Wie wir im Seminar erfahren haben, ist Gerhard Paul – ein emeritierter Professor für Geschichtsdidaktik, der seit den 90ern in Flensburg gelehrt hat – quasi ein „Godfather“ der modernen, interdisziplinären Historischen Bildforschung, der so genannten „Visual History“ (VH).
Das macht den Comic, gar nicht unähnlich einer Karikatur, zu einer Chimäre aus Schrift- und Bildquelle […].
Doch was macht dieses Forschungsfeld aus und was genau hat das mit Comics zu tun? Grundsätzlich geht es in der VH darum, „[…] Bilder über ihre zeichenhafte Abbildhaftigkeit hinaus als Medien und Aktiva mit einer eigenständigen Ästhetik zu begreifen“ (Paul) und diese mit ihrer sozialen und politischen Entstehungsgeschichte zu einer thematischen Einheit zu verknüpfen. Dabei kann man die Bilder entweder traditionell als Quelle, als modernes Medium oder gar als generative Kraft interpretieren.
1.) Was bedeutet es, ein Bild als Quelle zu intepretieren? Nach Paul kommt dieser Trend aus den Kulturwissenschaften und diente zunächst der Zeitgeschichtsforschung dazu, den vorhandenen Schriftquellen eine verifizierende Bildebene hinzuzufügen – sowohl in der Monographie als auch im Museum.
2.) Was bedeutet es, ein Bild als Medium zu interpretieren? Für Paul heißt das, die vorhandenen Bilder nicht nur zur Dopplung von historischen Interpretationen zu nutzen, sondern sie als „[…] Medien der Geschichts- und Erinnerungspolitik, die eine bestimmte Deutung von Geschichte generieren und transportieren, […]“ (Paul) heranzuziehen.
3.) Was bedeutet es, ein Bild als generative Kraft zu interpretieren? Hier wird es spannend, denn das Bild kann insbesondere in Verbindung mit dem Internet als Waffe mit einer völlig eigenständigen Dynamik genutzt werden, die sich sowohl mit der Autoren- als auch Rezipiententheorie erörtern lässt. Es geht also darum, wer das Bild wann in welchem Umfeld und zu welchem Zweck erschaffen hat und an wen es sich richtet. Cool, oder?
GEHT DAS AUCH MIT COMICS?! – Ja, das geht! Wir müssen uns als Geschichtswissenschaftler_innen allerdings bewusst machen, dass in einem Comic eben nicht nur die Bildebene, sondern auch der Autor direkt über Schriftblasen zu uns spricht, uns Zusammenhänge erläutert und so Figuren eine konkrete Stimme verleihen kann. Das macht den Comic, gar nicht unähnlich einer Karikatur, zu einer Chimäre aus Schrift- und Bildquelle, für den sich damit Analysekonzepte beider Forschungsfelder heranziehen lassen.
Woher nehme ich meine Informationen? Hier ist der Link zu Gerhard Pauls Docupedia-Artikel: http://docupedia.de/zg/paul_visual_history_v2_de_2012
2 Gedanken zu “#3 – Visual History und Comics”
Hey Sebastian, hey Sören, das ist eine gut gelungene Zusammenfassung zu Visual History! Vielen Dank! Aber funktioniert das denn, wenn man ein Bild oder eben einen Comic als generative Kraft interpretiert? Wie habt ihr den Auszug aus „Nieder mit Hitler“ denn unter dieser Perspektive interpretieren können?
Hallo Yvonne, der Beitrag ist tatsächlich nur von mir (Sebastian). Das Exemplar, welches ich mit Sören gestalte, wird sich wesentlich näher mit „Nieder mit Hitler“ beschäftigen und konkreter darauf eingehen.