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Simmels Vorarbeiten

25. Jun 2016

Beziehung und Abhängigkeit

Verfasst von

Simmel unterscheidet in seiner Vorarbeit zur „Cultur des Geldes“ (als Vortrag gehalten 1896 vor der „Gesellschaft österreichischer Volkswirthe [sic!]) die Lösung von persönlichen Beziehungen und Abhängigkeiten bei gleichzeitiger Bindung an finanzielle Abhängigkeiten. Dies macht er am Beispiel eines Bauern fest. Im Mittelalter (und auch bis in die Frühe Neuzeit hinein) war die Feudalbindung zwischen Guts-/Grundherren und den Bauern eine hauptsäch-liche auf persönliche Abhängigkeit basierende Beziehung. Diese Beziehung hat sich nach Simmel zu seiner Zeit bereits völlig Aufgelöst. Der Siegeszug der Geldwirtschaft brachte den Bauern persönliche Freiheit und Selbstständigkeit. Jedoch kam infolge dessen die Abhängigkeit von der Geldwirtschaft.
Konkret heißt das, dass der Bauer nun nicht mehr direkt die produzierten Agrarprodukte abgab oder Arbeitsleitungen für den Guts-/Grundherren leistet, sondern diese Leistungen in Geld übersetzt dem Guts-/Grundherren (modern: Verpächter) leistet. Durch die Übersetzung aller vormaliger Personengebun-dener Beziehungen in Geldleistungen, von denen sich wiederum alle anderen Dienste gekauft werden können, werden traditionelle soziale Beziehungen aufgelöst. Die Folgen dieser Auflösung sind einerseits die Individualisierung der einzelnen Produzenten (als Personen), die andererseits aus der gewon-nen Freiheit die Möglichkeit haben, sich zu Vereinen, Interessenverbänden, Gewerkschaften, etc. zusammenzuschließen.
Damit sind auch die zwei wichtigen Kennzeichen der Moderne genannt: „Individualisierung“ und „Nivellierung“ (=Gleichmacherrei zu einem als negativ konnotierten Gleichen). Die Leistungsabgabe via Geld macht den Bauer dahingehend frei, dass es egal ist, wie die die zu leistende Geldsumme zusammen kommt. Das macht die Beziehung, nach Simmel, auch gleichzeitig inhaltsleer, denn statt den einzelnen (und verschiedenartigen) Produkten, die der Bauer erzeugt, wird nur der (in seiner materiellen Form) immer gleiche monetäre Gegenwert der Waren abgegeben. Geld wird so der einzige Inhalt der Beziehung und in der Konsequenz wird das Geld auch der Endzweck der Beziehung.

Diesen nachgezeichneten Beziehungen liegen zwei Veränderungen in der Beziehung von Mensch und Geld zu Grunde: Erstens wird Geld in der Moderne indifferenzierter. Geld und Geldbesitz ist in Simmels etwas alltäg-liches. Selbst am unteren Ende der Gesellschaftshierarchie besitzen die Menschen (wenn auch wenig) Geld. Zudem wird Geld als Zahlungsmittel für alles, selbst die alltäglichsten Kleinigkeiten, benutzt. Darüber hinaus werden alle Produktionsvorgänge, deren Ergebnisse für Geld frei auf dem Markt angeboten werden, differenzierter. Zunehmend wird „der Bauer“ zum „Kartof-felbauer“, „Rübenbauer“, „Rinderzücher“, etc.
Indifferenzierung des Geldes und Differenzierung des Produktionsvorgangs steigern so im Endeffekt die Bedeutung des Gelds. Der Grund ist, dass Geld in der Moderne der Gegenwert für Produkte und Dienste ist. Die Produktions- und Dienstleistungen werden dabei immer spezialisierter und eine Form des einheitlichen Wertausdrucks unterschiedlichster Produkte bietet Geld.

Die hier aufgezeigten Aspekte des Geldes werden Von Simmel in seinem Hauptwerk, der Philosophie des Geldes wieder im Kapitel Die individuelle Freiheit aufgenommen und vertieft behandelt.

