„Nieder mit Hitler!“ – Ein Comic als Quelle

Wie eine Jugendgruppe Widerstand leistete

von Sophie, Hendrik und Joelle

Im Jahr 1943 beginnt die Erfurter Jugendwiderstandsgruppe um Jochen Bock damit Flugblätter zu verbreiten, die sie aus fahrenden Straßenbahnen werfen oder in Briefkästen stecken. „Nieder mit Hitler!“ steht auf den Flugblättern geschrieben – eine Parole, die die fünf Mitschüler aus der deutschsprachigen Radiosendung der BBC und Radio Moskau übernehmen. Sie fordern das Ende des Krieges, Frieden und Freiheit für Deutschland und den Rest der Welt. Doch sie werden von Mitschülern verraten und von der Gestapo in der Andreasstraße inhaftiert. Ihnen droht die Todesstrafe wegen Hochverrats, welcher sie entgehen können. Auf ihre Verhaftung folgen jedoch Monate in Untersuchungshaft, Gefängnis und Zuchthaus.

Zum Zeitpunkt ihrer Flugblattaktionen sind Jochen Bock (1927), Karl Metzner (1927), Helmut Emmerich (1928), Joachim Nerke (1928) und Gerd Bergmann (1928) 15 und 16 Jahre alt. Sie kommen aus unterschiedlich geprägten Elternhäusern, handeln aus eigenem Antrieb und unterliegen keinem Auftrag einer größeren Organisation oder Partei. Dies dürfte der Hauptgrund sein, weshalb ihre Geschichte lange Zeit unerzählt bleibt. Denn die Erinnerungskultur der DDR beschränkte sich offiziell auf Aktionen, die unter dem Leitbild des Antifaschismus von Mitgliedern der KPD verübt wurden.

Selbstgezeichnete Parole gegen das NS-Regime bzw. Hitler, auf Grundlage des Comics „Nieder mit Hitler!“

Erst im Jahr 2014 beginnen Studierende der Uni Erfurt damit, die Aktionen der Erfurter Widerstandsgruppe aufzuarbeiten und nieder zu schreiben. Wiederum vier Jahre später, im Jahr 2018, erscheint der Comic „Nieder mit Hitler! Oder warum Karl kein Radfahrer sein wollte“. Die Autoren Hamed Eshrat und Jochen Voit arbeiteten dabei eng mit Karl Metzner zusammen, einem Mitglied der damaligen Widerstandgruppe und dem Einzigen heute noch Lebenden. Über die Motive der Autoren, die Geschichte Karls und seiner Mitschüler als Comic zu erzählen, können wir natürlich nur spekulieren. Wir vermuten jedoch, dass es den Autoren wichtig gewesen sein könnte, die Jungen in ihrer Alltagswelt abzubilden, sie als individuelle Persönlichkeiten darzustellen und somit begreifbar zu machen, aus welchen Umständen jeder Einzelne kam bzw. aus welchen Gründen sie sich dem Widerstand anschlossen, trotz dessen, dass sie bereits von einem sehr jungen Alter an durch nationalsozialistisches Gedankengut geprägt wurden. Zugleich wird dadurch gezeigt, dass Widerstand aus allen sozialen Schichten bzw. Hintergründen stammen kann. Die unterschiedliche familiäre Prägung der Jungen macht dies deutlich. Abgesehen davon ist das Format des Comics eine gute Möglichkeit zur barrierefreien Wissensvermittlung, welche den Mut der Erfurter Widerstandsgruppe würdigt und an ihr Schicksal erinnert.

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