Produkts etwa gegenüber von Memoiren oder (Auto)Biographien haben. Es wäre schön, wenn Sie hier mehr ins Detail gehen könnten.
Sehr geehrte Frau Satjukow,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Gern teile ich Ihnen mit, dass Sie in meinem Blogeintrag, der sich bewusst knapp und kondensiert halten soll, 3 Beispiele für Autographien / Graphic Memoir Novels finden. Darüber hinaus handelt es sich hier um ein sehr aktuelles Forschungsthema, konkrete Handlungsanweisungen und Interpretationsarten sind noch eher vage und offen. Ich empfehle Ihnen hier den Gliederungspunkt „Canon“ im von mir zur Erstellung des Blogeintrages genutzten Text.