16. Jun 2016

Das Geld in der modernen Cultur

Verfasst von

In seinem Aufsatz „Das Geld und die moderne Cultur“ von 1896 untersucht Georg Simmel das Verhältnis von Persönlichkeit und Besitz. Dabei stellt er auch dar wie sich Persönlichkeit und Besitz in frühen Zeiten zueinander verhielten. Allerdings geht es ihm, wie der Titel schon vermuten lässt, hauptsächlich um den Einflusses des Geldes auf das Verhältnis von Persönlichkeit und Besitz, sowie die Folgen für die moderne Gesellschaft und die in ihr lebenden Menschen.

Die Schlussfolgerungen die Simmel aus seinen Beobachtungen macht, wirken dabei auf mich sehr aktuell und plausibel. Beim ersten Lesen schien es so, als ob der Text eine rein negative Kritik an den Entwicklungen sei, die mit der Ausbildung der Geldwirtschaft einhergehen. Diese Annahme musste ich allerdings spätestens nach dem zweiten Lesen wieder revidieren. Zwar enthält der Aufsatz viele kritische Anmerkungen zur Geldwirtschaft, aber es sind ebenso viele Passagen dabei die auf die positiven Folgen verweisen oder negative Kritik relativieren. Im Grunde bin ich der Auffassung das der Text ein rein deskriptive Bestandsaufnahme ist und kein endgültiges Urteil über positive oder negative Entwicklungen liefern möchte. Das passt auch zu der Einordnung des Textes als Vorarbeit zu Simmels Hauptwerk „Die Philosophie des Geldes“, auf den 18 Seiten des Aufsatzes macht er so viele Beobachtungen und Andeutungen, die alle eine tiefer gehende Untersuchung verlangen, dass ich mir gut vorstellen kann, dass er genau dies in der Philosophie des Geldes tut.
Wie erwähnt überwogen bei mir die negativen Beobachtungen die Simmel beschreibt, was vermutlich daran liegt das ich genau mit dieser Intention an die Lektüre heranging und so beim ersten Lesen vor allem das wahrnahm, was ich erwartet habe. Ich denke das man den Text sowohl positiv für wie auch negativ gegen die Geldwirtschaft interpretieren und instrumentalisieren kann. Im folgenden werde ich kurz den für mich interessantes Argumentationsschritt darstellen, welcher die Geldwirtschaft in keinem positiven Licht erscheinen lässt.

[D]as Bedenkliche einer auf Geld gestellten Cultur[…]:“

Simmel kritisiert nicht das Geld an sich, sondern den hohen Stellenwert, den das Geld in der Gesellschaft habe, wie hoch Simmel den Wert verortet, wird bei der Formulierung, „daß das Geld der Gott unsere Zeit wäre“, deutlich. Das gefährliche sieht Simmel darin, dass das Geld ein Äquivalent für alles wird, obwohl es Werte gibt, die nicht in Geld ausdrückbar seien. Dies führe auch zu der „Unruhe und Unbefriedigtheit“ der Menschen die in einer solchen Kultur leben. Da jeder nur noch immer mehr haben will, die Quantität also wichtiger wird als die Qualität, obwohl die eigentlichen Bedürfnisse durch das Immermehrhabenwollen gar nicht befriedigt werden können. Das Geld ist also allumfassen,

“weil es ein Aequivalent für All und Jedes ist; nur das Individeulle ist vornehm, was Vielem Gleich ist, ist dem Niedrigsten unter diesem gleich und zieht deshalb auch das Höchste zu diesem Herab.“

Es sei nur sehr selten der Fall, dass das Niedrigste zum Höchsten hinaufsteigt. Und dazu muss ich bemerken, selbst wenn dies der Fall ist, ist auch dies keine positive Entwicklung ist, da auch dann das Höchste wieder dem Niedrigsten gleich und alles einheitlich und uniform ist und es kein Gut und schlecht gibt sondern nur viel und wenig.


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